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 Betreff des Beitrags: Traumtagebuch
BeitragVerfasst: 28.01.11, 20:07 
Einsiedler
Einsiedler

Registriert: 27.01.11, 21:19
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Die erste Nacht

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Ein Schatten regte sich in der unterirdischen Höhle. Lautlos glitt das riesige Tier ins Wasser des schwarzen See´s, tauchte unter die spiegelglatte Oberfläche, die nur vom Fackelschein einer einzigen Seele erhellt wurde, auf der Suche nach ... neuer Beute. Intuitiv erstarrte der Verlorene, der eben noch durch den moosbewachsenen Kanal gewatet war in vollkommener Regungslosigkeit, als hätte er die herannahende Gefahr gespürt. Etwas streifte seine Wade, schleimig und glitschig wie ein Aal, doch größer, gewaltiger ... monströser. Mit tödlicher Präzision wickelte sich der lange muskolöse Leib des Tieres um den Körper des Mannes. Einer Geliebten gleich umschlang sie ihn, wandte sich in endlosen Bahnen um den nackten Rumpf des Verlorenen, dessen panische Gegenmaßnahmen nur eine unwesentliche Verzögerung des Unausweichlichen darstellen sollten. Der Kampf um sein Leben, es würde ein kurzer Kampf werden, denn Menschen müssen atmen und mit jedem seiner Atemzüge presste sie sich sich enger an ihn, schnürte ihm die Luft ab und brachte ihn näher an die Schwelle des Todes. Ein lautes Knacken hallte in dem gewaltigen Hohlraum unter der Erde wieder als die Rippen unter dem gewaltigen Druck ihrer Masse zerbarsten. Einem letzten Aufbäumen gleich bevor es endgültig und unweigerlich zum Ende kam, versuchte er sich aus der innigen Umklammerung seiner Liebhaberin zu lösen, wandte sich unter ihrem eisernen Griff, um sich aus seiner hoffnungslosen Lage zu befreien.

Er saß dort nicht weit entfernt auf einer Klippe, die wie ein Mahnmal aus dem dunklen See ragte. Der Anblick des Verlorenen und der großen Schlange die sich seiner bemächtigt hatte riefen in ihm eine perverse Mischung aus Gefühlen hervor. Er wollte den Blick abwenden, doch irgendetwas hielt ihn fest, eine Kreuzung aus Faszination und Grausamkeit, wie man sie nur selten in diesen Tagen zu Gesicht bekam. Alles schien sich in ihren Windungen wiederzuspiegeln, Leidenschaft, Furcht, Anmut, Leben, Tod, soviele Dinge sah er dort aber vielleicht war es auch nur ihre beunruhigende Gelassenheit mit der sie gerade das Leben aus ihrer Beute quetschte, die seinen Blick unabwendbar an sie fesselte.
Die kalten, gelben Augen der Schlange fixierten ihn, ein stechender Blick, durchdringend bis tief in seine Seele als würde sie in sein Innerstes blicken, einer Drohung gleich das er ihm bald folgen würde, bevor sie mit dem Verlorenen tief hinunter in die Schwärze tauchte, dorthin wo man nicht würde sehen können, wie sie ihn mit Haut und Haaren verschlang.

Ein eisiger Windhauch fegte durch die Gassen und ließ die Fensterläden des Wohnhauses in Seeberg mit einem lauten Knall gegen die Fassade schlagen. Ruckartig richtete er sich im Heu des Stalles auf, die Augen bis aufs Äußerste geweitet, tastete er mit der Hand auf dem Boden. Erst als er den kühlen Stahl seiner Klinge in der Hand spürte, die noch immer an ihrem angestammten Platz, dicht neben ihm lag, schien er zu realisieren, dass er sich nicht mehr in der dunklen Höhle beim unterirdischen See befand. Stoßartig atmete er aus und ließ sich rücklings zurück ins Stroh fallen. Nur ein Traum ... oder ?


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 Betreff des Beitrags: Re: Traumtagebuch
BeitragVerfasst: 30.01.11, 04:32 
Einsiedler
Einsiedler

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Beiträge: 14
Der dritte Tag

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Eine warme Brise schlug ihm den Sand ins Gesicht, heiß und unnachgiebig brannte die Sonne auf seiner Haut, ließ den Schweiß auf ihr verdunsten
noch ehe er sich gebildet hatte. Er spürte wie die feinen Sandkörner sich langsam in den Falten seiner Kleidung absetzten und ein unangenehmes aber
vertrautes Kribbeln auf seiner Haut auslösten. Er stand auf dem Scheitelpunkt der gewaltigen Düne, die wie ein Schloss mehrere Stockwerke hoch über das Tal hinausragte. Tausende und Abertausende von Rillen und kleinen Schluchten hatte der Wind hier in die glatte Oberfläche des Sandes gefressen, stille Zeugen der ewigen Wanderschaft dieses Monumentes. Mit einem Schritt glitt er den Abhang herunter, versank dabei fast knöcheltief in der Anhöhe und es dauerte eine ganze Weile bevor er den Fuß des Tals erreicht hatte. Er befand sich im Herzen der Sharra - Wüste, einem Ort zu dem sich nur wenige Reisende verirrten und von dem noch weniger wieder zurückkehrten, denn nur wer in einer klaren Nacht die Sterne lesen konnte würde in der Lage seinen diesen Ort je wieder lebend zu verlassen. Das Juwel der drei Wüsten nannten die Einheimischen diesen heiligen Platz, die Oase die mit ihren malerischen Wasserläufen und dem satten Grün der Palmen zum Bleiben einlud. Tiere grasten hier an den Ufern eines kleinen Teiches, Affen hingen faul im schattenspendenden Geäst der Bäume und kleine Eidechsen sonnten sich auf türkisfarbenen Felsen, die wie Hagelkörner nach einem Regenschauer in der Landschaft verstreut lagen. Farne und Seegräser säumten den ergiebigen Boden so weit das Auge reichte. Nur die gewaltigen Steinfragmente die das Tal wie ein schützender Ring umgaben erinnerten einen noch daran das man sich in der tiefsten Wüste befand und nicht etwa in den Regenwäldern der südlichen Inseln. Überwältigt von der Schönheit dieses Ortes nahm er die Bewegung zu seiner rechten erst im letzten Augenblick wahr, eine Boa hatte sich
lautlos wie eine Liane von einem der umstehenden Bäume herabgelassen. Er spürte das leise Zischeln an seinem Ohr, dann war es still und ein rasender Schmerz durchfuhr Nacken und Hals, als das Tier sich mit seinen Fängen tief in die Halsschlagader des Mannes bohrte.

Er blinzelte und ruckartig schnellte der Kopf zur Seite, doch da war nichts mehr. Nur das Feuer prasselte ruhig vor sich hin, mittem auf dem menschenleeren Platz der Festungsstadt Seeberg. Wie lange hatte er hier schon gestanden, sich an der Wärme des Feuers genährt, den Blick in den sich stetig wandelnden Flammen verloren, bevor es ihn wieder aus seinem Tagtraum gerissen hatte, zurück zu diesem finsteren, ungastlichen Ort, an dem die Kälte der Nacht niemals zu weichen schien und das Antlitz Lhosas hinter diffusen Wolken verborgen lag.


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 Betreff des Beitrags: Re: Traumtagebuch
BeitragVerfasst: 2.02.11, 12:53 
Einsiedler
Einsiedler

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Beiträge: 14
Die sechste Nacht


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Die dünne ausgemergelte Frau, saß in stiller Einsamkeit auf der Schaukel, die leise ächzend unter ihrem Gewicht knarzte. Freudlos und gleichmäßig ließ sie das Konstrukt
über den Boden gleiten, während sie sich leichtfüßig vom Boden abstieß um neuen Schwung zu holen. Auf ihrem Schoß saß das kleine Mädchen. Er hob den Kopf etwas an um ihr Gesicht aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten, doch wie schon so oft zuvor wandte sie das Gesicht von ihm ab. Neben ihr standen die beiden anderen, wie nannten sie die Blasshäute noch? Seelenfresser? Oder hatte er sie nicht selbst so gerufen? Regungslos verharrten sie, während sie ihn mit ihren leeren ausdruckslosen Gesichtern anstarrten. Er erwiederte den Blick mit derselben Miene. Neben den Dreien standen die beiden dunkelhäutigen Frauen, die eine hatte die Arme verschränkt, die andere den Zeigefinger erhoben. Erst jetzt fiel ihm die Klinge in seiner Hand auf. Blut lief in einem dünnen Rinnsal an ihr herunter und sammelte sich in einer kleinen Pfütze vor ihm auf dem Boden. Er bückte sich und senkte den Kopf. Dann schaute er wieder auf zu den Personen, unsicher was zu tun wäre, doch sie nickten ihm nur schweigend zu. Er verstand und tauchte den Arm bis zur Schulter in die Blutlache. Dort unten war es dunkel aber warm, er fühlte etwas zerknittertes in seiner Hand ... Papier? Er griff zu und zog den Arm wieder heraus. Er war sauber. Er betrachtete
argwöhnisch das Pergament, las es durch und warf es weg. Waren das seine eigenen Worte gewesen? Er wusste es nicht mehr. Einer der Bleichen trat jetzt vor und hob den Zettel auf. Mit kalter emotionsloser Stimme, rezitierte er die Worte des namenlosen Gedichtes.

Zwei Herzen schlagen in meiner Brust
Das eine wild und voller Lust

Das andere jedoch gefüllt mit Lethargie
Durchdringt es mich mit seiner Melodie

Singt mir ein Lied von Angst und Frust
Ergötzt sich an Zweifeln und Verlust
Errichtet eine Klagemauer
Labt sich an der tiefen Trauer
Versetzt mein Herz in Apathie
Nährt sich an Schmerz und Infamie
Greift nach der Angst
Lähmt meinen Geist
Und stirbt doch nie

Nur ein Lichtblick in der Dunkelheit
Versprüht in mir von Zeit zu Zeit
Noch einen Funken Heiterkeit
Denn selbst wenn´s im Gemüt auch schneit
Und Finsternis bestärkt mein Leid
Ist´s die Erinnerung an dich, die mich rettet
Und an die Säulen Tare´s kettet

So lang wie diese Freude, dauert kein Leid in mir
Bis auf Eines und auch dafür dank ich dir.


Dann wachte er auf, die Erinnerung des Traums verblasste wie ein flüchtiger Nebelschleier am Horizont, noch bevor er einen klaren Gedanken fassen konnte. Er atmete tief durch, ließ die Hand tastend über die schmerzende Stelle an seiner Hüfte gleiten, an der ihn der Speer durchbohrt hatte. Nur eine Fleischwunde. Die Taverne kam ihm wieder in den Sinn, ein leiser Seufzer unterbrach für einen Moment die Stille der Nacht. Wie ein Anfänger, der noch grün hinter den Ohren war, hatte er sich verhalten. Kein Benehmen das seines Volkes würdig war. Dieser Ort löste in ihm seltsame Gefühlsschwankungen aus, dies war nicht Endophal, die Menschen verhielten sich anders, sprachen anders, selbst seine Lanzleute hier waren anders. Er rieb sich nachdenklich über das Gesicht, massierte die Nasenwurzel und blickte wieder starr auf die Mauer genau vor ihm. Diese Insel veränderte ihn, ein Exil nicht mehr und nicht weniger war es, vielleicht war es das was diese Unruhe in ihm auslöste, der Grund warum er so feindselig auf die bleichen Fremden reagiert hatte, die ihm im Grunde genommen egal waren. Vielleicht gab es hier keinen Platz für jemanden wie ihn, jemanden der seine Bestimmung verloren hatte. Er erinnerte sich an die Worte der Wirtin, sie hatten ihn härter getroffen als sie es vielleicht selbst ahnte, er schuldete ihr noch eine Entschuldigung, soviel standfest ... um genauer zu seine schuldete er den Beiden noch Eine.


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