Einsiedler |
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Registriert: 21.02.09, 13:10 Beiträge: 154
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Alte ErinnerungenWas ist das adäquate Gefühl dafür, wenn einer der besten Freunde dich ohne ein Wort des Abschieds verlässt? In dem schnapsgetränkten Schädel des alten Grobschmieds fand sich keine Antwort. Er trat aus der blutigen Ratte hinaus, nachdem Fleischer ihm vom Abschied Glentus' berichtet hatte. Ziellos ging er einige Schritte und lies sich von alten Erinnerungen einholen.

Das alte Heilerhaus. Was waren das für Zeiten, als Zora und Glentus dort oben am verwitterten Buchenholztischchen saßen und, hoch über dem Viertel thronend, mit einem guten Schluck Bier auf das Leben anstießen? Kein mit Silber und Diamanten behangenes Adelspaar konnte sich mit der Schönheit dieser göttergeschaffenen Momente messen.
Da oben saßen die beiden, die Stühle knartschten und beide lachten erfreut, als Grimwold sich dazu gesellte. Murk und Ogerbirne mussten auch irgendwo sein. Der zermürbte Schädel Grimwolds sah wieder rüber zur Ratte - dann kam die Ogerbirne aus der Tür geprasselt weil er sich drinnen wieder Ärger von Wirt geholt hat. So dumm wie Ogerbirne ist und so sehr wie er den Ärger immer anzieht - genauso schlug Grimwolds Herz schneller und lebendiger bei der Vorstellung, dass Jakob einfach aus der Tür hinausstiefelt und ihn so ansieht wie er es immer tat, wenn er in der Nacht zuvor ein Mädel im Bett hatte.
Grimwold blinzelte einige Male und schob schnell einige Schlücke Schnaps nach. Magisch zog es ihn hoch zu dem Hochturm glücklicher Momente und oben angekommen, nahm er an Zoras Stelle platz.

Vor ihm war Glentus' klappriger Stuhl. Grim schloss die Augen... und für einen Momente roch er nochmal den stinkigen Qualm seiner Nachtschattenpfeife, den modrigen Geruch seiner Kleidung und Ihren schweißperlenden Eifer. Der Eifer, der versuchte Glen immer wieder vom Nachtschatten loszureißen.
Dann war da der Platz vor der Ratte. Dieser Platz verleihte Zora den Namen Templerfaust, nachdem sie sich bei den Wettkämpfen hochprügelte wie eine von Bellum gesalbte Heilige. Hier hatte er auch von der dummen Ogerbirne schon eine Abreibung kassiert (und auch ordentlich ausgeteilt!) und hier fanden sich nach jeder Prügelei neue Freunde - Auf diesem Platz nährten Blut, Speichel und Dreck den Boden von Leuten, die zusammenhielten.
Hier fanden die Leute zusammen, die sich zu Dunkeltief in den Kanälen vor den Untoten versteckten und Zyklen zusammen auf engstem Raum zusammenhielten. Schnell wurden diese Gedanken wieder vom Schnaps hinfortgespült. Vom Gefühl der alten Zeit gepeitscht riss er sich vom Stuhl hoch und machte sich auf den Weg zum Zeughaus.
Ogerbirne war tot. Marion ist fürs Viertel auch gestorben. Zora & Wirt ? Vielleicht waren sie beide auch schon tot. Genauso wie Glentus, der nicht ohne ein Wort alle und alles stehen und liegen gelassen hätte. Glentus hätte wenigstens ein Wort gesagt - und dafür, dass er es nicht tat, gab es nur eine Antwort: Glentus muss sich gegen Fleischer gewehrt haben und wurde von ihm oder seinen Trupp an Mördern...

Einige Zyklen später war das Nötigste zusammengeräumt und das Maultier lies sich bockend über die Planke führen. Es war Zeit, aufzubrechen.
_________________ "Das Viertel ist eben das, was es auch sein soll: Meist einfach nur eine Zweckgemeinschaft der Armen und Freien und hin und wieder ein unzuverlässiger Haufen Abfall - aber manchmal auch ein kleines Stück Familie."
Viertel † Oktober 2010
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