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 Betreff des Beitrags: Schwert, Stock, Wein und Trank
BeitragVerfasst: 25.09.17, 21:19 
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...zitternd greift die magere, nahezu knochige Hand nach dem Ladenschild das hinter dem Fenster baumelt um es auf eine fast schon gespenstische Art umzudrehen. Es ist die selbe schwach wirkende Hand, die nach einer gefühlten Ewigkeit der Wanderschaft, den passenden Schlüssel aus einer tief eingenähten Falte der grauen Tunika herauszieht. Es müssen viele weitere Augenblicke vergehen ehe dieser Schlüssel in seinem passenden Pendant verschwindet. Antriebslos dreht der ebenso knochige Besitzer sein Handgelenk. Begleitet von einer Vielzahl an metallischen Geräuschen, die mehr seiner tattrigen Hand geschuldet sind, setzt der Mechanismus endlich die Tür zur Bewegung frei. Mit einem beinahe leisen Quietschen tritt die Gestalt durch die gut geölte neuartige Tür ins Freie. Ein hölzerner Keil der in greifbarer nähe liegt, wird mit etwas Nachdruck und vielfachen kleineren Stößen des Gehstocks an der passenden Stelle der Tür angebracht um sie für die Kundschaft einladend geöffnet zu halten.
Wie ein toter Baum steht der alte Greis zwischen Tür und Angel, starrt vor sich auf das kahle Grau der Hauswand welches die gegenüberliegenden Straße ziert. Nur die Götter wissen, wie lange er da Stand und hätte ihn jemand dabei beobachtet so hätte diese Person nicht sagen können ob der Alte bei wachem Verstand gewesen sei. Eine verlorene Seele, eine leere Hülle vielleicht, so hätte man ihn Beschreiben können.
Ein stattlicher Mann, vielleicht Mitte 30, der die Stufen nicht unweit des Ladens hinab ging, kreuzte so das Sichtfeld des Alten. Es reichte um den Alten aus seinen Gedanken zu reißen. Kurzweilig verfolgten seine traurigen braunen Augen, die man mit etwas Mühe unter den buschigen grauen Brauen sehen konnte, den einsamen vorbeiziehenden Bewohner, der dem Greis keinerlei Blickes würdigte. Etwas mitgenommen drehte er sich umständlich in Richtung Ladentür und setzte einen Fuß vor den anderen, sein Gewicht immer wieder auf den Gehstock verlagert, um seine Gebrechen und anderen Leiden so gering wie nur möglich zu halten.
Einen halben Dunkelzyklus schien er nun da in seinem Laden zu stehen, verloren und einsam, wieder auf die gegenüberliegende Wand starrend mit, befeuchteten Augen und einem Blick der ins Leere führt. Den Kunden, der seinen Laden für eine Taverne hielt, hatte er nur flüchtig wahrgenommen und konnte oder wollte ihm keine größere Aufmerksamkeit widmen. Unverstanden verließ der Kerl mit dem Stirnband und der zerschlissenen Hose seinen Laden.

Für viele war es ein Tag wie jeder andere auch um diese Zeit des Götterlaufes, doch für den Alten war es das nicht. Es war mehr, viel mehr als das man es mit wenigen Worten beschreiben konnte. Und so verfing sich der Alte erneut in Gedanken und der Sog seiner Erinnerungen riss ihn mit in eine Zeit als er noch das Kurzschwert anstelle eines hölzernen Stocks führte...

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 Betreff des Beitrags: Re: Schwert, Stock, Wein und Trank
BeitragVerfasst: 26.09.17, 21:20 
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Zitat:
…es war die Zeit der großen Abenteuer, die Zeit als Schatzsucher umherzuziehen. Sieg war damals ein junger Mann und etwa 24 Götterläufe alt,vielleicht auch 26, wer konnte es so genau sagen. Die Zeit verging wie im Fluge, im letzten Mond noch in Vandrien, heute in Ersont. Die kleine Truppe war nie lange an einem Ort, waren doch die Schätze klein, das Essen zu teuer und die Ansprüche zu groß.
So wog der Münzbeutel für gewöhnlich wenig, eigentlich nichts. Umso fraglicher wie Wotan es immer schaffte eine Flasche Gewürzwein unter seinem Umhang zu verstecken. Aber eigentlich wollte das keiner so genau wissen, hätte man ihn gefragt so hätte er behauptet es wäre ein Geschenk der Taverne gewesen.
Ja die Zeit war nicht so ertragreich wie man es sich gewünscht hätte, denn wer sein Einkommen von der Schatzsuche abhängig machte, der wurde oft enttäuscht, schließlich findet man so etwas nicht auf jedem Bauernhof, weshalb die Gruppe unter Führung Fredericks gelegentlich in Städten und Siedlungen halt machte um dort nach Arbeit zu suchen. Solange sie eine warme Mahlzeit hatten, genügend Dukaten für ein paar Gläser Schnaps und sich im Morsan ein Dach über dem Kopf bezahlen konnten, waren sie in der Lage die Zeit bis zu ihrem nächsten Abenteuer zu überbrücken...

Es waren viele Götterläufe später, als Frederick von einem Fahrenden Händler auf der Straße von Ersonts End nach Gofilm eine alte Schatzkarte erwarb, die die kleine Truppe in ein weiteres neues Abenteuer steuern sollte.
Den auf der Karte besagten Ort fanden sie fast zwei Monde später, in einer alten Höhle tief verborgen in den wirren Fängen der modrigen Flora eines abgelegenen Sumpfes fernab der Straße. Sie waren auf vieles vorbereitet, hatten Seile dabei, Brechstangen, allerlei Werkzeug, Dietriche, Bandagen, es sollte nichts vor ihnen sicher sein, kein Hindernis unumgänglich.
Der Eingang war gut versteckt und noch besser getarnt. Es muss Jahre her gewesen sein das jemand diese Höhle betreten hatte stellte Frederick fest als er mit der Fackel in der Linken und der Klinge in der Rechten durch die verwinkelten Gänge der verlassenen Höhle pirschte. Ihm dicht auf den Fersen, Sieg und Wotan. Das grelle Licht der Fackel spiegelte sich in den zahlreichen Pfützen wider, die sich im unebenen Höhlenboden gebildet haben und zeichnete malerisch wild tanzenden Schatten auf die Wände. Sie waren auf der richtigen Spur, ein Schatzsucher hat einen inneren Kompass und der fing in diesem Augenblick an wie verrückt auszuschlagen. Zwischen Stalagmiten und blanken Knochen getarnt und von Ratten wie auch Käfern bewacht wurden sie fündig...


...Mit offenem Mund stand er da, ein blinzeln wäre nach so langer Zeit nötig gewesen doch seine Augen waren feucht genug. Wie von Schmerzen geplagt kniff er sie zusammen und wischte sich mit dem Ärmel hinterher durch das fahle Gesicht. Er verharrte in dieser Haltung für einen langen Moment. Ein Moment der nicht enden wollte und auf ein leises Schluchzen folgte unregelmäßig stockende Atmung... Er wusste was jetzt kommt, er wusste es schon immer seit eben diesem Tag von vor so unendlich vielen Jahren. Er wollte nicht, doch er konnte nicht anders. Er musste sich... Erinnern. Es war das einzige was ihm geblieben ist, das einzige was er von ihnen hatte. Urplötzlich riss er seinen Ärmel vom Gesicht und schlug hastig mit der flachen Hand auf die hölzerne Platte seines Tresens und ein lautes Scheppern verbreitete sich wie ein Lauffeuer zwischen den bunten Fläschchen und Gläsern die den Laden zierten, zog sich durch die gesamte Ladenfläche, bis es langsam immer mehr verstummte. Mit weit aufgerissenem Mund und geröteten Augen starrte er erneut nach vorne in Richtung seines Regals, doch sein Blick kam nie an. Denn irgendwo in der Mitte des Raumes, an keinem bestimmten Punkt, verfing er sich und kreuzte erneut seine eigenen Erinnerungen. Mit einem erschöpften ablehnenden Kopfschütteln wehrte er sich, versuchte es zu unterdrücken, doch war es stärker als er. Und so liefen anfangs erst noch zögerlich doch wenig später umso mehr die männlichen Emotionen seiner Vergangenheit über sein eingefallenes und karges Gesicht, bis der Sog ihn erneut packte...

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 Betreff des Beitrags: Re: Schwert, Stock, Wein und Trank
BeitragVerfasst: 28.09.17, 19:02 
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Zitat:
...hastig drückte sich Wotan zwischen die fast zwei Kopf größeren Kerle hindurch, bis er direkt vor dem Fund stand und diesen mit glasigem Blick in voller Größe betrachten konnte. Noch bevor die anderen beiden, Frederick und Sieg, ihrer Freude klang schenken konnten, machte sich Wotan bereits über den Fund her. Von seiner Gier geleitet grub er sich energisch durch die vielen Schichten aus Spinnweben vor und schob die künstlich aufgehäuften Knochen zur Seite. Ungehalten wischte er mit seinen Händen das scheinbar über viele Jahr gewachsene Moos vom Deckel einer alten mit Eisen beschlagene hölzerne Truhe. Nach zwei Monden haben sie ihr Ziel erreicht, nach zwei Monden sind sie den Hinweisen der Karte gefolgt und würden in diesem Augenblick endlich für ihre harte Arbeit belohnt werden.“Nun steht doch nicht so blöd herum, helft mir doch!“ keifte Wotan nach hinten ohne dabei auch nur für einen Wimpernschlag den Fund aus den Augen zu verlieren. Diese Worte unterbrachen die dämlichen Grimassen welche die beiden Kerle hinter ihm, wie einstudiert und abgerufen haben. Fast schon sprunghaft bewegten sie sich gleichzeitig einen Schritt weiter vor und zusammen packten alle drei von ihnen gemeinsam an um die Truhe aus ihrem Versteckt zu heben.

Sie müssen wie Kinder ausgesehen haben als sie geeint die schwere Truhe triumphal nach draußen trugen durften, wo zwei weitere ihrer Truppe, Mira und Julius, bereits sehnsüchtig auf auf gute Nachrichten gewartet haben. Die drei Abenteurer stellten die schwere Truhe ab und alle fünf von ihnen reihten sich vor ihr auf. Mit weit aufgerissenen Augen und erwartungsvoller Mine bestaunten sie den Fund und man konnte sehen wie es in ihren Köpfen arbeitete. Was werden sie finden? Wird es wertvoll sein? War es wirklich die Zeit wert? Und wie bekommen sie die Truhe auf?
Es war die Axt die den Schlüssel für diese Antworten liefern sollte. Einer....zwei.....und noch ein dritter Schlag und Frederick brach das verrostete alte Schloss entzwei das die letzte Hürde darstellte. Gierig wie immer ließ Wotan keine Zeit verstreichen, packte kräftig an, und zog den Deckel nach hinten um den Inhalt der Truhe zu offenbaren. „Gold! Seht nur all das Gold!“ begann Wotan zu brüllen. „Und Edelsteine!, schaut doch nur!“ Stimmte in etwa gleicher Lautstärke Mira mit ein. Die Truhe war nicht ohne Grund schwer, sie war fast bis zur Hälfte voll mit Münzen, vergoldeten Kerzenhaltern, Edelsteinen, Falkensteiner Seide und vieles mehr. Es musste sich um die Beute eines ganzen Götterlaufes handeln den Banditen seiner Zeit versteckt haben. Als sich Mira einen Ring aus der Truhe nahm und ihn prüfend über die Finger ihrer linken Hand schob um zu sehen an welchem er am besten passte, zog Frederick neugierig einen schweren verknoteten Beutel der fast vollständig unter den anderen Wertsachen begraben war. Als er diesen öffnete und dort eine Flasche feinsten Gerdenwalder Portweins hervorbrachte, zogen sich seine Mundwinkel um ein weiteres Stück nach oben.“Meine Freunde..“ unterbrach er das frohe Treiben für einen kurzen Augenblick und plötzlich richteten sich alle Augen auf den Flaschenträger.„..heute waren uns die Götter mehr als gewogen, womit wir das verdient haben wissen nur sie allein, doch eines sei gewiss.... heute saufen wir bis wir bis wir umfallen!“ und mit dieser Ansprache köpften sie ungehalten die erste von so vielen Flaschen, wie der Beutel sie hergab.
Es muss ein ganzer Zyklus gewesen sein den die fünf gemeinsam am Lagerfeuer verbrachten und allmählich kehrte ruhe ein in die gesellige kleine Runde. Frederick tastete den Beutel ab und eine letzte Flasche offenbarte sich. Das Etikett, das inzwischen keiner der Anwesenden mehr lesen konnte, hatte keinerlei Ähnlichkeit zum Gerdenwalder Portwein und auch die Farbe war eine Note dunkler. Aber heute war ihm alles recht und so prostete er gen Lagerfeuer, nahm einen gehörigen Schluck dem eine bittere Grimasse folgte und reichte die Flasche weiter. Sieg lehnte ab und setzte aus, er war sternhagelvoll und sah bereits doppelt. Jeder andere bediente sich am Inhalt und verzog auf gleiche Weise sein Gesicht, was in dummes Lachen untereinander ausartete... Doch es dauerte nicht lange und Frederick unterbrach das gesellige Zusammensein mit unerwartetem Husten. Es folgte ein Keuchen von Mira und Wotan. Julius schaute sich um, griff Mira auf die Schulter, bis auch er nur einen Wimpernschlag später von Krämpfen geplagt anfing keuchende Laute von sich zu geben. Sieg richtete sich auf, schaute sich panisch um. Er begriff nicht, konnte es nicht verstehen, um ihn herum passierte. „..S....Sieg“ Sein Name klang wie das Brechen einer Planke. „.....ieg h......hi.....hilf..mir!“ Er schaute hastig neben sich und Frederick lag auf der Seite, vor Schmerzen gekrümmt mit einer Hand seinen den Bauch klammernd. Die andere Hand zog hilfesuchend an Siegs Ärmel. Die Blut unterlaufenden und weit aufgerissenen Augen zeugten von mehr als nur Panik. Der erst weiße, sich dann rosa färbende bläschenartige Schaum der sich nicht enden wollend am Mundwinkel mehrte sprach von mehr, von entsetzlicher Todesangst. Sieg schüttelte den Kopf „nein....nein....nein nein nein!“ Er risse seinen Blick hoch schaute zu den Anderen die sich inzwischen ebenfalls elendig vor Schmerzen um das Lagerfeuer krümmten.“nein...nein..nein ...warum....WARUM?!“ Die Situation nicht wirklich verstehend griff er zu seinem Rucksack, leerte diesen in dem er ihn hastig kopfüber schüttelte. Unkontrolliert durchwühlte er die herausgefallenen Sachen. Hob Tinkturen und Salben abwechselnd an versuchte die Aufschriften zu lesen doch lies sie danach kopfschüttelnd wieder fallen. „NEIN NEIN NEIN!“er konnte nicht mehr hervorbringen, er wusste nicht mit der Situation umzugehen, er war nicht Herr der Lage. Ein nasses Husten ging von Frederick aus und Sieg rückte hastig etwas dichter an seinen Freund heran. Mit Tränen in den Augen und einem Büschel getrockneter Kräuter in der Hand, kauerte er neben ihm und als Frederick unter unvorstellbaren Qualen eine große Menge Blut hochwürgte wurde Sieg Zeuge der letzten Atemzüge seines besten Freundes und seiner Gefährten.
Sieg rüttelte, rüttelte abermals, doch die Augen des toten Abenteurers der vor ihm regungslos im Gras lag, waren inzwischen leer und emotionslos, in einer matten Starre. Ein Schrei löste sich unter Tränen, der den Dunkelzyklus überdauerte, durchbrach die Stille des Sumpfes und sein Echo hallte weit, so weit...


„..Fred....Fre...Fred..erick!“ Der Alte brachte diese Worte unter größter Anstrengung und nur sehr undeutlich hervor denn seine Stimme wurde von einem überwältigenden Zittern begleitet. Er wollte nicht, doch er konnte nicht anders. Er erinnerte sich weil er es musste, weil es das einzige war was ihm geblieben ist, das einzige was er von ihnen noch hatte.
Unter Tränen klammerte er sich an seinen Stock als ihn langsam seine Kraft verließ. Von seinen Emotionen geradezu erschlagen sackte er erschöpft hinter seinem Tresen zusammen und kauerte wie ein Häufchen Elend fernab aller Blicke in seinem kleinen Laden in Brandenstein.
„...nein..nein.....nein“ keuchte der Alte leise und wimmernd hervor, wiederholte es ….wieder.....und wieder....und wieder....

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 Betreff des Beitrags: Re: Schwert, Stock, Wein und Trank
BeitragVerfasst: 30.09.17, 15:52 
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..Wer konnte schon sagen wie lange er da kauerte. Sein Kummer war hungrig und gierig, fraß sich dick und satt an den Erinnerungen die der Alte nach all den Jahren noch immer in sich trug. Nach einer weiteren gefühlten Ewigkeit wurde es ruhiger in Inneren des kleinen Geschäfts. Das Schluchzen wurde zu Wimmern und Wimmern zu toter von Trauer erschöpfter Stille. Er war am Ende seiner Kräfte, am Ende des Kampfes angelangt den er mit sich selber führte. Das Schlachtfeld - seine Visionen der Vergangenheit, ein Schauplatz dem er niemals entkommen oder den er jemals vergessen konnte. Ein neuer Hellzyklus brach an und Felas Strahlen drückten sich erneut über die roten Dächer Brandensteins, sprangen von Haus zu Haus und drangen auch durch die schmalen Fenster der Mandragora. Und wie Fela ihren ewigen Gang über Tare beschritt, so wanderten ihre Strahlen auch in dem kleinen Laden in der Nähe des Burg. Langsam und vorsichtig tasteten sie sich vor, von der Hauswand, über das Regal mit den vielen bunt gefüllten Fläschchen, brach sich dort vielfach im teils runden und teils facettenreichen Glas und erhellte den Raum in einem fast schon Kirchen gleichen Licht. Wie ein von Neugier geplagter Fuchs sprangen sie vom Regal auf den Teppich und bewegten sich lautlos weiter zum Tresen. Die ausgerollten Schriften und die unsauber gestapelten Seiten an Pergament hellten auf und das Licht wirbelte die vielen kleinen Staubpartikel auf, ließ sie in ihrem wilden tanzenden Spiel sichtbar werden. Doch wie der Fuchs so wanderte Fela weiter. Ihre Strahlen zogen sich ohne Anstrengung über den Tresen und tasteten sich weiter vor, scheinbar jeden Fleck des Hauses berühren zu wollen. Sie reichten weit, so weit... Als der Tresen, der wie ein Mauerwerk alles abhalten sollte endlich überwunden war, streckten sie ihre warmen Arme aus, nach dem Mann der dort von aller Hoffnung verlassen saß. Der mit seinen leeren matten Augen den Blick irgendwo vor sich zu Boden lenkte und nichts anderes fixierte als eine weitere Szene seiner Vergangenheit...

Zitat:
...Er verbrachte lange Zeit in Stille vor dem toten Körper seines Freundes bis er sich aufraffen konnte. In ebendieser Stille trug er die Leichen seiner Kameraden zusammen, legte sie behutsam über die Sattel ihrer Pferde und bereitete sich auf eine weitere Reise vor...
Es war am Fuße des Laree, dem Gebirge das er vom Sumpf aus sehen konnte, wo er über viele Zyklen hinweg vier Gräber aushob. In gespenstische Stille gehüllt übergab er seine Gefährten in Rien's Schoß, bettete sie in dunkler nasser Erde zusammen mit all ihrem Hab und Gut. Vier Steine die er mühsam heranholte bearbeitete er mit Fredericks Werkzeug, formte sie so gut er es konnte. Er ließ sich Zeit, keine hektischen Bewegungen fand man in seiner Arbeit. Ein jeder Hammerschlag auf den Meißel, der etwas vom Gestein absplitterte, schien eine Geschichte zu erzählen, über die vielen Abenteuer die sie gemeinsam erlebt hatten. Doch jede Geschichte war auch ein weiterer Schritt in Richtung Abschied, das wusste er. Und als der letzte Hammerschlag getan, der letzte Stein gesplittert war, rückte er die Grabsteine an ihren vorgesehenen Platz

~Frederick~
Anführer, Kartenleser und Freund
~Wotan~
Halunke und Opportunist
~Julius~
Glücklichster Säufer und Kneipenschläger
~Mira~
Sklavin des Glücksspiel


„Möget ihr euer letztes großes Abenteuer antreten..“ Er öffnete eine Flasche mit Gewürzwein und ließ etwas davon über jeden Grabstein laufen „...und Galtor euch sicher in Morsans Reich geleiten“
So ließ er nach langer Zeit die Gräber hinter sich und ritt seinem Pferd gen Süden. An seiner Satteltasche festgezurrt eine Flasche mit vergilbtem Etikett. Die Flasche die Frederick zuletzt in seinen Händen hielt...


...Felas Strahlen trafen die Spitze seines Stiefels und ihre Wärme breitete sich von dort aus. Sie reichte hoch zum ihm dem alten Greis der Scheinbar den Sinn seines Lebens verloren glaubte. Ein Zeichen, das der Alte nicht sah, doch plötzlich zuckte ein Finger an seiner Linken Hand, tat es erneut und seine matten Augen regten sich. Ein neuer Gedanke machte sich in ihm breit, gab ihm scheinbar Antrieb. Da war etwas, etwas das er noch erledigen musste an diesem Tag, dem Jahrestag seiner Trauer. Also streckte er sich und griff nach seinem Stock, zog ihn zu sich und kletterte an ihm hoch. Schwach war er, so schwach, doch wieder musste er es tun, es gab keine weitere Rast für ihn...

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Zuletzt geändert von Mandragora: 29.01.18, 22:41, insgesamt 1-mal geändert.

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 Betreff des Beitrags: Re: Schwert, Stock, Wein und Trank
BeitragVerfasst: 1.10.17, 20:10 
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..Er saß auf seinem Bett im Keller seines Ladens, den Blick demütig zu Boden gerichtet. In seinen tattrigen Händen hielt er eine Gebetskette mit dem Zeichen der Viere, die er mit zitternden Bewegungen seiner Daumen ständig um ein hölzernes Kettenglied weiter schob.
Auf dem kleinen Nachttisch neben ihm, lag ein aufgeschlagenes Buch, daneben stand ein kleines Fläschchen. Das helle aufflackern der Fackeln war genug um in einem passenden Moment die tief graue und matte Färbung des Flascheninhalt erkenntlich zu machen. Seine noch immer geröteten Augen wanderten zur Schublade die offen aus dem Nachttisch hervorlugte. In ihr eine Ausgabe der Laudes Dei, die Rodrik ihm im letzten Bellum schenkte. Auf seltsame Weise ermutigt hob er sein Haupt um einen schwachen Deut an. Seine schmalen Finger legten sich um das Fläschchen, erst zögerlich doch dann überzeugt nahm er es zu sich herüber. Der Korken quietschte als der Alte ihn angestrengt aus dem Flaschenhals zog. Schnell verbreitete sich der Geruch von Vulkanasche und Schwarzmoor, die sich deutlich aus dem düsteren Gemisch herauskristallisierte. Er führte die die Öffnung an seine Lippen, atmete tief ein und goss den dunklen Sud die Kehle hinab. Schwerfällig zog er seine Beine ins Bett, senkte seinen Oberkörper und faltete seine Hände mitsamt der Gebetskette vor sich auf seiner Brust. Dunkel wurde es als er seine Lieder schloss. Nur das knistert im Kamin war noch zu hören.
Plötzlich unterbrach sein eigenes Stöhnen die Stille als er mit weit aufgerissenen Augen an die Kellerdecke starrte. Seine Hände verkrampften, begannen zu Zittern. Sein Puls schlug schneller, sein eigener Herzschlag pochte laut in seinem Kopf. Er verlor Kontrolle über seinen Körper und das Zeichen der Viere rutschte ihm aus den Händen als er die Gebetskette nicht mehr halten konnte...

Zitat:
...“Hab ich dich!“ Diese Worte waren gerichtet an das kleine Eichhörnchen, das dem jungen Mann soeben in die Falle gelaufen war. In einem schmalen und einfachen Holzkäfig ließ das Tier panisch die Nuss fallen, die es eben noch Stolz in seinen putzigen und unschuldigen Klauen gehalten hat. Der junge Mann sprang aus dem Gebüsch hervor und kniete sich neben den Käfig. Seine Augen verfolgten das ängstliche Tier das verzweifelt versuchte einen Ausweg zu finden. Ein schmaler und spitzer Stock wanderte durch den Flaschenhals hinein in einen dunklen Sud, wurde mehrfach darin gerührt und geschüttelt. Wenig später wurde der selbe Stock durch den Käfig geschoben um den kleinen Tier damit einen kurzen Stich zu versetzen. Aufmerksam wurde beobachtet wie sich das Geschöpf schmerzhaft krümmte und jeder Schritt, wurde in einem Buch genauestens dokumentiert und festgehalten. Wenig später folgte ein weiterer Stich, wieder mit einem schmalen Stock der allerdings in eine andere Flüssigkeit getunkt wurde. Wieder wurde neugierig das Verhalten des Tiers betrachtet und jede Veränderung wurde kratzend mit einem Federkiel in ein Buch geschrieben.

„Siegfried! Dein Unterricht gleich beginnt! ...Verdammt wo steckt der Kerl nur wieder.“ Die Stimme des alten Mannes krächzte wütend nach draußen in den Kräutergarten. „Ich bin sofort da Meister!“ hallte es zurück. „Dann beeil dich endlich und lass mich nicht warten!“ bellte es erneut und die Gestalt verschwand vom offenen Fenster.

Er musste nun etwa 27 Götterläufe alt sein und es war etwa ein Jahr nach dem qualvollen Verlust seiner Gefährten. Nach monatelangem ziellosen wandern hatte er eine neue und feste Bleibe im Fürstentum Tiefenwald gefunden.

„Meister Reinbach, ein Bote ist für euch eingetroffen.“ der Alte dreht sich seufzend um und Antwortet „Gut gut..lasst ihn herein“. Es folgt ein flüchtiger Blick durch das offene Fenster zum Garten ehe er zur Eingangstür geht.
Sieg schaute zum Fenster das zum Labor Anton Reinbachs gehörte. Einem fähigen und anerkannten Thaumaturgen sowie Alchemisten der sein Talent der Stadt Garan unterstellt hatte. Sieg konnte sich glücklich schätzen das man ihn aufgenommen hatte, denn Reinbach war nicht bekannt dafür seine Lehren und Geheimnisse weiterzugeben.
„Bist du immer noch da draußen? Bei Timanor, wirst du endlich hören?“ kläffte es lauter als zuvor in den Garten. „Ich bin schon da!“ hallte es erneut zurück. Sieg schaute noch einmal zum hölzernen Käfig. Das kleine Tier lag ruhig darin, aber immer noch lebendig. Er fügte einen weiteren Eintrag seinem Buch hinzu, klappte es zusammen und öffnete im Anschluss den Käfig, ehe er sich ins Haus begab...


...Das Zittern ließ langsam nach und so auch die Krämpfe. Schweißperlen saßen auf seiner Stirn und waren Zeuge seines inneren Kampfes zwischen Körper und Gift. Als er sich Minuten später wieder aufrichten konnte, zog er das offene Buch vom Nachttisch zu sich. Er humpelte müßig und schwach zu seinem Arbeitsplatz, setzte sich auf den harten Stuhl und legte das Buch vor sich ab. Mit weiterhin unruhiger aber inzwischen gewohnter zittriger Hand, tauchte er den Federkiel in das Gläschen mit schwarzer Tinte, strich die Spitze am Rand ab und führte sie zum Buch. Seite um Seite schrieb er, bis er geschwächt die Feder aus seinen Fingern gleiten ließ. Mit einem fahlen Lächeln glitt seine Linke Hand unter den schweren Einband des Buches um es darauffolgend zu schließen. Der stark verblasste Titel: Gifte und ihre Wirkung – von Siegfried Reinbach...

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