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 Betreff des Beitrags: Ein neuer Anfang in Stille
BeitragVerfasst: 16.03.12, 11:32 
Einsiedler
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Die Stille stellt keine Fragen, aber sie kann uns auf alles eine Antwort geben.

Ein neuer Anfang. Ein anderer Ort. Gleichzeitig war sie wieder näher am Leben auf der Insel und dennoch weiter davon entfernt als je zuvor. Sie sah die Geschäftigkeit in der kleinen Festungsstadt, die so sehr unter den dunklen Tagen gelitten hatte. Das ehemals beeindruckende Tor zur Oberburg ragte als Ruine in den blassblauen Vitamahimmel, wie ein verwundeter Soldat, der dennoch weiter seinen Dienst tat. Hier und da waren noch Aufräumarbeiten im Gange und auch unten in der Taverne hörte sie das Arbeiten geschäftiger Hände.
Hier, in ihrer kleinen Kammer über der Taverne, hatte sie sich nun langsam eingerichtet. Es war gemütlich geworden und manch lieb gewonnener Gegenstand hatte seinen Platz gefunden. Dennoch fehlte vieles. Mit Wehmut dachte sie an ihr kleines Haus in Brandenstein zurück, den ersten Ort an dem sie sich wirklich sicher gefühlt hatte und welchem sie ihre ganz eigene Note gegeben hatte. Dort war sie nicht nur Gast gewesen, dort war sie zuhause gewesen.
Versonnen strich sie über die staubtrockenen, nachgedunkelten Blütenblätter einer Rose. Wie lange war es nun her, dass sie zusammen mit einem Brief den Weg zu ihr gefunden hatte? Zu lange. Ein Schmerz durchzuckte sie und unter der unbedachten Bewegung zerbröselte die empfindliche Blüte in ihrer Hand. Minutenlang sah sie hinab und obwohl es ihr kindisch erschien, rannen ihr die Tränen über die blassen Wangen. Über drei Monde war es nun schon her. Die Leere in ihrem Inneren schmerzte und noch mehr tat es die Sorge und die Ungewissheit. Die Blütenkrümel rieselten aus der feingliedrigen Hand hinab auf den dunklen Holzboden und sie selbst biss sich verzagt auf die volle Unterlippe. Sie durfte es nicht zulassen, sie musste weiter hoffen, suchen, warten. Die Hand legte sich sacht auf ihren stark gewölbten Bauch und strich vorsichtig über den gespannten Stoff. Sie musste stark sein, auch wenn es ihr noch so schwer fiel.
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Sie hatte diese neue Aufgabe übernommen um wieder ins Leben zurück zu finden. Wochenlang hatte sie in Brandenstein ausgeharrt, Skelette die vor ihrem Haus auf und ab gingen, dunkle Gestalten in noch dunkleren Kutten, kaum Licht. Dann war sie geflohen und hatte in der kleinen Kammer im Rosengarten Zuflucht gefunden. Stille. Auch dort war alles nur Stillstand, Warten und hoffen. Und nun? Ein neuer Anfang hier in Seeberg. Eine Taverne, die sich hoffentlich bald beleben würde. Und dennoch war sie nicht mehr die selbe wie zuvor. Vor über einem Jahr war sie auf die Insel gekommen und so viel war geschehen. Neue, alte Bande waren entstanden und wieder vergangen. Freundschaften gewachsen und wieder verdorrt. Nun war sie wieder allein.
Sanfte Schritte führten sie hinaus auf die Terasse der Taverne und schmale Hände legten sich auf den kalten Stein der Brüstung. Sie fühlte den rauen Stein unter ihren Fingern und sah über den kleinen Vorplatz, die Brücke und den leis plätschernden Bach. Direkt unter ihr standen zwei Gestalten und unterhielten sich, einen Moment nur stockte ihr der Atem als sie das Profil des einen erkannte und beinahe sofort richtete sie ihren Blick hinauf zur Oberburg. Nicht auffallen. Ein tiefer Atemzug und leise zog sie sich wieder zurück. Das war eine weitere Sache, die es ihr nicht leicht machte hier neu Fuß zu fassen. Warum nur musste Brandenstein fallen? Warum war es in Falkensee so schwer? Wieso zeigte sich gerade hier die einzige Möglichkeit aus der totenähnlichen Lethargie zu erwachen? Sie hatte Angst. Jeglicher fester Halt schien verloren.
In ihrem Zimmer angekommen griff sie ohne darüber nachzudenken nach der Laute mit den feinen Verzierungen. Zarte Finger strichen über die Saiten und ebenso leise erklang ihre sanfte Stimme kurz darauf in der kleinen Kammer. Ein kleiner Funken Hoffnung war immer noch da. Vielleicht würde es wirklich ein neuer Anfang werden. Vielleicht käme er wieder. Vielleicht ließ sich eine alte, neue, gebrochene Verbundenheit wieder herstellen und womöglich würde sie hier auch ein neues Zuhause finden.
Doch vorerst war es nur eine leise Melodie, welche die Stille durchbrach. Zart nur und so leise dass ein sanfter Windhauch sie hinfort tragen konnte.


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 Betreff des Beitrags: Re: Ein neuer Anfang in Stille
BeitragVerfasst: 18.03.12, 15:58 
Ehrenbürger
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Wer durch Tapferkeit einem Anderen dient, der muss zum Sterben bereit sein. Wer aber, ehe er ans Sterben geht, vom Sterben spricht, der kommt nicht in Betracht, denn obwohl ihn der Herr kennt, ist es doch gerade so, als kenne er ihn nicht.

Ein fürchterliches Poltern und Grollen erfüllte den Talpass als sich an den Rändern des Pfades und der Felswände die kleineren Brocken lösten und hinabstürzten. Begleitend dazu ertönten keifende Stimmen aus der Ferne, die sich zu einem eigenwilligen Singsang vermischten, trotz der fremden Sprache in der sie riefen, falls es überhaupt eine war, konnte der Mann, der versuchte ihnen zu entkommen, sie verstehen. Sie verlangten sein Blut und sie frevelten seiner Götter, die Stimmen schienen sich gegenseitig übertönen zu wollen, in der Hoffnung, die Gunst ihrer Meister mit inbrünstigen Schwüren gewinnen zu können.
Der Verfolgte wusste, dass sie ihn bald einholen würden, das Rüstzeug zog mittlerweile schwer an seinen Schultern, der Helm fühlte sich an wie ein Gefängnis und das Pferd, dass er vorsichtig über den Felspfad voranführte, verlangsamte ihn. Als er die letzte Kurve überquerte und der Pfad breiter wurde, griff er nach dem schweren Speer, der am Sattel hing, und die linke Hand klopfte ein letztes Mal die Seiten des Tiers, ehe er seinen silbernen Umhang, der durch den ganzen Dreck mittlerweile mehr als Grau zu bezeichnen war, an das Saumzeug knotete und einen Befehl brüllte, gefolgt von einem kräftigen Klaps. Mühselig begann es über den unsicheren Boden zu eilen, das Ross würde ihm hier keinen Vorteil bieten und er würde nicht sehen wollen wie es auch stirbt, sechs Götterläufe hatte es ihm gedient, ihn in unzähligen Kämpfen und Ausritten begleitet. Es war mutiger als viele die sich selbst Kämpfer oder Soldaten schimpften. Er selbst entschied sich für einen anderen Pfad, nahe der Felswand. Wenn sie das flüchtende Tier aus der Ferne noch erblickten, würden sie es vielleicht verfolgen, so wäre es ihm noch als Ablenkung dienlich. Schwerfällig und den Speer wie eine Gehhilfe nutzend stolperte er voran, der Lärm hinter ihm wurde immer deutlicher, näher, es nützte nichts. Das Gros des Feindes war ungerüstet, Scharmützler, sie würden ihn einholen. Er suchte eine enge Stelle, den Gebirgsfluss direkt neben sich, der in das Ödland uferte, ein Rückzug war nicht mehr möglich. Fela erhob sich langsam am Horizont, unter anderen Umständen wäre es ein erleichternder, freudiger Anblick gewesen so kurz nach dem Dunkeltief, aber die letzten Tage der Dunkelheit und der Flucht ließen ihm kein Auge mehr für Schönheit oder Hoffnung, es gab nur das Überleben und so war sie nicht mehr als ein strategischer Vorteil. Die Zahl des Feindes würde ihnen nichts nützen, bis er müde werden würde, was dann geschah wusste er zwar es war aber nicht mehr von Belang.
Die gepanzerten Hände umschlossen den Speer als würde sein Leben daran hängen, den Stand festigend richtete er die Spitze nach vorne und erhob seine heisere Stimme.

Unbesiegter Schwertherr, sei angerufen!
Dein Diener steht allein
Des Feindes Macht scheint unbezwingbar
Herz wird bang, Kampfarm erlahmt
Sende deine Kraft, deine Macht und deinen Segen
Stärke stählern Geist und ehern Hand
Es gilt der Bund, den wir einst knüpften
denn unter deiner Hand wird keiner zagen
In deinem Namen streiten wir bis zum Sieg
oder bis wir eingehen in dein Heer!


Mit einem Kreischen stürzte die erste Kreatur, ein Goblin, auf den Felspfad und ein Nebel aus Blut und Stahl legte sich über die Welt.

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 Betreff des Beitrags: Re: Ein neuer Anfang in Stille
BeitragVerfasst: 19.03.12, 10:12 
Einsiedler
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Eigentlich hätte sie nach diesem Tag erschöpft und müde in ihr Bett fallen müssen, aber der Schlaf wollte sich nicht einstellen. Unruhig hatte sie sich von einer Seite auf die andre gedreht und noch mehr drehten sich ihre Gedanken im Kreis. Nach den Monden des Stillstandes, kamen ihr die aufwühlenden letzten Tage noch anstrengender vor.
Wenig später nahm sie den dichten Fellumhang von seinem Haken und verließ die kleine Kammer über der Taverne. Draußen war es inzwischen still geworden und die noch sehr kühle Vitamaluft nahm ihr zumindest das erdrückende Gefühl von der Brust, welches sie kaum richtig hatte durchatmen lassen. Sie ließ die verwaiste Kapelle zu ihrer Rechten liegen und durchschritt das Tor der Festungsstadt. Wie befreit fühlte sie sich für einen Moment, den engen Mauern entkommen.
Die schmalen Füße blieben heute nicht auf den vielgenutzten Wegen, sondern führten sie hinein in den lichten Wald, wo sich nun allenthalben schon die ersten Vitamablüten fanden, die mutig aus der noch kalten Erde sprossen. Eigentlich hätte sie glücklich sein müssen, hätte zusammen mit den Vögeln jubilieren sollen zu dieser Zeit des Jahres. Es war noch nicht so lange her, da hatte sie mit leuchtenden Augen an die kommenden Vitamamonde gedacht und sich vorgestellt wie sie mit ihm zusammen das kleine Wunder unter ihrem Herzen erwarteten würde. Doch nun gelang es ihr nur noch selten Freude darüber zu empfinden. Vielmehr erdrückten sie die Sorgen und die Angst. Was würde aus ihr werden, was würde aus dem Kind werden. So viel Unsicherheit gab es in ihrem Leben und so wenig festen Halt. Gerade erst hatte sie diesen Halt wiedergefunden und gelernt darauf zu vertrauen, als er ihr gewaltsam und urplötzlich entrissen wurde.
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Für einen Moment hielt sie im Gehen inne und legte eine schmale Hand an die raue, rissige Rinde eines alten Baumes. Nur einen Moment durchatmen. Sie schloss die Augen. Das Kind in ihren Leib schien ihre Unruhe zu spüren und wiederzuspiegeln. Sacht strich sie mit der freien Hand über den gespannten Stoff ihres Kleides. Wie lange würde sie das Kind noch tragen? Sie hatte in den letzten Monden, seitdem er fort war, nicht einmal einen Heiler aufgesucht, sie wusste so wenig wie zuvor. Wie würde es geschehen? Würde sie merken wenn es soweit war? Und wenn es soweit war, was dann? Was wenn niemand da sein würde, der ihr helfen konnte? Ihr fehlte der Mut sich an einen der Diener der Herrin zu wenden. Sie scheute sich vor den mitleidigen oder traurigen Blicken, vor den unvermeidlichen Fragen und noch mehr davor alleine zu erleben, was sie mit ihm zusammen hatte erleben wollen.
Sie schüttelte langsam den Kopf. Sie musste versuchen nicht mehr daran zu denken. Wie sehr sehnte sie sich nun nach der Zeit, als sie für einige Momente ihrem Gefängnis hatte entfliehen können, wo sie alles andre hinter sich lassen konnte um ganz sie selbst zu sein. Wo sie ihren Gedanken und Worten freien Lauf lassen konnte, einmal nicht mehr die brave Tochter aus gutem Hause sein musste. Ihr fehlte es ihre Flügel zu strecken und sich einfach frei vom Wind tragen zu lassen, frei von allem Vergangenen. Damals hatte sie sich diesen Ort schaffen können und dabei so viel wunderbares entdeckt. Doch nun war das nicht mehr möglich und es schmerzte sie mehr als sie es sich selbst eingestehen wollte. Vor allem aber auch... das schlechte Gewissen und die Ungewissheit. War wirklich alles so, wie es schien?
Die ersten Strahlen Felas fielen durch das noch spärliche Blätterdach auf den dunklen Waldboden und sprenkelten ihn mit hellen Flecken. Vorsichtig beugte sie sich hinab um ein wenig Tau von einer Blüte zu streichen, welche sich schwer unter der Last der wenigen, funkelnden Tropfen bog. Fasziniert beobachtete sie in diesem zeitlosen Moment, wie sich die vorher noch geschlossene Blüte sanft entfaltete um die warmen Strahlen zu empfangen.
Manchmal fehlte nur ein weniges an Hilfe, doch nicht immer war es so einfach wie hier...


Zuletzt geändert von Lay: 22.03.12, 12:33, insgesamt 1-mal geändert.

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 Betreff des Beitrags: Re: Ein neuer Anfang in Stille
BeitragVerfasst: 22.03.12, 11:35 
Einsiedler
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Sie wusste nicht genau welche Zeit des Tages es war. Sie war nach nur wenigen Stunden erschöpften Schlafes aufgestanden, hatte die drückende Enge ihres kleinen Zimmers verlassen und war hinaus in die Wälder geflohen. Sie ertrug es in diesem Moment nicht von Mauern umgeben zu sein, zu stark zerrte die Unruhe an ihr und ließ ihre Gedanken keinen Augenblick zur Ruhe kommen. Der ganze gestrige Abend spielte sich noch einmal vor ihrem Inneren Auge ab und das schlechte Gewissen hielt sich mit der Scham die Waage. Wie hatte sie nur solch eine Schwäche zeigen können. Wieso hatte sie sich nicht mehr unter Kontrolle gehabt. Wie hatte sie sich den beinahe fremden Männern gegenüber so unbeherrscht zeigen können. Noch bei der Erinnerung daran schoß ihr das Blut in die so fahlen und viel zu schmalen Wangen.
Doch als der Damm einmal gebrochen gewesen war, da hatte es sich nicht mehr aufhalten lassen und wie ein Wasserfall hatte sich all das, was sich in den letzten Wochen und Monden angestaut hatte, seinen Weg gebahnt. Ihr Herz hatte sich selbstständig gemacht, raste, holperte und stürmte dann nur weiter. Die Tränen, so lange aufgestaut, brachen hervor und sie hatte kaum noch die Kraft gehabt sich auf den Beinen zu halten. Alles war auf einmal da gewesen, was vorher so sorgsam verborgen geblieben war.
Unruhig führten sie ihre Schritte durch die lichten Wälder mit dem ersten zarten Grün. Überall spross das Leben, Blatt, Blüte, und in manch einem Baum gar bereits das Gezwitscher eines jungen Vogelpaars. Sie hatte jedoch keinen Blick dafür und folgte einzig und allein dem Bedürfnis fort zu gehen. So weit es auf dieser Insel möglich war. Fort von den Ängsten, der Sorge, der nagenden Schuld.
Noch jetzt spürte sie weit mehr als einen Schatten der gestrigen Empfindungen. Sie war unbedacht gewesen und hatte vielleicht einen größeren Fehler gemacht, als sie sich selbst eingestehen wollte. Noch wusste sie nicht wie sich dieser Fehler auswirken würde, er konnte ihr ganzes Leben verändern, gar beenden.
Sie zitterte und schlang die zarten Arme um sich. Das Kind in ihrem Bauch spürte die Unruhe und spiegelte sie wieder. Manchesmal blieb ihr beinahe die Luft weg und Schmerz zuckte über ihr blasses Angesicht. Angst. Wie sollte sie das schaffen.
Er hatte von Hoffnung gesprochen. Von Glauben. Mit einer solchen Sicherheit hatte er gesprochen. Und sie hatte es nicht mehr fertig gebracht ebenso zu fühlen. Mondelang hatte sie gehofft, verharrt, gewartet und sich gesorgt. Sie hatte nur noch wenig Hoffnung. So viele hatten nur gleichgültig mit den Schultern gezuckt, wenn sie bange Fragen nach seinem Verbleib gestellt hatte. Es hatte niemanden interessiert. Diese Insel kannte das Kommen und Gehen. Ob nun durch Tod oder Abreise. Das berührte niemanden mehr. Aber wenn er noch lebte, wieso war er dann nicht bei ihr? Wieso gab es kein einziges Zeichen? Er hätte sie nie freiwillig im Stich gelassen, das redete sie sich immerwieder ein. Auch wenn manchmal ein böser Dämon auf ihrer Schulter zu sitzen schien, der leise, gehässig Zweifel in ihrem Herzen sähte ‚Er ist gegangen, er wollte nicht bei dir sein’.
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Sie trat aus dem Dämmerlicht des Waldes hinaus auf eine Klippe, die ein gutes Stück ins Meer hinein ragte und von den stürmischen Vitamawinden umweht wurde. Sie fühlte die Kühle auf ihren Wangen, wie der Umhang dem Spiel des Ventuskindes nachgab und die goldblonde Locken in dem übermütigen Tanz mitriss. Sie selbst jedoch stand reglos auf der Klippe und sah hinaus auf das gekräuselte und mit hellen Gischtkronen geschmückte Wasser. Endlose Momente zogen dahin, bis sie die Arme hob, sich dem Wind ergab und die Augen schloss. Sie wollte die Flügel spreizen, wollte fliegen...


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 Betreff des Beitrags: Re: Ein neuer Anfang in Stille
BeitragVerfasst: 22.03.12, 15:08 
Ehrenbürger
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"Auf jedes Ende folgt wieder ein Anfang, auf jedes Äußerste folgt eine Wiederkehr."


Langsam nahm das Pochen in seinen Ohren, dass von einem ununterbrochenen Rauschen begleitet wurde, ab und die Welt schien nach und kleiner zu werden. Die Taubheit in den Zehen und Fingern kroch durch die Glieder nach oben und immer wieder musste er nachgreifen um sein Schwert nicht einfach zu verlieren. Ein flüchtiger Blick über die Schulter, zurück zum Pass in der Ferne, weitere Kreaturen versuchten die skorpionartigen Chimären beiseite zu schaffen, sie wollten ihn allen Anschein nach wieder lebendig, das Gift dieses Getiers würde dafür sorgen... zuletzt fühlte er sich so schlecht nachdem er das Wetttrinken des Bierbarons gewonnen hatte.
Von der anderen Seite brachen weitere Kämpfe aus, kurzzeitig hatte er die Hoffnung, dass Hilfe eintraf, dann erspähte er aber, wie ein Troll auf einige Goblins einschlug. Die Biester schienen sich in ihrem Durst nach Blut gegenseitig zu töten. Für ihn war es egal, in diesem Fall griff das Sprichwort "der Feind meines Feindes ist mein Freund" nicht, vielleicht stritten sie ob sie ihn nicht lieber im Kochtopf statt als Geisel haben wollen. Die immer unsicher werdenden Schritten führten ihn über ein paar Felsbrocken, am Fuß des Gebirges sah er bereits die Bäume der Grünlandseite, nicht weit ab müsste Seeberg sein, oder doch Falkensee? Das Denken fiel ihm schwerer, die zuvor kräftigen Atemzüge wurden schwächer und der Schmerz, der zuvor seine Gliedmaßen nach diesen Kraftproben erfüllte, wich der Taubheit. Ein Vorsprung gewährte ihm mittlerweile etwas Tarnung aber es fiel ihm schwer weiter auf den Beinen zu bleiben. Er wusste was ihn erwartet, würden sie ihn bekommen, er hatte zuviele gesehen die aus der Gefangenschaft zurückkehrten, selbst den Tod im Kampf wollten sie ihm nicht gewähren. Die Insel war schon immer die Latrine des Großreiches, selbst einen würdevollen Tod findet man hier nur schwer dachte er sich, als er einen Entschluss traf und sich hinsetzte. Die Bewegungen fielen ihm nicht leicht, obgleich er sie tausende Male ausgeführt hatte, als seine Finger das Rüstzeug lösten. Das Ornat und sein Gepäck verstaute er unter einigen Brocken, ebenso löste er die roten Bänder vom Heft seiner Klinge, Symbole für die Eide die er geleistet hatte. Er wird sie für seinen weiteren Weg im Herzen tragen müssen, es war besser, wenn sie keine Idee hatten wer er ist, woher er kam und vorallendingen was er ist. Die Arbeit war schnell verrichtet, bis auf seinen Gambeson, Hose, Stiefel und sein Schwert hatte er nichts mehr bei sich. Bisher hatten sie ihn nicht entdeckt, geduckt bewegte er sich weiter voran, die Felsen hinab, mittlerweile wich die Übelkeit einem Gefühl, als hätte man seinen Schädel in weiche Wolle gehüllt, jeder Schritt fiel schwerer. Vielleicht würden sie ihn nicht finden, würde er nur ruhig bleiben dachte er sich und nahm neben einem dicken Stein Platz. Langsam legte er sich zurück, seine Sinne wurden genauso taub wie der Rest seines Körpers und einen Moment lange wünschte er sich in sein warmes Bett in Brandenstein zurück, zu seinem Kamin und seiner Verlobten. Die linke Hand rutschte an die eiserne Raute die er um den Hals trug als ihn die Kraft verließ, die Augen geöffnet zu halten. "Ihr Viere, bitte lasst mich heimkehren." raunte er gen Ventus, dass dieser seine Worte zu den Ohren der Götter tragen möge, ehe er sein Bewusstsein verlor.

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 Betreff des Beitrags: Re: Ein neuer Anfang in Stille
BeitragVerfasst: 29.05.12, 19:29 
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Es war still in der kleinen Kammer. Das kleine Mädchen schlief friedlich in ihrer Wiege nahe am Fenster. Das Licht, dass durch die bestickten Vorhänge fiel, malte warme Muster auf die helle Haut des Kindes und ließ die Wangen rosiger erscheinen. Inzwischen hatten alle Dinge ihren Platz in der Kammer gefunden – auch wenn sie noch so klein war. Wohin ihr Blick auch fiel, überall sah sie Erinnerungen, Gegenstände die ihr ans Herz gewachsen waren und die sie sicher noch weiter begleiten würden.
Mit einem tiefen Atemzug nahm sie die letzten einfachen Kleider aus der Kiste, strich sie glatt und legte sie noch einmal ordentlich zusammen. Dann fanden sie ihren Platz in der neuen Kiste.
Diese Kiste stand mitten in der kleinen Kammer. Der Boden war bedeckt mit einigen Brettern – auseinander gebaute Regale und kleine Schränke, die sie nicht mehr brauchen würde und die sicher in seinem Haus besser aufgehoben wären. Falls er je wieder eines haben würde. Darüber lagen einige Schriftstücke, die an ihn gerichtet waren, nicht an sie. In einen kleinen Beutel, etwas versteckt, hatte sie einige Dukaten gelegt. Sie behielt vieles von dem, was sie zusammen erstanden hatten. Ein Buch, ein auseinander genommener Packsattel und nun obenauf die Kleider, die Kiste war fertig gepackt. Es fehlte nur noch der Brief. Der wahrscheinlich letzte.

Lange saß sie auf dem Sessel und starrte auf das leere Pergament. Wie sollte sie nun in wenigen Zeilen die richtigen Worte finden, wenn es lange Gespräche – ruhig und auch im Streit – nicht geschafft hatten ihm zu vermitteln wie sie sich fühlte oder was sie störte. Und so waren die letzten Worte auf dem Pergament das, was ihr in dem Moment durch den Kopf ging. Ob es nun etwas bewirken würde oder nicht, es war ein Ende.
Dennoch wollte sie ihn nicht ohne ein Zeichen von Mira ziehen lassen. Ein wenig Tinte auf die kleine Hand, sanfter Druck auf das Pergament und es war getan. Lange zögerte sie, ehe sie das Pergament obenauf legte und die Kiste verschloss. Einerseits fühlte sie sich befreit, andererseits auch traurig. Es war vorbei. Sie hätte es gern anders beendet, doch dazu hatte es keine Möglichkeit gegeben. Es würde so gehen müssen.

Mit einiger Mühe schaffte sie die Kiste vor die Türe und ging wieder hinein in ihre Kammer. Die Tür fiel hinter ihr in das neu eingesetzte Schloss und sie hatte das Gefühl mehr als nur diese Tür hinter sich geschlossen zu haben. Sie hatte einen Teil ihres Lebens abgeschlossen. Sie wusste noch nicht was ihr weiterer Weg bringen würde, wohin er sie führen würde, doch nun hatte sie das Gefühl ihren Weg weiter gehen zu können und nicht stehen bleiben zu müssen. Einige Tränen rannen ihr zwar über die Wangen, aber dennoch lächelte sie für einen Moment. Schmerz und Hoffnung. Aber dennoch, für sie war es der richtige Schritt, der erste Schritt nach vorn seit langem.

Das Ende gewährt alle Dinge


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