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 Betreff des Beitrags: Re: Ein gewöhnlicher Diener der Viere
BeitragVerfasst: 19.10.16, 14:30 
Edelbürger
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In unermüdlicher Schreibarbeit in den letzten Tagesläufen hatte er die gesamten Akten dupliziert, in den vorgesehenen Kladden eingeordnet, die Originale wieder an ihre jeweiligen Besitzer zurückbringen lassen und die Akten für den Besuch von Festland bereitgelegt.

Tendarion prüfte seine Arbeitsübersichtsliste erneut und machte sich daran die Morde der letzten Wochenläufe noch einmal genauer zu überdenken. Sie hörten schlagartig auf als ein bestimmter Ort nun einen gesamten Wochenlauf beobachtet wurde. War dies eine Bestätigung oder nur ein in Sicherheit wiegen, damit man auf die falsche Fährte gelockt wurde? Tendarion würde andere Vorbereitungen treffen und beobachten wie sich die Situation daraufhin entwickeln würde. Zumindest war es mehr als gesichert, dass die anderen Pläne nur ein Ablenkungsmanöver waren oder aber so sehr zum scheitern verurteilen waren, dass es gar nicht nötig werden würde die Drahtzieher festzusetzen. Tote machten zumindest in Verhören einen eher widerwilligen Eindruck, wenn es um die Redseligkeit ging.

Verstohlen ertappte er sich bei dem Schmunzeln, was ihm seine eigene Gedanken entlockte. Moralisch verwerflich zu reden hatte er stets vermieden. Mit gutem Beispiel voran, die guten Dinge stets in den Vordergrund zu stellen war stets seine Devise. Aber er war so unendlich klarer im Kopf, seitdem er nicht mehr die Reaktionen auf alle seine Worte unmittelbar fühlte. Er war nicht mehr manipulierbar. Und es gab keinen Grund sich deshalb zurückzunehmen. Wer nichts böses im Schilde führte, konnte alle Schilde beruhigt herabnehmen, damit ein jeder sehen konnte woran er war und woran er scheitern würde.

Doch der weinrote Schleier der ihm entzogen wurde, ließ so manches in einem grauen, zähen Sumpf erscheinen. Es war einfacher die vereinzelten hübschen Blumen im Morast zu erkennen, wenn neben ihm jemand ging, der selbst die staubbedeckten, verkümmerten Blüten als etwas wunderschönes darstellen konnte. Doch den Moment wo Sie seine Seite verließ und Ihr Bruder nun den Elfen durch den Morast schob, war keine Zeit mehr dafür um sich mit den verkümmerten Schönheiten weiter zu beschäftigen. Der Ursprung des Sumpfes musste gefunden werden. Eine einzelne Blume die dem ganzen gerade so trotzen konnte, war kein Gewinn für dieses Unterfangen.

Den Kern des Hasses und der Niedertracht zu Staub zu zermalmen war Tendarions Aufgabe geworden. Um die Blumen die er auf seinem Weg zurücklassen musste, mussten sich die Diener der Herrin weiterkümmern. Er würde sich auf jene konzentrieren die stur und unnachgiebig ihren Kopf über den Sumpf hielten und diese mit sich reißen auf dem Weg. Sie darin bestärken, dass sie auf dem richtigen Pfad waren. Dass ihre grundlegende Stärke sie dazu bewegen würde all die schwachen Pflanzen die zurückbleiben würden, zu retten.

Starke Pflanzen hatten den starken Samen des Zusammenhalts aber auch der Verdrängung in sich. Tendarion wollte der Honig sein der den Samen der Verdrängung verklebte und am Wachsen hinderte und den Samen des Zusammenhalts nährte. Ein jeder Einzelne der sich nicht gegen die Schöpfung stellte, sie sogar verteidigte, war ein Verbündeter. Und das war etwas was noch soviele in seinem Umfeld zu lernen hatten.

Persönliche Abneigung ablegen und nicht Weltliches über das Seelenheil aller stellen. Beleidigungen abblocken, nicht mit Zorn zu einer Fehde auffüttern. Eine Fehde nicht zu einem Krieg zwischen den Verbündeten erwachsen zu lassen. Einen Krieg zwischen Verbündeten nicht darüber entscheiden lassen wer am Ende die Wahrheit trägt. Die Wahrheit war, dass es nur einen einzigen wahren Krieg auf Tare gab: Dem Kampf des Einen gegen die Schöpfung. Jeder Disput der darüber hinaus geführt wurde, nährte den Einen. Stolz stärkte seine Truppen. Hass nährte deren Macht. Missgunst nährte sein dunkles, totes Herz.

Tendarion lehnte sich in dem Thron zurück und sah aus dem Fenster. Regen. Grau. Kein Vogelzwitschern. Der Wind rauschte tpsend durch die Gassen und Ritzen in den Dächern.

Er versuchte sich das Bild des Lebens, das er vor einigen Wochenläufen genau an dieser Stelle sah, wieder in das Gedächtnis zu rufen. Er sah jedoch nur zwei geköpfte Leichen, die Kinder der Schwertstreichs die im Dunkeltief eine dunkle Kreatur angriffen um ihren Vater das Leben zu retten. Sah einen kleinen blonden Jungen, der auf die tragischte Weise mit ansehen musste, wie seine Familie verenden musste, um dann selbst auf den dunklen Pfad gezwungen zu werden.

Hmhm.

Sein sinnierender Laut durchbrach die Stille. Er musste den De Iuribus zurate ziehen um des Marschalls neustes Urteil zu prüfen. Es war einfacher mit Adhemar zu diskutieren, wenn man vorbereitet war. Eine kleine Abwechslung von all dem düsteren Untergangs Tare der so vehement von den Dienern des Einen so dümmlich und schlecht umgesetzt wurde.

Doch ermahnte er sich: Wer dem Irrsinn verfallen war, hatte keine moralischen Bedenken. Jemanden der wirr war zu unterschätzen oder nicht als Gefahr zu erkennen, war gleichbedeutend als würde man einen Suizid planen, ohne tatsächlich den Tod zu suchen.

So begann er diesen Almanach des Rechts zu studieren und stellte sich mental auf eine hitzige Diskussion ein.


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 Betreff des Beitrags: Re: Ein gewöhnlicher Diener der Viere
BeitragVerfasst: 21.10.16, 15:22 
Edelbürger
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Nachdenklich betrachtete er sein Spiegelbild und musste zu seinem Leidwesen - oder seiner Freude? - feststellen, dass die harten körperlichen Ertüchtigungen erste Früchte zeigten. Wo zuvor nichts bemerkenswertes an seinem Körper zu sehen war, viel mehr war er selbst für jemanden seines Volkes, gelinde gesagt, schmächtig, verbargen sich seine Rippen allmählich unter den ersten Anzeichen von Muskeln. Er aß ungefähr das dreifache von dem was er zuvor aß, und bewegte sich ungefähr um ein fünffaches. So würde er gewiss nie breit werden, doch hatten seine Muskeln wohl genügend Substanz um sich aufzubauen.

Etwa zwei Monde hatte er noch Zeit um all seine Defizite auszugleichen. Er würde kein Kämpfer bis dahin werden, aber dieser elenden Tortur von drei Tagesläufen höchsten Terror, hinsichtlich seiner Ausdauer, trotzen können. Gedanken an das letzte Dunkeltief sanken ihm direkt in den Magen, doch blieben die sonst so gewohnten emotionalen Reaktionen aus. Er war latent wütend und war auf sich und seine Fehlbarkeit erzürnt, aber diese lähmende Trauer und diese allseits belastende Qual Tares, die vor wenigen Wochen noch auf seinen Schultern ruhte, fühlte sich erträglicher an. Erleichterung machte sich in ihm breit.

Er dachte an die Gespräche der letzten Tage zurück. Und so grausam es erscheinen mochte, war diese rücksichtslose Ehrlichkeit, die er nun vertrat, etwas was ihm leichterfiel als diese stete Rücksicht, die meist an einer Lüge grenzte. Harmonie wahrte sich nur kurzweilig auf schönen Lügen und vorsichtigen Hinweisen. Der wirkliche Frieden würde jedoch nur mit Wahrheit erreicht werden können. Je selbstsicherer Tendarion auf seinen Weg wurde, umso mehr Verständnis konnte er für seinen Vater entwickeln. Diese mahnende immer abweisende Haltung, war etwas was für beide Seiten weder leicht noch erstrebenswert war, doch am Ende, wenn der Zögling verstanden hatte, war es diese Art von Erziehung, die einen auf seinen eigenen Weg führte. Wer stets kämpfen musste, begann irgendwann nur noch für die Sache zu kämpfen, für die er bereit war Niederlagen einzubüßen. Wer stets kämpfen musste, riss Mauern ein um zu seinem Weg zu finden. Und wer auf diesem Weg nie aufgab, konnte sich nicht von den süßen Einflüsterungen und Versprechen des Einen beeindrucken lassen und ihnen trotzen.

Tendarion hatte nie damit gerechnet ein Kämpfer zu sein, stark sein zu können. Nie hatte er damit gerechnet sein Vater als Vorbild zu sehen. Stattdessen zog es ihn sogar immer mehr zu jenen hin, die der Art seines Vaters am nächsten kamen. Wer nicht jederzeit aufrichtig war, der konnte nicht vertrauensvoll sein. Wer nur jenen zuhörte, der etwas nettes zu sagen hatte und keinerlei Kritik duldete, war dazu auserkoren nie wahre Freundschaft und Liebe zu erfahren.

Auf jeden Kuss musste eine Schelte folgen, nur dann konnte man auch verstehen, wie viel der Kuss wert war. Auf jedes Lob musste dreimal Tadel folgen, erst dann konnte man erahnen, wie viel Arbeit ein aufrichtiges Lob erforderte. Und allen Tränen zum Trotz, musste stets ein Lächeln folgen, denn sonst würde man vergessen, wofür man diese Last auf sich nahm.

Er war mit sich und seinem Leben derart im Reinen, dass es ihn nicht mehr weiter bekümmerte, wenn man ihn klein halten wollte. Jene mit Weitsicht, würden sein langes Leben nutzen um sein Wissen mit ihm zu teilen, auf dass es den nachfolgenden Generationen erhalten bliebe. Jene die nur ihre kurze Zeit auf Tare im Blick hatten, waren des Elfen Zeit gewiss nicht mehr wert.

Er würde seine Zeit auf Effizienz und Zielorientierung konzentrieren. Das Ergebnis war entscheidend. Die Tränen anderer trockneten von alleine, wenn alles andere beiseite geräumt war. Wer ihm den Rücken kehren wollte, sollte dies tun. Sie alle könnten wiederkehren - wenn sie dann noch auf Tare weilten - wenn er seine Aufgaben für das Wohl, den Frieden aller, erfüllt hatte.

Seine Wege führten ihn wieder an seinen wiedergefundenen Hort der Zufriedenheit. Introvertierte vermeintliche Stille. Doch schrien die Bücher ihr Wissen hinaus. Doch konnte es nur jene hören, der bereit war die Stimmen zu vernehmen. Mit einem zarten Lächeln sortierte er die Bücher, die etwas durcheinanderkamen durch andere Besucher, wieder ein. Vielleicht sollte er für die Diener des Einen ein Regal aufstellen mit allen relevanten Informationen, wie die Kirche gedenkt sie zu jagen und zu vernichten? Dann müssten sie nicht stets hier herumwühlen.

Ein leises amüsiertes Aufschnauben durchbrach die Stille, als die Türe vom Archiv leise zugezogen wurde.


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 Betreff des Beitrags: Re: Ein gewöhnlicher Diener der Viere
BeitragVerfasst: 30.10.16, 15:43 
Edelbürger
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Allmählich schien sein Körper sich daran zu gewöhnen, dass keine allseits verfügbare Kraft da war um jedes Defizit auszugleichen. Er war deutlich kräftiger - wenn auch noch immer viel zu dünn um als stark bezeichnet zu werden - und seine Ausdauer hatte sich derart gesteigert, dass es mittlerweile mehr als der Aufwärmübungen bedurfte, um ihn ernsthaft außer Atem zu bringen. Er hatte das Bedürfnis sich ständig gegen Maichellis auszulehnen abgelegt, doch forderte er von sich aus mehr Übungen ein, wenn Tendarion das Gefühl hatte, seine Kräfte nicht vollends ausgeschöpft zu haben.

Tendarion war zufrieden mit dem holperigen Anfang und den nun ansteigenden Erfolgen. Das ist es was Tendarion von sich gewöhnt war. Ohne Beschwerde deine eigenen selbstauferlegten Ziele zunächst zu analysieren und nun strategisch auf die meisterliche Umsetzung zu zuarbeiten. Doch je aktiver und kräftiger er wurde, wie streng Maichellis mit ihm umging, um Tendarion nur an sein Ziel zu führen, umso mehr begann der Elf wieder an seine Familie zu denken. Oder viel mehr an seinen Vater.

Nach dem Bad, das nach den Übungen folgte, wollte der Elf sich seinen Studien der heilenden Alchemie zuwenden. Nach dem zweiten umgekippten destillierten Ginsengsud, hatte er es jedoch aufgegeben und begab sich in den Schrein des Herrn Astrael um in Kontemplation und Gebet seine Gedanken zu ordnen. Als er schließlich all seine Aufgaben geistig sortierte, eine Reihenfolge festlegte und schließlich eine ausgedehnte Meditation folgen ließ, wusste er, dass eine seiner Aufgaben höchste Priorität genoss, damit er mit ruhigen Gemüt und Konzentration sich den eigentlichen, wichtigen Aufgaben widmen konnte.

So begab er sich in das abgeschlossene Büro in der Bibliothek und bereitete das Schreibpult vor. Er musste einen Brief schreiben. Doch Gedanken an den vorherigen Abend lenkten ihn davon ab die richtigen Worte zu finden. Einen gesamten Zyklus als faul, verlogen und gleichgültig bezeichnet zu werden kratzte auch an Tendarions Stolz. Tion musste sich jemand anderen suchen um Kontakte zu den Nortraven aufzunehmen. Mit solch einer ungebührlichen Verschwendung seiner Zeit, die aus stundenlangen sich beleidigen lassen bestand, nur um Bande zu knüpfen zu einem Dorf, das keinerlei Interesse an der Insel im letzten Götterlauf zeigte, wollte er sich nicht abgeben.

Nachdem Tendarion sich seiner inneren Schimpftirade ergeben hatte, war sein Geist endlich frei für sein eigentliches Anliegen.

Zitat:
Geliebter Vater,

wie immer zögerte ich lange um die richtige Anrede zu finden. Den richtigen Eröffnungssatz zu finden, aus der Sorge heraus, dass ein falsches Wort oder eine zu triviale Erkundung nach Deinem Bedürfnis sogleich dein Interesse schwinden lässt. Doch werde ich die Blume von der Blüte an beschreiben und mich erst dann zur Wurzel vorarbeiten.

Ich will Dir meinen Dank bekunden.

Nicht weil Du und Mutter mich empfangen, behütet und stets auf den rechten Weg geführt habt, sondern explizit Dir, da Du mir deutlich machtest, dass ich keinen der Wege, die sich so offensichtlich vor mir ausbreiteten beschreiten hätte müssen. Du wolltest, dass ich mehr aus mir mache, meine Ängste und Sorgen bezwinge. Dass ich erkenne, dass Druck und Zwang nicht nur in tadelnden Worten geformt sein müssen, sondern dass gerade die Sorge, um das Wohlergehen eines anderen, meist als Tadel formuliert würde.

Mutter war immer der hellste Stern an meinem Firmament. Heller als Fela, denn in ihrem Orbit gab es keine Schatten. Ein Blick in Deine Augen, wenn Du sie ansahst, bezeugte mir, dass es Dir nicht anders widerfährt. Doch war ich der Schatten zu dem ungetrübten Felalicht, dass Du gewöhnt warst.

Ich erinnere mich noch sehr wohl an den Tag als Du im Zorn mir vorwarfst, dass ich nicht von Dir gewünscht war und ich somit meinen Wert in Deinen Augen noch beweisen muss. Deine Hilflosigkeit, als Mutter mich gegen all Deine Vorwürfe verteidigte und ich dies auch in meiner Angst vor Deiner augenscheinlichen Ablehnung vollends zu meinem Vorteil ausnutzte, hat einen tiefen Keil zwischen uns getrieben. Es war einfach für mich Dich als denjenigen darzustellen, der sich gegen mich verschwor, denn ich setzte auch alles daran, dass ich als unschuldig und als Opfer galt. Solange, bis Du anfingst an Dir zu zweifeln, obwohl ich es war, der dich indirekt dazu provozierte.

Eine Schande, die ich mir erst jetzt eingestehen kann, aber umso klarer ist mein Blick nun, da ich meinen wahren Weg fand. Noch näher zu den Vieren, denn ich habe endlich nicht nur das Ziel vor Augen, sondern auch klar den Pfad, der mich dorthin führt. Ich bin in den Dienst des Herrn Astrael einberufen worden, nachdem die Herrin mir deutlich machte, dass mein Schicksal sich nicht auf ihrem Weg erfüllen sollte. Und von Tag zu Tag finde ich in meinem klarer und reifer werdenden Gedanken jeden Fehl der in mir ruht.

Es ist leicht jemanden zu lieben, der einen auf Händen trägt. Aber wie schwer hattest Du es bei mir, Vater? Wie konntest du Deinen Sohn, der umgeben war mit spitzen Felsen, die Dich fernhalten sollten, lieben? Ich musste diese Spitzen abrunden und dabei half mir Vitama. Sie lehrte mich was es wahrlich heißt zu fühlen. Was es wahrlich heißt zu erkennen, was man in anderen auslöst. Und was es heißt zu erkennen, wenn und wann man gescheitert ist. Ich hatte einen Götterlauf unter dem gütigen Blick der Herrin Zeit mich von der steten Fürsorge von Dir und Mutter zu entwöhnen, da ich zuvor noch nicht bereit war tatsächlich allen Vieren zu dienen. Dem Volk zu dienen. Ich war in meiner Naivität die personifizierte Arroganz geworden, weil ich wusste, wie man das Umfeld dazu bringen konnte, nach meinem Befehl zu handeln. Weil ich wusste, wie ich jemanden davon ablenken konnte mich zu hassen und stattdessen Selbstzweifel anderen beibrachte.

Vitama sah mein rechtes Ansinnen, aber sie wollte mir ersparen, dass ich unter dem strafenden Blick ihres Bruders zugrunde gehe. SIe richtete mich auf, tadelte mich und führte mich bis vor ihren Bruder Astrael. Und erst als sie erkannte, dass ich auch zu mir selbst ehrlich sein konnte, ließ sie meine Hand los.

Ich merke, dass mein Umfeld mich nicht mehr derart anlächelt, wie es zuvor der Fall war. Dass ich auf Ablehnung stoße, weil man denkt ich hätte meinen Weg verraten. Aber sie erkennen nicht, dass ich einen aus sterblichen Blickwinkeln gesehen möglicherweise recht seltsamen Umweg ging, aber eben den Weg der genau so für mich bestimmt war.

Vater, ich habe diese Worte und meine Veränderungen nur Dir zukommen lassen. Es ist an Dir, ob Du sie mit Mutter teilen willst. Nimm es als meine geöffnete Hand an, für die letzten Jahrzehnte als Bitte um Verzeihung. Als das Anerkennen eines Sohnes, der verstanden hat was sein Vater stets versuchte. Ich habe Dir rein gar nichts zu vergeben, nur so viele Dinge wieder gut zu machen um die ich kämpfen werde, auf dass sie uns zueinander führen.

Auf immerdar Dein Dich liebender Sohn,

Tendarion


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 Betreff des Beitrags: Re: Ein gewöhnlicher Diener der Viere
BeitragVerfasst: 4.11.16, 14:24 
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Das Blut rann über seine Finger hinweg und tropfte gen Boden. Jeder einzelne spitze Stein hatte sich in sein Fleisch gebohrt und seine Handinnenfläche schmerzhaft aufgerissen. Ein Rauschen erfüllte seine Ohren, seine Gedanken.

Genug? Niemals genug.

Er stürzte mit dem Schwert in der Hand auf seinen Gegner zu. Monde der alleinigen Übung mit dem Schwert, haben ihn geholfen einzuschätzen wie weit er gehen kann. Die letzten Wochenläufe der harten körperlichen Übungen haben ihm die Ausdauer gegeben, die er für diese Art von Kampfübungen brauchte. Noch immer rauschte es in seinen Ohren. Er war weit weg. All die Gedanken um den Gast in der Kirche, Edelmuts Verletzungen, Gwydeons Zustand, den Umständen auf der Insel und sein weniger befriedigendes privates Leben exisitierte nicht mehr. Er war das Schwert. Er hatte einen schaffbaren Kampf vor sich. Und er wollte diesen kleinen Sieg in all diesem Sumpf an Niederlagen für sich beanspruchen. Plötzlich blieb ihm die Luft weg. Lichter tanzten vor seinem inneren Auge und er spürte noch einen harten Schmerz an seinem Ellbogen, ehe er auf das Knie sank und schwer keuchte.

Genug. Es war genug.

Er wollte weinen, unabhängig davon wo er war. Er wollte toben, schreien, wüten. Er wollte alles hinauslassen was er sein Leben lang in sich trug und was allmählich das Fass zum Überlaufen brachte. Diese stete Forderung und Überforderung. Dieses stete ermahnen, dass er sich nicht zuviel aufladen solle, aber dennoch war niemand da, dem er es abgeben konnte. Er tobte innerlich weiterhin als würde er den Kampf noch fortführen und einen jeden seiner Gedanken, die ihm die Geduld immer mehr entrissen, als wäre er aus Pergament und man würde ihn in Streifen nach und nach reißen wollen.

Doch reichte er das Taek'ri an Maichellis heran und verbeugte sich angemessen respektvoll. Tendarion war zu erschöpft, um nach dem, was in seinem Innersten loderte, zu agieren. Er war seinem Bruder dankbar, dass er keine Fragen stellte, sondern schlichtweg auf die richtige Art und Weise für Tendarion da war. Oftmals bereute er es, dass er Maichellis nicht das zurückgeben konnte, was er hingegen so selbstsüchtig stets von ihm einforderte. Aber es war zweitrangig. Solange Tendarion durchhielt, solange er voranschritt und nicht auf halben Weg aufgab, würde es eine Zeit geben, wo er all das zurückgeben konnte. Letztendlich waren Tendarions Forderungen ein Resultat dessen, dass man stets auch rücksichtslos von ihm die vollkommene Selbstlosigkeit einforderte. Ungeachtet dessen, ob Tendarion überhaupt dazu bereit war, oder ob es andere Wege gab.

Als die Steine aus seiner Hand entfernt wurden, der bekannte Blutgeruch ihn etwas flau im Kopf werden ließ, merkte er erst die Erschöpfung, die tatsächlich in seinem Geist ruhte. Forderungen, Forderungen, Forderungen. Tare war so selbstsüchtig. Ein jeder wollte seinen Weg. Seinen persönlichen Weg und stieg dabei über Leichen und Lebende gleichsam hinweg. Der eine sah nur seine persönlichen Einschränkungen, unabhängig davon, dass er auf dem Weg, diese bildlichen Fesseln sprengen zu wollen, tatsächlich Leute verletzte. Die andere, wollte geliebt werden, bis an den Punkt, dass sie sich selbst dabei zerstörte und nicht merkte, dass sie damit mehr Last als Hilfe wurde. Wieder andere warfen ihm Hochmut und persönliche Angegriffenheit vor, wobei sie selbst nicht hörten, wie hochmütig sie im Gegenzug dazu waren.

Man konnte sich oft genug einreden, die Wahrheit nicht zu kennen, aber gleichsam jeden einzelnen Moment nutzen um andere davon zu überzeugen zu wollen, dass man es besser weiß, bis an den Punkt, dass man die offensichtlichen Verfehlungen schönredete. Das war nicht nur hochmütig, sondern Zeichen eines anfänglichen Irrsinns. Die Wahrheit zu sehen, fing nicht dort an, indem man alles, das die eigene Wahrheit in Frage stellte, als nicht-existent oder falsch darstellte, oder die Schuld stets bei anderen suchte. Tendarion war sehr wohl bewusst, wie fehlerbehaftet die Diener seines eigenen Glaubens waren - wie fehlerbehaftet er selbst war. Und nur aufgrund dieser Erkenntnis, konnte er akzeptieren, dass man durch diese Fehlbarkeit auch auf Wege gelangen konnten, die sich immer mehr von dem entfernten, was man als liebendes und lebendes Kind der Viere vertreten sollte. Aber dass der andere nicht dazu in der Lage war, seinen eigenen Hochmut in seinen steten aufmüpfigen Widerworten und wenig reflektierten Antworten zu erkennen, entzog Tendarion jede Form von Geduld, wie Salz das Wasser aus einem Stück Fleisch. Er war ein schlechtes Beispiel eines Feindes dem man mit Respekt begegnen wollte. Er war ein schlechtes Beispiel für einen Mann, dem man Vertrauen schenken konnte. Kompetenz vorzuheucheln, indem man stets darauf pochte, dass einem Wissen fehlte und nicht das Wirken der hohen und höchsten in Frage stellte, aber gleichsam nicht den Mund halten zu können, wenn es darum ging Vorwürfe zu formulieren, ohne deren Wahrheitsgehalt vorab geprüft zu haben. Tendarion hoffte, dass der junge Mensch die zwangsweise Zeit der Kontemplation nutzte um zu erkennen, dass er nicht so selbstlos und reflektiert war, wie er sich wohl selbst versuchte einzureden.

Als Tendarion sich in seinen Hort der Ruhe begab, klammerte er sich einfach nur Nähe und Schutz suchend an jenen der seinen Weg auf der Insel von Anfang an begleitete. Ihn ermahnte, ihn aufforderte mehr aus sich zu machen. Der sich nie verstellte um Tendarion besser zu gefallen, sondern viel mehr so viel dafür tat, dass der Elf sich eher von ihm hätte abwenden müssen. Doch Tendarion erkannte schlichtweg die beruhigende Gewissheit, dass es an diesem Ort nichts zu befürchten gab. Dass zwar ein jedes seiner Worte auf die Waage gelegt wurde, aber stets eine Reaktion des anderen erfolgte, welche die Waage wieder austarierte. Dass ab und an seine eigene Hilflosigkeit mit der Hilflosigkeit des anderen kollidierte, doch anstatt sich gegenseitig die Augen auszukratzen, folgten nur Worte, die manchesmal schneidend, doch nie vernichtend waren. Die Grenzen wurden abgesteckt und man respektierte einander. Und mit diesem Respekt folgte die Sicherheit. Die Ruhe.

Und Lifna sorgte dafür, dass der Elf diese Ruhe solange diese Nacht aufrecht erhielt, dass er sogar zu spät zu seinen morgendlichen Übungen kam.


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 Betreff des Beitrags: Re: Ein gewöhnlicher Diener der Viere
BeitragVerfasst: 9.11.16, 03:56 
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Die Akten wurden ordnungsgemäß einsortiert. Die Feder gesäubert und für den nächsten Schreiber etwas zurechtgeschnitzt, auf dass er nicht mit unerwünschten Tintenflecken zu kämpfen hatte durch den ausgefransten Federkiel. Alle Kerzen wurden ausgeblasen und er machte einen letzten Rundgang durch das Ordenshaus, schickte Elgbert zur Ruhe und er betete im Schrein des Herrn, ehe er sich zurückzog.

Doch Ruhe war weder in ihm, noch suchte er diese. Das Bild der blonden Frau und dem unterwürfigen rothaarigen Mann der sie so ergeben anlächelte, war in des Elfen inneres Auge eingebrannt. Ihm war schlecht vor Zorn. Der leere Kelch fand eine Flasche voll Gift. Er wollte nicht erst warten, ob er den Wein fand, denn dieses Gift war in dem Moment wo er durstig nach Führung und Anerkennung war, vor ihm.
Der Durst nach Liebe war ein mächtiges Instrument. Und noch mächtiger in der Hand eines versierten Spielers. Als er die Tür aufschloss arbeitete sein Brustkorb, als wäre er den Weg gelaufen. Doch wurde Tendarion gar nicht bewusst, dass er tatsächlich den Weg schnellen Schrittes hinter sich brachte, als wollte er diesem missgünstigen und hinterhältigen Worten körperlich entfliehen.

Dem verwirrten Blick und der aus dem Schlaf heraus geborenen ersten Ablehnung gönnte der Elf keinerlei Beachtung. Ein Duell folgte, dass nur darauf ausgelegt war dass Tendarion erkannte, dass er nicht schwach war, dass er ein Kämpfer war, dass er auch Dinge erleiden konnte, die andere brechen, aber ihn nicht tangierten, wenn es um sein Innerstes - seinen Glauben und seine Liebe zur Schöpfung der Sahor und Enhor - ging. Tendarion forderte den anderen solange heraus, bis der Elf es war, der das nachsehen hatte und sich unwillig fügen musste. Bis ihm unmissverständlich verdeutlicht wurde, dass er sich nur so viel aufladen sollte, wie er ertragen konnte. Dass Tendarion mit den Konsequenzen seines Handelns nicht nur rechnen, sondern umgehen können musste. Dass die Konsequenzen meist mehr Schmerzen verursachten, als man es in dem Moment der Entscheidung ahnte. Und dennoch bat der Elf darum, dieses eine Mal nicht geschont zu werden. Nicht seine Wut in sanften Worten zu ersticken, sondern in die richtigen Bahnen zu lenken. Den Schmerz, den die Entscheidung mit sich bringen würde, vorab zu erfahren, bis man ihn daraus entlässt und nicht dass es an Tendarion war, der bestimmte wann es zu viel war. Er kam an den Punkt an dem er flehte, dass es aufhören sollte, doch wurde er über die Grenze geschoben, bis das Unerträgliche ihm den Verstand zu rauben drohte. Er hatte seine Leidensgrenze gefunden.

Und erst dann, ließ Tendarion endlich die Tränen zu. Diese Frau hatte seine letzte Hoffnung noch einen Funken Licht bei den Dienern des Einen zu finden, vollends zerschlagen. Sie sprühte ihr Gift, über alles was Akelas je sagte. Sie trat mit Füßen den letzten Respekt, an den der Elf sich klammern wollte. Sie verpasste jedweder Hoffnung mit jedem schneidenden Wort, mit jedem herablassendem Vorwurf und mit jeder ablehnender Haltung eine Ohrfeige nach der anderen. Fast hätte er diese Trauer die ihr Verhalten in ihm auslöste und Tendarions Furcht um Collnaids Seelenheil ins Unermessliche trieb, vor ihm ausgebreitet. Vitama hatte Tendarion in diesem Moment, wo er Collnaids aufrichtiger sorgenumwobener Miene entgegensah, fest umschlungen.

Doch besiegt, befreit und sich in Sicherheit wissend, konnte er diese Trauer voll umfangen. Und als Tendarion diese beruhigende Hand auf seinem Haupt spürte, hauchte er nur..

"Tarlogan."


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 Betreff des Beitrags: Re: Ein gewöhnlicher Diener der Viere
BeitragVerfasst: 11.11.16, 14:47 
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Leidenschaftslos.


Tendarion war sich nicht sicher, ob er in dem Moment lachen sollte, oder sich selbst beglückwünschen, dass er diesen Eindruck erweckte. Dass man ihm vorwarf, dass er alles gesehen, erlebt und getan zu haben schien und diesen Anschein nicht nur erwecken wollte, sondern offenbar pflegte.

Tendarion empfand immer mehr - kurz musste er leise zu sich selbst Lachen - Gefallen und Freude daran, wir konträr er bewertet wurde. Wie nah man teilweise an der Wahrheit dabei war und wie weit weg sie waren, wenn es um die wirklich essenziellen Dinge ging. Er fühlte sich verspielter und die Reaktionen die andere in seiner Anwesenheit hatten und seinen Blicken und seiner Worte folgten, erheiterten ihn. Wie jemand unter seinem Blick nach und nach einknickte oder unsicher wurde. Wie jemand aufgrund des Elfen Reaktion wieder zurückruderte in seinen Worten und seinem Gebaren. Und keinen Moment musste Tendarion sich dafür verstellen. Er war wie er sein wollte und sich selbst treu sein konnte und sein Umfeld war verwirrt, verunsichert oder aber zweifelte an Tendarions Aufrichtigkeit.

Nicht kritikfähig.


Es war amüsant zu sehen, wie eine Frau, die es gewohnt war, auf andere einen Eindruck zu machen und sogleich ihr Innerstes erkannte, Tendarion stets weismachen wollte, dass sie ihn in irgendeiner Form berührte. Was sie nicht erkannte war, dass sie sich demontierte und jede Form von Respekt mit jedem folgendem Wort abtrug, den der Elf pauschal einem jedem Lebewesen entgegenbrachte. Ja, ihr Prozess war eine reine Formsache. Und als Diener Astraels musste er auch darauf bestehen. Er hatte ihr ein Zugeständnis gemacht, als sie anfing sich wieder wie ein vernunftbegabter Mensch ihm gegenüber zu geben. Wer vernünftig sprach, wurde angehört. Egal wie mühselig es für Tendarions Umfeld war, dass er selbst sich immer in den Kreis zu reden wünschte. Doch erkannten viele Personen erst dann, wenn sie begannen sich zu wiederholen, dass sie möglicherweise der Grund für diesen Kreislauf waren, dass man sie so nicht ernst nehmen konnte, geschweige denn sie anhören wollte. Der Himmel wurde nicht blauer, wenn man jedesmal nur predigte, wie blau der Himmel war. Man musste anfangen auch die Gestirne, die Dunkelzyklen und die Vögel dort oben zu erkennen und zu benennen, damit man die Aufmerksamkeit eines anderen behielt.

Vielleicht war es die in den Gedanken aufkeimende Tatsache, dass Menschen, die nur halb so alt waren wie Tendarion es war und dennoch deutlich älter aussahen, die ihm allmählich verdeutlichte, dass er in der Tat länger lebte als andere. Mehr Zeit hatte, sich mit augenscheinlichen Nichtigkeiten und schwierigen Situationen derart intensiv abzugeben. Wenn er Tions Gesicht sah, die Furchen, die sein Leben und seine Gefühle prägten. Das weiße Haar. Guntrams Gesicht, das die ersten Anzeichen seines Alters mit sich brachte. Tendarion stellte sich vor, wie Guntram in Tions Alter aussehen würde. Er stellte sich vor, wie er noch zwei Jahrzehnte später aussehen würde. Würde Guntram sein Spiegelbild ertragen können, wenn Tendarion dann noch an seiner Seite war und ihm seine größten Ängste Tag um Tag nur mit seiner bloßen Anwesenheit und seinem jugendlichem Aussehen vorlebte? Leise Zweifel, ob der Elf tatsächlich auf lange Sicht einen positiven Einfluss auf den Erzgeweihten haben könnte, beschlichen ihn. Aber er versprach es. Vor den Vieren, vor Guntram. Und auch gestern versprach er es wieder, als diese Frau wieder ihr Gift versprühte, mit Halbwissen und alten Tatsachen und Fakten um sich werfend, als hätte sie erst gestern mit Guntram darüber gesprochen und wüsste sich in allem bestätigt, was sie dachte. Ihr war nicht bewusst, dass man nicht blind, oder missgünstig sein musste, um Fehlbarkeit zu erkennen, oder über die Fehlbarkeit anderer hinweg sehen musste, damit man jemanden lieben konnte. Sie verstand nichts von Liebe, denn sie kannte nur eine pervertierte Art von Liebe, die stets einen Preis forderte. Sie verstand nicht, dass man niemanden pervertieren musste um jemanden liebenswert machen zu können. Manchesmal war es die simple Tatsache, dass eben nicht das unumkehrbare vernichtende Urteil über die absolute Fehlbarkeit und das deutlich machen der Unliebsamkeit, das damit zwangsweise einherging, dafür sorgte, dass andere sich bessern konnten. Den Fehl in anderen aufzuzeigen und sich gönnerhaft als Erlöser dieses Fehls in anderen aufzuspielen führte zu solchen seltsamen Konstrukten wie den Tardukai oder der Inquisition. Akelas war amüsiert über die Offenheit, die Tendarion bezüglich seiner Unsicherheiten und seiner Fehlbarkeit, darlegte. Und dennoch war es genau diese plumpe Offenheit, wieso Tendarion es schaffte das Vertrauen anderer zu gewinnen. Viele dachten, er würde sie belügen, indem er sich selbst herabspielte, aber im Grunde vollkommen von sich überzeugt war. Selbst wenn er sagte, dass er sich selbst als besser als andere erachte, gestand er sich offen ein, dass er hochmütig und fehlbar war. Wenn man sich jedoch selbst akzeptierte, konnte man an Kritik nicht vergehen. Wenn man seinen eigenen Fehl und seine eigenen guten Seiten akzeptierte, konnte man auch die guten Seiten in anderen erkennen.

Was nichts kostet, ist nichts wert.


Wie oft sprach sie die Worte, als müsste sie sich dieses Mantra selbst einreden, damit sie ihren Weg ertragen konnte. Tendarion dachte an sein privilegiertes Leben zurück. Nie hat er etwas vermisst, außer abstrakte emotionale Dinge, die er wahrscheinlich nicht einmal angenommen hätte, wenn man sie ihm aufgedrückt hätte. Aus irgendeinem Grund wollte er an seinem Schwermut festhalten, ihn fest umarmen und nie loslassen. Er fragte sich oft, warum er es nicht konnte. Die schwere Last abzustellen und davon zu fliegen. Und dann dachte er an diese Personen, die mit wenigen Worten ihn zum Schweben brachten. An diese Personen, die mit einem simplen Streicheln, direkt sein Herz berührten. Die mit einer simplen Umarmung ihn emporhoben, so dass er eins mit den Gestirnen war. Vielleicht war es der Schwermut, der diese Momente so klar und besonders werden ließ. Ihn so leicht wieder aus einem Tief hervorholen konnten. War es das - dieser Kontrast - der eigentlich glückliche Sterbliche dafür umso mehr abstürzen ließen, wenn sie einmal etwas negatives erlebten? Hatte Tendarion einen Weg gefunden mit all dem Schlechten umzugehen, indem er einfach das Schlechteste als die Norm ansah und die guten Sachen als die erstrebenswerte Ausnahme?

Er dachte an Maichellis und seine Mundwinkel zierte ein überzogenes Lächeln. Tagträumerei war ihm selten vergönnt, aber er würde lange davon zehren. Dass Myrandhir mit einem Mal in der Türe im Ordenshaus stand, konnte Tendarions gute Laune ein für alle Mal besiegeln. Egal welches Thema aufkam, egal welches Wort gesprochen wurde, es war irrelevant. Tare war ein guter Ort. Und er würde dafür sorgen, dass auch andere an seinem Glück teilhaben konnten, indem er Tare dabei verhalf sie zu einem noch besseren Ort zu machen. Tendarion schloss die Anklageschrift, die er mit ihr noch einmal der Form halber durchsprechen musste.

Schritt um Schritt auf dem Weg zu einem besseren Tare.


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 Betreff des Beitrags: Re: Ein gewöhnlicher Diener der Viere
BeitragVerfasst: 12.11.16, 20:58 
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Eine einfache Aufforderung wurde an das Ordenshaus gesandt. Nur der Treffpunkt. Kein Name. Keine Details. Doch wusste Tendarion wer ihn erwarten würde.

Das Gespräch rückte vieles ins rechte Licht. Bestärkte Tendarion. Bestärkte den anderen. Man konnte aufrecht Feinde sein. Man musste keinem Hass oder Abneigung ausleben. Die Fronten waren klar. Der Himmel wurde nicht blauer, wenn man sein blau weiter predigte. Aufrichtigkeit ohne Hohn. Ehrlichkeit ohne Rücksicht. Ein ernst gemeintes Lachen und diese subtilen und weniger subtilen Hinweise, dass sie nebeneinander aufgestellt effizienter für Tare wären, als als Kontrahenten.

Doch die Klarheit, dass sie Feinde sein mussten und bleiben würden, machte die Sache deutlich einfacher. Es gab nichts zu bedauern. Nur Kleinigkeiten in ein vitamarotes Gewand der Wehmut kleiden um sich zu vergewissern, dass man verstanden wurde. In einem anderen Tare und einer anderen Zeit, wären sie womöglich die engsten Vertrauten. So blieben sie vertraute Feinde.

Ich war immer ein sehr vorsichtiger Fey. Doch im Moment habe ich das Gefühl nicht mehr um das Feuer zu kreisen, sondern lachend hineinzuspringen.


Tendarion schmunzelte zu sich selbst als er seine eigenen Worte überdachte. Er war dabei ein klein wenig irrsinnig zu werden. Immer mehr ertappte er sich wie er seine nichtigen Gedanken in Selbstgespräche wandelte. Plötzlich Einfälle bespricht die irrelevant für die Situation waren und ihn verklärt oder verwirrt wirken ließen. Er erkannte dies als Schutzmechanismus. Wenn der Geist überlastet war und man anfing mit manuellen Gesten oder Zwangsgedanken zu arbeiten um die Dinge beiseite zu schieben, die einen um den Verstand brachten. Aber dennoch bevorzugte er diesen Zustand alle Mal zu diesen invasiven Angriffen von unkontrollierten Emotionen. Sein womöglich anfänglicher Irrsinn, der sich in seinem langen Leben so oder so aufbauen würde, war wie Balsam für seinen Geist.

Oder war es der Einfluss Astraels? Dieses nicht mehr innehalten können im Gedanken? Mehr erschaffen und erdenken zu wollen als die Zeit es erlaubte? War dies der Grund warum Guntram seine auslaufende Zeit betrauerte, obwohl er erst die Hälfte davon hinter sich brachte?

Tendarion hielt in seinem Tun inne, legte die Schreibfeder ab und lehnte sich zurück.

War es das, was Astrael ausmachte? Nicht der Drang zu gewinnen, selbst Recht zu haben, strebsam zu sein und Wissen zu horten. Sondern schlichtweg die Zeit auf Tare so effizient zum Wohle aller nutzen, wie es einem Sterblichen nur irgendmöglich war? Einen aufgeweckten Novizen, der keinem ein Leid antat, beiseite zu schieben um keine Zeit zu verschwenden, gegen jene vorzugehen, die dafür lebten eben jenem Novizen etwas anzutun? Einen Mann ans Messer zu liefern, um jemanden zu schützen der eine tragende Rolle spielte, die zum Schutz aller wichtig war? Mitgefühl nur dann zu zeigen, wenn man mit diesem auch beim Gegenüber durchdringen würde. Liebe nur zu zeigen, wenn sie nicht ausgenutzt oder gegen einen verwendet würde.

Effizienz.


Ein Lächeln der Erkenntnis erfüllte Tendarions Lippen. Gefühle waren nur dann effizient, wenn sie korrekt beantwortet wurden oder aber vollkommen beiseite geschoben wurden, wenn sie jeglicher Grundlage entbehrten.

Sie forderte die richtigen Fragen. Er forderte das richtige Verhalten. Beide waren kompromisslos, also musste eine dritte Partei diesen Kompromiss herbeischaffen. Tendarion stand im lodernden Feuer. Doch trotz aller Hitze, fühlte es sich richtig an.

Effizienz. Um jeden Preis.


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 Betreff des Beitrags: Re: Ein gewöhnlicher Diener der Viere
BeitragVerfasst: 13.11.16, 13:50 
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Die Worte des Mannes mit dieser so ruhigen Stimme, der ihm aufrichtig entgegenblickte, sanken tiefer in seinen Bauch, als es hätte sein sollen. Tendarion hätte froh sein müssen. Der dumme Junge, der der Kirche so viel Arbeit abnahm. Der dumme Junge, der in seiner Unbedachtheit und seinem Hochmut dachte, er könnte auf seine Weise etwas tun. Jeder musste innerhalb seiner Grenzen leben und wenn er sie ausreizte, sollte er mit den Konsequenzen leben können. Tendarion fühlte nicht einen Hauch von Mitleid, als der dumme Junge sich in Maichellis Armen auf dem Boden wälzte, schluchzte und sich die Hände aufkratzte.

Steh' auf. Denkst du er will für einen sich am Boden windenden Wurm sterben? Richte dich auf und sei ein Mann für den es sich lohnt sein Leben einzusetzen.


Die Worte kamen für Tendarions Geschmack viel zu leicht von seinen Lippen. Doch fühlten sie sich richtig an. Als auf die Worte ohne zu Zögern eine Reaktion erfolgte, wollte Tendarion am liebsten direkt in die noch bewohnte Zelle gehen und der Frau die Augen auskratzen. Sie mag ihn auf ihre Weise das Leben gerettet haben. Doch um welchen Preis? Ein höriger Sklave, der auf einen Befehl hin seine Gefühle und seine eigene Meinung abstellen konnte? Tendarions Wut brodelte in einem Maß, wie er es nie zuvor kannte. Doch konnte er sich, im Gegenzug zu dieser indoktrinierten Handpuppe in Form eines Menschenmannes, aus eigenen Stücken beherrschen.

Tendarions Wertschätzung und Respekt wuchs ins Unermessliche für diesen Mann, der bereit war, sich dafür zu opfern. Denn der Elf wusste, dass es nicht Blindheit war, die ihn dazu trieb. Eine verquere Art von absoluter und bedingungsloser Liebe und Loyalität der Sache gegenüber. Das Bedauern, diesen Mann als vertrauten Feind zu verlieren ließ Tendarion nebst der Galle, noch alles zuvor Gegessene in den Hals steigen. Klare Anweisungen, dass der andere sich wieder ansehnlich herzurichten hatte wurden gegeben, ehe er die erste Schwäche zuließ, als er überfordert und gelähmt sich an die Schulter des anderen Elfen lehnte und das Schicksal jener Männer und Frauen leise hauchend bedauerte, die diese Dinge als eine gangbare Option sahen und sich solange freiwillig brechen ließen, bis sie ein leeres Gefäß waren, das mit allem befüllt werden konnte.

Doch erkannte Tendarion etwas in dieser Situation, das ihm zuvor nicht bewusst war. Nur jene, die nicht so fest im Glauben waren, wie sie es sein mussten, die nicht so sicher auf ihrem Weg waren, wie sie es sich selbst einreden wollten, konnten mit solchen Dingen nicht umgehen. Wer sich lieber auf dem Boden wand vor Scham und Trauer, weil er die Konsequenzen seines Handelns nicht vorhersah, der war bisher blind seinen Weg gegangen. Im Schatten anderer. Auf der falschen Weggabelung abgebogen.

Man zweifelte daran ob Tendarion auf dem Wege Astraels richtig war. Doch wenn er den Diener Vitamas und den Diener Astraels in sich verglich - Der Diener Vitamas, der stets überfordert war, der stets weinte, der stets um Hilfe bitten musste. Der Diener Astraels, der mit Kalkül, klarem Blick und bewusst jeder Konsequenzen agierte. - war sich Tendarion mehr denn je sicher, dass er den richtigen Weg für sich gefunden hatte.

Der dumme Junge bat ihn um Weisung. Weisung so zu werden, wie der Mann der bereit war für ihn zu sterben. Der dumme Junge war fortan der dumme Junge, der endlich verstanden hatte, dass es nie um sein Leben ging. Der dumme Junge, war fortan der dumme Junge, der endlich sehen wollte.

Tendarion küsste seine Stirn und eröffnete ihm seine erste Lektion.


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 Betreff des Beitrags: Re: Ein gewöhnlicher Diener der Viere
BeitragVerfasst: 14.11.16, 03:44 
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Ich habe gerade kein Seil bei mir.


So beiläufig gesprochen als fehlte ihm Feuer für seine Pfeife und doch knallte es Tendarion gegen den Kopf als wäre ihm ein Stein auf diesen gefallen.

Da war die unbedachte Komponente in dem ganzen Spiel. Spiel auf Leben und Tod. Sein Leben als Einsatz um einen Krieg zu verhindern. Tendarions Plan war wasserdicht. Er wusste genau was er zu sagen hatte. Wartete die Worte des anderen zunächst ab. Und am Ende wollte er das Angebot machen, dass Collnaid in den Händen der Kirche um jeden Preis beließ und nur noch Tendarions Leben auf dem Spiel stand. Gut durchdacht, hätte Akelas den selben Plan gehabt, wie den auf den Tendarion sich vorbereitete.

Und ab diesem Zeitpunkt rauschte die Situation an Tendarion nur vorbei. Die eindeutige Warnung sich nicht zu bewegen, sonst würde ihn diese Apparatur um seinen Hals entweder die Luft abschnüren oder aber sein Genick brechen. Das Pferd würde definitiv nach Finsterwangen reiten, wenn die Situation eskalierte und Tendarion wäre gezwungen oben auf zu bleiben, wenn er überleben wollte. Die Hände auf dem Rücken fest verbunden, der Eisenkragen glücklicherweise mit dem Kragen seiner Fellweste etwas ausgestopft.

Tendarion merkte den Widerwillen und die Genervtheit mit der Akelas das ganze Konstrukt erbaute. Als sie noch an der Leiche des Mannes vorbeiritten der Tendarion verfolgte und am Arm mit seinem Schwert verletzte und Akelas derjenige war, der dafür sorgte, dass dieser Mann nie wieder unschuldigen Leid antat wurde Tendarion die Ironie immer mehr bewusst. Der Mann der für einen der seinen einen Krieg führen wollte, musste sich jedoch als der schreckliche, mitleidlose Schlächter ausgeben, um Tendarion, der das Leben vieler gegen das Leben eines nicht auf das Spiel setzen wollte, nun als gefoltertes Opfer vorzuführen.

Akelas machte deutlich, dass Tendarion gerade sein Leben auf das Spiel setzte. Und als die Situation sich immer mehr zog und immer mehr Zuschauer und auch Leute die sich über sie lustig machten, auftauchten, merkte Tendarion zunehmend, dass er in der Tat in Lebensgefahr war. Mit keinem Moment fühlte er Reue, aber er merkte wie ihm am Rücken der kalte Schweiß ausbrach und sein Magen so fürchterlich schwer wurde. Sein Atem wurde immer flacher und der Kragen fühlte sich an, als würde er sich immer mehr zuschnüren. Eine aufkommende Panikattacke.

Die Übergabe war so formlos und unterkühlt auf beiden Seiten, dass Akelas leiser, herrischer Befehl sich zusammenzureißen aus irgendeinem Grund ein schlechtes Gewissen in ihm hervorrief und Guntrams Blick letztendlich nagende Schuldgefühle verursachte.

Tendarion der den Krieg von der Stadt abwandte und sich dabei wie ein ungezogener Junge fühlte, der gerade alles falsch gemacht hatte, was man falsch machen konnte. Über Tendarion würden definitiv keine Heldengeschichten verfasst werden. Und wenn waren sie wohl unter Satire zu finden. Als Tendarion seine Beweggründe vor Tion und Guntram offen und sachlich erklärte fühlte er sich tatsächlich als wäre er wieder in Draconis und müsste sich seinem Vater gegenüber rechtfertigen.

Tendarion hatte heute Collnaids Seele geopfert und es lag in seiner alleinigen Verantwortung.

Er würde definitiv kein Held werden, aber wenigstens den Preis für die unkonventionellste Kriegsabwendung Tares erhalten. Doch allen zynischen Gedanken zum Trotz, als er sich auf dem Sofa neben dem anderen abließ und den vielsagenden Blick des anderen wahrnahm, wurde Tendarion es nur umso deutlicher:

Er hatte heute unbedacht die Seele eines anderen geopfert. Die Seele die durch seinen wasserdichten Plan eine Chance auf Rückführung zum Licht ereilen sollte. Für die Tendarion seine sterbliche Hülle als Pfand einsetzte. Und er fragte sich, wie er dies jemals wieder gut machen könnte.

Es war nicht wieder gut zu machen. Und das wussten sie beide.


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 Betreff des Beitrags: Re: Ein gewöhnlicher Diener der Viere
BeitragVerfasst: 15.11.16, 12:28 
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Tions Worte förderten das nagende Schuldgefühl. Es war wie die Spinne die sich seinen Nacken emporkämpfte, als er auf Gwydeon wütend war. Doch diesmal war es keine Wut, kein Wunsch danach dem anderen zu verdeutlichen wie wütend er war. Und dennoch gelangten Tions Worte durch ihn durch. Tendarion war es, der verhinderte, dass die Tardukai ausgeschaltet waren. Tendarion war es der Collnaids Seele opferte. Tendarion trug die gesamte Verantwortung.

Als Tendarion die Schreibfeder sinken ließ und sich frustriert durch das Gesicht strich, ließ er den gestrigen Tag Revue passieren.

Tion hatte Informationen von denen Tendarion noch nie zuvor etwas hörte. Doch war er Novize. Er wusste genau was die Antwort gewesen wäre, hätte er hinterfragt und geprüft. Er wäre auf seinen Platz verwiesen worden. So hörte sich Tendarion das Gespräch an, mit dem innigsten Wunsch diese ganzen Informationen zu hinterfragen oder mit Beweisen untermalt zu wissen. Doch Tion war nicht dafür bekannt etwas zu teilen, wie Tendarion es stets tat. So suhlte Tendarion sich in seinen Schuldgefühlen, dass er es war, der der Kirche Steine in den Weg legte. Und wieder dieser ewige Vergleich mit Guntram. Egal was Tendarion tat, sagte und machte, immerzu war er der Schatten von Guntram. Dass Tendarions Ideen und Gedankengänge doch nicht das Kind anderer sind, war seinem Umfeld immer weniger in den Sinn gekommen.

Bitten, sich nicht wie Custodias zu benehmen. Jedes Wort wurde an Custodias gewogen. Jeder Fehler wurde Custodias angekreidet.

Tendarion trank den Holzbecher leer und schleuderte ihn unwirsch gegen eine freie Zimmerecke, nachdem er sich aufdrückte.

Er war Novize.

Er hatte nicht die Erfahrungen wie andere sie haben.

Doch er war weder dumm, noch wusste er nicht, wo die wahren Prioritäten lagen. Frustriert rieb sich der Elf durch das herabhängende Haar, das jedweder Frisur entbehrte. Aus dem Fenster starrend nahm er die Wut, die sich in ihm aufbaute auf.

Bilder, Worte. Lächeln, ein Lachen.

Worte. So erhebende Worte. Tendarion schien für einen Moment von jedweder Wut befreit als er an Diana dachte. Die selbstlosesten, erregendsten Worte die Tendarion je in seinem Leben hörte. Und sie waren nur indirekt an ihn gerichtet. Sie sprach zu ganz Tare. Der Liebe an die Schöpfung. Und sie fand den Kern all dessen in Tendarions Worten und Taten.

Tion konnte Tendarion die Schuld Angamons auf die Schultern legen. Tendarions Taten weiterhin an Custodias messen. Doch hatte Tion auf der Insel einen wahren Diener hervorgebracht? Etwas gänzlich neues nur durch Worte und Taten erschaffen? Zynismus und Abgeklärtheit in Liebe und Vergebung gewandelt? Tendarion ballte seine Hände zu Fäusten. Tion wollte die Verantwortung und Schuld bei Tendarion suchen. Also würde Tendarion ab sofort alles dafür Tun, dass er auch nur Dinge tat, für die er sich selbst verantworten konnte und wollte. Tendarion würde wieder beim Volk stehen und dort kämpfen. Seine Informationen ebenso nicht mehr teilen, außer mit jenen die damit umzugehen wussten. Er würde dort kämpfen, wo man seine Waffen und sein Wissen brauchte und angemessen anwandte.

Er hob den Becher auf und stellte ihn ruhig ab. Tendarion hatte die Kampfansage Tions nun über Wochen hinweg stillschweigend hingenommen. Also würde Tendarion nur noch stillschweigend kämpfen. Losgelöst von Guntram. Losgelöst von Tion. Losgelöst von der Inquisition und ihrer Verherrlichung durch Tion.

Auf dem Wege Astraels. Für die Viere. Für die Kirche.

Denn danach kam wahrlich lange nichts mehr.


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 Betreff des Beitrags: Re: Ein gewöhnlicher Diener der Viere
BeitragVerfasst: 16.11.16, 13:59 
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Als er seine letzten Sachen zusammenlegte und in die Kiste verfrachtete, setzte er sich auf sein Bett im Novizenzimmer und blickte sich um. Seltsam wie ein anderer Weg einem von den weichen gemütlichen Betten, mit den jeweils persönlichen Kommoden, einen zu Stockbetten und Kisten unter jenen führen konnten. Zugegebenermaßen schlief er nicht häufig hier, doch an diesem Tag wollte er sich jede Räumlichkeit des Ordenshauses noch einmal genau ansehen und einprägen. Die Macht der Gewohnheit akzeptierte dieses neue Gebäude als ein Heim. Ein sachtes, melancholisches Lächeln umspielte seine Lippen. Ferne Erinnerungen drangen an sein Bewusstsein.

~~~


Es war äußerst ungewöhnlich, gar seltsam für Tendarion, seinen Vater nicht nur gut gelaunt sondern lachend zu erleben. Das blonde hüftlange Haar offen getragen, Frauen und auch einige Männer die ihm verstohlene und weniger verstohlene Blicke zuwarfen. Sein Vater war ein gutaussehender Mann. Tendarions noch weiche Gesichtszüge ließen jedoch, zu Tendarions Freude, erahnen, dass er ein Abbild seines Vaters werden würde.

Mit seinem Wein, der ihm nicht wirklich mundete, ging der noch so junge Fey, aber dennoch vor kurzem schon als Heilergeselle geprüft, in den Garten des Anwesens. Ein Kamerad seines Vaters feierte seinen fünfzigsten Geburtstag. Und wie immer wurde sein Vater und seine perfekte Familie wie die besten Familienfreunde Tares vor den anderen Gästen vorgeführt. Mutter bewegte sich anmutig durch die Reihen und erntete Respekt und bewunderndes, wie auch ablehnendes, Verhalten über ihre exotische Erscheinung. Seine Schwestern verhielten sich angemessen ambivalent. Die dunkelhaarige Kriegerin die es sich zur Abendaufgabe machte Vater anzustarren, bis dieser in Flammen aufging oder aber endlich Order aufgab um nach Hause zu gehen. Und seine Schwester Dùlindwen, die nur zur Hälfte zu sehen war, in einer dunklen Ecke des Gartens, in den Tendarion trat, weil die verdeckende Person gerade dabei war sie entweder aufzufressen oder in sie hineinzukriechen.

Tendarion war nicht so naiv, dass er das Offensichtliche nicht erkannte, aber so recht wusste er mit der Erkenntnis, dass seine Schwester solcherlei auf Feiern zulassen würde, nichts anzufangen. In seinem Hinterkopf echote ein abschätzig-liebevolles "Vitama-Diener", das er hinter vorgehaltener Hand von so manch einem Menschen hörte. Manchesmal zweifelte Tendarion an dem Weg seiner Mutter und seiner Schwester, wenn er stets auf das reduziert werden konnte. Und als er offen seiner Schwester und diesem unbekannten Menschenmann zusah und von seinem wenig schmackhaften Wein trank, stellte Tendarion fest, dass er besser Heiler bliebe. Es ist eine Arbeit die nur in der Hitze des Gefechts mit Verwünschungen einherging, oder wenn jemand starb oder eine Verschlimmerung der Symptome durch eine Fehlbehandlung verursacht wurde. Aber es war eine Arbeit, die keinen schlechten Ruf mit sich brachte. Er könnte sich nicht vorstellen, wie an seiner statt nun eine fremde Person da stand und die beiden beobachtete. Das Geplauder, das es verursachte, die verachtenden oder - viel schlimmer in Tendarions Augen - lüsternen Blicke, die sich nur auf den Körper seiner Schwester reduzierten.

Tendarion ging auf die beiden zu und tippte dem schwer schnaufenden Mann auf die Schulter und bekam mit einem Haar eine Faust ins Gesicht, während seine Schwester panisch dafür sorgte, dass Tendarion aus dem Weg war, ehe die Faust auch landen konnte. Deutlich verwirrt und verwundert starrte er den Mann an - es war der Sohn des Gastgebers - und murmelte eine Entschuldigung, und dass er nicht vorhatte zuzusehen, sondern nur mitteilen wollte, dass sie ein klein wenig zu offensichtlich agierten. Wutschnaubend packte der andere sich ein und ließ die beiden Elfen zurück, während Dùlindwen - wie immer der unverbrüchliche Liebreiz in Person, in welcher Situation auch immer sie sich befand - zunächst Tendarion beruhigte und sich nach seiner Befindlichkeit erkundigte. Ein etwas unangenehmes Gespräch folgte, in dem seine Schwester ihm von Lust und anderen vitamarelevanten Dingen erklärte, und Tendarion das nur von einem Ohr durch seinen Kopf zum anderen Ohr hinauslaufen ließ und nur aus Respekt eine Miene der Aufmerksamkeit und einige Rückfragen und Ansichten dazu äußerte.

Schließlich kam ein strahlend grinsender - eindeutig betrunkener - Elf auf seine beiden Kinder zu und drängelte sich zwischen sie. Er war es gewohnt, dass Tendarion wie Sieben-Tagesläufe-Regenwetter aussah, während Dùlindwen auf ihren jungen Bruder munter einplapperte, so dass er nicht einmal stockte, als er die beiden wieder einmal so antraf. Begeistert erzählte er von den Dingen die er erfahren hat, wie sehr seine Familie gelobt wurde, dass er einen Faustkampf zwischen zwei Betrunkenen eben verhindern konnte und erstmals hatte Tendarion tatsächlich das Gefühl, dass Telendarion tatsächlich der Vater Dùlindwens war und der Mann sein konnte, den seine Mutter Selarian so sehr verehrte. Ein kleines Lächeln machte sich auf Tendarions Lippen breit. Er hatte eine gute Familie. Etwas ambivalent, wenn man die einzelnen Mitglieder in seiner Familie betrachtete, aber wenn es um die Einheit ging, war es dennoch eine Familie, die für sich einstand und ein jeder konnte dem anderen den Rücken zudrehen, ohne zu fürchten, dass der andere sich entfernte, oder aber einen Dolch zückte. Absolute Loyalität und Vertrauen.

Tendarion wusste nach etwa 30 Götterläufen nicht mehr genau, was besprochen wurde, aber ein Teil des Gesprächs blieb ihm deutlich im Gedächtnis:

"Ich habe an der Seite des Großvaters des Mannes, der heute mit seinen Enkeln zusammen seinen fünfzigsten Geburtstag feiert, gekämpft. Ein ehrenhafter und respektabler Mann. Etwas, was sein Sohn leider nicht von sich behaupten konnte. Er war korrupt, nutzte den Reichtum seiner Familie aus und hatte kein Interesse das respektable Andenken seines Vaters aufrechtzuerhalten und zu pflegen. Manche Menschen werden mit einer Fackel in der Hand geboren und wenn sie jemanden antreffen, der ihnen Öl verkauft, dann führen sie ein Leben, das verbrannte Erde hinterlässt, wenn sie von Tare gehen. Sie denken nur an das was sie selbst bereichert - selbst wenn sie in sich hehre Ziele verfolgen - nicht was der Allgemeinheit gut tut. Sie wollen Verbrecher schnappen und denken, es ist besser, wenn sie selbst zum Verbrecher werden um sie besser verstehen zu können. Sie wollen Mörder festsetzen und werden dabei selbst zum Mörder, da sie als einziges erklärtes Ziel haben, diese Mörder zu töten. Es gibt so viele Dinge, die Menschen als so selbstverständlich ansehen um ein Ziel zu erreichen.

Und weißt du warum sie es tun? Weil sie die Konsequenzen nicht tragen müssen.

Sie verlassen Tare schneller als wir es tun, aber schaffen in dieser kurzen Zeit, derart viel zu bewirken, dass ihnen gar nicht bewusst wird, dass es viele Menschengenerationen nach ihnen gibt, die die Fehler und Taten einzelner berichtigen müssen. Generell kann man nur Menschen vertrauen, die auf ihren Tod hinarbeiten. Die sagen, sie möchten etwas ihren Nachfolgern und Nachfahren hinterlassen. Die dafür arbeiten, dass nicht sie besser leben, sondern dass die Nachwelt besser leben kann. Denn das sind die Menschen, die wir verstehen können. Die selbst mit nichts in Händen ihr letztes Brot mit jemanden teilen, weil sie in ihm die Zukunft erkennen. Fey mögen in den Augen der Menschen lethargisch - manchesmal sogar phlegmatisch - wirken, aber das ist es was unser Volk über die Jahrtausende hinweg am Leben erhielt. Diese Vorsicht und Umsicht, dieses ständige Ermahnen, dass wir nur ein kleiner Teil Tares sind, aber nicht das was Tare belebt. Wir Fey müssten uns nicht mit den Menschen auseinandersetzen und das missverstehen viele Menschen, die denken, sie würden uns gönnerhaft in ihren Städten akzeptieren. Wir könnten jederzeit zu unseren Geschwistern in die Auen und in den Wald zurückgehen und es würde nur ein oder zwei Generationen benötigen um ein vollwertiger Teil dieser wieder zu sein.

Fey haben die Aufgabe die Menschen daran zu erinnern, dass nach ihrem Ableben Tare nicht aufhört sich zu wandeln. Und Dùlindwen..das nächste Mal etwas diskreter, dein Liebhaber erzählt gerade jedem davon, wie er sich mit einer Fey vergnügte."


Und mit den Worten klopfte Telendarion an die Schulter seines Sohnes und blickte seine Tochter tadelnd an. Sie hatte zumindest noch so viel Anstand ertappt wirkend zu lächeln. Doch wie so immer wusste Tendarion, dass diese Sache damit von Tare war und nicht weiter daran festgehalten wurde.

Absolute Loyalität und Vertrauen.


~~~


Es würde seltsam werden nicht jeden morgen Elgbert zu grüßen. Nicht im Ordenshaus über Akten zu sitzen. Aber es war besser für alle, wenn er sich zurückzog. So brachte er einen Teil seiner Sachen zu Hilamos, den anderen Teil in den Turm und er sorgte dafür, dass das Ordenshaus von seinen persönlichen Sachen bereinigt war. Seine Akte schloss er in den Schrank zu den anderen Akten.

Mit dem Knacken des Schlosses, fühlte er eine Welle von Bedauern, dass es nötig war. Aber er war nicht der Dreh- und Angelpunkt. Auch vor ihm gab es eine Kirche. Und auch ohne seine Anwesenheit wird es immer eine Kirche geben.


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 Betreff des Beitrags: Re: Ein gewöhnlicher Diener der Viere
BeitragVerfasst: 18.11.16, 13:38 
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Nach etwas mehr als einem Zyklus, wachte Tendarion, nackt, mit noch immer feuchtem Haar und etwas seltsam auf dem Sofa drapiert auf und sah sich verwirrt um. Sein Kiefer pochte vor Schmerz und er verzog unwirsch das Gesicht. Ohne in der Hitze des Gefechts zu sein, waren die Nachwehen von solchen Übungskämpfen weniger nach Tendarions Geschmack.

Die Nacht ohne Schlaf, dann direkt die Schwertübungen mit Maichellis, Myrandhir und Caieta, setzten Tendarion zu. Sein Schlafrhythmus war vollkommen zerschlagen und er fühlte sich an Draconis erinnert. Die Nächte im Hospital verbringend, die Gespräche mit den üblichen Leuten, die ebenfalls des nächtens nicht zur Ruhe kamen: Nacht-Patrouillen, schlaflose Menschen, die ein nettes Wort und ein Lächeln in dieser stillen Zeit des Tageslaufes suchten.

Tendarion dachte an all die Gespräche, die er in den letzten Tagesläufen führte, und Briefe die er versandte. Er fühlte sich immer mehr in einen gerechten Zorn versetzt, doch musste er sich allmählich in Ruhe üben. Guntram sagte ihm, dass er, als er in den höchsten Dienst Astraels, den ein Sterblicher auf Tare erlangen konnte berufen wurde, diese unbändige Hitze in sich verloren hatte. Ein Hinweis darauf, dass es nicht der Weg Astraels war, allzu leidenschaftlich zu sein. Doch war es Leidenschaft, die Tendarion erfüllte, oder dieser verzweifelte Eifer alles zusammenzuhalten? Tendarion war leidenschaftlich geworden. Allmählich schien das Ausbleiben seiner Magie die indoktrinierte Zurückhaltung, die mit seiner Gabe einherging, in den Hintergrund zu stellen und in ihm einen Kern offenbarte, den er immer schon in sich trug.

Diana nordete, wie so oft, Tendarions Gedanken ein. Mit Worten der Liebe und einem sanften, mütterlichen Ermahnen, drang sie zu ihm durch, wie Guntram mit seiner teils barschen väterlich-abweisenden Art durch ihn hindurchdrang. Aber sie sahen Tendarion. Er wurde von ihnen auf das reduziert was er tat und sagte. Nicht auf das was andere in ihm sahen. Er wurde kritisiert, aber nie die positiven Aspekte dafür klein gemacht. Allein Fakten wurden zu Lob und Kritik.

Und wenn er weder Lob noch Kritik hören wollte, sondern einfach nur existieren, wandte er sich an die Geschwister seines Volkes. Die Tendarion durch ihre bloße Anwesenheit inspirierten und beruhigten. Diese vielsagenden Blicke, die keiner Worte bedurften, dieses Vertrauen, dass Astrael in sein Volk legte. Er fühlte sich jedesmal auf das Neue gesegnet, wenn er einem Fey begegnete, der ihm deutlich machte, dass sie ebenso dankbar waren, so reich durch die Viere beschenkt worden zu sein. Diese stillschweigende Demut und der unbändige Drang diese selbstlosen Geschenke der Viere nicht zu verschwenden. Tendarion fühlte sich unter seines gleichen den Vieren näher als in der Kirche.

Und diese Erkenntnis ließ wieder diesen Zorn in ihm hochkochen, als er sich schweigend zu Guntram setzte und sein Mahl zu sich nahm. Gespräche zwischen ihnen waren ein rares Gut geworden. Aber der Erz-Geweihte wusste, dass Tendarions selbstauferlegte Aufgaben und die daraus folgenden Lektionen weitaus fordernder und härter waren, als jede Aufgabe die man dem Elfen hätte stellen können. So schwieg Guntram, bis er wieder gezwungen war Tendarion auf den rechten Pfad zurückzuziehen.


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 Betreff des Beitrags: Re: Ein gewöhnlicher Diener der Viere
BeitragVerfasst: 21.11.16, 10:33 
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Ungewohnt ausgeruht und vor allem mit Tare und sich selbst im Reinen, begab sich Tendarion zu den heutigen Übungen. Ein wenig geistig abgelenkt, doch nicht minder darauf bedacht seinen Körper zu fordern, war er vom gestrigen Tag in seinen Erinnerungen erfüllt.

Produktiv. Effizient. Nur zwei kleine Vorfälle mit einem überforderten Novizen und einer neuen Anwärterin und etwas zu viel Alkohol. Als er noch zu einer gewöhnlichen Zeit zur Ruhe kam und der Abend mit einem angenehmen Gespräch und ungewohnter Zärtlichkeit ausklang, wurde Tendarion wieder daran erinnert wofür er dies alles auf sich nahm.

Er lenkte sanft die Leute in die richtige Richtung. War aber auch nicht verlegen darum ein bestimmendes Wort an sie zu richten. Zu sich selbst war er trotz allem unerbittlich unnachgiebig. Er setzte sich die Klinge an die Brust und ging dennoch voran, als gäbe es niemanden der die Gelegenheit ergreifen würde, sie in sein Herz zu rammen. Bisher traf er nur jene an, die den Griff fest umschlungen hielten, damit keiner die Klinge voranstoßen konnten und jene die ihm auswichen, weil sie nicht verstanden warum er es tat.

Loyalität war eine herabhängende Kette, deren Glieder eng miteinander verbunden waren. Das oberste Glied waren die Viere. Das darauf folgende, die Kirche als einzig sinnvolle Repräsentation der Lehren der Viere. Und mit dem Entschluss zweiterer die Loyalität zu schwören, war er gezwungen alle Glieder die daran hingen ebenso zu akzeptieren. Doch war Akzeptanz Loyalität? Konnte ein Kettenglied, dass man mit absoluter und aufrichtiger Treue verehrte und verteidigte, voraussetzen, dass man auch alles was damit einherging mit Treue versah? Entfernte man die nachfolgenden Glieder, waren die ersten beiden Glieder nach wie vor intakt. Und vor allem: Leichter, da sie von einer Last befreit wurden.

Er verteilte Werkzeuge, mit denen man den Ballast beseitigen konnte. Und er war darauf vorbereitet, als Schmied entlarvt zu werden. Doch vielleicht - nur vielleicht - konnten jene erkennen, dass sie selbst das Material dafür lieferten, woraus er diese Werkzeuge herstellen konnte.

Und so zog er sich in seine Schmiede zurück, und nahm die Zange in die Hand. Der Hammer wurde bereits stumpfgeschlagen. Jetzt war nur noch Feinarbeit möglich.


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 Betreff des Beitrags: Re: Ein gewöhnlicher Diener der Viere
BeitragVerfasst: 22.11.16, 12:47 
Edelbürger
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Die Halle.. das Haus .. dieser Ort.. war dunkel. Die absolute Dunkelheit, der man begegnete, wenn man zu tief in einen Stollen vordrang. Doch schien dieser Ort endlos. Kein Hall war zu hören. Seine Schritte waren nicht zu hören. Es wirkte surreal.

Er hatte nicht das Gefühl voranzukommen, trotz der unermüdlichen Schritte, die er tätigte, sondern etwas näherte sich aus unendlicher Entfernung. Ein weißer Punkt .. der Umrisse bekam .. eine kniende Person .. eine kniende Frau.. eine kniende Frau im weißen Kleid und sie hielt etwas in den Armen. Der Rücken war ihm zugewandt.

Und dann war da diese Stimme, die Tendarion das Blut in den Adern gefrieren ließ. Das Herz stoppte für einige Augenblicke.

"Sie hat so geschrien und geweint. Aber hörst du es? Sie ist nun ruhig."

Ein Schwindel erfüllte Tendarion, und sein Gehör nahm ab. Erste Anzeichen von einem Kollaps.

"Du hast mir nicht vertraut, als ich dir sagte, dass ich mich um mein Kind kümmern kann. Schau wie still sie ist."

Sarana wandte sich um und präsentierte ein dunkelhaariges Kind, das sie auf den Armen trug. Die Augen weit aufgerissen.. Würgemale auf dem Hals und die Augen weit aufgerissen. Lia.

"Schau, wie friedlich sie in meinen Armen eingeschlafen ist. Aber ich verstehe schon, dass es nicht gut ist, wenn ich ein Kind bekomme. Deswegen hat Valkun mir geholfen, dass es nicht wieder passiert!"

Sanft die Stimme und Tendarions Blick fiel über Saranas weißes Kleid und all das Blut das auf ihrem Schoß zu sehen war und die untere Hälfte blutrot färbte.

Tendarion wurde schwarz vor Augen.


~~~

Er stürzte aus dem Bett und arbeitete sich zum Waschtisch vor und würgte den nicht nennenswerten Inhalt seines Magens heraus. Er war schweißgebadet, fror und er zitterte am ganzen Leib. Maichellis sprang alarmiert auf, wollte ihm helfen, erfahren was mit ihm los war. Diese Schuldgefühle die Tendarion in den Augen des anderen sah halfen im Moment nicht. Er musste..

"..Albtraum..Ich brauche Ruhe..ich will in den Morsanschrein.."

Maichellis begleitete ihn. Die Übung fiel heute für Tendarion aus.

Und als er stillschweigend im Gebet dort verharrte, war ihm etwas Schlaf gegönnt. Die letzten Gedanken die ihn erfüllten, ehe er in die beruhigende Stille sinken konnte, waren von seiner aufkeimenden Angst vor Kindern (..diese Schuldgefühle..) und der Wut auf all jene, die Vitamas Geschenke vernichteten und verderbten (..diese Undankbarkeit..), erfüllt.


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 Betreff des Beitrags: Re: Ein gewöhnlicher Diener der Viere
BeitragVerfasst: 25.11.16, 13:30 
Edelbürger
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Die Feder gedankenverloren über seine Unterlippe streichend besah Tendarion das Skript vor sich.

Kann es sein, dass du nachdenklicher als zuvor bist?

Ein leises amüsiertes Aufschnauben durchdrang die Stille der Bibliothek. Zwilfy - der Felaschein der selbst auf einem Dunghaufen eine Kornblume wachsen lassen konnte. Wie Arin eine geborene Dienerin der Herrin. Doch hatte sie bereits einen Weg gefunden, mit dem Schrecken der Vergangenheit und der Angst vor der Zukunft zurechtzukommen. Nur einmal zeigte sie Tendarion gegenüber diese innewohnende Traurigkeit. Und dennoch wandelte sie sich vor den Augen des Elfen schon im nächsten Moment wieder in ihr gewohntes Ich. Arin schien sich nun ebenso langsam aber sicher dorthin zu entwickeln.

Du bist mein Mentor.

Die Worte erfüllten Tendarion mit einer seltsamen Genugtuung. Als hätte er einen Meilenstein auf einer unendlichen Reise erreicht, der das Erreichen des Ziels nur umso glaubhafter machte. Nie wollte er über anderen stehen, doch lehrte ihm die Insel umso mehr, wie es ohne eine Hand, die nicht nur führen konnte, sondern auch selbst nicht darum verlegen war, die Kornblume mit nackten Händen aus dem Dunghaufen zu heben, schlichtweg nicht funktionierte. Aber gleichsam lernte Tendarion, dass nicht jedem mit Worten beizukommen war.

Lippenbekenntnisse. Hohle Worte. Leere Versprechungen.

Tendarion lernte nun da zu schweigen, wo Khalebs Hauch nur ein weiterer Luftstoß war, der sich jedesmal im Raum verteilte und sich ungehört verflüchtigte. Wer gegen seine größten Kritiker ankämpfte und seine Waffe bei der kleinsten Konfrontation mit Claiomh sofort erhob, anstatt Besonnenheit und Bedachtheit einigen Momenten die Vorherrschaft zu lassen, konnte sich auch gerne von dem Elfen abwenden. Es gab jene mit Augen und Ohren, die sehen und hören wollten. Und Tendarion schenkte auch ihnen Gehör. Wer wahrhaft lernen und lehren wollte, wusste, dass nur ein Lernender einem etwas von Substanz beibringen konnte.

Wenn man sich keine Fragen mehr stellte, wie sollte man sich mit den Fragen anderer auseinandersetzen können?

Tendarion schloss die Augen. Sein rechter Arm und seine Schulter schmerzten. Und auch sein rechter Unterschenkel. Doch waren diese Opfer es wert, denn gestern nacht hatten Tendarions Finten, das Nutzen der Umgebung und schließlich das Ergreifen einer Opportunität seinen ersten Sieg hervorgebracht. Maichellis stürzte und war gezwungen sich nach hinten abzurollen, wenn er nicht wie ein Mehlsack auf dem Rücken landen wollte.

Es war eine lehrreiche Lektion, die ihn voranbrachte. Paraden, Ausweich- und Ablenkungsmanöver und das sinnvolle ausnutzen der Kampffläche waren Tendarions tatsächliche Waffen geworden. Er wusste, dass er gegen einen wahren Kämpfer in einem Kräftemessen niemals standhalten konnte. Aber wenn Tendarion etwas war, dann flexibel und kreativ zu sein, gerade wenn es schnell gehen musste. Nie hätte er angenommen, dass das Ausführen und die Routine des Heilerberufs für ihn letztendlich die Grundlage wurde, wie er einen Kampf bestreiten würde.

Als er die Augen öffnete und das Skript vor sich besah, lächelte er auf.

Man konnte ihm alles nehmen - wie auch seine Magie. Aber sein Wille trieb ihn voran. Er war nicht unzerstörbar, aber er wurde von vielen Seiten unterschätzt. Vielleicht würde er nie wieder den Zugriff auf seine Magie zurückerlangen; nie ein guter Schwertkämpfer werden; nie all die Antworten auf seine Fragen bekommen. Aber er konnte dennoch all das ehren und preisen, als wäre er am reichsten von allen damit beschenkt worden.

Und so bereitete er die Messe weiter vor, die ganz im Sinne des Herrn Astraels war und gleichsam Magnifizienz Nhergas zufriedenstellen könnte.


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 Betreff des Beitrags: Re: Ein gewöhnlicher Diener der Viere
BeitragVerfasst: 27.11.16, 14:53 
Edelbürger
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Erst der Hunger trieb Tendarion endgültig aus der Schreibstube der Bibliothek. Eine einsame Gestalt, die Mutter der Familie Schwertstreich, saß im stillen Gebet auf der vordersten Bank vor dem Altar. Glänzende und gerötete Augen zeugten davon, dass nicht nur das Gebet sie hierherführte und nach einer schweigenden Begrüßung setzte sich Tendarion zu ihr.

"Mein Mann will auf das Festland gehen, weil er fürchtet, dass in diesem Dunkeltief die Insel endgültig überrannt wird. Ich fürchte mich auch, aber ... "

Still hörte sich Tendarion die Sorgen und Wehklagen der dreifachen Mutter an. Die Tränen konnte sie nicht mehr zurückhalten und Tendarion legte den Arm behütend um sie. Erst als sie schluchzend ein Ende fand und auch jenes verebbte, erhob der Elf seine Stimme. Nur knapp über einem Flüstern, als wären die Worte nur für sie und die Viere gedacht.

"Zu gehen, ist eine von vielen Lösungen. Vor allem, wenn man sich um das Leben einer so bezaubernden Familie Gedanken machen muss. Es wäre weder Flucht vor der Verantwortung noch Feigheit. Und dennoch gibt es jene, die nicht davon überzeugt sind, dass es Zufälle gibt. Die Viere sind allmächtig, warum also sollten sie uns allen einen Teil von ihnen geben, um dann unbeteiligt die Hände in den Schoß zu legen um gleichgültig zuzusehen, was der Eine mit unseren Leben macht? Mit unseren Seelen - der Kraft der Viere selbst?

Es gibt viele Momente in unserem Leben, wo wir willenlos verdammt sind einfach nur zuzusehen. Wo wir keine Handhabe über unser Umfeld und unser eigenes Leben mehr zu haben scheinen. Aber wenn wir in uns horchen, uns deutlich machen, welche Geschenke wir bereits erhalten haben, welche Gaben wir nutzen können, dann sollte uns allen bewusst werden, dass wir nicht so machtlos sind, wie es uns jene Glauben machen wollen, die vermeintlich über uns stehen.

Unser Leben besteht aus Entscheidungen - manche haben einen für uns positiven Ausgang, wiederum andere einen subjektiv gesehenen negativen Ausgang - aber wir können nur an den Entscheidungen wachsen, wenn wir bereit sind uns selbst einzugestehen, dass wir es waren die diese Entscheidung trafen. Wichtig ist nicht immer der gute weltliche Ruf. Wichtig ist nicht mit jeder Entscheidung Tare verändern zu wollen. Essenziell allein ist die Tatsache, dass man mit bester Absicht etwas den Vieren gefälliges entscheiden wollte und alles daran setzt, dass das gewünschte Ergebnis dieser Entscheidung auch eintreten kann.

So du denkst, dass dein Mann recht hat, und du nicht aus den Gefühlen heraus, vor Verantwortung gegenüber einer Insel die dir mehr grollt, als Frieden schenkt, zu fliehen, sondern viel mehr die Verantwortung für deine Kinder wahrnehmen willst, dann solltest du diesen deinem Gedanken stattgeben.
"

Nachdenklich sah sie zum Altar und senkte den Blick auf den Schoß ab.

"Warum geben wir die Insel nicht einfach alle gemeinsam auf? Sie ist weder Reich an Bodenschätzen, noch politisch wertvoll."

Tendarion war für einen kurzen Moment über diese Einsicht und die klaren Worte überrascht. Er hatte sie nie unterschätzt, aber sie nicht als sehr belesen oder politisch interessiert gesehen.

"Weil es nach wie vor die Insel des Schicksals ist. Eine Prüfung für den Glauben. Eine Prüfung für all jene die nicht aufgeben können und wollen, egal woher sie stammen und wohin sie ursprünglich gehen wollten. Ich wollte viele Male gehen. Viele Male aufgeben. Unter dem Druck vieler wäre ich beinahe zerbrochen, und dennoch habe ich stets den erstbesten brüchigen Ast auf dem Boden neben mir genommen und mich damit wieder aufgerichtet. Und das gilt für viele andere auch. Stagnation, Krieg, Hass, Missgunst, wird es immer geben solange der Eine seine Diener auf Tare scharen kann.

Aber sollen wir dazu beitragen, indem wir ihm eine Spielfläche lassen, wo er sich unkontrolliert ausbreiten kann? Man kann Galadon und die Kirche stets als Kriegstreiber betiteln. Und wir haben, bei den Vieren, viel dazu beigetragen, dass uns dieser Ruf gerecht wird. Aber wenn die Gegenseite Unschuldige tötet, Dämonen auf Tare holt und sie ohne jede Form von Kontrolle loslässt und droht Städte mit unschuldigen Bewohnern darin zu verbrennen, dann können wir die Waffen nicht sinken lassen, sondern nur hoffen, dass unsere Anführer so weise sind, unseren Feinden nicht noch mehr Öl in das Feuer zu kippen. Ich bin schon lange nicht mehr freiwillig hier. Hätte mein Onkel Celedir es nicht explizit angeordnet, hier zu verweilen, dann wäre ich nun in Draconis. Bei meiner Familie und wahrscheinlich um einiges ruhiger."


Nun war es an ihnen beiden still nebeneinander zu sitzen und über Worte, Gefühle und die Zukunft nachzudenken.

"Die Schicht meines Mannes beginnt sogleich. Ich muss zurück zu den Kindern."

Tendarion aber verblieb, und fragte sich nach langer Zeit wieder bewusst, warum er tatsächlich hier war. Warum er nicht Custodias bat gehen zu dürfen. Oder mit ihm nach Draconis zu gehen.

Wie immer gab es keine Antwort, außer das nagende Gefühl der unerbittlichen Verantwortung, das an ihm zehrte, biss und riss.


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 Betreff des Beitrags: Re: Ein gewöhnlicher Diener der Viere
BeitragVerfasst: 28.11.16, 13:31 
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Er hatte aufgehört zu zählen, wie oft er das Mal in Form eines stilisierten Auges auf seiner rechten Hand angesehen hatte.

Solos sagte ihm, das die Brandwunden vollständig verheilen würden und keine Erinnerung an das Ereignis verbleiben würde. Wieder eine Narbe, die verschwand, weil er einsatzbereit sein musste, die Wunden nicht der natürlichen Heilung überlassen konnte. Er konnte sich nicht den Luxus erlauben aus Gründen des Lernens sich noch mehr zu schwächen. Noch mehr als der Verlust seiner Magie es bereits tat.

Die Schmerzen, als er das Auge in seinen Handrücken mit dem desinfizierten Messer ritzte, das offene Fleisch, das Solos zuvor noch anregte zu heilen, erneut aufschneidend, waren betäubend. Kein Fleisch, das seine Handknochen schützte und die Prozedur abfederte. Aber auch hier wollte er nicht vergessen, dass seine rechte Hand eine von Astraels schmerzhafte Lehren erfahren hat. Wunden verheilten, doch eine Narbe hatte ein Leben lang Bestand. Der Schmerz verging, doch die Emotionen würden auf immerdar verweilen.

Er rekapitulierte nochmals das Geschehen.

Angespannt harrte er im leisen Gebet an Astrael, mit der Bitte um Schutz vor unvorhersehbaren Ereignissen, mit der Bitte Solos in ihrem Ansinnen zu unterstützen, auf dass sie nur Erkenntnis und Wissen durch diese Prozedur erlangte. Zumindest ersteres konnte sich bewahrheiten, wenn Tendarion seine rechte Hand, zum Schmelztiegel umfunktioniert, als angemessenes Opfer betrachtete. Schon allein die Tatsache, dass er dieses heilige Metall überhaupt in Händen halten durfte und es sich warm und angenehm anfühlte, als wollte das Metall ihm seinen Wohlgefallen in den Händen eines Elfen aussprechen, war für Tendarion eines der größten Wunder, die er je erlebte.

Die Untersuchung brachte viel Erkenntnis. Womöglich gab es nun genau drei sterbliche Personen die überhaupt von diesen Eigenschaften wussten. Und Tendarion war begierig darauf dieses Wissen zu verschriftlichen. Die Schreibstube bot nicht mehr viel Platz für eine weitere angefangene Schrift, da er über Nacht stets die Tinte bei all den aufgeschlagenen Seiten, die er tagsüber beschriftete, trocknen lassen musste. Doch ließ er es sich nicht nehmen bereits erste Notizen niederzuschreiben.

Nur drei Sterbliche, die von den Eigenschaften wussten.


Tendarion sank diese Erkenntnis wieder direkt in den Bauch, doch war es nicht Übelkeit sondern eine Mischung aus einem Hochgefühl, wie er es in Vitamas Anwesenheit kannte, und der ehrfürchtigen Demut, wie die Nähe Astraels in ihm auslöste, die über ihn hereinbrach. Er musste sie wieder sehen. Sich wieder vor Augen führen, dass das was gestern geschah Wirklichkeit war.

So begab sich Tendarion wieder in den Astraelschrein und er besah die silbernschimmernde Waage, an der noch Schmelztropfen hafteten. In ihrer Unvollkommenheit war sie in Tendarions Augen vollkommen. Und er sank wieder auf die Knie und verharrte mit der Stirn einen kleinen Deut über den Stufen, die den Altar säumten. Und so verharrte er im schweigenden Dankesgebet, für dieses Wunder, für diese Lehre, für diese Erkenntnis.

Einen Zyklus lang verharrte er, bis all seine Muskeln protestierten, seine Knie auf dem harten Marmorboden sich wund anfühlten. Er würde Astrael und auch Vitama, die seine Wunden heilte und Solos und Ben schützte, für dieses Geschenk ein angemessenes Opfer darbringen.


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 Betreff des Beitrags: Re: Ein gewöhnlicher Diener der Viere
BeitragVerfasst: 1.12.16, 14:56 
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Nach und nach leerte sich die Schreibstube, als die letzten Seiten der Bücher, die er über die letzten Monde anfertigte endlich trockneten. Er klappte die fünf Bücher zu, die er noch an ihre rechtmäßigen Besitzer austeilen musste und legte sie beiseite.

So viele Schriften warteten noch darauf geprüft zu werden und einsortiert zu werden. Und Tendarion wurde bei dem Anblick vom erneuten Tatendrang erfasst. Die Arbeit in der Bibliothek wurde Meditationsübung und das tägliche Erfolgserlebnis zugleich. Nur seine Ernährung litt etwas darunter. Doch auch hier gab es wieder andere die darauf achteten, dass er im Arbeitseifer keine Kraft einbüßte. Er wurde bekocht. Er wurde motiviert seine Kampfübungen durchzuführen. Er wurde beraten, getadelt und belehrt. Er wurde geliebt.

Und in all diesem aktiven Sein und Wirken, vollführte er all die anderen Aufgaben und Notwendigkeiten. Dezente Akzente setzen, wo es nur einen sanften Schub in die richtige Richtung benötigte. Seile durchtrennen, wenn sie derart ausgefranst waren, dass es sinnvoller war sie vollständig neu zu drehen und zu befestigen. Und einen morschen und kranken Wald zu roden und das Feld zu planieren, damit andere einen neuen Wald darauf pflanzen konnten.

Also schnitt und rodete er. Planierte und befestigte neue Seile zwischen den Pfeilern Tare. Tare muss nicht brennen, um etwas Neues und Gutes zu schaffen. Es reichte kleine Schauplätze zu sanieren, damit alle anderen sich auf die wirklich wichtigen Dinge konzentrieren konnten. Wer nicht hören wollte, musste sehen. Wer nur zur Saat aufrief, aber nicht willens war nach einem schlechten Jahr die faule Ernte unterzuheben, sondern verlangte nur noch mehr Saat auf das schleimige und verdorbene Gezücht zu werfen, würde nie ein sattes und zufriedenes Volk unter sich wissen.

Tendarion der Seildreher. Tendarion der Roder.

Tendarion der Baumeister, der den Thron aufstellt und sicher stellt, dass jener, der in diesem sitzt, sich jenen auch mit Bellums Mut, Astraels Wort und Vitamas Güte verdient hat. Denn nur dann, wenn der König seine Arbeit gut vollrichtet hat, kann er Morsans beruhigenden Segen empfangen. Und Tendarion wird im Dunkel stehen und über diese Ruhe wachen.

Der König musste für sein Volk arbeiten, da gab es keine Zeit für Intrigen und Machtspiele. Da gab es keine Zeit für jene, die ihm neideten und nach seinem Thron trachteten.

Ein letzter Blick zu dem genesenden Elfen, nachdem er diesem noch einen kurzen Besuch vor seiner Pflicht abstattete. Und der Schatten begab sich still hinaus zu seinem Bauplatz.


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 Betreff des Beitrags: Re: Ein gewöhnlicher Diener der Viere
BeitragVerfasst: 2.12.16, 05:14 
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"Hör auf mit diesen Manipulationen. Und ich verlange umgehend einen Bericht über das Mondsilber."

Tion hätte im Moment auch auf orkisch sprechen können, Tendarion hätte sich nicht weniger über die Worte gewundert. Oder war es schlichtweg die Tatsache, dass er gerade keine Luft bekam, egal wie sehr er jene gierig in seine Lungen saugen wollte, oder dieser bohrende Schmerz in seinem Bauch, bei dem er durchaus davon sich hätte überzeugen lassen können, dass ein Schwert - oder besser 100 glühende Schwerter - darin steckte? Er registriere die Worte und kippte ohne den Halt Tions nach vorne. Aber endlich konnte er wieder atmen. Welch' ein willkommener Luxus, wenn man dieser Selbstverständlichkeit beraubt war.

Er wusste, dass das Resultat keine Absicht war. Tendarion zürnte nicht einmal. Aber er hatte dennoch Angst. Angst die er verborgen vor jenen hielt, die auf ihn bauten, die ihm vertrauten. Die darauf zählten, dass seine Worte der Selbstaufopferung nicht nur leere Hülsen waren.

Er hatte Angst um sein Leben. Aber er würde dennoch, wie es gefordert wurde, all seine Waffen ablegen und nicht mehr Bellum ehren. Er würde die Schreine meiden. Er würde seine Diener meiden.

Trauer erfüllte ihn als er an Halgrim und Myrandhir dachte. Daran dachte, nicht mehr in das Ordenshaus zu dürfen. Doch wusste er von Anfang an, dass dieser Pfad nicht leicht war. Die Karten lagen auf den Tisch. Tendarion drehte sie alle um und präsentierte sie offen. Tion warf ihm seine Hand verächtlich entgegen.

Tendarion musste schlafen. Das Volk bat um eine Messe. Das war seine Pflicht die er erfüllen musste.

Mit einer offenen Hand änderten sich auch die Spielregeln. Er würde abwarten.

Und er schlief.


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 Betreff des Beitrags: Re: Ein gewöhnlicher Diener der Viere
BeitragVerfasst: 4.12.16, 15:05 
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Er hatte seine Arbeit vollendet, so wie er es Bruder Philip sagte und würde nun allen Ratschlägen wie er es versprochen hatte Folge leisten. Ruhe suchen, wo sein Geist keine fand. Meditation im Schrein des Herrn ausüben, wenn die Ruhe nicht ausreichte um zu schlafen. Seinem Körper die Schonung zugestehen, auf dass er genesen konnte.

Doch wochenlange tägliche harte Körperübungen forderten Tribut. Er wurde unwirsch, wenn er still sitzen musste. Sein Körper drängte ihn zur Bewegung. Sein Geist raste um die überschüssige Energie anderweitig zu verarbeiten. Doch hatte er wie es von ihm verlangt wurde seine Übungen eingestellt, seine Waffen weggesperrt und den Schrein und die Diener Bellums seither gemieden.

Er schloss sich im Archiv der Bibliothek ein, mit ausreichend Essen und Trinken um die nächsten Zyklen nur um seine Notdurft zu vollrichten den Ort verlassen zu müssen.

Und alles in allem fühlte er sich leer. Keine Wut. Kein Mitleid. Nur Arbeit die abgeschlossen werden muss, auf dass Ruhe einkehrte. Auf dass alle überkochenden Emotionen die im Irrsinn mündeten sich beruhigen konnten. Die Kirche wurde immer mehr gespalten. Und Tendarion versuchte sie alle krampfhaft an Ort und Stelle zu halten.

Ein Blick auf Dianas Brief und Tendarion wurde schlagartig müde.

Kaum zu uns gefunden, entglitt sie wieder. Die ganze Kirche musste nur für einen Verständnis aufbringen, bis zum Punkt, dass andere Gefühle und Worte irrelevant und gerügt wurden. Die Kirche verkam zu einem Personenkult. Und man wollte es ihm selbst anhängen.

Tendarion lehnte sich zurück und legte die Schreibfeder ab.

Es würde Konsequenzen folgen. Und wenn diese nicht im Interesse der Kirche erfolgten, würde er selbst Konsequenzen ziehen müssen. Es war nicht die erste Familie, die er zurückließ. Man konnte aus der Ferne manchesmal besser behüten, als wenn man zur Untätigkeit verdammt war aufgrund von falsch ausgelegter Güte und vor allem aus ..

.. Angst.


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 Betreff des Beitrags: Re: Ein gewöhnlicher Diener der Viere
BeitragVerfasst: 5.12.16, 10:07 
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Lethargie.

Das war es, was Tendarions Gefühle am meisten beschrieb. Morsan und Astrael die meiste Aufmerksamkeit zu schenken, machte ihn emotionslos und lethargisch. Er bettete die Hände in den Schoß und bedachte der Menschen um ihn herum. Ein Wabern in einer phlegmatischen Masse. Ein Dahinsiechen im honigtriefendem Topf aus Ablenkung, da Probleme nur Probleme waren, wenn man sie auch sehen wollte.

Er fühlte Ruhe. Aber selbst in den Zeiten wo er die Maske des Lächelns um des Volkes Willen im Gesichte trug, den Büchernarren mimte, auf dass man seine Gedankenverlorenheit auf seine derzeitige Schrift zuschob, fühlte er sich alles andere als ruhig. Und er saß nur mit leerem Herzen neben ihnen und ließ sich berieseln von all dem Gleichmut und der Gleichgültigkeit, die eine Schlinge um des Elfen Hals flocht und sich immer mehr zusammenzog.

Er vermisste Dianas schneidenden Antrieb. Vermisste ihren Biss. Sie bot ihm die Stirn, forderte ihn heraus. Neben ihr musste man stets in der Lage sein nicht nur drohend zu knurren, sondern auch willens sein den Kampf der aus dieser Provokation heraus entstehen könnte, auszufechten. Sie hielt ihn flexibel, schuf aus blinder Gutgläubigkeit und naiver Hoffnung, Realismus und den Willen alles zum Guten wenden zu wollen. Doch war sie nicht an seiner Seite. Guntram grollte und siechte und musste seine gesamte Kraft darauf wenden sich zurückzuhalten. Die Zurückhaltung die Tendarion von ihm einforderte, weil er niemanden übergehen wollte, weil er beweisen wollte, dass er ein jedes Geschwister und einen jeden der Viere gleich verehrte.

Tendarion wurde zum Dank aber ebenso in den Honigtopf gesetzt und man lächelte ihm zu und sagte ihm, er solle ebenso in der zähen Masse mitschwimmen. Morsan würde es schon richten am Ende. Vitama würde es schon in die richtigen Bahnen lenken. Bellum schwieg. Astrael wurde ignoriert.

Er kniete sich langsam vor der silbernen Waage ab und besah sie mit leerem Blick. Astrael prüfte ihn. Er nahm ihm alles was er nehmen konnte und bürdete mehr auf seine Schultern als er je zuvor tragen musste.

Er entriss Tendarion Vitama und zog ihn ungefragt zu sich, legte eine feste Hand auf seine Schulter um ihn seinen schnurgeraden Pfad entlangzuschubsen. Dann nahm er seine Magie, weshalb sein Heilerhandwerk einbußen machte, und er nicht mehr körperlich so belastbar war, wie er es einst war. Dann zerfetzte er das letzte Band zwischen Tion und ihm mit einem Blitz, um ein Zeichen zu setzen, dass fortan Tendarions Gesicht auf alle Zeiten tragen solle.

Tendarion sank mit der Stirn auf den Altar und bat Astrael um Vergebung, da der Elf nicht mehr verstand, wo er fehlging, dass ihm so viel genommen wurde. Vielleicht war er auf der Insel nicht mehr da, wo die Viere ihn haben wollten. Vielleicht mussten erst Jahrhunderte verstreichen, damit Tendarions Aufgabe deutlich wurde. Doch Astrael konnte ihm auch den letzten Rest seines Seins nehmen. Tendarion würde nie daran zweifeln, dass dies nur eine Prüfung war, dass der Glaube und die Gewissheit, dass die Viere jeden gleich liebten, am Ende immer vorherrschen würde.

Gedankenverloren strich er mit seiner linken Hand über das Auge an seinem rechten Handrücken. Er hatte alles getan. Und nun konnte er nichts mehr tun außer sich zu ergeben.Tendarion hatte seinen Platz schon lange erkannt. Aber nur solange er dort schweigend saß und nicht agierte, würden alle zufrieden sein. Die angestrebte lethargische Harmonie. Denn Bellum schwieg. Und Astrael wurde ignoriert.

Die Kirche war nur eine Gemeinschaft, wenn sich jeder ignorierte und nur wenige im Klüngel zusammenhielten, es demnach keine Debatten oder Diskussionen gab. Wahre Zusammenarbeit und Gemeinschaft waren Worte, die im Buche standen, aber nicht gelebt werden wollten. Und der Druck der Lethargie fühlte sich an wie eine Marmorsäule, die an einem seidenen Faden über Tendarion hing. Und sein Innerstes wurde auch an diesem Tag wieder ein großes Stück leerer.

Denn Bellum schwieg. Und Astrael wurde ignoriert.


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 Betreff des Beitrags: Re: Ein gewöhnlicher Diener der Viere
BeitragVerfasst: 7.12.16, 15:13 
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Der erste Tag ohne das Ziehen in seiner Seite. Und er konnte seinem Körper wieder deutlich mehr zumuten. Ein Blick auf das Taek'ri, dass nun viele Tage unberührt blieb und er fühlte Wehmut. Als müsste er eine Tätigkeit ruhen lassen, die sein Leben lang sein Begleiter war, und nicht erst seit ein paar Wochenläufen.

Er blickte von seiner Arbeitsübersicht auf und erkannte, dass wieder so viele Schriften auf ihn warteten. So viele Vorbereitungen zu tätigen sind. Tendarion war nicht mehr für das Wohl einzelner zuständig. Tendarion hatte die Aufgabe Recht und Einigkeit zu forcieren. Harmonie spielte dabei keine Rolle, wenn es um offizielle Politik ging, die als Preis das Leben vieler Männer und Frauen forderte, wenn die Karten falsch gespielt wurden. Harmonie machte lethargisch und raubte einem den Biss und die Entschlossenheit, um gegen den Feind vorzugehen.

Astrael-Diener waren dazu da, allen bellumsgefälligen Personen, die Basis zu bieten, um ehrenhaft in den Kampf zu ziehen. Ihnen die Gelegenheit zu geben das zu verteidigen was die Diener Vitamas und Morsans ohne den Weg des Kampfes zu suchen, behüten wollten. Die politische Drecksarbeit erledigen, die wenig Ehre, keinen Ruhm, aber viele unfreundliche Worte und viele Konflikte mit sich brachte. Kriege zu verhindern, wenn es nur Nachteile mit sich brachte, und einen mehr als fragwürdig erreichbaren Sieg. Und bei Kriegen die nicht zu verhindern waren, mit einer möglichst objektiven Sichtweise, zu allen Eventualitäten beraten. Es war ein undankbarer Dienst, denn niemand wollte auf Denkfehler oder Probleme hingewiesen werden. Niemand wollte getadelt werden oder zurechtgewiesen, wenn man sich in Emotionalität verrannte. Niemand wollte hören, dass ein jeder fehlbehaftet war und somit mit Schweigen und Nicht-Zuhören-Wollen, sich nur noch mehr in Makel suhlt, anstatt nach mehr zu streben.

Tendarion hatte gewiss nicht immer recht. Oft lag er falsch. Aber er hörte nicht auf zu reden. Hörte nicht auf zuzuhören. Und wenn er nur auf taube Ohren stieß und man ihn somit zwang zu handeln, dann hatte er bis dahin alles versucht um eben jenes zu verhindern. Nicht nur Wahrheit und Wissen, sondern auch Strebsamkeit und im rechten Moment die richtigen Taten folgen zu lassen, waren die Tugenden, die näher zu Astrael - und somit zu allen Vieren - führte.

Er zwang sich seine Lethargie abzulegen, indem er sich mehr aufbürdete, als er normalerweise zuließ.

Doch er wollte Guntram zeigen, dass er verlässlich und nicht mehr auf die Knie zu zwingen war, wegen ein paar emotionalen Konflikten. Tendarion stellte sich zurück und wollte nicht beweisen, dass Tendarion, der sensible und unsichere Fey, diesen Dienst ausführte. Sondern dass er nur ein Gefäß war, dass unter Astraels gestrenger Hand und wachsamen Auge, nützlich und belastbar sein konnte. Tendarion würde die Zeiten überdauern, während die Kindeskinder der Menschen, die heute auf Tare wandelten, ebenso von Tendarion zum Grabe begleitet wurden. Er durfte nicht brechen. Er hatte es sich selbst verboten noch einmal diesem emotionalen Druck nachzugeben.

Wer gehen wollte, sollte gehen. Wer bleiben wollte, musste in der Lage seine Aufrichtigkeit zu ertragen. Und er würde es mit Fassung tragen. Mit allen Konsequenzen. Mit allem was die Viere ihm dafür aufbürdeten.

Tendarion hatte die harte Prüfung Astraels verstanden. Und mit dieser Erkenntnis verflüchtigte sich die Lethargie. Arbeitseifer füllte das Herz des Elfen. Leidenschaft das Herz. Und die Liebe zu der Schöpfung seine Seele.

Er war nicht von Astrael erwählt. Er bot sich ihm an. Und Astrael hatte ihn akzeptiert. Doch wollte er sicher gehen, ob das Gefäß überhaupt die Bürde Astraels ertragen konnte. Denn sie führte nur zu Missgunst und Ablehnung und wurde selten beschenkt. Ein Vertrauensvorschuss eines Gottes dessen Lob ebenso strafend war, wie sein Tadel.

Astrael hatte ihn akzeptiert. Vorerst.


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 Betreff des Beitrags: Re: Ein gewöhnlicher Diener der Viere
BeitragVerfasst: 10.12.16, 13:04 
Edelbürger
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Er sortierte die letzten Arzneien in den Schränken im Labor ein und machte sich an die unleidliche Arbeit, den Arbeitsplatz zu reinigen. Hier und da klebten die verwischten Sporen vom Blutmoos und die tiefroten Flecken erinnerten Tendarion daran, warum es ausgerechnet solch einen wenig ansprechenden Namen tragen musste. Ein Labor nach getanener Arbeit zu reinigen unterschied sich optisch kaum von der Reingung des Behandlungszimmers im Hospital, nach der Behandlung eines Schwerverletzten. Es roch zugegebenermaßen ein klein wenig angenehmer.

Er bedachte die Vorräte mit einem prüfenden Blick und war zufrieden zu erkennen, dass dies das geringste Problem sein würde im Dunkel. Sie alle würden viel zu tun haben, aber Tendarion war sich sicher, dass wenn es hart auf hart kam, waren sie in der Lage sich aufzuraffen. Zumindest sicher genug, um diesen kleinen Keim des Zweifels so schnell zu unterdrücken, wie er seinen Bauch empor zu seinem Hals kriechen konnte. Vertrauen. Es wurde ihm mehr als deutlich gemacht, dass er blind zu vertrauen habe. Also versuchte er nun eben jenes. Ein Auge zuzudrücken, hieß jedoch für einen Diener Astraels blind zu sein. Die Waagschale war aus dem Gleichgewicht. Eine Seite wurde vollkommen ausgeblendet. Aus Recht wurde Unrecht. Aus Wissen wurde Vermutung. Aus Wahrheit wurde letztendlich Lüge. Es war nicht einfach, etwas schlichtweg hinzunehmen, wenn man wusste, dass der Gott, dem man diente, auch im Guten mahnend und Buße einfordernd war. Astrael hatte kein Verständnis für Gefühle. Wer unter ihm litt, war viel zu weit von ihm fort, als dass er mit solch einem Diener etwas anfangen könnte. Und wer sich ergab, aber phlegmatisch war, schoss über das Ziel hinaus, und wieder hatte er einen Diener mit dem er nichts anfangen konnte. Tendarion musste seine Gefühle auf ein Minimum einschränken und Pragmatismus und dem Willen zu dienen, stattgeben. Nachdem er die letzten Schreibarbeiten vollführte, die gewünschten Akten vorlegte, räumte er noch die letzten Reste seiner persönlichen Habe aus dem Ordenshaus.

Zwei Widder, die die Köpfe aneinanderschlugen und Tendarion war der Widder der von der Klippe schlitterte. Und doch war Tendarion von einem ihm ungewohnten Gleichmut betroffen, als er da so unten lag. Seine Glaubwürdigkeit und sein Vertrauen hatte er als Einsatz in den Topf geworfen und er hatte verloren. Und dennoch war er mit freier Seele und reinem Gewissen aus der Niederlage emporgekommen. Es schmerzte unten zu liegen, aber Akzeptanz erfüllte ihn und gab ihm die Kraft aufzustehen und dort wo er nun war, einen neuen Weg zu suchen.

Den Weg der Erkenntnis, der Wissenssuche. Unbekanntes Territorium. Ob Argionemes ihm sein Jassavia zeigen würde? Tendarions Mundwinkel zuckten etwas empor, als er sich im Speisesaal umsah. Wie surreal ein Raum wirken konnte, wenn man nicht mehr wusste, wann man ihn das nächste Mal sehen würde.

Er dachte an das emotionale Theater am gestrigen Abend und fragte sich abermals, ob er jemals so gewesen war. Eine leise Stimme von seinem Herzen schrie eine sofortige Bestätigung und sein Geist seufzte ergeben dazu. Er hasste es, wenn sein Herz dafür sorgte, dass sein Geist in den Hintergrund gedrückt wurde. Dies hasste er schon immer. Es war so viel einfacher geworden, seit sein Herz schreien konnte, sein Geist jedoch seine Lippen fest versiegelt ließ. Zorn ließ er mittlerweile gerne zu. Wer nicht hören wollte, sollte seine scharfen Worte ertragen und seine spitze Zunge spüren. Und wenn er dann noch immer nicht verstanden hatte, dann sollte er Tendarion tunlichst aus dem Wege gehen, denn viel würde von dem anderen nicht mehr übrig sein, wenn er ihn in diesem Moment herausfordern würde. War man in der Lage das Herz zu ignorieren, wenn man es denn wollte, war es ungeheuer einfach Tränen und Emotionen eines anderen zu erdulden. Er hatte eine harte Schule durchlaufen wenn es um emotionale Erpressung ging. Tendarion ließ sie nur noch zu, wenn seine Liebsten es wagten. Aber eben weil sie es nicht wagten ihn zu erpressen, waren sie seine Liebsten.

Er setzte sich neben dem Kamin ab. Tendarion war nicht mehr zuständig hier. Sein Dienst führte ihn in Gefilde, wo er sich nicht mit Dingen beschäftigen durfte, die sein Herz beschwerten. Ihm wurde aufgetragen einen klaren Abschluss zu definieren. Altlasten waren abzulegen. Und wie er mit dem gestrigen Streit und den Tränen anderer umging, war für Tendarion ein deutlicher Beweis, dass er auf Astraels Pfad mittlerweile fest verankert war.

Als würde es ihn ernsthaft treffen, wenn ihm jemand sagte, er habe noch viel zu lernen. Wenn er diese Tatsache nicht schon lange akzeptiert hätte, hätte Astrael ihn nie als seinen potenziellen Diener akzeptiert.

Ein müdes Schmunzeln entkam Tendarion.

Beleidigungen und Vorwürfe eines Mannes, der Tendarion nicht einmal ansatzweise verstand. Aber das war in Ordnung für den Elfen. Es ging nicht um Tendarion. Es würde nie um Tendarion gehen. Volk, Kirche und vor allem die Viere. Kollateralschäden wurden in Kauf genommen. Nur dass Tendarion jene schon sah, ehe er die Waffe zog und sie beherzt aus dem Weg trat, wenn sie nicht verstanden was auf sie zukam. Er merkte sich jedoch, wo sie unsanft zum Erliegen kamen. Denn den Moment wo er die Waffe ablegte, kam er zurück und bat nicht um Vergebung, sondern heilte tatsächlich die Wunden, die er verursacht hatte.

Sein Schlüsselbund für die Übergabe lag bereit.


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 Betreff des Beitrags: Re: Ein gewöhnlicher Diener der Viere
BeitragVerfasst: 11.12.16, 15:03 
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Er legte ein paar Äste in das kleine Lagerfeuer, die ob des Eises, die an ihnen haftete, leise knackten. Die beiden Tonkrüge mit dem stärkenden Kräutersud wurden durch die indirekte Hitze warm gehalten. Als er sich vorlehnte um etwas mehr Holz zu sich zu ziehen, knarrte die Rüstung aus Tra'avain die um den Körper Tendarions lag. Der Fellumhang hielt die Wärme an seinem Körper. Die Kapuze schützte sein Gesicht vor der beißenden Kälte.

Gnade, Vergebung und Güte.

Er hatte nicht verstanden, warum Tion, nachdem er sich an alles hielt, was er wollte, so strafend war. Das eiskalte Schweigen auf Worte die seine Unterlegenheit, seine Erkenntnis und seinen Dank für die Lektionen aussprach, waren wahr. Es war offensichtlich, dass Tendarion nie mehr diesen Stand auf der Insel haben würde, wie es einst war. Und es war umso offensichtlicher, dass er dies nutzen musste, um einen neuen Weg zu gehen, der nicht mehr jene einbezog die er liebte, achtete und schützen wollte.

Als er den Blick schweifen ließ - erwartungsvoll - machte er sich bewusst, dass der folgende Abschied der letzte wahre Dienst des Dieners der Herrin war. Danach war Vitama die Herrin, die er in seine Überlegungen einbeziehen würde, aber im Endeffekt musste und wollte er Astrael am Ende stattgeben, wenn ihr Weg nicht mehr ausreichte. Ein letzter Moment, wo er seinen Hals offenbaren würde, denn danach würde es diese Option nicht mehr geben. Er würde Schweigen müssen. Er würde gehorchen müssen. Er würde aber auch allen voran schwere Entscheidungen fällen und deren Konsequenzen tragen müssen.

Mit einem etwas dickeren Ast schürte er das kleine Feuer an. Wieder ein Knacken.

Beginnend mit den heutigen Abendzyklen, würde er ein Einzelkämpfer werden. Denn er ahnte bereits, dass er nur ausgenutzt würde. Dass er ein Schutzschild würde, um Dinge aufzufangen, die die Mission behinderten. Die unangenehmen Gespräche führen. Die Anschuldigungen, Anfeindungen und den Hass erdulden, an dem er nicht ansatzweise Schuld war.

"Ein Geweihter muss belastbar sein. Er muss in der Lage sein Schuld tragen zu können, für Dinge die lange vor seiner Geburt geschahen, Dinge die meilenweit in entfernten Ländereien geschahen. Erdulden, dass die Kirche mit der Inquisition gleich gesetzt wird. Die Vorwürfe ertragen, dass man Scheiterhaufen schon längst errichtet hat, auch wenn man im Herzen und im Handeln alles dafür tut, dass man genau die Errichtung dessen verhindern kann."

Er konnte es nach außenhin. Aber nicht intern. Er wollte nicht, dass die Kirche auf Siebenwind als Inquisition wahrgenommen wurde. Sein Ansinnen war es, der Kirche nicht Vitama zu entziehen. Die Kirche nicht zu einem Bellumskloster verkommen zu lassen, das von einem Inquisitor angeführt wird. Er wollte seine Geschwister, die den Weg der Herrin gingen, davor bewahren, dem ausgesetzt zu sein. Leichte Opfer für Erpressung und Entführung zu sein. Er konnte und wollte nicht über Leichen gehen. Er wollte dass der Ordo Belli erstarkte und im Namen der Kirche, fernab von Worten der Inquisition stark und mächtig war.

Und..

..dann präsentierte Meric ihm den Siegelring und Tendarion wurde körperlich schlecht. All die Bemühungen. All der Kampf. Alles was er tat - umsonst. Es hatte absolut keinen Sinn gehabt. Er wollte die Inquisition abwenden. Die Viere hatten anderes im Sinn. Der mitleidlose berechnende Blick von Dunquert, als er die Worte, die darauf folgten sprach, zeugten davon, dass das kein Gegner war, den er in den nächsten 100 Götterläufen bezwingen konnte. Doch protestierte er. Sprach sich gegen die Inquisition aus. Forderte Antworten ein. Forderte Bedingungen.

Tendarion hatte große Angst. Mehr noch als den Moment, wo Guntram sterbend in seinen Händen lag, und bange Zeit verstrich, bis endlich ein Weißmagier da war um ihn zu stabilisieren. Doch er blickte Meric in die Augen und wusste, dass er niemanden diesem Blick aussetzen sollte, der nicht willens ist Tendarions Art zu kämpfen anzunehmen.

Tendarion hatte nach jenem Gespräch die Erkenntnis, dass sein Kampf falsch begonnen hatte, er eine Schlacht verlor, aber wenigstens keine Soldaten dafür geopfert hatte. Ein Geplänkel. Ein Geplänkel, das ihn auf seinen wahren Krieg vorbereitete, den er in Dunquerts Augen und dem triumphierenden Schmunzeln erkannte.


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 Betreff des Beitrags: Re: Ein gewöhnlicher Diener der Viere
BeitragVerfasst: 12.12.16, 16:26 
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Auch ohne seine Empathie merkte er Maluks Missfallen. Aber Tendarion konnte seinen Geist im Moment nicht verklären. Weder mit Ablenkung, weder mit Alkohol, noch mit irgendetwas anderem, was ihn dazu zwang, seine Gedanken in eine andere Richtung zu drängen. Die Schwertleite, das Fest - eine schlichte Notwendigkeit. Ein Freundschaftsdienst an Vincent und auch ein Dienst am Volk. Es war ein großes und vor allem wichtiges Symbol so kurz vor dem Dunkeltief die Reihen zu stärken und noch dazu ein Wunder des Herrn Bellums zu erleben. Und wie immer durfte und sollte Vitama nicht dabei zu kurz kommen.

Tendarion konnte im Moment niemanden gebrauchen, der seinen Weg in Frage stellte, sondern musste sich auf jene beschränken, die ihn kritisch hinterfragen und ihn ermahnten, aber dennoch nicht auf Emotionalität basierend eine Entscheidung für ihn fällten, die er nur unter Druck wieder in eine andere Richtung lenken konnte. Und wenn auf diesem Wege wieder ein paar zur Seite getreten werden mussten, die er später wieder aufsuchte, dann musste Tendarion eben jenes akzeptieren. Ob es dem Elfen gefiel oder nicht. Und es gefiel ihm nicht im geringsten.

Er dachte an den letzten Abschied, den er vollführte. Ihm war bewusst, wie knapp er dem Tod entkommen war. Dass man auf Biegen und Brechen einen Grund suchen wollte um es zu vermeiden. Tendarion erkannte das an. Vielmehr war er davon beeindruckt. Und dieser Moment bewies ihm, dass Tendarion mit seinen Entscheidungen bislang richtig lag. Auf die richtigen Leute setzte. Sein Herz nur da ließ, wo es nur mit gutem Grund zertreten würde, aber nie aus einer Laune heraus. Seine Kehle dort offenbarte, wo man ihm einen Schnitt zufügte, aber nie gänzlich durchtrennte.

Doch seine Seele war nicht einmal auf dem Spiel. Denn diese hatte einen festen Platz bei den Vieren. Und egal wie sehr jener schwarze Wolf ihm dies einzureden versuchte, egal wie sehr jener Diener Bellums es ihm einzureden versuchte: Tendarion wusste, dass seine Seele nicht für das Dunkel geschaffen wurde, weil sie darin nur verkümmern würde. Vergebene Mühe ihn zu verdrehen, denn es würde nur eine leere Hülle - ein wandelnder Korpus - zurück bleiben. Ein Werkzeug, dass brüchig wurde. Denn seine von den Vieren gegebene Seele war seine Stärke, seine Kraft, sein Antrieb und sein ganzes Sein. Und jenes dankte er mit seinem Dienst. Dankte er mit seinem Einsatz seiner sterblichen Hülle.

Er würde alles dafür tun, seine Seele zu schützen. Er war bereit alles dafür tun, die Seelen anderer zu beschützen.

Doch würde er auf dem Weg niemanden mit sich ziehen. Er würde nur jene dulden, die aktiv daran teilhaben wollen. Alle anderen waren nämlich dazu verdammt zu fallen. Und wenn sie neben ihm fallen würden, würde er dennoch weitergehen, denn es würde keine Zeit bleiben, sie aufzurichten und weiterzuschleifen. Er war ein Einzelkämpfer, der ein Gefolge duldete, aber nicht forcierte. Er war ein Einzelkämpfer, der lieber alle von sich wies, anstatt ihr Leben auf das Spiel zu setzen.

Und so ging er voran, doch bemerkte er aus den Augenwinkeln jeden einzelnen, der mit ihm Schritt halten wollte.


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 Betreff des Beitrags: Re: Ein gewöhnlicher Diener der Viere
BeitragVerfasst: 14.12.16, 14:13 
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Tendarion hatte das Gefühl, als würde er ein Buch öffnen, in dem er den Tag zuvor noch aufmerksam gelesen hatte, und darin einen gänzlich neuen Handlungsstrang plötzlich vorfinden, der nichts mit dem gemein hatte, was er noch wenige Zyklen zuvor erwartet hatte. Er fühlte sich wie in ein Gewand gesteckt, das ihm noch zu groß war. Doch stellte er sich die Frage ob er es schaffte in das Gewand hineinzuwachsen, oder ob er sich ein künstliches Fettpolster anessen müsste, damit es nicht mehr so formlos an ihm herabhing. Tendarion versuchte es mit der Alternative.

Die körperlichen Übungen trugen allmählich Früchte. Hier und da konnte er den einen oder anderen Hieb bereits abfangen. Das Taek'ri wurde immer mehr zu einem verlängerten Arm. Kein lebloses Werkzeug mehr, dass er unbeholfen führte, da er nicht wusste, was er eigentlich damit erschaffen wollte. Sein Körper bekam immer mehr Form und Definition. Doch merkte er auch, dass er wohl nur mäßig an Masse gewann. Hier und da erwischte er sich daran zu denken doch Fleisch zu essen. Doch versuchte er es stattdessen mit Milch und Eiern. Er durfte sich und seine Überzeugungen nicht aufgeben. Die Überzeugungen, die ihn auf diesen Pfad brachten.

Die Viere wollten ihn auf diesem Platz, sonst hätten sie ihn nicht, trotz seiner Gegenwehr, dort hingeschoben. Er sollte den Schutz einer jeden Gemeinschaft verlassen. Erst seine Familie in Draconis. Nun seine Familie im Ordenshaus. Er war der Wanderer geworden, der nicht nach Wissen suchen sollte, sondern dorthin geführt werden solle, wo er das Recht und den Willen der Viere verteidigen und beschützen konnte. Wo er gegen Chaos und dem Wirken des Einen vorgehen konnte. Ein Weg der einsam, aber niemals alleine, begangen werden musste.

Und dennoch fühlte es sich an wie ein Zwiespalt. Wie gerne hätte er den Verdacht auf einen möglichen Schwarzmagier einfach abgewiesen und der Zeit die Möglichkeit gegeben, der Wahrheit stattzugeben. Doch das war nicht mehr möglich. Er war kein Inquisitor. Es wurde ihm deutlich gemacht, dass dies für den Moment auch nicht in Frage käme. Doch war er dazu angehalten die Arbeit von eben jenem nicht zu behindern, sondern zu erleichtern.

Der schwarze Wolf wurde in den Fokus gerückt. Ein Risiko, das Tendarion eingehen musste. Doch er musste prüfen, ob Schlächter oder Taktiker in dieser Person, die selbst in Guntram Respekt hervorrief, am Werke war. Ob er tatsächlich Tendarion wollte, oder nur jenen, den er am einfachsten für seine Zwecke gewinnen konnte und nicht ganz inkompetent war. Ob Tendarion ein Bauernopfer war, oder ein Springer.

Ein sachtes Schmunzeln umspielte seine Lippen. Der Wolf war wie immer scharfsinnig und auf den Punkt. Der ungewöhnlichste Vertraute und - wären die offensichtlichen Dinge nicht so unendlich falsch - auch Freund, den Tendarion je erwartet hatte. Zweckmäßig, notwendig und doch auf eine verquere Art wurde es von beiden Seiten genossen, dass sie in all dem Streben nach Individualismus', Größenwahn und anderen weltlichen Dingen, ab und an ausbrechen konnten. Und sei es im Schnee an einem dürftigen Lagerfeuer, mit einem heißen Kräutersud. Tendarion erkannte die Lektionen an, die ihm stets schneidend und doch mit väterlicher Nachsicht entgegengebracht wurden. Er dachte an Guntram, der in erster Linie in seinen tadelnden Lektionen vernichtend war, direkt Tendarions Herz zerfetzte, aber sich nie abwandte und sich schon gar nicht entzog, wenn Tendarion eine Stütze brauchte.

Man konnte Schmerz besser ertragen, wenn nicht alle um einen auf ihn einschlugen. Die Nase zu zertrümmern reichte, um jemanden auf seinen Platz zu weisen. Aber man musste niemanden direkt zerstören.

So hielt sich Tendarion an den hellbraunen Wolf, den schwarzen Wolf und dem weißen Wolf. Alle drei würden ihn zerfleischen, wenn er willentlich Verrat übte. Doch keiner würde es grundlos tun. Und Tendarion fühlte sich inmitten dieser Wolfshöhle, als sehr junger Welpe, der versuchte in diesen Wölfen ein Vorbild zu sehen, doch nicht deren Abbild zu werden, auf eine instinktive Art und Weise geborgen.

Der Welpe musste jedoch nun die Geborgenheit der schützenden Höhle verlassen um nach Wahrheit, Wissen und Unrecht selbst zu fahnden. Und sein Urteil entschied, wer dem Inquisitionsgericht vorgeführt wurde.

Und mit einem Mal fühlte sich Tares Last nur umso schwerer an.


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 Betreff des Beitrags: Re: Ein gewöhnlicher Diener der Viere
BeitragVerfasst: 16.12.16, 20:55 
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Seufzend lehnte er sich zurück. Informationen beschaffen. Verdachtsmomenten nachgehen. Aufklärungsarbeit. So vielen wie möglich erklären, die meinen sich interessant machen zu müssen, sich mysteriös und unnahbar geben, dass sie so nur in den Fokus der Inquisition rückten. Wer sich auf diese Weise der mitleidlosen organisierten Paranoia in Form der Inquisition anbot, nur weil man einfacher an eine Arbeit oder einen Liebesgefährten kam, lebte ziemlich kontraproduktiv und vor allem gefährlich.

Doch merkte Tendarion vor allem eines. Wenn es darum ging andere zu beschützen, Leid von ihnen abzuwenden, verfiel er in die Muster des Dieners der Herrin zurück. Und prompt fühlte er es, dass er die Grenze noch nicht ganz einhalten konnte. Immer nur gegen sich gewand, nie zu anderen, konnte er nicht immer ganz ehrlich sein. Doch Guntram machte ihm deutlich, dass Tendarion die Waage nur halten könne, wenn er sich auch eingestehen konnte, dass er Dinge tat, die er gut machte. Auf die man stolz sein konnte. Dass jeder schlechte Aspekt von einem guten Aspekt aufgewogen werden musste.

Aufrichtigkeit war Tendarions größte Stärke. Seine größte Schwäche hingegen, dass er sich nicht mit anderen objektiv vergleichen konnte. Entweder würdigte er sich herab, oder stellte sich über andere, woraufhin er sich wiederum selbst tadelte, da er hochmütig war und dann dieser Stolz sich wieder ins komplette Gegenteil verkehrte. Tendarion sah sich in jeder Situation im Fehl. Egal wie gut sie verlief oder wie schlecht sie verlief. Er lernte nur über die Jahrzehnte sich damit zu arrangieren und es nicht seinen Alltag zu sehr belasten zu lassen. Die Kraft die er in Unsicherheit und Selbstanschuldigungen stecken wollte, in noch mehr Arbeit für andere zu stecken.

Maichellis' Aktenberge etwas zu verkleinern. Seine Aushänge zu vervielfachen. Bücher zu lesen, die seinen Horizont erweiterten. Seinen Körper mit nun regelmäßigen Ausritten, zusätzlich zu den körperlichen Übungen einsatzbereit und stark für jedweden Ansturm an Arbeit zu halten. Durchhaltevermögen. Strebsamkeit. Jederzeit dem Prätor zur Stelle zu stehen. Selbst in seinen Mußezyklen sich nicht mehr so sehr gehen lassen, dass er seinen Dienst nicht ausführen konnte. Immer einsatzbereit. Und vor allem immer mit Eifer und dem Willen zu dienen. Keine Kompromisse, außer sie wurden ihm zum Nachteil, um anderen einem Vorteil zu verschaffen.

Doch waren das tatsächlich Dinge auf die man stolz sein konnte? Tendarion erkannte darin nur eine Auflistung an Selbstverständlichkeiten. Das tun, was getan werden muss. Und die anderen Dinge, die nicht unmittelbar mit seinem Dienst einhergingen wurden getan, damit er auch weiterhin seinen Dienst ausführen konnte.

Tendarion musste büßen, für diese Worte die er sprach. Musste sich darauf besinnen, dass er nicht mehr dem Weg der Herrin folgte.

Und dennoch kam er nicht umhin, dass sich ein kleines, scheues Lächeln auf seine Lippen stahl. Als er sich schlecht redete, abgrundtief verwegen und intrigant darstellte und aufforderte eben jenes auch anderen zu erzählen, war Astrael anderer Meinung. Eine Lüge auf seine Kosten, war dennoch eine Lüge. Und er wusste wie er dies im Namen Astraels wieder gutmachen konnte - Dank Diana.

So ging er zur ehemaligen Kriegerschule. Seine Uniform musste angepasst werden, ehe sie ihm überreicht werden konnte. Wenigstens konnte er seinen Eitelkeiten auch in Uniform nachgehen. Ein Fey der in einem herabhängenden Jutesack auftreten musste, war wenig überzeugend.

Vielleicht war er doch auf die eine oder andere Weise stolz. Zumindest ein klein wenig.


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 Betreff des Beitrags: Re: Ein gewöhnlicher Diener der Viere
BeitragVerfasst: 19.12.16, 14:36 
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Er fühlte sich als hätte man ihm 30 Stein um den Körper gebunden und ihn dann aufgefordert einen Inselrundlauf zu machen. Oder eher 100 Stein - denn der Muskelschmerz, der seinen Ursprung im gestrigen Tage fand, machte die Last nur noch schlimmer. Aber er war stolz auf sich, dass er das Gejammer auf das nötigste reduziert hatte. Nur einmal jeden Zyklus beklagte er sein Leid. Aber es wurde schon mehr zum Scherz seiner neuen Geschwister gemacht, als dass jemand daran Anstoß nahm. Es war gut, wenn man ihm nicht viel zutraute, oder er zu zerbrechlich für die Inquisition wirkte. Es war stets einfacher sich aus dem Nichts empor zu arbeiten, als hohe Erwartungen zu erfüllen.

Doch konnte Tendarion sein Glück nicht fassen, als ihm eröffnet wurde, dass Halgrim diesem Weg fortan ebenso folgen würde. Nie hatte Tendarion es für möglich gehalten, schien Halgrim seinen Platz gut und gerne auszufüllen, doch stellte er Bellums Weisung nicht in Frage. Wenn Halgrim es als rechtens erachtete, den Weg zu gehen, so war es einzig und allein sein Dienst an Bellum der ihn dazu aufforderte. Tendarion war schlagartig weit weniger angespannt, als er neben Halgrim kniete und mit ihm den Eid vor den Vieren und der Inquisition sprach.

Und das erste Mal, seit Tendarion aktiv den Kirchendienst aufnahm, hatte er soetwas wie eine Leitlinie auf seinem Weg zu den Vieren. Er wusste was man von ihm erwartete, indem man es ihn kurz und bündig auftrug, aber seine Methoden dahingehend nicht hinterfragte oder ihm vorgab. Auftrag und Ziel. Der Weg dahin musste nur den Vieren, und niemanden sonst, gefällig sein. Es war ein harter, aber ehrlicher Weg. Man wurde einem Dornenweg entlang gejagt, aber man verwehrte ihm nie das Blick auf das Ziel.

Das trieb an. Die Stiche und Schnitte waren nur das hinzunehmende Übel. Man wusste wofür man blutete. Das motivierte.

Er fühlte sich absolut selbstsicher in seiner neuen Rolle. Sein Platz war deutlich ohne dass man ihn unterdrücken wollte - gar nicht erst musste. Er hatte auszuführen und zu berichten. Seine Fragen wurden beantwortet, oder ihm ein plausibler Grund geliefert, warum man ihm eine Antwort verwehrte. Und Tendarion kam nicht umhin den Inquisitor nicht mehr nur mit vorsichtigem Respekt zu sehen, sondern begann auch Tendenzen zu einem trockenen Humor zu erkennen, die eine gewisse Sympathie für den hellbraunen Wolf hervorlockte. Zumindest lernte Tendarion schon sehr deutlich kennen, dass die Diener Astraels einen sehr seltsamen Humor hatten. Trocken, düster, aber stets auf den Punkt ohne jemanden persönlich zu verletzen. Ein wenig wie eine saure Frucht, auf die man nur selbst etwas Honig machen musste, um den Geschmack besser zu ertragen und nach und nach sogar mit gewissem Wohlwollen zu besehen.

Tendarion hatte keine zusammenhängende Familie mehr. Aber er hatte den Weg gefunden, den er suchte. Einen Ort, wo er gebraucht wurde, wie er war. Einen Ort wo man ihn ließ wie er ist, weil er funktionierte und ergeben und nützlich war, wenn man keinen Zaun um ihn errichtete.

Jeder Schritt schmerzte. Aber mit einem Lächeln sah er zum Licht am Ende seines Weges. Er war zufrieden.


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 Betreff des Beitrags: Re: Ein gewöhnlicher Diener der Viere
BeitragVerfasst: 23.12.16, 12:33 
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Der unnachgiebige Druck der metallenen Klinge Maichellis' drängte ihn zurück und mit einem angestrengten Laut und beiden Händen versuchte er sich dem zu erwehren.

"Dies sind nicht meine Brüder, Schwestern, Väter und Mütter."


Als Tendarion die Kraft verließ, lies er die Klinge abgleiten und drehte sich um den anderen Elfen herum. Die Bewegungen waren anstrengend und schwerfällig mit der Kettenrüstung. Immer mehr verstand Tendarion warum Menschen so unsagbar grobmotorisch in ihrer Metallrüstung wirkten. Tendarion trat nach dem Bein des anderen, seine Deckung bewusst vernachlässigend um einen Hieb von rechts auszuführen. Ein Schmerz, der ihm fast die Luft raubte, erfüllte seine linke Schulter.

"Ihr seid kein Teil der Kirche." Abschätzende Blicke des anderen. Tiefes Durchatmen. Kein Vertrauen. Alles was Tendarion sagte war Lug und Betrug und mit Vorsicht zu genießen.


Ein harter Schlagabtausch folgte. Tendarion wusste nicht wie ihm geschah, als er unsanft auf den dem eiskalten Boden aufkam und über die eisigen Pflastersteine schlitterte und er sich unbeholfen aufrichtete. Die Rüstung wurde von Augenblick zu Augenblick schwerer. Die Luft wurde gierig in die Lunge gesogen.

"Manchmal ist es gut sich an seinen Wurzeln zu orientieren, anstatt sich nach der Baumkrone zu richten."


Mit Wut im Blick und im Herzen funkelte er Maichellis an und danach folgte ein regelrechtes Donnerwetter an Hieben und Tendarion kam deutlich in Bedrängnis und ließ sich zurückdrängen bis er sich zur Seite rollte. Taktik. Endlich ein Gedanke. Der Strohballen. Tendarion zog sich hoch und blieb stehen um sich den nächsten Hieben zu erwehren.

"Der Viere Segen sei mit Euch." Distanzierte Worte aus bekanntem Mund.


Der Hieb kam von oben und Tendarion ließ bewusst zu, dass dieser auf seinen Kopf gezielt werden konnte. Er hechtete beiseite und kam alles andere elegant zum stehen. Japsend und keuchend, er hatte keinerlei Ausdauer mehr. Aber er hörte das laute Knacken als die Zielscheibe unter dem Hieb des anderen Elfen barst. Kein Gefühl des Triumphs. Kein Gefühl etwas erreicht zu haben. Der andere Hieb ihm mit dem Ellbogen gegen die Brust. Tendarion hatte keine Kraft mehr. Der andere fing ihn mit den Armen auf.

Es verlangte ihm nach ordnenden Worten. Jemand der ihm half sich davon wieder lösen zu können. Diese Hilflosigkeit, dieser Frust. Diese Wut. Tendarion hatte alles eingehalten. Sich nichts mehr zu schulden kommen lassen. Höflichkeit und Respekt. Er hatte seine Aufgaben erfüllt. Alles was Dunquert angab wurde schnell durchgeführt. Ob er es angemessen und gut machte? Das würde der Inquisitor alleine entscheiden müssen. Tendarion erfüllte seine Rolle. Und immer mehr Ablehnung kam von Tag auf ihn ein. Egal wie sehr er versuchte diese Schlucht wieder mit etwas aufzufüllen, was nicht unter den Füßen aller wegrutschte. Doch wollte man diese Schlucht nicht wieder auffüllen. Jede Fuhre Erde die Tendarion in die Schlucht warf, wurde sogleich wieder entfernt. Man wollte ihn ablehnen. Man wollte ihn um jeden Preis verdrängen. Kein Bruder, kein guter Mann, kein Diener der Viere sollte er sein.

Ein machtgieriger, rachsüchtiger und verlogener Fey.

Das sollte Tendarion sein. Und je mehr Tendarion den Worten jener lauschte, die er einst Geschwister nennen durfte, desto mehr schien der Erfolg bewiesen.

Wie gerne wollte er Weisung und Beruhigung. Jemand der ihm sagte, dass seine Gefühle nicht rechtens sind, sondern er nur empfindlich ist. Doch wurden sie nur noch mehr bestätigt. Es wurde als sonderbar dargestellt, dass Tendarion nicht akzeptieren wollte, dass das wahr sein könnte. Dass man sich in subjektiver Verurteilung üben konnte und die Gegenansicht dabei vollständig ignorieren wollte. Vielleicht war es auch der Funke Astraels, der ihn derart aufwühlte. Dieses Streben nach Recht, Objektivität, Wissen und vor allem Wahrheit.

Er konnte ihr nicht mehr zuhören. Sie sagte, es wäre alles normal was geschieht. Und anstatt, dass sie dagegen wirkte, machte sie genau das Gegenteil und sprang auf diese rasende Kutsche auf, die den Weg der Ablehnung entlangfuhr. Tendarion wusste sich nicht mehr zu helfen. Er wollte von ihr keine Worte mehr hören, die nur seine Hilflosigkeit verstärkten. Auch wollte er nicht gezwungen werden nur das zu sprechen was sie gerade wollte. Er wollte nicht abgelenkt werden. Es verlangte ihn nach Harmonie. Einen Hoffnungsfunken. Stattdessen wurde dieser zertreten und gleichsam wurde er aufgefordert nur soviel darüber zu reden, wie und wo andere es wollten.

Und als er merkte, dass er diese Fragen nach Kompromisslösungen nicht mehr als machbar ansah, musste er gehen. Weg von ihr. Sie hatte mehr als deutlich gemacht, dass sie bei dem anderen Elfen das finden konnte, was sie bei Tendarion für gewöhnlich immer gefunden hatte. Tendarion würde ihnen ihren Raum geben und sich wieder mit seinen Worten, seinen Ängsten und seiner Sorge selbst beschäftigen. Es war zum Wohl aller zu schweigen. Einfach das Unrecht hinabzuschlucken und durch Taten alleine zu beweisen, dass Tendarion alles war. Alles, nur kein machtgieriger, rachsüchtiger und verlogener Fey.


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 Betreff des Beitrags: Re: Ein gewöhnlicher Diener der Viere
BeitragVerfasst: 27.12.16, 15:26 
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Sein täglicher Moment für sich und die Viere allein, blieb nach wie vor das ausgedehnte Bad, das Tendarion sich nach seinen morgendlichen Pflichten - und nun auch den Kampfübungen - gönnte

Selbstreflektion, Erkenntnisgewinnung, nebst physischer und psychischer Reinigung. Das mächtigste Gebet an die Viere. Was sind gesprochene Worte zu einem Gott wert, wenn man sich erst selbst davon überzeugen musste, dass sie auch eintreten werden? Wenn Taten und Denken mit dem Wort nicht übereinstimmten. Welchen Grund hatte es seine wahren Gedanken zu verbergen, wenn man mit der Wahrheit den Vieren doch deutlich näherkam, auch wenn die Sterblichen selbst einem die Wahrheit übel nahmen und sich von einem abwandten um Zuflucht in schönen Lügen und einer falschen Harmonie zu suchen?

War es das wert?

Er dachte an Diana, die ihn herausfordern und reizen wollte. Wie sie seinen Glauben und sein Vertrauen in die Viere als Ansatzpunkt nutzen wollte. Er fühlte sich dabei an Tion erinnert. Wie er stets Tendarions Glauben als nicht fest genug darstellte. Zu manipulierbar, seine Seele zu offen für dunkle Einflüsse. Es tangierte den Elfen schlichtweg nicht.

Zu viele Wunder hatte er bereits erlebt. Zu viel Schrecken, der sein Innerstes vollständig umdrehte, hatte ihn ereilt. Er konnte gewiss nicht mit den Erfahrungen anderer mithalten, die sich einen regelrechten Wettbewerb in schlechten Erfahrungen lieferten, aber er akzeptierte, dass er nicht mehr der war, der er einst war. Dass Vitama und nun auch Astrael einen entscheidenden Einfluss darauf hatten. Dass er nun genau wusste auf wen er welchen Eindruck hinterließ und genau mit jenen Karten spielte.

Abweisung bei jenen die ihn auf seinen Weg aufhielten und nur Zerstörung, Kraftentzug und einen Krater in seinem Herzen hinterlassen würden. Und volle Aufmerksamkeit auf jene, die seinen Rücken aufrechthielten, wenn er drohte zu kippen. Investition in die richtigen Punkte seines langen Lebens. Eines langlebigen Geistes, der noch in vielen Jahrhunderten bei Verstand gehalten werden musste. Der Weg der Abhängigkeit von Sterblichen, war der Weg der Selbstzerstörung.

Der Weg den Menschen wählten, da ihr Geist diese Last nicht lange tragen musste. Aufrechterhaltung eines korrupten Systems, bis man in Ruhe auf dem Morsansackers weilen konnte und die nachfolgenden Generationen in einem Moloch aus Korruption, Selbstbetrug und Selbstsucht einen Ausweg finden mussten. Die jungen Menschen hatten noch den Antrieb für etwa zwei Jahrzehnte es zu versuchen die Fehler der Vorväter zu korrigieren. Doch auch sie fielen dem selben Trott Anheim. Fielen den selben Leuten zum Opfer, die sich nur auf die letzten Götterläufe ihres Lebens auf Tare in einem weichen Bett aus Ruhe wissen wollten. Weise Berater ohne Antrieb auf Änderung zum Guten.

Lange dachte Tendarion, dass die Fey genau jenes waren. Keinen Antrieb auf Änderung verfolgten, sondern sich auf dem ausruhten was die Vorväter jener gründeten und erarbeiteten. Doch erkannte Tendarion allmählich den Denkfehler darin. Korruption gab es bei den Fey nicht, weil diese im Keim erstickt wurde von anderen ihres Volkes. Es gab nur Armut für jene Elfen, die diese selbst suchten, oder aber Menschen es waren die ihnen ihre hilflose Ohnmacht von Kind an in die Wiege legten. Keinerlei Handhabe in Konflikten zu reagieren. Kein Nervenkostüm um sich Konflikten zu stellen. Rückzug und Lethargie in der Hoffnung andere würden sich darum kümmern.

Tendarion erkannte, dass Fey einen sehr ausgeprägten Sinn für Wahrheit, Konfliktbereinigung und dem Erhalten der guten Systeme, die sich nachweislich bewährt hatten, besaßen. Die Fey konnten tausende Götterläufe an Frieden unter sich wahren, sich dem Einen fast vollständig erwehren, da sie sich den negativen Dingen stellten. Da sie ihnen die Stirn boten, wenn es nötig war. Aber nie voreilig handelten. Wohlüberlegt, geduldig abwartend und dann doch unnachgiebig handelnd.

Tendarion lehnte sich an die warme feuchte Höhlenwand zurück und atmete den wohltuenden Dampf ein, der mit dem Duft des Rosenöls, das er zuvor benutzte, angereichert war. Über den Status "wohlüberlegt" war er hinaus. Jetzt war Geduld an der Reihe. Und wie konnte man Geduld am besten beweisen, ohne sich selbst zu zermürben? Mit einem klaren Ziel vor Augen.

Seine Mundwinkel hoben sich an.


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