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 Betreff des Beitrags: Die 'Namikleris'.
BeitragVerfasst: 8.12.10, 21:49 
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Prolog: Fernweh.


Stille herrschte in der kleinen Kammer - bis auf ein regelmäßiges Tocken. Der ausgetrocknete Federkiel fuhr von den schlanken Fingern geführt auf und ab, hinterließ keinen Makel auf der sowieso schon völlig eingesauten Schreibfläche des Tisches. Von der Seite her wölbten sich schwere Buchbände und zusammengebundene Haufen aus Pergamentrollen in den engen Raum herein, der das bescheidene Scriptorium, beziehungsweise Büro, beziehungsweise Archiv, der Priorei der Ecclesia Elementorum war. Ein Blick aus dem Fenster heraus: Morsans Stille. Als wäre die Insel vom Schnee erdrückt.
Soviele Dinge sollten ihm eigentlich durch den Kopf schwirren. Ein gräusliches Dilemma beispielsweise, in dass der Meister sie gebracht hat (oder Szarmaduk, wie der Rektor ihn genannt hatte. Mhm-hm.). Ein Menschenleben und Anerkennung unter den Selbigen, genauer definiert Malthust - oder das Ende des Pfades des Ventus für ihn selbst und Rektor Vencurius. Und doch war da merkwürdige Stille. Natürlich hatte er Interesse, die Patrizierin danach wieder zusammenzuflicken, geistlich - darin hatte er Erfahrung, das konnte er. Aber die anderen Sachen? Kleinkram für Novizen, oder aber das Fachgebiet für den Rektor. So blieben Krümel, im Schatten des Mannes, über den er damals mit den anderen Dozenten noch gelästert und gelacht hatte. Der verrückte Tattergreis mit seinem Machtfimmel und Vogelfetisch. Zeiten ändern sich.

Nun saß er hier in der Priorei und sah dem Schneetreiben zu: Mal munter war es, dann wieder wie angepeitscht wenn der norländ'sche Wind dazwischenfuhr und für die spärlichen Passanten jede sonst so fragile Schneeflocke zu einem Nadelstich werden ließ. Irgendwie gab es dort draußen nichts mehr, das sein Interesse wecken konnte. Den Weg zum Schrein des Ventus hatte er schon lange nicht mehr auf sich genommen - die täglichen Gebete konnten ebenso gut in der Priorei abgehalten werden, wenn man es nicht so genau nahm mit dem Hören auf die eingeflüsterten Worte. Und dafür hatte er schließlich den Erzpriester; denn warum sollte der Wind sich mit dem Zweitbesten, dem fünften Rad am Fuhrwerk zufrieden geben?

Hierbleiben? Der Tod durch Langeweile würde ihn wohl treffen, denn die momentan reichliche Praxis lag ihm allzu fern. Zurück auf das Festland? In Ventria lagen seine Ersparnisse - und er hatte noch genug Stolz, nicht mit leeren Händen wieder vor seine lauernden Kollegen zu treten.

Blieben nurnoch Nord, Süd und West.

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 Betreff des Beitrags: Re: Die 'Namikleris'.
BeitragVerfasst: 11.12.10, 14:07 
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Prolog: Impuls.


Alle sprachen sie nurnoch von den Sammlern.
Gefangene hier, Lichterzeichen da, Angriffe hier, Erpressung und Geiselnahme da. Zum Dunkeltief werden sie womöglich ein uraltes, zerstörerisches Ritual der Elemente mit ihrer neugefundenen Macht abhalten. Die Harfe sollen wir hergeben - und doch bitte noch eine Portion Rat und Tat dabei, an wen auch immer. Bla. Eine überdrüssige Hand fegte einen kleinen Stapel Briefe von der Fläche des Schreibtischs - raschelnd segelten die Pergamentbahnen zu Boden und gesellten sich zu ihren inzwischen schon leicht angestaubten und betrampelten Vorgängern.

Es half nicht einmal, sich der Versuchung hinzugeben und über "Früher" zu schwelgen. Hörsäle, brechend voll mit aufgeweckten und überhaupt geistesanwesenden Schülern, die ihm jede Frage und jeden Wunsch von den Augen ablasen. Räume voll der feinsten Instrumente, die sich ein Musizierender wünschen könnte, ergänzt von bändeweise faszinierenden Niederschriften vorhergegangener Komponisten. Unzählige Balkons, Turmspitzen und offene Räume, die förmlich zum Tanz mit dem Wind einlieden, der so herrlich rein und unberührt war in solcher Höhe. Regelmäßige, gute und vorallem warme Mahlzeiten, versüßt mit tiefsinnigsten Diskussionen.

Die Hand langte herab, griff sich eines der nun aufgedeckten Pergamente. Nein, es galt, sich über das Hier und Jetzt Gedanken zu machen. Nicht über das dringend Anstehende, sondern über das, was ich mir wünsche. Die Freiheit - nehme ich mir. Das Pergament stellte sich als Notiz heraus, dass er sich ein beliebiges Schiff im Hafen im Namen des Malthuster Oberkommandos für zwei Wochen 'leihen' dürfte. Wie hatte er das nur vergessen können? Die offensichtlichste Lösung.

Ein Griff nach dem Mantel - und ab, in die Richtung der Hafenmeisterei.

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 Betreff des Beitrags: Re: Die 'Namikleris'.
BeitragVerfasst: 15.12.10, 22:29 
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Prolog: Eine Liebesgeschichte.


Irgendwie hatte es.. 'Klick' gemacht, innerlich, als er die ausgediente Kogge erblickte. Dann zählte es nicht mehr, dass bereits ein Expeditionsschiff bereitstand - es ging hochher, geistlich, als er sich schon ausmalte wie er sie wieder auf Vordermann bringen würde. Verfaulte Planken müssten herausgerissen und ersetzt werden (Eiche? Eibe? Schwarzholz gar? Was verwendete man da?), der pockig-braune Rost bettelte geradezu um den Klopfhammer, die rissigen und löchrigen Segel, nicht mehr instand gesetzt seit den letzten Sturmschäden, flehten nach nähender Hand. Die alten Schoten und Taue, zerfasert und brüchig, wollten Gesellschaft haben durch frische, stramme Geschwister aus Hanf.

Dem Hafenmeister war es wohl recht. Hatte der alte, klassisch-brummige Seebär anfangs noch versucht, dem sprunghaften, geradezu hibbeligen Drahtgestell von einer Bohnenstange zu vermitteln, dass der letzte Kapitän der Kogge (Xan möge ihn warm empfangen haben) seinem Schiff zurecht den Namen "Dreckschleuder" verpasst hatte, gab er recht bald auf. Selbst wenn er für die Reparatur im Dock aufkommen müsste, käme es ihn noch weitaus billiger als die "Stolz von Brandenstein" allzu lange entbehren zu müssen.

Aus der Ferne schallten gellende Rufe herüber, wurden wüste Anschuldigungen und Verwünschungen hörbar - die Werftarbeiter hatten dutzendweise alle Hände voll zu tun, das Schiff heil in das Trockendock herein zu manvörieren. An der Reling standen sie mit langen Stecken, um das Ufer durch großzügigen Muskeleinsatz ja auf Distanz von der instabilen Hülle zu halten. Andere waren dabei, die Enden von langen und schweren Tauen um alles zu wickeln, das genug Halt hergab - die bordseiten Poller waren schon lange nicht mehr tauglich (sofern überhaupt noch vorhanden).

Das würde ein Spaß werden.

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 Betreff des Beitrags: Re: Die 'Namikleris'.
BeitragVerfasst: 19.12.10, 22:12 
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Prolog: Hammerklang und Rost.


Ding, Ding, Ding.
Es war ziemlich allgegenwärtig. Um ihn herum knieten ein halbes Dutzend Werftarbeiter auf den angemoderten, glitschigen Bohlen des Decks und malträtierten jedes Stückchen rostiges Metall, das ihnen in die quere kam, mit den Klopfhämmern. Die Beschläge des Masts und der Türen, die gelegentlichen Zwinger die einige der älteren Planken gerade noch so zusammen halten konnten - sie alle waren rostrot, und sie alle sollten ausnahmslos von eben diesem Rost befreit werden. Flocken-, Brockenweise segelten Roststücke durch die Luft. Die erfahreneren Arbeiter hatten sich dünne Tücher um Mund und Nase gewickelt und mussten so zumindest nurnoch um ihr Augenlicht fürchten. So auch der dürre Mann in der Mitte der schwitzenden, fluchenden, teils leicht angetrunken singender Masse muskelbepackter und generell eher bulliger Arbeiter der Lehenswerft. Der Rost wollte sich den zaghaften Schlägen nicht so recht beugen. Zumindest Spott musste er nicht fürchten, denn unter Aufsicht des Vorarbeiters hatte jeder der Kerle mit seiner eigenen Arbeit mehr als genug zu tun. Nur gelegentlich rempelte man ihn beiseite, um das Stück an dem er sich einen halben Dunkelzyklus herumgeplagt hatte mit drei, vier kräftigen Schlägen vom Rost zu befreien, um das matte Metall wieder zu offenbaren - Schläge, die in den Ohren unangenehm nachklangen und grauenhafte Kopfschmerzen mit sich brachten.
"Die müssen doch allesamt quasi taub sein."

Auf der anderen Seite aber brachte die monotone Arbeit (manchmal tat man den ganzen lieben langen Felalauf nichts Anderes) auch gewisse Vorzüge mit sich. Es ließ sich angenehmer denken, geregelt und angetrieben von der ruppigen und unförmigen Melodie der Hammerschläge. Der Schweiß, der bald schon trotz des kühlen Wetters ausbrach, fühlte sich gut und belohnend an - es war lange her, dass er zuletzt ins Schwitzen gekommen war. Und der Windtanz zählte dann wohl doch nicht unbedingt als harte körperliche Arbeit (seelisch-geistig, vielleicht).

Es würde ein schönes Schiff werden - sein ganzer Stolz.

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 Betreff des Beitrags: Re: Die 'Namikleris'.
BeitragVerfasst: 3.01.11, 23:03 
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Prolog: Aus dem Nähkästchen.


Klack, Klack, Klack.
Putzmunter und beschwingt klapperten die Scheren der vier Damen, die dort auf den Planken des Schiffs im Schneidersitz (nicht von ungefähr!) saßen. Den Schoß bedeckt und beschwert mit dem festen Segeltuch widmeten sie sich ihrem altgewohnten Handwerk. Von den Werftarbeitern waren sie hergelockt worden, mit der Aussicht auf einen handfesten Lohn - eine Mutter war darunter, eine Verlobte, eine Tochter, das ganze Spektrum. Aber noch schnatter- und plauderanfälliger als diese vortreffliche Kombination war der dürre Blonde, der auf der frisch gezimmerten Reling saß. Die Beine baumelten hoch über dem festen Grund und Boden des Trockendocks unter ihm, wo massive Holzstützen und -blöcke das Schiff an Ort und Stelle hielten, damit sich die Zimmermänner dem Holz der Hülle widmen konnten.
"Also, ich meine - wieso der ganze Aufstand wegen des Dunkeltiefs? Man verbarrikadiert sich einfach daheim, wie ich es halten werden. Keine Nase steck ich dieses Jahr aus der Tür raus, nicht bei all diesem tollwütigen Unsinn, der auf dieser Scholle von einem glorifizierten Eiland so vonstatten geht. Wenn das jeder machen würde, wo wäre das Problem? Suum cuique, und für jeden ist gesorgt."

Die Näherinnen warfen sich vielsagend-genervte Blicke zu. Ein leises Seufzeln, aber Flucht war im Moment wohl leider keine gewinnbringende Option.
"Man muss auch manchmal einfach wissen, wo man hingehört. Geweihte gehören nicht aufs Schlachtfeld und Kreaturen des Einen nicht in den Flur. Ich meine - ihr habt ja gehört, was diese Sammler so angestellt haben. Unausstehliche Mistviecher von Riesenschlangen. Aber können ja ihre Nase nicht aus Angelegenheiten heraushalten -..."

Der Redeschwall brach nicht einmal ab, als sich eine der Schneiderinnen erhob (ob ihres jungen Alters ungeduldiger als ihre Kolleginnen, die schon von Jahren der Ehe abgestumpft waren), die Anderen noch erfolglos zum Rückzug überreden wollte - und schließlich mit wehendem Rock davon rauschte, unter Deck und durch das Loch in der Hülle hinaus auf den Steg zum Trockendock.
"Wo wir bei Schlangen sind, gerade. Habe ich schon von meinem Ausflug nach Endophal erzählt?"


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