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Es gestaltet sich schwieriger als er Anfangs gedacht hat. War es etwa Hybris, als er annahm, dass er seine ureigensten Matricen von persistierenden Cantionen im astralen Fluss wiederfinden würde. Das konnte doch nicht sein. Er kannte seine Magie. Jeder Magier hat seinen eigenen Stil die Matricen in das Geflecht einzuweben. Da gibt es die Künstler unter den Magiern, detailverliebt und ineffizient. Dann die Visionäre, die mit vermeintlichen einfachen Strukturen arbeiten, erstaunlicherweise meist auch noch erfolgreich. So können Magier das Werk von Kollegen durchaus identifizieren, wenn sie sich gut genug mit dessen Arbeitsweise auseinandergesetzt haben. Manche Magier haben so ein defizitäres räumliches Vorstellungsvermögen, dass ihre Matricen immer etwas Verkrüppeltes haben. Gerade Eleven...
Magier hingegen, die mit Intuition, Tollkühnheit oder einfach Glück sein Wirken, was von beharrlichem Streben und effektiven Ausnützen von Raum und Kraftfluss geprägt war, übertrumpften, ließen ihn stets mit dem Gefühl der Demütigung zurück. Doch er sucht hier nach seinen ureigensten Matricen im magischen Geflecht und was viel frustrierender ist, er wusste genau, wo in der materiellen Welt diese Matrix zu finden sein müsste. Eine Ahnung nährt seinen Verstand nach nunmehr einem Zyklus des konzentrierten Suchens, dass es sich um das was auf dem Morsansacker zu Tiefenbach liegt, von ihm unterschätzt wird. Vielleicht muss er seine Pläne modifizieren.
Lange kann er die Scharade nicht mehr aufrecht erhalten, dass ist sicher. Die Nacht geht dem Ende zu und langsam wird die Stadt wach. Einige Augenblicke nachsinnend, schätzte er, dass ihm noch ein viertel Dunkelzyklus bleibt. Ein leises Fluchen zischt über seine Lippen, dann strafft er die Haltung, um ein letztes Mal anzurennen gegen diese chaotischen Strukturen. Die laue Sommernacht wird durch eine stete Brise von der See her aufgefrischt. In der Ecke im Schneidersitz auf einer Strohmatte an die locker mit Brettern vernagelte Wand gelehnt, sitzend, meditiert er. Die Haltung wirkt auf den ersten Blick entspannt, als würde ein Saufbruder, den Weg zu seinem Heim nicht mehr geschafft haben und dort ein Nickerchen machen. Dennoch ist der gersamte Körper unter Anspannung.
Ein schmales Lächeln umspielt nun seine Mundwinkel. Endlich. Er öffnet die Augen und reibt mit den Händen die steifen Knie. Nach einiger Zeit richtet er sich dann gemächlich auf, sich dabei an der Wand abstützend. Die Königin der Spiegelsäle ist ihm immer noch die Liebste. Ihn machte die Gewissheit stolz und lies das Lächeln in seinem Gesicht etwas breiter werden. Die Gewissheit, dass die Wenigsten auf dieser Insel sich auf einen Tanz mit jener einlassen würden. Nun ist es vollbracht. Er schlug eine kleine Schatulle zu, in der sich ein weiterer roter, kristalliner Tetraeder befindet. Dann griff er nach einer kleinen Gartenschaufel, mit der er sonst seine endophalischen Rosen umtopfte, und vergrub das Kästchen in dem gestampften Boden. Nach mehreren sorgsamen Blicken und dem Verwischen jedes noch so kleinen Hinweises verstaut der Mann seine Gerätschaften in einem Lederranzen und verlässt mit dem Morgengrauen die Stadt.
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