Nachtschwärze kriecht wabernd die kalten Wände auf und ab. Vereinzeltes Flackern der wenigen Kerzen und Fackeln, die entzündet wurden, erzeugt auf jenen flüssige Schemen, stets in Bewegung. Schaurige Schemen sind es, lachende Fratzen, dunkle Schädel mit hohlen Augen.
Er kann ihr Gelächter hören, obwohl Stille herrscht im Lager derjenigen, die sich von diesem sinnlosen Geplänkel nicht schon wieder abgewandt haben. Verrat war wieder einmal begangen worden. Nicht nur von diesem Taoras, nekra. Dieser versoffene Spinner war nur ein kleines Licht. Der Verrat des selbstverliebten Knochengrafen war es, der ihm die Wut in die Adern trieb, der seine Augen weit offen hielt, der seinen Hass auf jene Schemen, die ihm dort an der Wand höhnten, mit jedem Wimpernschlag mehrten.
Verrat war es gewesen, als Angamonis fiel. Verrat war es gewesen, als die Sammler sie im Rückzugsgefecht im Stich ließen, seine Brüder dem Feind auslieferten. Verrat war es gewesen, als Vedex, jener selbstsüchtige Magier der Akademie der Linken, seine Glaubensschwester angriff und töten wollte. Verrat der Akademie selbst, daß sie jenen nicht an die Bruderschaft auslieferte. Verrat selbst dann, als der Ork ihm Erin auslieferte. Und nun folgte dieser langen Kette nur ein weiteres Glied.
Eine Armee war ihnen versprochen worden. Eine Belagerungsarmee, mit deren Hilfe man während der Tage des Dunkels alle Kräfte auf nur eine Stadt konzentrieren würde, um gemeinsam eine Basis zu schaffen, die Tage des Herrn auch nach dem Dunkel dort preisen zu können.
Stattdessen hatten sie weniger als eine Vorhut bekommen. Eine Handvoll Skelette, nicht mehr, als jeder einzelne der Verteidiger, gab man ihm einen Flitzebogen aus Weidenholz, von den Mauern aus gemütlich hätte abschießen können. Zwei Tage der wertvollen Zeit des immerwährenden Dunkels ließ man sie im Stich, sah zu, wie Ihnen die übermächtigen Verteidiger mehr und mehr zusetzten, all ihre Pläne durchkreuzten ob ihrer Schwäche. Doch, als wäre das nicht schlimm genug, als sie sich dann zurückzogen, um neue Kraft zu sammeln, den nächsten, wenn auch vielleicht schon sinnlosen Schlag vorzubereiten, da plötzlich der erste ernstzunehmende Schlag des Grafen auf das Tor der Stadt. Ohne sie alle, die zwei Tage lang auf eben jene Unterstützung gewartet hatten.
Hass beherrschte ihn. Hass auf all diese Verräter. Im Namen des Herrn wurden all diese Verrate begangen. Im Namen seines Herrn. Dessen, der das Gute auf die Welt bringen sollte. Dessen, der für die Reinheit, die Wahrhaftigkeit und den Neubeginn auf dieser grausamen Welt stand, die von den Lügen, Intrigen und Lastern der vier Götzen verderbt war.
Er hatte einen Eid geschworen. Einen Eid, der auf all seinem Vertrauen in diesen Gott fußte, auf seiner Liebe und seiner Ergebenheit gegenüber dem Gottkönig, der diese lasterhaften Götzen dereinst von der Welt fegen würde. Einen Eid, seinem Fürsten treu zu folgen. Mit jedem hasserfüllten Wimpernschlag bröckelte diese Grundlage mehr und mehr dahin.
Man hatte ihm gesagt, daß er nur der Bruderschaft selbst würde trauen können, jah. Von dieser wurde er auch noch nie enttäuscht. Doch was war sie wert, diese Bruderschaft, wenn ihr Fürst einem Gott folgte, in dessen Namen ungestraft Verrat, Lüge, Mord und Paktiererei mit Dämonen begangen wurde? Was war das für ein Gott, auf den er von Kindesbeinen an vertraute, der seine Ziele mit all diesen Mitteln zu erreichen suchte?
Lange hatte er davor die Augen verschlossen. Lange hatte es selbst hingenommen, hatte sich damit geblendet, daß die Bruderschaft diese Mittel ablehnte. Hier konnte er seinem Herren ohne diese Makel dienen, wahrhaftig, ehrenvoll. Doch zu welchem Ende?
Jene neue Welt, an deren Erschaffung er immer teilhaben wollte, seit er aus der kalten Asche des Elternhauses, von den Schlächtern des Kriegsgötzen niedergebrannt, geflohen war, würde auch sie bevölkert sein von jenen Verrätern im Namen des Gottkönigs, mit denen er jeden verdammten Tag zu tun hatte? Würden sie auch dort weiter nach Belieben ihren abscheulichen Taten nachgehen können?
Bitterkeit macht sich in ihm breit, als die Antwort sich in sein Bewusstsein drängt.
Was bleibt von alledem?
Mein Eid.
Und wenn ich ihn breche?
Dann bist du verloren.
_________________ Inaktive Charaktere: Ramo al Laomar Abgereiste Charaktere: Laura Induas/Jaro Tyslaf Ehemalige Charaktere:Leandra/Yessir Jal Ehur/Arn Toron
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