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 Betreff des Beitrags: Claras Tagebuch
BeitragVerfasst: 4.08.10, 03:58 
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Siebenwind, Wandeltag, der 3. Querlar 21 n.H.

Waren meine Wochen auf See noch von Grundtenor der Reue (und ein wenig der Übelkeit) bestimmt, nicht Papas Angebot angenommen zu haben mich auf meiner Reise zu begleiten, bin ich jetzt meinem Übermut mehr als dankbar. Er hätte mich nach dem ersten Tag über die Schulter geworfen um aufs nächste Schiff zu stapfen.
Wo bin ich hier nur gelandet?
Ehrlich gesagt birgt jeder neue Tag hier soviel Neues an unfassbaren Erlebnissen und Informationen, dass ich drei Tage mit der geistigen Verarbeitung nachhinke.
Jedenfalls fühlt es sich so an.
Mein Kopf schwirrt, mein Geist weigert sich manche Erkenntnisse akzeptieren zu wollen.
Vielleicht hatte Vater Proveus mit seinen Worten recht, ich wäre sichtlich sehr behütet aufgewachsen denn ich fühle mich mit jedem erlebten Tag mehr, als würde der Boden unter meinen Füßen bröckeln, als würde mein bisheriges Weltbild zerrieseln wie die Festungen, die wir früher gemeinsam im Sandkasten des Tempelgartens im Astrael gebaut hatten, die Tempelwachen und ich.


Ich bin nur über alle Maße erleichtert, dass ich Grom tatsächlich hier finden konnte wie er es mir in den letzteren Briefen der Vergangenheit erzählt hatte. Neben der Freude, ihn nach all den Götterläufen wieder sehen zu können, ist er mir bisher die größte Stütze und Hilfe hier gewesen. Und ein wohltuendes Stück Heimat hier in der Fremde. Natürlich war es eine gewisse Genugtuung festzustellen, dass ich es nun bin die ihn überragt. Dennoch – sein überraschtes Gesicht bei unserem Wiedersehen war einfach nur köstlich. Das letzte Mal sah ich solch einen Ausdruck in seiner Miene, als ihm damals in Ignes von Gnaden Vares klargemacht wurde, dass die flachbrüstige Vitamanovizin über die er gerne herzog, in Wahrheit ein Novize namens Clemens war. Ich vermute ja, er ließ die vermeintliche Novizin damals während des Rauschfestes im Tempel seinen Bart kraulen, anders kann ich mir seinen Schock bis heute nicht erklären. Fraglos war es schön zu erleben, in welchem Ausmaß mein alter Zauselbart als Geweihter in seiner Pflicht aufblüht. Gleich am ersten Tag durfte ich miterleben, wie er diesen sammelnden Schlangen imposant die Stirn bot als sie das Zwergental angriffen. Mama und Papa wären auf jeden Fall sehr stolz auf ihn – bei Papas Hochweihe noch ein einfacher Tempelwächter, nun ein treuer Diener des Schwertherren.
(Eine gekritzelte Randnotiz: Nicht vergessen im Brief nachhause davon zu erzählen.)

Auf jeden Fall ist es erfreulich auf dieser verdorbenen Insel auch manch Silberstreif am Horizont zu erleben. Mir scheint es jedes Mal wo ich zur Abwechslung eine angenehme, freundliche und vor allem fromme neue Bekanntschaft machen durfte, als hätte ich einen Juwel aus einer Kloakenbrühe gezogen. In meinem Gleichnis würde man sich danach die Hände wie den Edelstein waschen, hier bemühe ich mich die keimende Freundschaft zu diesen Seelen zu pflegen auf dass sie gedeihe.
Mir wurde von Grom aber auch von Vater Proveus ans Herz gelegt, bereits hier meine Ausbildung weiterzuführen und nicht erst auf meine Rückkehr in Ignes zu warten, doch zögere ich noch. Raube ich damit nicht sowohl meinen Eltern als auch all den anderen Ordensmitgliedern unserer Tempelfamilie daheim die Freude, meine Fortschritte und so die Viere es wollen meinen Erfolg beobachten zu können nach all den Mühen die sie gemeinsam bereits in meinen Werdegang, meine Erziehung seit meiner Kindheit gesteckt hatten?
Oder würde ich tatsächlich Zeit verschwenden wenn ich mich hier bloß auf die Entdeckung der Insel beschränke? Ist nicht Faulheit, Trägheit und Tatenlosigkeit der Keimboden für die Saat des Einen?
Gerade aber wenn ich die ansässige Geweihtenschaft hier mit jener daheim vergleiche, birgt es nur noch mehr Nahrung für mein zweifelndes Hadern.
Selbstverständlich bin ich mir darüber im Klaren, dass ich voreingenommen bin was die Ordensmitglieder daheim betrifft, sind sie doch ein geliebter Teil meines Lebens seit dem Tag meiner Geburt im Tempel. Dennoch lassen mich hier manch Beobachtungen nur den Kopf voller Fassungslosigkeit schütteln. Ein Diener des Allsehenden der eine Waffe trägt, ein Geweihter der am Markt stehend aus einem Goldpokal trinkt, eine Dienerin der Lieblichen die auf der Strasse bei einem handgreiflichen Streit zweier Frauen einfach nur kopfschüttelnd vorbeigeht, bestätigte Berichte dass der Erzgeweihte des Schwertherrens frühmorgens seine Kraftübungen so wie Vitama ihn schuf sorglos vor der Haustüre ausführt.
(Eine gekritzelte Randnotiz: Unbedingt Brandenstein zu den Morgenzyklen meiden)

Ich werde mir darüber noch Gedanken machen müssen.
Fürs erste fahre ich fort, dieses verrückte Eiland kennenzulernen und so es der Wille der hochheiligen Sahor ist, mich morgen im Kampf gegen diese Schlangenwesen beweisen zu können. Damit beende ich meine Zeilen für heute, wo die Feder immer schwerer wiegt in meiner Hand und harre den Erlebnissen morgen aus.
Hoffentlich schnarcht die dicke Schneiderin im Bett unter mir dieses Mal nicht zu sehr, sonst löst Galtor heute Nacht Lifna bei ihrem Besuch ab.
(Eine gekritzelte Randnotiz: Was schreibe ich da nur? Ich glaube die Luft dieses Eilands unterstützt einen gewissen Blutdurst.)

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 Betreff des Beitrags: Re: Claras Tagebuch
BeitragVerfasst: 9.08.10, 14:53 
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Siebenwind, Mondtag, der 9. Querlar 21 n.H.

Was für ein Reinfall!
Es fing alles so vielversprechend an, Reihen voller stolzer Dwarschim, Diener der Götter, Ritter, Gardisten, Malthuster Soldaten, Spitzhüten, und vielen Freiwilligen. Das Chaos bezüglich der Organisation und Führung der Truppe überraschte mich dann aber doch. Hühner, die mit abgeschlagenem Kopf wild über einen Bauernhof rennen schienen mir disziplinierter zu sein im Vergleich zum Ablauf dieser Schlacht, weswegen ich mich dankbar an der Seite von Vater Proveus hielt und alles was rund um mich geschah voller Aufmerksamkeit in mich aufnahm. Diese seltsamen Schlangenwesen bekam ich dennoch nicht zu Gesicht, was mich bis heute noch sehr enttäuscht. Trotzdem, meine Waffe kostete an diesem Tag zum ersten Mal im Namen des Schwertherren Blut auf dieser Insel. Seit ich aber am Schlachtfeld davon hörte, dass diese zwielichtige Graue Garde dem Ordo Bellum den Krieg erklärt hatte, lässt mich der Gedanke nicht los ob vielleicht nicht doch noch mehr Blut hätte fliessen sollen. Eine königs-, und laut eigenen Worten astraelstreue Institution die es tatsächlich wagt der heiligen Gemeinschaft des Schwertherren den Krieg zu deklarien? Ich bin immer noch fassungslos ob dieser offenen Ketzerei. Wenn es nach mir ginge, würde der Scheiterhaufen schon stehen.

Doch neben all den erlebten Ungeheuerlichkeiten gibt es auch angenehme Erlebnisse als schöne Ablenkung zu vermerken. Die Drachentaverne in Seeberg ist spätabends ein willkommener Hort der Konversation für mich geworden. Die Knappin welche jene Schenke leitet ist wahrlich eine sehr anständige Frau, auch wenn sie der Ernst ihres Pfades schon fast völlig eingenommen hat. Doch arbeite ich daran, ihr öfters ein Schmunzeln zu entlocken.
(Eine gekritzelte Randnotiz: Nicht vergessen Arbas einen Brief zu schreiben, damit er mir sein Buch der gesammelten Zwergenwitze auf die Insel schicken lässt)

Mit etwas Überzeugung konnte sie vor einigen Tagen nach der Schlacht gar dazu überredet werden, von dieser netten Elfenheilerin Caeth eine lindernde Rückenmassage zu erhalten. Mich überkommt immer noch der Lachanfall wenn ich daran zurückdenke, wie diese so korrekte, verklemmte Knappin mit nacktem Oberkörper auf einem der langen Tavernentische voller Wonne dahin schmolz während ich an der Tavernentür Schmiere stand. Nicht auszudenken was geschehen wäre, wenn ein Ritter.. wobei, interessant wäre das Donnerwetter bestimmt gewesen.
Die Oma ist noch ein Kind!
Dieser Satz spukt mir immer noch im Kopf herum, seitdem ich Caeth kenne. Ich werde mich wohl nie an das Alter der Elfen gewöhnen.
Mit dem Ventushohenpriester Lazalatin habe ich Freundschaft geschlossen doch bat ich darum, ihm den Spitznamen Tintin geben zu dürfen da mir sein Name viel zu lange und zu ernst schien, während Tintin mich an den Klang des gläsernen Glockenspiels auf der Terrasse daheim erinnerte, wenn der Wind es lustig zum klingenden Tanzen brachte. Er ist auf jeden Fall ein Mensch der unzähligen Geschichten seiner weiten Reisen, alleine die Erzählungen über die endophalische Tierwelt faszinieren mich jedes Mal aufs Neue, auch wenn ich mir nicht immer ganz sicher bin was einen wahren Kern birgt und was in Übertreibung gehüllt wurde. Aufgepustete Schafe zur musikalischen Unterhaltung, gepanzerte Frösche die man Schildkröten nennt und die vom Himmel fallen und einen erschlagen können, wilde Affen mit leuchtenden Hinterteilen die in Wahrheit verfluchte Diener des Einen sind. Was davon ist wahr?
(Eine gekritzelte Randnotiz: Der Leitsatz der Affenerzählungen – je leuchtender ein Hinterteil desto besser das Männchen, lässt sich im Übrigen nicht auf Menschen übertragen)

Was die Sternenkunde betrifft, ist dieser Tintin aber ungeschlagen. Den bisher schönsten Ort auf dieser Insel bekam ich von ihm gezeigt und sehr viel über das Firmament erzählt. Von all den Lektionen gefiel mir die Erklärung der Gohordiener zum Sternenhimmel am Besten – es wären die Schwingen des Drachen Rilamnor, bestickt mit den Echos der Seelen die einst lebten. Dieses Gleichnis lässt mich seitdem nicht mehr los und ich ertappe mich zu den Dunkelzyklen oft selbst dabei, wie ich voller neuem Wunder zu den Sternen emporsehe.
Dennoch darf ich in meinem Übermut seine Warnung nicht außer Acht lassen, denn wenn man laut ihm beim Sterneschauen nicht vorsichtig ist und sie zulange ansieht, dann sehen sie eines Tages zurück und lassen einen nie wieder los.
(Eine gekritzelte Randnotiz: Ob dies wieder nur eine seiner Übertreibungen und Aberglaube ist? Ich lasse es besser nicht darauf ankommen, sicher ist sicher.)

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 Betreff des Beitrags: Re: Claras Tagebuch
BeitragVerfasst: 23.08.10, 03:25 
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Siebenwind, Felatag, der 22. Querlar 21 n.H.

Allmählich lebe ich mich soweit auf dieser Insel ein, dass das anfängliche, ungläubige "Hä?!" und "Was zum Henker?!" sich langsam in ein vorsichtiges aber immer noch sehr skeptisches "Ääääähm, ist gut!" verwandelt. Angst abzustumpfen, ein Zustand den ich beim Großteil der hiesigen Bevölkerung bedauerlicherweise zur Kenntnis nehmen musste, habe ich dennoch nicht, dazu sind meine Erlebnisse weiterhin zu zahlreich und unglaublich.
Die letzten Tage verbrachte ich damit die Insel jenseits der belebten Städte zu erkunden, was mir vor Augen führte dass dieses Eiland nicht nur atemberaubend schöne Orte vorweisen kann, sondern auch solche die einem das Herz mit der eisigen Klaue des Schreckens umkrallen. Die Galle in die Kehle empor zwingen..
Als ich zum ersten Mal auf die Mauern des imposanten aber faktisch so nutzlosen Walls emporgestiegen bin, musste ich wohl eine Ewigkeit einfach nur erstarrt dagestanden haben beim Anblick der sich mir bot. Diese weiten Ebenen des zerstörten Lebens, verseucht von der unheiligen Macht des Einen, beraubt einer jeglichen Reinheit der Götter… es raubte mir förmlich den Atem - aber nicht auf die gute Art wie das Lächeln des neuen Tempelwächters in den wenigen Tagen vor meiner Abreise. Erst nach einer Weile realisierte ich, wie mir Tränen die Wangen hinabströmten. Mir wurde bis zu diesem Zeitpunkt bereits vieles über diese Ödnis erzählt, doch nichts konnte mich auf diesen Anblick vorbereiten.
Es dauerte einige Zeit bis ich wieder zu einem Wort fähig war, doch spüre ich tief in mir drinnen dass der Schock dieser aufrüttelnden Erfahrung immer noch nicht richtig verarbeitet wurde.


Immerhin machte ich auf meinen Erkundungen einige neue Bekanntschaften, die bis auf zwei Ausnahmen allesamt erstaunlich erfreulich waren.
(Statt einer Randnotiz klebt auf der gegenüberliegenden Seite eine Ansammlung von getrockneten Blütenblätter einer felagoldenen Rose sowie ein gepresstes Waldveilchen)
Den Seelenfresser vom Schiff habe ich erneut getroffen, dieses Mal in der Wildnis auf dem Weg in die Hafenstadt.
Mittlerweile kann ich die Furcht vor diesem seltsamen Wesen einigermaßen unter Kontrolle halten sodass zudem ein Gespräch möglich war, auch wenn in mir ihre Art der Kommunikation, direkt in meinem Schädel herumzuschustern weiterhin die Panik aufsteigen lässt. Der Einfachheit halber habe ich beschlossen, "Es" Samuel zu nennen. Einerseits weil es mir so einfacher fällt und andererseits da ich befürchte, jedes Mal meine Umwelt glauben zu lassen ich würde an einem Erstickungsanfall krepieren sobald ich den Namen intoniere.
(Eine gekritzelte Randnotiz: Den wahren Namen kann man nur richtig röchelnd mit der erforderlichen Anzahl von Brotkrümeln im Rachen aussprechen scheint mir)
Auf jeden Fall führten wir ein zögerliches aber langes Gespräch und ich bekam eine kurze Einsicht geschenkt, in welchem Ausmaß diese Kreatur den Willen eines Wesens beherrschen kann.
Es war haarsträubend.
Nachdem wir uns danach in Gedankenbildern gegenseitig zeigten, zu welch Taten wir jeweils in der Lage wären so der andere ihn angreifen würde, schien nicht nur ich plötzlich in misstrauische Vorsicht gehüllt. Für’s erste haben wir einen Nichtangriffspakt geschlossen.
Für’s erste.


In zwei Tagen wird erneut in die Schlacht gegen die sammelnden Schlangen gezogen. Ich hoffe insgeheim immer noch voller abartiger Neugier, endlich einmal solch ein Monstrum mit eigenen Augen sehen zu können. Jeglicher bisherige Versuch, mir sprechende Schlangen die sich angeblich aufrecht fortbewegen vorzustellen, scheitert kläglich.
Vielleicht ist dieser Samuel Seelenfresser daran schuld? Verdrängt jeder seiner gezischelten Sätze ein Quentchen Platz in meinem Kopf? Wer weiss, vielleicht kostet mich jedes Gespräch ein Stück meiner Vorstellungskraft. Was für ein grausamer Gedanke.
(Eine gekritzelte Randnotiz: Unbedingt diese Theorie auf die Probe stellen und morgen Zeit nehmen zum Wolken betrachten.)

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 Betreff des Beitrags: Re: Claras Tagebuch
BeitragVerfasst: 25.08.10, 15:10 
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Wandeltag, der 24. Querlar 21 n.H.

Ich habe letzten Endes einen Sammler gesehen.
Und den Mann, der von jenem (bei diesem Schlangenwesen im wahrsten Sinne des Wortes) kaltblütig ermordet wurde.
Es war surreal.
Da wird vor meinen Augen ein tapferer Streiter mitten im brutalsten Schlachtgetümmel besessen und schlussendlich seines Lebens beraubt und alles zu dem ich in der Lage bin, ist wie angewurzelt dazustehen und diese Kreatur mit einer ungläubigen Fassungslosigkeit versteinert anzustarren. Selbst als das Grauen vorbei war und ein jeder zu dem Opfer hinstürmte, musste ich der, nur mit pervers zu beschreibenden, Anziehungskraft nachgeben und trat an die Schlangenleiche heran, betrachtete sie eine Ewigkeit lang wie betäubt ehe das Getümmel und die gebrüllten Befehle wieder zu mir hindurch drangen und ich erschrocken ob meines entrückten Zustands der Truppe in das Tunnelsystem nacheilte.
Die ganze Schlacht steckt noch in jeder Faser meines Körpers, vor allem geistig finde ich keine Ruhe. Die chaotischen und blutigen Erlebnisse in jedem Augenblick der zyklenlangen Tortur wollen mich einfach nicht loslassen, rauben mir den Schlaf und die so dringend ersehnte Ruhe. Kaum zwei Schritte von mir entfernt wurde ein Streiter von einem fehlgeleiteten Katapultgeschoss aus unserer Reihe fortgerissen, mitten im blutigsten Kampf plötzlich explodierende Feuersbrünste aus dem Nichts in der belagerten dunklen Festung, Magier die mitten in unseren eigenen Reihen Flammenwände beschworen, panisch kreischende Heiler die von Gargoyles verfolgt herumrannten. Mit viel Mühe versuchte ich immer wieder den Platz zu finden, wo ich am meisten ausrichten und helfen konnte. Für eine Zeit lang hielt ich das Umfeld der Magierin Laylira frei von Unwesen während sie voller Anstrengung die beiden feindlichen Portale, welche konstant unheiliges Gefleuch hervorwürgten, erfolgreich zum Kollabieren brachte.
Den Anblick des Turminneren versuche ich immer noch zu verdrängen, aber alleine schon die zerstückelte Leiche auf dem dunklen Altar verfolgt mich weiterhin sobald ich die Augen schließe.
Selbst im Tunnelsystem war ich hin und hergerissen zwischen erforderlichem Vorgehen gegen die uns entgegenstürmenden Biester und überwältigter Faszination bei der neuen Artenvielfalt des Grauens die sich mir bot. Zum Glück rief mich Vater Proveus an meiner Seite stets zur Raison.
(Eine gekritzelte Randnotiz: "Nicht fragen, schlagen Clara." Seine Worte muss ich unbedingt für die Zukunft fest in meinem Kopf verankern)

So sehr mich Tintin zuerst beunruhigte in seinem sinnlos brabbelnden Deliriumzustand, von wegen Damen die Kutschfahrer aufessen, bedrohlichen Katzen und Hinterteile, desto mehr beeindruckte er mich als er zwei der verunreinigten Elementarsäulen wieder erlöste, selbst mehr tot als lebendig vor Erschöpfung in meinem stützenden Griff hängend aber getrieben von einer blinden Entschlossenheit.
Ich bin nur weiterhin zutiefst beunruhigt, ob es ihm auch gut geht - egal was der andre Ventuspriester und Grom mir zur Beschwichtigung auch versicherten.
Da schleppe ich ihn selbst am Rande der endgültigen Kraftlosigkeit mühsam aus den Tunneln in Sicherheit und im andren Moment liegt er zuckend am Boden, löst sich dann in Funken auf welche in Ventus Gefilde emporrasen?
Bevor ich ihn nicht mit eigenen Augen wieder lebendig vor mir sehe, nagt die Sorge ob seines Wohlbefindens ruhelos an mir.

Seltsamerweise gibt es auch etwas Erfreuliches festzuhalten.
Als ich gestern spätnachts in der Taverne war um im Schnaps die erste Betäubung zu suchen, bekam ich dieses Brandensteiner Hafenblatt zur Ablenkung vorgelegt.
Und siehe da?
Ich stehe in der Zeitung.
Ich fasse es immer noch nicht.
(Hier wurde der ausgeschnittene Bericht der Zeitung eingeklebt)

Seeberg – Gerüchten zu Folge wurde Graf Robaar von Saalhorn zu Siebenwind vor einigen Tagen
gesehen wie er einer jungen Frau selbstlos das Geleit von Seeberg nach Falkensee bot. Hierbei schien
er völlig in der Rolle des edlen Beschützers aufgegangen zu sein, so dass es nicht nur beim
einfachen Geleit blieb, sondern er jener jungen Dame, welche allem Anschein nach gerade eben erst
Siebenwind erreicht hat, auch gleich die Gefahren der Insel näher brachte. So bleibt an dieser
Stelle nur zu sagen, dass sich einjeder Mann auf Siebenwind ein Beispiel am Grafen nehmen und
ruhig einmal auch ohne gefragt worden zu sein seine Hilfe den Schutzlosen bieten sollte.

Welch Hexerei geht auf dieser Insel vonstatten, dass dieses Blatt von meinem Erlebnis erfuhr?
Ich wurde an meinem dritten Tag auf dieser Insel also von einem Grafen eskortiert, als ich meinen Weg nach Falkensee suchte. Es kam mir damals schon mehr als seltsam vor, dass dieser Reiter in Zivilkleidung von solch einem Trupp an Gardisten bewacht wurde. Dennoch war ich mehr als dankbar, als er mir ungefragt eine sichere Eskorte durch die Dunkelheit in die Stadt anbot, war ich zu diesem Zeitpunkt schließlich noch ohne Wehr und Waffe.
Und jetzt stellte er sich als ein Graf heraus.
Ein richtiger Graf. So wirklich und in echt – ein Graf.
Ich beende diesen Eintrag nun, um meine letzte Kraft dafür zu nutzen einen Brief nachhause zu schreiben. Meine Erfahrungen in der Schlacht werde ich etwas bedeckter erzählen müssen, sonst vergeht meine Familie vor Sorge im Tempel daheim, jedoch die überraschende Begleitung muss ich ihnen unter die Nase reiben. Ich hoffe ich finde noch ein Exemplar dieser Zeitung, damit ich sie ans Festland mitschicken kann.
Sonst glauben sie es mir nie.
(Eine gekritzelte Randnotiz: Ein echter Graf. Ist das zu fassen?)

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 Betreff des Beitrags: Re: Claras Tagebuch
BeitragVerfasst: 5.10.10, 15:19 
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Mondtag, der 4. Carmar 21n.H.


Endlich wieder in der Zivilisation.
So unglaublich aufregend wie die vergangenen Tage waren, hatte ich ganz vergessen was für eine Wohltat ein gediegenes Bad und eine warme Mahlzeit jenseits von Trockenfleisch und Zwieback sein kann. Trotzdem freue ich mich bereits jetzt schon wieder auf den nächsten lehrreichen Ausflug an Groms Seite wie ein Kleinkind zappelnd das Lichthoch erwartet.
Wieviel ich nur gelernt habe in den wenigen Tagen, es ist unfassbar. Es begann mit den Worten "Clara, schaff deinen Arsch in die Rüstung, pack deine Waffen zusammen und vergiss das Verbandszeug nicht!" und endete im Tal der Ahnen, wo wir mehr als eine Woche mit viel Unterricht und noch mehr Ausflügen verbrachten.
Meine anfängliche Befürchtung, dass der Zwerg aufgrund unserer gemeinsamen Vergangenheit falsche Rücksicht und Milde walten lassen würde ist nun vollständig verschwunden. Im Gegenteil, er bewies mir unzählige Male eindrucksvoll dass er nur mein Bestes im Sinne hat indem er bei meiner Ausbildung besondere Strenge und Härte walten lässt.

Als wir bei einem unserer Ausflüge das Tal verließen, gerieten wir in einen Hinterhalt bei dem ich mich, wie ich hier voller Stolz festhalten kann, wacker gehalten hatte – bis zu dem Zeitpunkt als einer dieser schwebenden Augendämone mich mit einer unheiligen Feuersbrunst überraschte und ich meine Axt fallen ließ, um mein Gesicht erschrocken mit den Armen im Instinkt zu schützen. Grom eilte mir sogleich zur Hilfe und machte kurzen Prozess mit der Kreatur doch spürte ich daraufhin sogleich wie wütend er auf mich war. Ich erwartete eine schallende Ohrfeige, eines seiner berühmten Brüllkonzerte jedoch blieb er völlig ruhig und wir zogen wortlos weiter. Eine unwohle Skepsis breitete sich in meinem Inneren aus, nagte die restliche Wanderung gepaart mit tiefster Beschämung zehrend an mir während seine ungewohnte Stille mir schlimmer zutrug als jede Prügelei als Strafe. Doch erwartete mich jene erst als wir zurück im Lager waren. Erhoffte ich mir dort ein Mahl und danach etwas Schlaf wurde ich enttäuscht. Liegestützen auf dem schroffen Boden während er daneben auf einem Fels saß und sein Bier aus dem Trinkschlauch genoss, seine verschränkten Beine auf meinen Schulterblättern die mich immer wieder tiefer hinabdrückten. Als ich mich vor Erschöpfung übergeben musste, währte die Milde nur so lange um meinen Mund mit Bier auszuspülen, danach ging die Tortur weiter bis meine Handflächen von den spitzen Steinen und zerbrochenen Überreste vergangener Kämpfe blutig gescheuert waren.
Mit grobem Salz rieb er sie danach gnadenlos ob meiner kraftlosen Schreie ein und wickelte jeweils einen Verband fest um meine Hände, danach durfte ich etwas essen bevor er mir die Axt wieder in die vor Schmerz pochende Hand drückte und es erneut hinaus ging in die toten Länderein, wo mich gerade noch der Wille bei Sinnen hielt, jede Bewegung der Waffe im Kampf brennende Pein in den Handflächen.
Erst als wir einen Zyklus später ins Lager zurückkehrten, sprach er wieder zu mir und die Lektion währte lange. Du wirst niemals wieder deine Axt im Kampf fallen lassen Clara. Du stirbst mit ihr in deinem Griff, denn leere Hände schaffen nur Platz für Schande.
Es waren keine belehrenden Worte als Abschied zur Nachtruhe, nein es war ein Befehl.


Es ist erstaunlich wie absurd einem die Geschehnisse des täglichen Lebens in der Stadt nach solch einer Zeit vorkommen. Als wäre ich in dicke, unsichtbare Wolle gepackt verbrachte ich meinen ersten Abend wieder unter Menschen, doch zu meiner Erleichterung schälten das Lachen, die triviale Freude der Menge über Nichtigkeiten diese Betäubung nach einer Weile Schicht für Schicht wieder ab. Eine Tatsache die mir tiefe Beruhigung schenkte, fast so sehr wie die folgende Nacht des Gebets im Schrein unseres Schwertherren denn befürchte ich nichts auf dieser Insel so sehr wie das Abstumpfen, das Verbittern, das Erkalten meiner Seele wie ich es bei sovielen hier beobachten durfte. Doch selbst wenn der Alltag der sorglosen Unbeschwertheit um mich eines Tages seine Wirkung verliert, werde ich wohl für immer von der Erinnerung an Tintins schwerelosem Geschenk voller Trost zehren können sobald ein Schatten droht, sich in meinem Inneren auszubreiten. Allein deswegen war es wohl die kostbarste Gabe in meinem bisherigen Leben.
(Eine gekritzelte Randnotiz: Auch wenn nun zukünftig jeder herkömmliche Tanz daneben verblassen wird.)

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 Betreff des Beitrags: Re: Claras Tagebuch
BeitragVerfasst: 15.11.10, 01:08 
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(Statt des üblichen Eintrags findet man ein Pergamentstück auf die freie Seite geklebt)



Das Lied vom hinkenden Troll
von Feydis & Bastian


Der hinkende Troll dessen Lied so toll, aber nie fraß er das was er soll.
Statt Fleisch und Gebein mochte er Kuchen und Wein
Doch am liebsten auf der Welt, trug er Clara Lilienfeld
Auf den Schulter so breit verbrachte sie ihre Zeit
Er hinkte in der Gegend rum und manchmal kippte er sogar um
Selbst einen großen Baum, den sah er kaum
Denn der Troll das arme Kind, ja der war blind
Auf einem Auge zwar nu’ aber das andere kniff er stets zu
Er hinkte hin, er hinkte her, fand den Weg nach Haus nicht mehr
So der Troll die Clara schleppte, die ihn immer wieder neppte
Denn der Troll das arme Kind war auf einem Auge blind, dachte Clara wär sein Kind
Als er mal im Grase saß, immer wieder Blumen fraß
Kam ein andrer Troll und fand das ganze nicht so toll
Sah die Clara dachte Oh! und versohlte dem Troll den Po
Denn der Troll auf einem Auge blind, war selber noch ein Trollenkind
Troll Troll ach so dumm, trägt die Clara weiter rum
Und die liebe Trollenmutter denkt sich alles wär in Butter
Denn das Trollenkind versessen, spielt ja nur mit seinem Essen

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