Bevor sich die Streiter versammelten, wandelte Ethrendor über die Insel in der Wehr, die ihm der Ordo Belli gegeben hatte. Sein Geist wusste, dass sein Körper zu Lebzeiten unter dieser Last der metallenen Rüstung geschwächt worden wäre. Doch war seine Erinnerung an diese Zeit, nur das: Eine Erinnerung.
Seine Magie war es die ihn einst den Fall Jassavias überleben ließ. Seine Magie war es, die dafür sorgte, dass er in seinem letzten Kampf überlebte, als all seine Gefährten bereits tot auf Ma'ahnschen Boden lagen..
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"THURINDIR! HALTE DICH NICHT MIT DIESEN NIEDEREN WESEN AUF. WIR MÜSSEN WEITER", gellte der Schrei eines seiner menschlichen Kampfgefährten ihm entgegen. Er war der Heerführer dieses Schlachtenverbandes. 500 Männer und Frauen. Menschen und die wenigen Fey. Genau 35 Fey an der Zahl. Ein jeder dieser Fey war Kind als sie noch in Jassavia lebten. Ethrendor bereits seit Jahrhunderten zu jener Zeit als An'va - Ältester - bezeichnet worden. Diese 35 Fey waren seine Töchter und Söhne im Herzen. Denn sie waren ein Teil der wenig hundert Fey'haim die überlebten. Die das Erbe Jassavias in sich trugen. Die das Erbe Jassavias weiterführen würden.
Doch die Menschen, das aufstrebende Volk, missbrauchte die Langlebigkeit und auch Naivität der Fey. Sein Volk war leicht zu lenken. Mit einem Appell an die Moral und der Angst vor dem Verfall der Gemeinschaft, konnte man sie leicht manipulieren. Ethrendor spielte das Spiel der Menschen mit, weil er sicherstellen wollte - nein, musste - dass seine Kinder im Herzen einen festen Platz auf Tare weiterhin haben konnten.
Also verzichtete er auf Machtrangelei, scheidete sein Schwert und ließ die einfallenden Gegnerhorden hinter ihnen. Eine große Verderbnis bedrohte die Errichtung des Ma'ahnschen Walls. Die Magiekundigen waren seit Götterläufen damit beschäftigt ihn zu errichten. Jeder Rückschlag wurde in gemeinschaftlicher Arbeit wieder zu einem Vorankommen gewandelt. Doch die Magier erschöpften sich regelmäßig über ihre psychischen und physischen Grenzen hinaus. Als der Dämon auftauchte baten sie Draconis um Hilfe. Und sie entsandten Ethrendors Trupp.
Die kargen und verdorbenen Weiten, heimgesucht von niederen Dämonen und anderen Wesenheiten waren ernüchternd. Die Ernüchterung hielt nicht lange, als eine Kreatur, einem verderbten Drachen gleich, doch aufrecht gehend und mit einer Rüstung und einem Schwert aus dunkelster Flamme und Blut geschmiedet, sich durch ihre Reihen regelrecht pflügte. Das ohrenbetäubende Kreischen der absoluten Todesangst gellte Ethrendor in den Ohren, als sein Schlachtenverband dezimiert wurde. Die menschlichen Mitstreiter stoben auseinander, versuchten zu fliehen, behangen und benetzt von den Eingeweiden und dem Blut ihrer Kameraden. Dabei wurden sie von den zuvor ignorierten Horden Untoter und niederer Dämonen überrascht, die den Tumult nutzen um, die Streiter einzeln zu zerreißen. Die zehn Fey die noch lebten ritten gen Ethrendor. Die stoische Maske die jedwede Emotion verbarg war den elf Fey in das Gesicht gemeißelt und man verständigte sich mit nonverbalen Gesten. Schneller. Effizienter. Die Truppe musste zusammengeführt werden.
Doch jedweder Versuch endete in einem weiterem Schlachten. Ethrendor begab sich vom Rücken seines Pferdes. Sie waren alle tot. Jeder einzelne war unter seiner Verantwortung. Er verlor wieder 35 Söhne und Töchter. Und wieder war er derjenige der dies mit ansehen musste, weil er überlebte.
Er zog seine Klinge, die Bestie rauschte mit einem Kreischen aus den Niederhöllen auf ihn zu. Ethrendor empfing die dämonische Lanze mit seinem Kopf - durch sein Auge hindurch und ein Feuer breitete sich um den Fey aus, umschlingte ihn und den Dämon der ungebremst in die gezogene Klinge raste.
Maynagh selbst empfing die Seele Ethrendors.
Ethrendors Sieg und Tod ging nie in die Geschichten ein.
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Die letzten Vorbereitungen wurden ihm überreicht.
Eine Klinge. Geformt von den Fey und verstärkt durch die Dryade. Die Macht der Obedienz konnte sie gegen die Verderbnis durch den Erbauer schützen.
Eine Wehr gesegnet von Bellum.
Ein Anhänger geformt aus Ignis' Feuer.
Ein Umhang von den Kindern Xans. Auf dass selbst sein Vergehen den Boden reinigte, wenn es in dem Kampf nicht möglich war.
Und schließlich ein Topf mit Honig. Gesegnet von Vitama.
Eine Feder. Ein schlichter Talisman.
Ein Beutel voll gesegneter Asche an seinem Gürtel.
Die Standarte der Viere. Sie sollte am Duellgrund aufgestellt werden.
Der Honig hatte keine Erklärung erhalten zu seiner Wirkung. Also ging er davon aus, dass es ein Geschenk des Genusses war und nahm ihn vor der Schlacht zu sich. Eine Erinnerung an Zeiten als sein Körper von der Süße profitierte. Doch er fühlte es nicht. Aber dennoch erkannte er, dass die Erinnerung an eine Zeit des Lebens ihn umso mehr darauf hinwies, dass ein jeder vor ihm lebte. Dass diese Streiter des Lichts leben wollten. Ein Versagen stand außer Frage. Er musste siegen mit allem was ihm zur Verfügung stand.
Die schwarzen Samen, die zuvor verschossen wurden, säumten den gemeinsamen Vorstoß. Doch da wo Blut das Erdreich verdarb, konnte kein einziger der gesegneten Samen Wurzeln schlagen. Ein beachtlicher Anteil der Samen war schlicht verrottet, ehe sie überhaupt keimen konnten.
Die wenigen kranken und untoten Tiere die noch verblieben, nachdem am Lichthoch der Einfluss des Erbauers, der durch Sullins Bitte weit über die Stadtmauern hinausreichte, deutlich geschwächt wurde, war kein Hindernis mehr. Die Bemühungen der Streiter des Lichts am Lichthoch hatten den Vorstoß zum Duell überhaupt möglich gemacht.
Die dunklen Streiter kamen ihnen entgegen. Doch erkannten sie sogleich, dass es keine Schlacht geben würde. Ethrendor kam zu einem Duell. Und nichts anderes sollte heute verlangt oder erwirkt werden.
Als die Streiter des Lichts die Stellung hielten bereiteten die Magier den Ansturm auf das Heiligste des Erbauers vor. Eine einschlagende Begrüßung, die deutlich machte, dass er selbst kämpfen musste, ansonsten würde seine Stadt noch an jenem Tage vergehen. Und er tat das was Ethrendor vorhersah: Unnötig Macht verschwenden um die Stadt zu schützen. Der Meteor wurde beiseite geschleudert und der Erbauer selbst tauchte auf.
Ein verbaler Schlagabtausch folgte und der Erbauer manifestierte sich hinter Ethrendor. Der Platz war nicht ideal. Palisaden waren im Weg, die der Ewige beseitetrat. Ethrendor wusste, dass es kein ehrenhaftes Duell würde. Ein Dämon gegen einen einst sterblichen Streiter der Bellums Aufmerksamkeit erregte. Ruhiger Zorn. Unermüdliche, nie schwankende, Tapferkeit. Ethrendors Gabe von Bellum war es mit einem gezielten Hieb seine Gegner zu erschlagen. Doch der Erbauer würde ihn auf Abstand halten.
Die Rankenpeitsche schlang sich um das Schwert, und Ethrendor spürte den Versuch der Verderbnis. Doch waren nur die Ranken der Dryade betroffen. Der Silberschimmer um das Taek'ri hingegen stieß die verderbten Ranken ab und Ethrendor konnte den Erbauer entwaffnen. Die Kraft der Obedienz hatte verhindert dass der erste Angriff des Erbauers die Rankenklinge entweihte.
Tentakelartige Ranken krochen aus dem Boden empor, die Klinge zerschnitt sie unermüdlich und die aufkeimenden Wunden unter den Ranken schlossen sich, kaum dass sie sich öffneten. Er spürte keinen Schmerz und keine Erschöpfung. Aber Ethrendors Zorn stieg.
Er wandte sich in den Tentakeln, zerhackte und zerschnitt sie, ehe ihn eine Präsenz von der Seite ablenkte. Ein Bär. Untot. Die Augen leer, wankte er ohne jede aggressive Intention auf ihn zu. Alles in Ethrendor gellte auf, dies als absolute Gefahr wahrzunehmen.
Sie alle, die leben wollten, leben mussten, standen zu nahe. Worte reichten nicht aus. Er musste deutliche Taten folgen lassen. Er nahm seinen gesamten Zorn zusammen und entlud ihn in einer mächtigen Druckwelle, die alle Umstehenden zurückschleuderte. Die Klinge des Erbauers bohrte sich durch ein Scharnier der Rüstung und verdarb Ethrendors innerstes. Ein letzter Blick zu den Geweihten. Und er rammte die Klinge in den Kopf des Erbauers. Die Hülle des Erbauers barst.
Die Explosion riss sie in Stücke.
Nur noch Teile von der gesegneten Rüstung waren zu finden. Wasserpfützen bildeten sich dort wo die Fischschuppen des Umhangs aufkamen und sie sickerten unaufhaltsam in das Grundwasser.
Das ewige Heer hatte einen zweifelhaften Sieg erlangt. Es war nicht geplant Ethrendor gehen zu lassen. Doch hatten sie die Ehrlosigkeit der Dunkelheit unterschätzt.
Die Ewigen würden in Stasis verbleiben für unbestimmte Zeit und weitere Befehle erwarten. Die Insel konnte aufatmen für die kommenden Wochenläufe.