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 Betreff des Beitrags: Ewiger Kampf
BeitragVerfasst: 15.12.10, 22:32 
Einsiedler
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Vandris vor 9 Götterläufen

Langsam, schwer und vor Erschöpfung schlurfend führten ihn seine Schritte durch die geborstene Tür. Leise knarschten die Stiefel, als er wohl über irgendwas lief. Eine Vase vielleicht, einst gefüllt mit frischen Blumen oder eine Karaffe mit gutem Wein. Es war einerlei. Es war unwichtig.
Rhaegon hatte das Gefühl, nicht wirklich anwesend zu sein. Als wäre es nur ein Traum, ein Alptraum. Sein ganzer Körper wog entsetzlich schwer, als hätte man ihn alle Last der Welt auferlegt. Ein Kloß steckte schwer im Hals, die Augen brannten und doch wagte er sie nicht zu schließen, als er den Raum betrat, wo er sie vorfand.
Sansia, seine Frau. Ania und Filip, seine beiden Kinder.
In diesem Moment konnten seine Beine ihn nicht mehr halten. Er, der so viele Schlachten schon durchgestanden hatte, der ständig stark blieb, selbst beim Anblick toter Kameraden oder Freunde weiterhin stark bleiben musste, konnte diesem Anblick nicht mehr standhalten.
Ein Alptraum. Es musste ein Alptraum sein, vor dem er nun die Augen schluchzend schloß, seine Hände zu Fäuste schloß und sie auf den Boden schlug, bis sie bluteten.

Irgendwo, hinter ihm, unweit der zerrissenen Leiber geliebter Menschen und unweit der Wand, auf der mit ihrem Blut anklagend nach seinem Schutz gefragt wurde, fand sich ein zerknüllter Zettel wieder:

Modares,

meinen Glückwunsch. Ihr werdet den Sieg sicher zu feiern wissen. Bedauerlich ist es für eure Lieben, welche in dem Moment nicht den nötigen Schutz haben werden.
Ihr hättet sie wegschicken sollen. Ihr seid wahrlich ein Egoist, Modares.

Lebt wohl,

S.


***


Das erste, was Rhaegon fühlte, als er seine graublauen Augen aufschlug, deren Weiß einen gelblichen Stich aufwies, war sein schwerer Schädel und ein dumpfer Schmerz, der sich quer durch seinen Kopf zog. Ein bekanntes Gefühl und für einen Moment, während er am Rande wahrnahm, dass sich um ihn herum Gitterstäbe befanden, fragte er sich, was passiert war.

Es begann mit der Suche nach der Patrizierin und Frau Oberstleutnant. Sie wanderten durchs Ödland und betraten einen alten Friedhof. Leise sprach er zu Morsan, während Rhaegon zu den Knochen und anderen Leichenreste hinabblickte, dann betrat er, wie der Rest der Malthuster Armee und all die anderen, die sich aufgemacht hatten, die Gruft. Tiefer und tiefer ging es hinab, durch etliche Gänge, welche mit jeder weiteren Abzweigung grausamer zu werden schienen. Es waren dabei nicht die hier lauernden Bestien und Untoten, die ihn schreckten. Ihre Kraft war zwar teils immens und ließen ihn manches Mal wanken, einmal sogar gen Boden gehen, doch waren in seinem Rücken meist Waljakov, Milo oder Andur, die mit ihrem Können dafür sorgten, dass die Malthuster sich weiterhin tapfer schlugen.
Es war vielmehr all das Blut, all der Tod um ihn herum. All die Hinweise auf die Grausamkeiten, zu dem die Anhänger des Einen und seine Kreaturen fähig waren. Und all dies beschwor Stück für Stück Erinnerungen herauf.
Zu allem Übel hatten Waljakov, Scuron und schlußendlich auch noch eine Ritterin ihm alkoholische Getränke angeboten. So kämpfte er hier nicht nur mit den unheiligen Wesen und seinen Gedanken, sondern auch noch mit seinem eigenen Dämon - Alkohol. Er glaubte widerstehen zu können und am Ende fanden sie die Patrizierin, doch als er sie sah, das ganze Blut ringsum, wurde er blasser. Wieder entstand vor seinem geistigen Auge das Bild seiner Frau, wie sie geschändet, förmlich zerfetzt in ihrem eigenen Blut lag.
Nein, die Patrizierin lebte und war nicht ganz so entsetzlich zugerichtet, doch es war schlimm genug. Befehle waren es, die ihn davon abhielten, sich an seinen Erinnerungen erstmal festzubeißen. Zusammen mit seinen Kameraden stand er mit dem Rücken zu jenem Altar, auf dem die Patrizierin lag und gemeinsam beteten sie zu Bellum, derweil eine Frau, eine Magierin vermutlich, zur Tat schritt und heilte.
Danach durch das Portal und fort von diesem Ort.

Doch in Brandenstein begannen die Gedanken erneut zu kreisen. Erschlagen fühlte er sich und innerlich kam ein Durst auf, wie er ihn nur zu gut kannte. Hier auf der Insel hatte er ihn schon ein paar Mal gespürt, doch immer wieder erfolgreich gegenan gefochten, sei es mit einigen Runden, die er um die Stadt gelaufen war oder Übungen mit dem Schwert.
Durchhalten, sprach er innerlich zu sich selbst, einen Götterlauf lang habe ich es geschafft, dann werde ich es jetzt auch schaffen.
Auf dem Hof angekommen, blieb er zurück, hockte sich auf die Stufen des Prangers und löst den Helm ab, um sich über das verschwitzte Gesicht und Haar zu wischen. Scuron setzte sich erschöpft zu Boden, und zog dann wieder diesen vermaledeiten Flachmann hervor, aus dem er trank.
Rhaegons Durst wuchs.
Nur ein wenig. Einen Götterlauf immerhin schon erfolgreich trocken. Dann wird ein wenig doch nichts ausmachen. Oder?
Innerlich rang er mit sich, sein Blick schweifte zur Messe, ehe in ihm etwas siegte und er sich langsam und müde aufdrückte, innerlich jedoch aufgewühlt, denn die Gedanken kreisten weiterhin, doch jetzt nur noch um das Verlangen und wie man dieses endlich stillen konnte.

Die Türen waren verschlossen, ihm fehlte der Schlüssel. Ein Umstand, der sein Verlangen noch weiter anheizte. Dann der Befehl des Korporals - er und Scuron sollten vor der Tür zum Mannschaftsquartier Wache halten. Die Patrizierin wird dort behandelt.
Waren da nicht Fässer?
Rhaegon folgte Scuron still, derweil innerlich das brennende Verlangen sich in wirrer Vorfreude wandelte. Irgendwas wurde da doch gelagert. Ein Grund auch, warum er in diesem Raum nie lange blieb.
Aber ... einmal ist keinmal. Heute ist es nötig. Nur einen Krug oder ein Schluck. Nur heute.
Tatsächlich war da ein Fass. Whiskey, doch das war egal. Einen Krug griff er sich, Scuron hing derweil schon wieder an seinem Flachmann. Bestens, denn so würde dieser keine Moralpredigten von sich geben.
Der erste Krug war rasch geleert und innerlich spürte er nicht nur, wie die Wärme ihn erfüllte, sondern wie eine alte Sehnsucht gestillt wurde. Es war, als würde er für einen viel zu flüchtigen Moment wieder richtig leben. So wie damals, als er noch jung war und, wenn man nicht kämpfte, er ständig mit seinen Kumpanen durch die Tavernen Vandris' zog oder wo auch immer sie gerade weilten. Wo er so manch schöne Frau verführt hatte, zotige Witze riss, trank, lachte, lebte, trank, liebte und immer wieder trank. Oder später, als dieses wärmende Gefühl, das Kribbeln im Leib, all den Schmerz um seine Frau und seine Kinder vergessen ließ.
Krug um Krug leerte er und ...

Was dann?
Rhaegon lag noch immer wie erschlagen auf der Pritsche in der Zelle der Burg Brandenstein.
Was, bei den Vieren, hatte er bloß alles getan, dass er nun hier drin lag? Hatte er jemanden geschlagen? Gepöbelt? Er wusste es nicht mehr, aber er wusste nur zu gut, was früher alles passiert war. Man hatte es ihm entweder erzählt oder er sah, wenn er mal ausnahmsweise nüchtern war, was er getan hatte. Mal hatte er Wunden von Schlägereien getragen, mal hatte er bemerkt, dass er sein Schwert einfach verhökert hatte, um weiteren Alkohol kaufen zu können. Mal hatte er sogar Geweihte bedroht, die den angetrunkenen Veteranen lediglich in seine kleine Kammer sperren wollten, damit er wieder nüchtern wurde.
Tiefe Scham kam in ihm auf und ächzend schloß er seine Augen wieder.

Innerlich kroch derweil ein altbekanntes Gefühl hoch - Durst.


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