Immer wieder wechselt Rajkas Gesichtsfärbung zwischen trostloser Blässe und wütendem Rot, als sie ihre Kleidung zwar ordentlich, aber mit gewissem Nachdruck in ihrer Reisetruhe verstaut. Er ist einfach gegangen. Kein Brief. Keine Nachricht. Eine wildfremde Frau musste es ihr sagen, welche dann noch zu Rajkas Leid meinte er habe nie von ihr gesprochen. Bei diesen Gedanken steigt wieder das Rot in ihre Wangen. Die Absicht die Insel endgültig zu verlassen hatte er ihr gegenüber nie offenbart. Ist sie nicht extra zurückgekommen? Ist sie nicht auf seine Bitte hin in das Haus gezogen? Missmutig schüttelt sie ihren Kopf. „Unverschämtheit!“ flucht sie leise, während eines ihrer unzähligen Kleider wieder etwas unsanft in der Truhe landet. Daraufhin weicht das Rot abermals dem müden Blass. „Wie kann er das nur tun…“,bringt sie dann tief gekränkt hervor, „…ich hätte es vielleicht verstanden.“ und scheint einen Moment abzuwägen das Kleidungsstück in ihrer Hand wieder in den Schrank zu legen. Es landet aber schwungvoll in der Truhe und der Schrank mit der übrigen Kleidung wird mit einem Donnern zugeschlagen. Immer wieder schließt Rajka die Reisetruhe, öffnet den Deckel, schaut einen Moment auf die Kleidung, während sie mit sich selbst ringt und beginnt das Prozedere vom Neuen. Ihre Gedankengänge überschlagen sich fast. Ob es nicht einen Grund hat, warum er es so gehandhabt hat. Immerhin wusste sie ansatzweise von den Gefahren in seinem Leben. Ob es wohl an ihr lag, dass er meinte gehen zu müssen. Würde er sie überhaupt sehen wollen, wenn sie nachreist. Mit festem Blick schließt sie die Truhe nun endlich ab und brummelt: „ Er soll es mir gefälligst ins Gesicht sagen. Dieser Feigling!“ Mit ungewohnter Kraft zieht sie die Reisetruhe auf Bauchhöhe und stapft in ihren Reisegewändern aus dem Haus in Richtung Hafen. Die Seeleute laden bereits allerlei Frachtgut auf das Schiff, als ein Mann auf sie zukommt. „Seid Ihr Fräulein Sanseha?“ fragt er und Rajka nickt nur leicht, „ Ihr seid die Letzte. Wartet doch bitte kurz. Euer Gepäck wird gleich aufgeladen.“. Erst nach einem tiefen Atemzug und der Aussicht auf das klare Blau wird Rajka sichtlich ruhiger und scheint gar einen Moment all die Gedanken beiseite zu schieben. Das Kratzen ihrer Truhe über die Planken des Stegs reißt sie wieder in die Realität und sie blickt leicht verstimmt auf den Seemann, der ihre Truhe lieblos über das Holz zum Steg schleift. „Wartet!“ meint Rajka rasch zum Mann und knetet nervös ihre Hände. Der lässt die Truhe wieder plump auf den Boden hinab und murrt: „Wollt Ihr jetzt mit oder nicht?!“ * * * Einsam sitzt Rajka auf ihrer Reisetruhe am leeren Steg, blickt über das Treiben des Hafens und lauscht den Rufen der Hafenarbeiter. Der Junge, welchen sie zum Haus geschickt hat, kommt ruhigen Schrittes wieder und bringt Scuron mit. Schwer ausatmend erhebt sie sich von der Truhe und Scuron blickt in das müde, weiße Gesicht ehe Rajka ihre Augen gen Boden senkt. Einen Moment scheint er etwas sagen zu wollen, doch nimmt dann schweigend die Truhe an sich. Erst als Scuron die Reisetruhe wieder in ihrem Zimmer abstellt bringt Rajka ein schwaches, aber ehrliches „Danke“ hervor.
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