Langsam öffnete die Gestalt ihre Augen, die Haare wurden in recht fahriger Bewegung aus dem Gesicht gestrichen. Oft war sie in den letzten Zyklen schon wach geworden. Fast machte es den Anschein als würde Lifna ihr die Erholung eines ruhigen Schlafes nicht gönnen.
Die lange Dunkelheit war vorbei und doch schreckte es sie noch immer auf, sobald Fela sich verabschiedete und die Finsternis erneut über die Insel hereinbrach. Selbst das Wissen, dass sie sich bald wieder am Himmel zeigen würde, beruhigte die junge Frau nicht.
Für einen Moment schloss sie die Augen und atmete tief durch, doch recht schnell riss sie die Augen wieder auf. Immer noch sah sie diese Bilder vor sich. Einflüsse des Einen. Selbst der Versuch, sich einzureden, dass sie nicht echt waren, war sinnlos. Es half nichts.
Den Blick zur Decke richtend, lauschte sie in die Dunkelheit hinein. Wieder hatte sie das erdrückende Gefühl, dass die Dunkelheit alles in sich aufsog wie ein Strudel, der scheinbar vor nichts Halt machte. Erst als sie den ruhigen Atem des Mannes neben sich wahrnahm, schien ganz langsam ein wenig Ruhe in sie zu kehren. Langam wandte sie ihren Blick zu ihm.
Wieder schloss sie für einen Moment die Augen, bevor ein leises gequältes Schluchzen durch die Stille der Dunkelheit drang.
Was ist nur los? Es war nicht echt und es ist vorbei. Ich möchte doch nur, dass es endlich aufhört. Die Bilder sollen verschwinden. Ich möchte das alles nicht mehr sehen. Das ist nicht wahr. ER will nur, dass es uns schlecht geht. ER will, dass wir leiden. Ich darf nicht zulassen, dass es mich so mitnimmt. ER darf nicht die Überhand gewinnen. Ich muss stark sein. Ich... Ich kann einfach nicht mehr. Es geht nicht. Vater... Schwester... Ich hoffe, es geht euch gut... Immer wieder rannen Tränen über die Haut des blassen Gesichts, ehe die salzige Flüssigkeit von dem Kissen aufgenommen wurde. Sie war müde, kraftlos. Die letzten Tage und der unruhige Schlaf hatten ihr jegliche Ruhe geraubt. Sie wusste, dass es so nicht weiter gehen konnte. Sie wusste, dass sie nicht normal weiter machen konnte.
Langsam erhob sich Fela wieder, das Licht kehrte zurück. Noch immer unterbrach nicht viel mehr als das leise Schluchzen der jungen Frau die Stille des Hauses. Hin und wieder hörte man es draußen klappern, wenn die Fensterläden durch den Wind an die Wand schlugen.
Erst viele Augenblicke später schien der Fluss der Tränen langsam nachzulassen.
Zitternd und schwach blieb der Körper zurück, der Blick gen Decke gerichtet. Hin und wieder warf sie einen kurzen Blick zur Seite, als müsse sie sich vergewissern, dass er noch da war.
Ihre Hand wanderte zur Seite, vorsichtig strich sie ihm eine Strähne aus dem Gesicht, wobei sich für einen kurzen Moment ein schwaches Lächeln auf ihre Lippen schlich.
Ich weiß nicht, was ich tun würde, wenn du nicht da wärst. Ich glaube, ich hätte die letzten Tage nicht überstanden. Auch wenn der Grund deines Erscheinens durchaus nicht erfreulich ist. Und jetzt? Wirst du bleiben? Selbst wenn uns die Normalität wieder einholen wird? Ich wünschte, ich könnte es dir irgendwie begreiflich machen. Wenn ich es dir doch bloß erklären könnte. Ich möchte nicht, dass es einfach wieder aufhört. Aber wie werden die Anderen darauf reagieren? Ich weiß nicht, ob ich das will. Kurz beugte sie sich zu ihm herüber, vorsichtig, um ihn nicht zu wecken. Dann zog sie die Decke zurecht, bevor sie dem Mann einen ganz leichten Kuss auf die Wange gab. Langsam ließ sie sich dann selbst wieder zurücksinken. Eine Weile beobachtete sie ihn noch, während er friedlich da lag und schlief.
Irgendwann sanken auch ihre Augenlider wieder herab, gefolgt von einem leisen Seufzen.
Nur noch ein wenig ausruhen. Bald wird es wieder dunkel. Bald wird Fela wieder vom Himmel verschwinden. Ich will doch einfach nur, dass es endlich aufhört. Ich will diese Bilder nicht mehr sehen. Wann geht das endlich vorbei?
Es waren der Götter weiser Rat - der großen Offenbarungen vier - zu bekämpfen des Bösen dunkle Saat - der Völker Sinn im Jetzt und Hier! Als würde jemand zu ihr sprechen erklangen diese Worte in ihrem Kopf, bevor sie wieder einschlief, auch diesmal unruhig.
Als sie erneut zitternd erwachte, war es wieder dunkel. Schon wieder hatte Fela sich für einige Zeit verabschiedet...