Zitat:
Im Garten des Felahofes in Brandenstein kniet eine Frau mit schwarzem Haar auf der Erde inmitten eines Feldes. Neben ihr türmt sich bereits ein Häuflein ausgerupften Unkrauts und verwelkter Pflanzen auf, die sie mit Harke und Händen aus dem Erdreich zieht. Trotz der einkehrenden Kälte ist diese Arbeit schweißtreibend, das Gesicht ist leicht gerötet und immer wieder wird inne gehalten, um den Rücken in einer kurzen Dehnphase von der gekrümmten Haltung zu entlasten. Unermüdlich befreit sie den Boden von den verzweigten und längst fruchtlosen Wurzeln.
So vertieft ist sie in ihr Tun, dass sie die ersten Rufe nach ihr gar nicht wahr nimmt. Erst nach einigen Momenten wird der Kopf gehoben und einige Haarsträhnen mit einem Wisch des Handrückens über ihre Stirn, aus dem Gesicht gebracht.
"Herrin! Herrin! Ein Bote wünscht Euch zu sprechen!"
Mit leisem, schmerzhaften Laut wird sich aus der knieenden Lage befreit und auf die Füße empor gedrückt. Die von dunkler Erde beschmutzten Hände werden grob gereinigt, indem sie sie an ihrem Kittel abreibt und der Gang zum Tor, vorbei an dem aufmerksamen Bediensteten des Hauses, angestrebt. Ein junger Mann steht dort. Seine Füße vom Straßenstaub beschmutzt und das Pferd mit welchem er offenbar unterwegs war, schnaubte und schäumte, als wäre er sehr in Eile gewesen.
Nach einem kurzen Wortaustausch wird bekannt, dass er aus Falkensee anreiste und der Brief, den er nun aus seiner Tasche entnahm und ihr entgegen reichte, nur ihr pesönlich zugedacht ist. Eine mittlere, goldene Münze wechselt den Besitzer und der Bote schwingt sich mit einem zufriedenen Lächeln wieder auf den Gaul hinauf. Die verabschiedenen Worte nimmt die Frau schon gar nichtmehr wahr, winkt blos ab und setzt sich zum Lesen der Botschaft gleich auf die Bank an der nahen Hauswand.
Der Inhalt dessen verfinstert ihre Miene für eine kurze Zeit, hinterlässt wieder eine gestrenge, entschlossene Art; dann entschwindet das viel beschriebene Papier wieder in seinem Umschlag.
"Lass mir warmes Wasser ein. Ich wünsche zu baden und währenddessen bereite einiges an Papier, Feder und Tinte im Arbeitszimmer vor. Und vergiss das Siegel nicht."
Der Bedienstete, der die Zeit über in diskretem Abstand zu ihr stand, nickt und hastet auch schon in das Haus zurück. Die Frau selbst bleibt sitzen und lässt den Blick über die schon teils bearbeiteten Felder schweifen.
Es gibt noch viel zu erledigen, bevor die Dunkelheit herein bricht.