Ein weiteres Blatt reiht sich in die Riege der Geschichten ein, die nicht gesondert unter Verschluß aufbewahrt werden. Diese Erzählung ist inzwischen mit schlichter Tinte verfaßt, und auf beim Schöpfen bereits mit frischem Harzgeruch versetztem Hadernpapier.
Zitat:
Die Geschichte des weisen Weshran
Wisse, daß einst ein stolzer Krieger der Kuraim lebte, fern der Heimat, und doch trug er die Wüste in seinem Herzen. Sein Weg war steinig und sein Wirken beschwerlich, denn er war ein Fremder in einem fremden Land.
"Höre mein Flehen, o gütige Blüte dieses fruchtbaren Landes," sprach er zu der Weshra der Stadt, welche er zu seiner Heimat fernab der Heimat erkoren hatte. "Ein Diener will ich dir sein, voll Fleiß und demütiger Ergebenheit, gibst nur du mir die Gelegenheit, mich zu beweisen."
Denn weise war er und geduldig, und harter Arbeit gab er sich hin in dem Wissen, daß niemand ihm würde bereiten einen ebenen Pfad zu seinem Glück.
Und so kam es, daß er arbeitete für die Weshra, und unzählige Male wandelte sich das Gesicht des Kani-Jaleth, während er schlichte und doch aufrechte Aufgaben übernahm auf ihr Geheiß.
Auch den Mächten blieben Fleiß und Beharrlichkeit des stolzen Sohnes Crowahsts nicht verborgen, und so lenkten sie seine Geschicke in günstige Bahnen.
Hoch war er in jener Zeit in der Gunst der Weshra gestiegen, und als ihre Abreise die Stadt ohne Führung zurück ließ, ging er weiter beharrlich seiner Arbeit nach. Nicht lange dauerte es, bis man zu ihm kam um Rat und Unterstützung, und als der Moment gekommen war, die Nachfolge zu bestimmen, haderte niemand.
Doch noch immer war der Pfad, der vor dem neuen Weshran lag, steinig und uneben. Die Bürger blickten auf zu ihm, doch unterlag er, und damit seine Stadt, weiterhin dem Joch der Chaladaim.
Die Mächte aber wirken in einer Weise, wie sie uns einfachen Geschöpfen auf ewig verborgen bleiben wird, und so kam es, daß auf die dunkelsten Tage seines Lebens bald der strahlendste Aufstieg folgen sollte, ganz wie das ewige Wechselspiel aus Licht und Dunkelheit, das uns schon die Ältesten lehrten.
Besetzt von den Kriegern der Macht des Chaos und den gefürchtetsten Ves'grha war seine Stadt in der Dunkelheit des Kani-Imteph, und den Flammen sollte sie zum Opfer fallen.
Der weise Weshran aber lenkte die Geschicke selbst aus der Gefangenschaft heraus noch, und als er erblickte die brennenden Dächer seiner Stadt, da erhob er sich und trat an die Chaladaim heran, die ihn gefangen hielten.
"Lauschet meinen Worten, o siegreiche Krieger, denn sehe ich in euren Augen, daß auch ihr euch sehnt nach Frieden und dem Ruhen der Waffen."
Und so sprach er zu ihnen und teilte mit ihnen seine Gedanken, seine Stadt zum Ort des Friedens zu machen. Keine der Seiten solle darüber herrschen, sondern sie zu Reichtum und Wohlstand erblühen unter der weisen Herrschaft der Kisha von El Mahid.
So kam es schließlich, daß er seine vom Krieg geschundene Stadt emporhob zu einem blühenden Zentrum des Handels und der Kultur, und fortan sollte sie bekannt sein unter dem Namen Luth Chalid, wie es der Wille der Mächte war.