Brummend blickte er aus dem Fenster der Hauptmannsgemächer im obersten Stock des Gardeturms über das regnerische Falkensee. Die Pfeife hing in seinem Mundwinkel, stetig qualmend. Er fühlte wie die ganze Arbeit ihm zusetzte, er spürte das vorranschreitende Alter und die Krankheit in seinem Körper. Er war Hufschmied und einfacher Gardist. Er musste so viel machen von dem er eigendlich keine Ahnung hatte, für das er einfach nicht gemacht war. Er war nie der klügste, mühte sich mit Büchern ab die kluge Kerle geschrieben hatten die immer in einer besseren Lage schienen als er selbst. Er fühlte sich irgendwie verloren mit diesen blöden Wimpeln die ihm trotz seiner Größe dennoch zu groß schienen, auch wenn sie tatsächlich eher klein aussahen. Er war nun Hauptmann, wollte es zwar nie sein, war es nun aber. Das stete Pech der Riesen war ihm treu. Warum gab es wohl keine Hochkultur der Riesen? Weil sie eben Pech hatten. Nichts anderes. Und er? Er war Hauptmann Gorem Motlow von und zu Pechvogel. Kein Hauptmann den er kannte musste sich mit Irren Dienern des Namenlosen rumschlagen, mit krankhaft Kriminellen oder einer Armee übermächtiger Riesenschlangenwesen. Aber aufgeben kam nie in frage, nichtmal jetzt. Er hatte Ersont zu dienen, wie er es geschworen hatte. Graf Gernod von Ersont verlies sich doch auf ihn, ebenso der Rat und die ehrlichen Bewohner dieser Stadt. So viel Verantwortung und Arbeit für einen einfachen Bergbauern aus den Skapen. Vieleicht sogar zu viel..? Er spürte wieder den stechenden Schmerz in der Brust, der ihm den Atem nahm. Müde setzte er sich auf den Sessel,zog seine Flasche hervor und nahm einen kräftigen Schluck. Der Schmerz legte sich erst nach dem dritten Zug. Er müsste drigend wieder Solos aufsuchen , sie hatte ihm den Schmerz das letzte mal schon genommen. Aber woher soll er die Zeit nehmen, wenn nicht stehlen? Also würde er Morgen beim Apell den neuen Waibel bekannt geben, eine Lösung für den wegfallenden Truppführer finden und die Befehle für die nächste Zeit bekannt geben. Die Gardereform war ein Schritt in die richtige Richtung, aber dennoch lag noch einiges im Argen. Er musste nun Truppenübungen ansetzten, Rekrutierungen organisieren und vorallem das Kameradschaftsgefüge wieder stärken... Aber ihm rannte die Zeit davon, wie lange würde noch bleiben wenn Solos und die anderen Weissmagier nicht nochmal helfen könnten? Ein Mond? Zwei? Vieleicht weniger... Immer wieder dieser stechende Schmerz, wenn sein Herz ruhig war ging es meist in seinem Schädel weiter , selten kam er in den letzten Tagen noch zur Ruhe. Aber derzeit brannte ihm eine ganz andere Frage auf der Seele: "Was für ein blödes Steinrelief soll das nur werden? Das macht mich noch wahnsinnig! Es soll den Gefallenen gedenken und Zeitgleich ein Andenken an die Gräfin sein. Maschla wird Rat wissen, Maschla ist immerhin ein Künstler! Aber wenn nicht..?
Keiner konnte auch nur ahnen wie viel Arbeit das ganze für einen so einfachen Mann wie ihn war. Müde entkleidete er sich und bürstete seinen Bart aus, trat die Stiefel von den haarigen Füßen und warf sich aufs Bett, die Pfeife , mittlerweile erloschen, legte er in die Schale und starrte die Decke an. Das Bett hing unter seinem Gewicht stark durch, nach und nach füllte sein Schnarchen den Raum. Ruhe, endlich mal etwas Ruhe.
Er träumte von seiner Frau, den Skapen, seinen verstorbenen Freunden und dem Gehöft auf dem er aufgewachsen war. Seine Frau hatte Eintopf gemacht, alle Freunde waren eingeladen und draussen meckerten die Ziegen im Gatter. Der warme Schein der Fela durchströhmte das alte Bauernhaus und Lachen lag in der Luft. Bei Speiss und trank feierten die Toten mit ihm. Es wurde Schnaps aufgetischt und die Laute gespielt, man tanzte, trank und sang. Die Männer sangen alte Lieder, der alten Heimat und die Frauen klatschten im Tackt dazu. Der Klare Schnaps der Berge floss in ströhmen, es war wie in der alten Heimat, nur besser. Er vermisste die Berge, den Klang der Skapener Laute, über die man sich andern Ortes wegen ihrer dreieckigen Form lustig machte. Im Traum war alles wieder da, die geliebte alte Heimat. Mütterchen Ersont. Die geliebten Skapen.Musik der Heimat, auf ewig war sie in seinem Herzen. Erinnerungen wie eine Melodie, festlich und fröhlich oder verträumt und traurig. Musik der Heimat, selbst in der Ferne konnte er hören wie seine Berge ihn riefen. Der Geschmack des Schnapses, selbst heute schmeckte er ihn noch auf den Lippen. Die wärme seiner Frau, noch heute konnte er sie spüren... Es war als würde der Traum endlos scheinen, oder hoffte er das nur?
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SCREW YOU!
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