Festlandbewohner |
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Registriert: 20.06.11, 01:40 Beiträge: 277
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Eigentlich hätte er schon vor Zyklen zu Hause sein müssen...
Nur wenige, rasche Schritte über den Markt hinweg und das Tempelgelände, als Fela sich zum wiederholten Male gen Himmel emporhob und die kurze Kälte aus den Städten der Insel vertrieb. Nach der langen Hitze war es schon wieder ungewohnt, die Kühle am Körper zu spüren, den letzten, nur flüchtigen Rest der lange gespührten Wärme wie eine Erinnerung mit sich fort tragend. Das kleine Gartentor kam alsbald in Sicht. Die beiden Hunde dahinter sprangen auf, reckten die Köpfe wachsam über den Gartenzaun hinweg, um den Neuankömmling mit leisen Winsellauten zu begrüßen. Sie bellten schon lange nicht mehr, wenn er durch das Tor trat, und mit einem flüchtigen Lächeln wurden die beiden Tiere mit Aufmerksamkeit bedacht, ehe es den Blonden schon zur Eingangstreppe hinzog. Normalerweise war es nicht seine Art, so spät erst die Arbeit zu beginnen. Zuviel stand noch an, was den Tag füllen würde. Hoffentlich würde es die Konsula ihm nicht nachtragen, wenn heute Alles etwas später als geplant bereitstand. Die schwere Eisentür wurde aufgeschoben; der rasche Blick in das große Esszimmer. Ein einzelnes Weinglas, angetrunken und verloren auf dem sonst Tisch. Eliam war also noch nicht hier gewesen. Vielleicht fiel sein Fehlen doch nicht auf und es blieb Zeit genug, alles herzurichten, bis die Konsula das Haus betrat. Rasch zog er die Stiefel aus, stellte sie an ihren Platz in dem Regal, um dann den Aufstieg die Treppe herauf zu nehmen. Auch hier keine Menschenseele und keine Anzeichen, daß Jemand die letzten Zyklen hier war. Janus liess den Schlüsselbund in der Hosentasche verschwinden und trat direkt auf das Zimmer zu, welches ihm im Hause zugeteilt war. Wenn er sich beeilen würde, wäre er rechtzeitig bis zum späteren Tag mit Allem fertig. Die Konsula war ohnehin schon aufgebracht genug, als er sie von der Bettlerin wegzog, die sich ihnen am Südtor in den Weg stellte. Und er wollte ihr ungern noch mehr Grund geben, seine Zuverlässigkeit anzuzweifeln. Kaum hatte er die Zimmertür geöffnet, blieb er im Türrahmen stehen. Irgendetwas war anders. Das Felalicht, welches zu ihrem jetztigen Stand hin durch die Fenster scheinen müsste, wurde getrübt. Er hatte die Vorhänge doch gar nicht zugezogen, als er ging? Als der Blick sich auf das Bett und jenes Fenster dahinter richtete, war der Anblick tatsächlich nicht Jener vom gestrigen Tage.
Ein Bild lehnte zwischen Laken und Fensterglas und versperrte Fela so den Zugang in die kleine Kammer, die er bewohnte. Mit gefurchter Stirn setzte der blonde Bursche die Schritte weiter in den Raum hinein direkt zum Bett hin. Den Raum zierten normalerweise keinerlei Bilder oder andere Dekorationen, einzig die schweren Vorhänge, die die Wand abkleideten. Direkt vor dem Bild hielt er inne mit den Schritten, der Blick aus dem grünen Augenpaar direkt auf die Leinwand geheftet. Und zum zweiten Mal seit Langen konnte er kaum begreifen, was er gerade vor sich sah.
Das ganze Bild schien in sachten roten und beigen Pinselstrichen gemalt worden zu sein, welche fast schon verspielt ineinander überliefen. Es wirkte ein wenig entrückt, wie ein Traum, als wäre das Bild der lebendigen Phantasie des Malers direkt entsprungen. Wäre der Anblick nicht so beängstigend gewesen, hätte er sich durchaus gefreut, allerdings... Die Mitte des Kunstwerkes, umgeben von Tüchern, Vorhängen und Kissen, schien eine Person zu zieren. Und Janus war sich sicher, daß nur er Derjenige sein konnte, der vom Maler dort verewigt wurde. Ein blonder, langhaariger Jüngling, welcher bäuchlings und unbekleidet zwischen den Kissen schläft. Zu vage, um eine verblüffende Ähnlichkeit festzustellen, aber zu deutlich, um es als Zufall abzutun. Das war er, ohne Zweifel. Und Jemand hatte dieses Bild von ihm hier auf das Bett gelegt.
Tausend Gedanken schossen ihm durch den Kopf, als er den Blick vom Kunstwerk nahm und sich wie suchend umsah. Sonst war unverändert ausser diesem Bild. Nein, nicht ganz. Als er sein Augenmerk wieder zurück auf das seltsame Bildnis seinerseits richtete, war da mehr. Und diese eigentliche Kleinigkeit trieb mehr Verwunderung in seine Gedanken, als es das Bild an sich schon tat. Auf dem Laken, direkt vor dem Bild aufgebettet, lag ein Hadern. Aber auch dieses Hadern war von solcher seltsamen Optik, daß er sich schon fast nicht traute, es mit den Fingern aufzugreifen und zu betrachten. Tatsächlich hatte sich Jemand die Mühe gemacht... ein Herz aus dem ursprünglichem Pergament zu schneiden und einige Worte, in filigraner, geschwungener Handschrift darauf zu verfassen.
Dieses neue Gefühl kann ich nur schwer verstehn, es war nicht vorherzusehn, die Welt wird anders. Wohin ich auch geh, seh ich dein Gesicht, ich entkomm dir nicht. Mit jedem Blick erkenne ich dieses neue Gefühl. Ich kann ihm nicht mehr wiederstehen.
Skepsis tat sich auf. Weder wusste er, von wem das Bild und der Brief stammte, noch wer es zuvor in seiner Abwesenheit auf dem Bett abgelegt hatte. Hatte es Jemand für ihn abgegeben? Oder war direkt in das Haus eingebrochen?
Wie auch immer es den Platz in seinem Zimmer fand, war die Frage nach dem Zeichner und Dichter der einzige Gedanke, der ihn noch für Zyklen vor dem Gemälde gefangen hielt.
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"Join us, brothers and sisters. Join us in the shadows where we stand vigilant. Join us as we carry the duty that can not be forsworn. And should you perish, know that your sacrifice will not be forgotten. And that one day we shall join you."
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