Zitat:
Die Zeit vergeht und mit ihr nimmt die Last zu.
Es war der erste Tag seit seiner Ernennung zum Kanzler den er vollends in der Schreibstube verbracht hatte. Er war bereits in den früheren Morgenzyklen aufgestanden, hatte sich in die Amtsstube begeben und dort angefangen Stück für Stück die Anliegen der letzten Tage abzuarbeiten. Vögte, Adlige, Nortraven, Zwerge und sogar der Heerführer Cortans bedurfte seiner Aufmerksamkeit.
Er lernte immer mehr den Komfort einer Lehenskämmerin zu schätzen, gerade jetzt wo sie nicht da war um all dies für ihn zu erledigen.
Diese Verwaltung, dafür war er nicht geschaffen und doch ist es nun seine Aufgabe.
So schien der Stoß an Briefen, Berichten und anderen Notizen bis zur Mittagszeit abzunehmen nur um dann von neuen Bittstellern wieder gefüllt zu werden. Es schien beinahe wie verhext und nachdem nur mehr ein Bruchteil des ursprünglichen Aufgebots an Schriften auf dem Schreibtisch verblieben war gönnte er sich eine Zeit der Ruhe im "Garten" der Burg Schwingenwacht.
Er entzündete die Pfeife und betrachtete den Bergrücken, wie ruhig es hier war. Keine Wachen, keine Boten, nichts einfach nur die Natur und das gelegentliche Zwitschern von Vögeln.
Einen halben Dunkelzyklus mag er sich Ruhe gegönnt haben ehe er wieder in die Amtsstube eintrat nur um dort eine Abordnung des Lehensbanners vorzufinden.
Das nun folgende Schauspiel war zu erwarten und trug nur all zu sehr die Handschrift des Hauptdarstellers, Toran.
Er musste lernen das sein Stolz hier nichts bedeutet, er vernachlässigt das Banner, kommt seinen Pflichten nur mangelhaft nach und nutzt dies nebenher um Unmut zu stiften. Erynnion konnte ihn nicht ohne weiteren Protest entbinden und so spielte ihm die Beurlaubung durchaus in die Hände.
Im Glauben aus Protest den Kanzler überlistet zu haben taten sie genau das was eben jener erhofft hatte.
Es dauerte wohl keine zehn Minuten dann waren die Soldaten mit ihrem Marschall verschwunden und nur mehr der Leutnant saß an seinem Tisch. In der üblichen störrischen Miene, mit dem üblichen Sturrkopf.
Er war fähig in Militanten Dingen, ohne Zweifel. Doch menschlich ein Frack pikiert durch Einsamkeit und Verbitterung. Ob er der nun folgenden Aufgabe gewachsen sei? Man hoffe es.
So saßen sie sich gegenüber der Kanzler und der neue Befehlshaber der Truppen Siebenwinds.
"Ich möchte keinen angenehmen Befehlshaber einsetzen, keinen Speichellecker oder "Ja"-Sager. Davon habe ich genug, Ravenforth. Ich brauche einen fähigen Befehlshaber der mit seinem Geist komplexe taktische Pläne zu schmieden vermag und gleichsam sein Herz bei seinen Kameraden habe. Das fordere ich."
Wiederholt der Kanzler ehe er mit eben jenen Worten seine Unterschrift auf zwei Dokumente setzte und diese siegelte.
Das Gespräch nahm anschließend konstruktive Formen an der Leutnant berichtete über seine Umsetzungen im Banner, über die Geschehnisse am Wall und so manches mehr.
Das war wohl der Grund weshalb er Adhemar Ravenforth derart schätzte. Er nahm nicht die Hand vor den Mund und hatte gelernt offen über Probleme zu sprechen. Anders als Toran der diese Auswüchse instrumentalisierte und beinahe schon populistisch damit vorging hatte er dennoch den Anstand diese Worte unter vier Augen erklingen zu lassen.
Der Kanzler wusste nur umso besser das der junge Knappe diesen Schritt als "Triumph" gegenüber der Lehensführung zu Felde führen wird und doch tat er letzten Endes damit genau das was beabsichtigt wart. Er stand für seine Soldaten, seine Kameraden und die ihm anvertraute Armee ein und auch so spielte er nun wiederum dem Graumagier in die Hände, denn fernab von allen Konflikten war der Schutz von Lehen und Volk das Ziel das er noch immer verfolgte.
So war es also, das Lehensgericht war eingerichtet, die Verwaltung fertiggestellt und das Militär besetzt, das Lehen war geordnet und bereit für alles Neue was da kommen mag.
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Erynnion Comari - Hochmagier des Grauen Pfades