"Iandalas!" Maik schlidderte um die Kurve, glitt auf den marmornen Fliesen noch ein gutes Stück vorran, bis er seinen älteren Bruder eingeholt hatte. "Ian!" "Was ist denn, du kleine Nervensäge." Das amüsierte Lächeln, das schelmische Funkeln in den silbern umkränzten, grauen Augen seines Bruders nahmen den Worten jede Schärfe. "Mutter und Vater. Sie wollen uns sehen." plapperte der kleine Elf drauf los, kaum, dass er endlich zur Ruhe gekommen war. Der Boden hier war aber auch wirklich wunderbar glatt! "Was denn, jetzt? Ich wollte gerade zu Eliander.." "Mama sagte, dass du das sagen würdest, und sagte, ich soll dir sagen: Dein Liebhaber kann warten." er äugte kritisch zu dem älteren Elfen hinauf. "Was heisst das eigentlich?" Iandalas lachte, griff ihn an der Schulter und drehte ihn sanft, aber bestimmt um. "Warte mal noch 20 Jahre, dann erkläre ich es dir gerne." wiegelte er freundlich, aber bestimmt den über hundert Jahre jüngeren Elfen ab und schob ihn den Gang entlang zurück. "Wo sind sie?" "Sternenkammer!" Maik ließ sich einfach schieben, und kabbelte sich unterwegs mit dem größeren Bruder, der mit Begeisterung mit machte, ohne das Tempo zu verringern. "Aaah." er sagte das so, als wisse er, worum es ginge. "Stimmt ja, du bist nun 15 und alt genug, alles zu erfahren." "Was alles?" keuchte der kleinere Elf, mittlerweile im Schwitzkasten seines schlanken, aber drahtigen Bruders, der ihm nun eine leichte Kopfnuss mit den Fingerknöcheln verpasste. "Die Geschichte unserer Familie." "Waaaas, die rufen uns für eine Lektion in Geschichte da runter in die miefige Kernkammer?" "Die ist nicht miefig." "Aber die Kammern da unten sind alle miefig!" "Du bist auch miefig..!" "Garnich wahr!" "Au! An den Ohren ziehen ist gemein!" "Hab ich von den Menschen gelernt." Ian hielt inne, seufzte durch seine recht kräftige Nase aus und musterte seinen jüngeren Bruder, den er gerade zu Boden gerungen hatte, um ihn durch zu kitzeln. "Du solltest nicht so viel auf das geben, was die Menschenkinder tun." meinte er leise und ließ ab von seinem "Opfer". "Warum? Sie beherrschen doch alles, sogar uns!" "Nein, das tun sie nicht." Ian half Maik auf die Füßchen und schob ihn sanft vor sich her. "Sie glauben das vielleicht, und die Götter belieben zur Zeit, sie als Anführer aus zu testen. Und manch Menschenkind hat sogar Potential, ist ein großer Anführer oder Dichter oder Philosoph, oder sogar Magier, aber.. sie sind zu wankelmütig und die Masse, unschuldig als Individuum, ist ein immerhungriges Monstrum. Darum lassen wir sie glauben, sie herrschen über uns, während wir dieses Monster in Schach halten und sie sanft anleiten. Höre nicht zu sehr auf sie, aber gib stets gut auf sie acht. Wir sind da." Von so viel Philosophie anständig erschlagen, kam Maik garnicht dazu, all die Fragen heraus zu plappern, die ihm auf der Zunge lagen, doch dann waren da seine Eltern vor der prachtvollen Sternenkammertüre und lenkten ihn ab. Mutter trug heute nicht das Gewand, dass einer Hochmagierin zustand, sondern eine dunkelblaue Robe aus feinstem Flachs, die ihr als Matriarchin des Hauses zustand. Sie war über und über mit Sternen bestickt, in silbernen Fäden, umringt von goldenen Mustern, die auf den ersten Blick keinen Sinn ergaben, sich aber bald als Worte auf Auriel entpuppten. Ihre schlanke, hochgewachsene Gestalt erinnerte vage an einen Geier, auch wenn ihr strenges, fein geschnittenes Gesicht heute vom offen fallenden silbernen Seidenhaar umrahmt wurde, obgleich sie es für gewöhnlich hoch gesteckt trug und dies so den Eindruck minderte. Auch ihre Augen waren grau, wie die von Iandalas und Maichellis, und auch bei ihr versilberte die Farbe nach Aussen hin. In ihrer Hand lag ein Stab aus Tra'avain, der aussah, als hätte der Holzwirker mehrere schlanke Stöcke des Eisenholzes ineinander verflochten. Oben öffnete sich das Holz dünner auslaufend zu einer Fassung, die einen polierten Stein übergingen. Dieser war rund, groß wie ein Kinderkopf, spiegelglatt und schien durchsichtig, jedoch von einer Art grauen, schwach schimmernden Rauches erfüllt. Maik hatte dieses merkwürdige Ding noch nie gesehen und wollte es anfassen, sich die Nase daran platt drücken um in die schwach schimmernden Tiefen spähen. Sein Vater räusperte sich und lenkte die Aufmerksamkeit auf sich; seine grünen Augen, denen der silberne Ring fehlte, fixierten den jüngsten seiner Söhne. Blond war er, im Gegensatz zu den beiden schwarzhaarigen Jungen, trug sein kräftigeres Haar kurz für einen Elfen, also nur schulterlang, und hatte einen etwas kräftigeren Körperbau als seine Gemahlin, ohne ihre athletische Statur zu teilen. Auch er war in Flachsgewänder gekleidet, die wie das Gewand seiner Gemahlin in den Farben der Familie - Blau, Gold und Silber - gehalten war, auch bestickt mit Sternen und den Worten in Auriel an den Säumen. Bei ihm war es nun aber Hose und Hemd, keine Robe, und der Stab fehlte. "Wir weihen unseren jüngsten Spross in die Familiengeheimnisse ein." erläuterte er sanftmütig und trat im Einklang mit seiner Iama an das große, zweiflügelige Portal heran. Auch hier fand sich das Muster der Sterne, die Aurielworte, die Maik noch nicht zu lesen vermochte, aber hier waren andere Muster eingeprägt, nicht einfach nur stilisierte Sterne; hier fand sich eine vollständige Szenerie in das alte Tra'avaintor gewachsen: Ein Meer breitete sich vor dem Beobachter aus, ein Schiff typisch elfischer Bauart tanzte auf den aufgewühlten Wellen, kleine Figuren deuteten in den Himmel oder kämpften mit losgerissenen Tauen. Blitze zuckten über den Himmel, Wolken ballten sich und in der Ferne war eine Insel angedeutet. Das, worauf die Fey des Schiffes deuteten, war klar ersichtlich: ein ganzer Schwarm Sterne fiel aus Rilamnors Mantel hinab auf Tares Leib, auf feurigen Schweifen reitend. Beide Fey ergriffen die Portalflügel und ein schwaches Leuchten lief entlang der Fugen, ein seltsames Geräusch als schmatze ein Drache folgte, und das Haar der Fey wehte im Wind, der plötzlich in die Dunkelheit hinter der Kammer wehte...
_________________ Inaktiv.
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