Die harte Predigt.
Wer Herbert den Wirt die nächsten Tage besuchen geht, der wird von diesem vielleicht die Geschichte einer ganz besonderen Predigt hören. Eine Bande Banditen, die kurz zuvor wohl erst das Schaustellerlager eingenommen hatten, rechneten wohl nicht von der Trinkfreudigkeit eines örtlichen Wanderpredigers. Herbert, der sich in seinem Wagen versteckt hielt, wollte seinen alten Bekannten und Zulieferer noch warnen, doch als die Banditen den knarrenden, schwer mit Bier beladenen Karren nahen hörten, waren sie schon mit gezückten Messern in Bereitschaft. Scheinbar erwarteten die Banditen keine Gegenwehr von dem alten Mann auf dem Karren. Gröhlend fielen sie über den alten Mann her und bemerkten wohl zu spät, dass unter der alten grauen Mönchsrobe ein Schwert hervorblitzte. Als die ersten vier Banditen unsanft zu spüren bekamen, dass es weit weniger leicht werden würde das Bierfass auf dem Karren zu stehlen, wurde es wohl recht wild im Lager. Das Hacken, Hauen und Stechen wurde so übel, dass Herbert es sich nicht mehr ansehen wollte. Es dauerte sicher, da wird er wohl Stein und Bein drauf schwören, eine ganze Weile, bis Ruhe einkehrte. Er wird auch sicherlich gestehen, dass er schon zum Herrn Morsan beten wollte, da er nicht mehr glaubte, seinen alten Stammgast wieder zu sehen. Doch kurz darauf trat eben dieser alte Prediger durch den Eingang seines Wagens, blutend, schnaufend und mit frommen Worten auf den Lippen. Müde soll er ausgesehen haben, aber dennoch eindeutig am Leben! Er trank auch noch ein Bier mit dem Wirt Herbert, der sich kaum erklären konnte, wie das gerade geschehen war. Doch wird Herbert sicherlich auch besorgt erwähnen, dass er sich beim Trinken einen blutigen Lumpen auf die schwere Bauchwunde drückte. Beschämt wird er wohl aber auch zugeben, dass er bei all der Sorge um den verwundeten Alten nicht den nötigen Nachdruck aufbrachte, um diesen am Gehen zu hindern. Und als er an den Leichen vorrüber ging, sprach er für jene ein Gebet und gab ihnen die Worte mit: "Wer in Niedertracht und Habgier sein Schwert erhebt, wer keine Tugend und nur die Gier im Herzen trägt. - Der soll gerichtet werden von harter Hand. Recht ist's, dass ihr verfault.."
... Fragt man die Stadtwachen oder auch die Wachen von Dunquell,so haben sie an diesem Tage keinen blutenden Prediger gesehen.
... Unter pessimistischeren Geistern mag sich vielleicht das Gerücht breit machen, dass der alte Einsiedler von Gaisgeachs Stein gestorben sei. Wenngleich es keine Leiche gibt und die Blutspur sich im Schmelzwasser am Wegesrand verliert.
_________________ „Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist.“ – David Ben-Gurion
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