Edelbürger |
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Sie wälzte sich in ihrem Bett unentwegt von einer Seite auf die andere. Schlaf … ihr war dieser in jener Nacht nicht vergönnt. Doch warum? Allzu oft verlor sie sich auf Siebenwind des Nachts in Gedanken, sei es um die Erlebnisse des Tages zu reflektieren, Überlegungen anzustellen, oder ihre getroffenen Entscheidungen wider für wider abzuwägen. Hier, in der kleinen Stadt Sijada Manzil schien alles so befreiend. Einfache, aber durch Felas ausstrahlende Hitze, harte Arbeit. Sie musste sich nicht den politischen Spielchen und Querelen aussetzen, die auf Siebenwind zu oft den Alltag bestimmten. Weshalb fand sie dann aber keine Ruhe? Die nächtliche Wärme? Nein, sie spürte wie sich ihr Körper langsam den klimatischen Verhältnissen anzupassen schien und die Nächte waren erquickender als so mancher Tag, der ihr bei der Arbeit den Schweiß ins Gesicht trieb. So blieb nur eine Erklärung übrig, jene schwarze Flüssigkeit, die sie einige Stunden vor dem zu Bett gehen auf der Dachterrasse zu sich nahm. Teufelsgebräu, dachte sie sich nur, nie wieder würde sie auch nur einen Schluck davon zu sich nehmen und während sich ihr Unmut gedanklich auf eine so harmlos aussehende Tasse und dessen schwarzen Inhaltes fokussierte, verstrich die Zeit und die Nacht wandelte sich aufs Neue zum Tag.
Es half nichts, sie musste wieder aufstehen um nicht den Eindruck bei Fatma zu erwecken, sie würde ihren Teil des Handels nicht einhalten wollen. Sie trat die Stufen von der Dachterrasse hinab und schwenkte, nach dem durchschreiten der Gasse, nach rechts. Der kleine Brunnen in der Nähe des Wirtshauses sollte ihr für das kleine morgendliche Ritual ausreichend sein und so tauchte sie ihre Hände in das Wasser und begann sich zu waschen.
Nach einem kleinen Frühstück wandte sie sich der häuslichen Arbeiten zu. Die Schmutzwäsche wurde zusammengetragen und in der Nähe des Brunnens auf einem Haufen deponiert, dann die Waschwanne aufgestellt und Wasser mit einem Eimer aus dem Brunnen abgeschöpft, um die Wanne bis zur Hälfte zu füllen. Anschließend wurden die zum Teil verunreinigten und mitunter geruchsintensiven Kleidungsstücke in die Wanne befördert und unter Wasser gedrückt. Während sie darauf wartete, dass die Kleidung sich allmählich mit Wasser vollsog, spannte sie im Hof ein Seil zwischen einer der schattenspendenden Palmen und dem Mauerwerk des Durchganges, welcher Besucher zum Wirtshaus führte. Als sie sich dann wieder der Waschwanne zuwendete, sich auf den Boden niederließ und damit begann einzelne Kleidungsstücke zu greifen und zwischen ihren Händen zu reiben, um den Schmutz aus diesen zu entfernen, verengte sich ihr Blick und die Lippen formten sich zu einem schmalen Strich. Ihre Handlungsabläufe wurden energischer, was sich nicht zuletzt darin offenbarte, dass ihre Gesichtszüge umso verbissener erschienen, als sie die einzelnen Wäschestücke in ihren Händen in entgegen gesetzte Richtungen drehte, somit eine Spannung erzeugte und das überschüssige Wasser aus ihnen herauspresste. Ein stiller Beobachter, der sie nicht zu kennen vermochte, würde in ihr wohl eine einfache Magd sehen, die mit voller Inbrunst in ihren häuslichen Pflichten aufzugehen schien. Doch jene die sie kannten, würden vermutlich verunsichert von ihr zurückschrecken, da ihnen bewusst wäre, dass in ihrem gedanklichen Bild eben nicht jene Wäsche zum Vorschein kam, die sie so pfleglich „säuberte“. So schien der tiefe Atemzug, der nach vollendeter Arbeit erfolgte, auch keine sonderliche Verwunderung darzustellen und eher einen befreienden Charakter zu besitzen.
Schlussendlich wanderte die Wäsche auf das gespannte Seil und wurde an den seitlichen und unteren Enden durch Zupfen in Form gebracht, um einige Falten zu glätten. Das verbliebene Schmutzwasser der Waschwanne entsorgte sie sodann auf dem Feld, um die Pflanzen damit zu bewässern. Ihre nächste Tätigkeit bestand darin, die Ladefläche des Karrens mit einigen Strohballen zu beladen. Fatma besaß keine Tiere die es zu versorgen galt und die wenigen Bewohner Sijada Manzils die Viehzucht in Form von Ziegen und Kühen betrieben, siedelten am Randgebiet und dahin war sie im Begriff aufzubrechen. Sie trat zwischen das Gestänge des Karrens, griff mit ihren Händen zu beiden Seiten danach und setzte ihn mit einem leisen Ächzen und einem ruckartigen Zug in Bewegung. Das Rad bekundete ihren Weg in den südwestlichen Teil des Dorfes, in quietschender Art und Weise. Vorbei an den Marktständen der lauthals rufenden Händler, an den Wachen die sie wie üblich begrüßte, bis sie an den Zelten ankam, wo Amir und Nahil ihre Arbeiten stets im freien verrichteten, denn sie verstanden sich offenkundig darin das Schlachtvieh abzuhängen um es ausbluten zu lassen, sowie die Häute zu spannen und zu trocknen.
Sie hielt inne und ließ vom Karren ab. Ihr Blick folgte kurz den beiden flüchtigen Gestalten die sie grüßten, ehe dieser auf Sie gerichtet wurde. In jenem Augenblick verblasste in ihr das Gefühl der so befreienden Einfachheit der harten Arbeit und sie sah sich wieder mit der Realität konfrontiert, weshalb sie überhaupt in Ras Altanin verweilte.
Überrascht sah sie zu jener Frau, die vorrangig von Männern und in ihren eigenen Reihen zumeist aufgrund ihrer Handlungsweise belächelt wurde. Doch sie verbarg sich nicht, wie die meisten ihrer Zunft, hinter feinen Roben, prunkvollen Stäben und Wortgeflechten, die nur die eigene Untätigkeit zum Ausdruck brachten fernab eigener zweckdienlicher Befindlichkeiten, aus eigenem Antrieb und zum Wohl anderer zu handeln. Selbst wenn Ihr Hohn zuteil wurde, wankte Sie nicht und gleich ob Sie in ihren strebsamen Bemühen scheitern sollte oder nicht, war es die einfache Tatsache es versucht zu haben, eben jene, die Ihr ihre Wertschätzung einbrachte. Sie würde bei ihr stets auf offene Ohren stoßen, ein Wort der Aufmunterung finden und Zuspruch erhalten, dies gab sie Ihr einst zu verstehen. So mag es auch nicht verwunderlich erscheinen, dass sie Sie vor geraumer Zeit – trotz mancher Stimme der Vernunft, die versuchte sie davon abzubringen – damit betraute, die Möglichkeit eines magischen Behälters, für einen bestimmten Zweck, zu erforschen.
Ein kurzes Gespräch folgte zwischen beiden Frauen. Wenn in Sijada Manzil etwas gewiss war, dann der Umstand, dass der Wind Augen und Ohren besaß. So wurde sich augenscheinlich im Verständnis der Wachen über die karge Ergiebigkeit der angebauten Mais- und Getreidepflanzen unterhalten, während die dazwischen liegenden leisen Worte einem Austausch gleichkamen. Ein unbeschriebenes Buch wechselte den Besitzer und eine letzte Bitte wurde offenbart. Worte bestimmt für einen anderen, dann folgte der Abschied und sie setzte ihren Weg mit den Karren weiter fort.
Sie erreichte das letzte Haus am südwestlichen Stadtrand, an welchem das Gatter mit den Kühen angrenzte. Der Karren wurde in die Nähe der Hauswand geführt, ehe sie damit begann die einzelnen Strohballen von der Ladefläche zu hieven und sie auf dem Boden abzusetzen. Zuletzt wandte sie sich der Türe zu und klopfte mehrmals dagegen – erfolglos, sie blieb ihr wie die Tage zuvor verschlossen. So wurde ein Stück Pergament aus der Tasche genommen und gegen die Türe gedrückt, während sie mit der anderen den Kohlestift hielt und einige Zeilen zu Papier brachte. Es waren freundliche Worte, ein entrichteter Gruß im ortsüblichen Sprachgebrauch, ein Hinweis das sie Futter für die Tiere brachte, gefolgt von der Bitte, ihr Zugang zu den Gattern zu gewähren, um sich um die Tiere kümmern und ihn somit in seiner Arbeit unterstützen zu können. Das Pergament wurde gefaltet und zwischen den Türspalt geklemmt, sodass der Wind sich seiner nicht bemächtigen konnte. Danach trat sie mit dem Karren den Rückweg an.
Als sie in der Stadtmitte ankam, ließ sie abermals vom Karren ab und trat an den dort befindlichen Hauptbrunnen von Sijada Manzil. Die Hände wurden in das erfrischende Nass getaucht, ehe sie sich voranbeugte und mit den Händen etwas Wasser schöpfte um einen Schluck zu sich zu nehmen und im Anschluss ihr Gesicht und den Nacken zu befeuchten. Dann wandte sie ihren Blick hinüber zur Gerberei.
Ihr war der Besitzer der Gerberei nicht bekannt, doch Fatma erzählte ihr von dem Gehilfen welcher dort tagtäglich seine Arbeit verrichtete, man nannte ihn dem schweigsamen Yussuf. Kein Wort drang je über seine Lippen, seine Blicke wirkten stets ausdruckslos. Einzig seinem ständigen Begleiter in Form eines jungen Hundes, welcher immer verspielt wirkend mit wedelndem Schwanz um seine Beine lief, wurden versonnene und freundliche Blicke zugewandt. Würde sie es vielleicht schaffen ihm Worte entlocken zu können, wenn auch nur ein einziges oder einen einzig versonnenen Blick erhaschen, welcher nicht nur seinem jungen Hund galt? Es weckte einmal mehr diesen unbeschreiblichen Reiz in ihr, es in Erfahrung bringen zu wollen und als sie sich wieder ihrem Karren zuwandte und ihren Rückweg zum Wirtshaus fortsetzte, legte sie ein freundliches Lächeln auf, grüßte ihn und winkte ihm mit erhobener Hand zu. Eine Reaktion seinerseits blieb wie zu erwarten aus, doch sie gab sie nicht geschlagen und in ihr keimte der Gedanke dies Tag für Tag wie einen Ritus zu vollziehen, immer wenn sie an der Gerberei vorbei kommen sollte.
Mit dem Karren im Schlepptau erreichte sie schlussendlich das Wirtshaus. Er wurde an seiner üblichen Position an der Ecke der Hauswand abgestellt und sie kehrte im Anschluss in die Gastube ein. Dort wandte sie sich sogleich dem mit blauen, blickdurchlässigen Vorhängen versehenen Separee zu, ließ sich auf eines der Kissen nieder und legte das Buch vor sich auf den Tisch. Mehrmals glitt ihre rechte Hand über den schlicht gehaltenen Bucheinband, ehe sie das Buch aufschlug und sich ihr Blick auf der ersten leeren Seite verlor.
Bücher … sie waren im Laufe der Zeit ein Teil ihres Lebens geworden. Wie viel gewonnene Erkenntnisse verblassten in den vielen Götterläufen der Geschichte Siebenwinds. Erkenntnisse über Personen, Ereignisse von geringer wie auch umfänglicher Tragweite, aber ebenso die Geschichten der einfachen Menschen, die ihre Sicht der Dinge meist in fantasievollen Beschreibungen zu Wort gaben. Kaum eine Seele vermochte davon noch zu berichten und im schlimmsten Fall waren viele dieser Erkenntnisse unwiederbringlich verloren gegangen. So empfand sie es als notwendig und wichtig ihren Beitrag zu leisten und dergleichen auf Papier zu bannen, als Zeugnis der Erinnerung, als Bereicherung des Wissens, aber gleichfalls als Mahnung vor dem Fehl, welcher mit vielen Handlungen einhergehen konnte und dessen Gelehrigkeit nicht minder in neu zu treffenden Entscheidungen Einzug halten sollte.
Ein Kohlestift wurde aus ihrer Tasche gezogen und so begann sie die erste Seite des leeren Buches mit einigen Zeilen zu füllen. Es folgten Skizzierungen die mit Randvermerken unterlegt wurden. Ein geschultes Auge würde in ihnen mehr einen strategischen Nutzen erkennen, anstelle einer gewisser Schönheit, oder einem gesegneten Talent des Zeichners. Wenngleich andere Skizzierungen wiederum von einem strategischen Nutzen weit entfernt schienen … oder welche tiefere Bedeutung hätte wohl die Zeichnung eines handgroßen Eies mit Einbuchtungen an der oberen Schale und faserartigen Ausläufern an dessen Seiten, die mit dem Randvermerk „Kokosnuss“ und „harte Schale“ versehen sind?
Nach geraumer Zeit klemmte sie den Kohlestift zwischen die Seiten des Buches und schlug jenes zu, ehe sie sich wieder von ihrem Kissen erhob. Die Dämmerung hatte bereits eingesetzt und kündigte vom Ende des heißen Tages an. So machte sie sich erneut auf den Weg zur Stadtmitte von Sijada Manzil und ließ sich auf den Rand des Brunnens nieder, ehe sie ihr Buch erneut öffnete. Ihr Blick schweifte durch die nähere Umgebung, fing die Merkmale und Besonderheiten ihres Umfeldes ein, ehe er sich erneut auf die Buchseiten fokussierte und sie ihre Skizzierungen fortsetzte.
Ein hörbares Gespräch erregte ihre Aufmerksamkeit, als sie wieder ihren Blick anhob und sich dessen gewahr wurde, was ihr seit dem Tage ihrer Ankunft auf Ras Altanin beobachten konnte – eine Wachablösung. Das Gespräch verebbte als man ihren Blick bemerkte. Sie wiederum schenkte den Wachen ein freundliches Lächeln, einen üblichen Gruß und wandte den Blick wieder auf ihr Buch ab. Die Bedeutung hinter dem Verhalten der Wachen war ihr nur allzu gut bekannt. Seit sie einen Fuß auf diese Insel aufsetze, verfolgten sie stets im Nacken misstrauische und beobachtende Blicke. Sie glichen dem Zwitschern von Vögeln welches, getragen vom warmen Wüstenwind, an das Gehör eines Raben drangen, eben jenes, der sich am Tage ihrer Ankunft entschuldigen ließ, dem Meister der Schlangen. Obgleich sich die Endophali’s in Gastlichkeit zu rühmen wissen war ihr bewusst, dass es weit mehr als Worte erfordert, um Vertrauen erlangen zu können und so mühte sie sich seither darum, bis sich der Klang im Zwitschern der Vögel wandeln würde und es für sie das Zeichen wäre, dass der Rabe sein Nest verlässt, um sich einem anderen Raben zu offenbaren.
Abermals wurde sie in ihrer Tätigkeit unterbrochen, als ein Sklave am Brunnen Rast machte und sie grüßte. Eine eher drahtige und schmächtige Gestalt die vor der Brust einen Korb mit sich trug. Sie erwiderte jenen Gruß, doch beließ sie es nicht dabei und so kamen sie ins Gespräch. Er wollte Tränke für seinen Meister abholen, welcher erkrankt sei. Die nähere Frage hinsichtlich der Tätigkeit seines Meisters offenbarte ihr die Erkenntnis, dass er sich der Alchemie und der Erforschung der Schriften in den Sanden von Ras Altanin hingegeben habe. So erkundigte sie sich, ob sie ihn begleiten dürfte – er willigte ein, merkte jedoch an, dass sein Meister aufgrund seiner Krankheit kein Gastgeber sein konnte, was sie zur Kenntnis nahm.
Sie erreichten das Wirtshaus und dem darauf folgendem Gespräch zwischen Fatma und dem Sklaven konnte sie nur schwer folgen. Wenngleich ihr einige der Worte in ihrer Bedeutung mittlerweile vertraut waren und sie es auch ansatzweise verstand, die Mimik und Körpersprache des Sklaven im Gespräch zu deuten, blieb ihr das vollumfängliche Verständnis der Worte verwehrt … bis ein Name fiel … Nemekath.
Diese hagere Gestalt war also der Sklave jenes alten Mannes, der nach dem Wissen um die Kultur der Echsen auf ihrer Insel suchte und welchem in den Augen der Magier bei der einstigen Zusammenkunft im Ordenshaus der Kirche mit Misstrauen begegnet werden sollte, weil er wohl einem Echsenkult angehörig wäre. Doch welchen Echsen denn genau? Einem Schreiben an der Akademie der Arkanen zufolge, waren ihm die siebenwindschen Schuppentiere fremd, könnten es ihres Verständnisses nach also jene Kreaturen sein, die ihr als Lindwürmer bekannt waren?
Sie begleitete den Sklaven zurück, bis zum Haus seines Meisters, wo sie sich letztlich verabschiedeten. All diese kurze Zeit mit ihm, vermittelte er ihr einen besorgten Eindruck um das Wohl seines Meisters und abermals ergriff sie ein kurzer Gedanke über die ihr bekannte Intension des blinden Mannes. Waren sie nach galadonischen Verständnis her wirklich nur einfache Sklaven, geknechtet und der Selbstbestimmung beraubt, oder steckte nach dem endophalischen Verständnis her mehr Bedeutung hinter diesem so negativ behafteten Wort?
Ihre Gedanken kreisten auf dem Rückweg um die Erkenntnisse jenes Abends. Was würde mit dem Sklaven geschehen, wenn sein Meister der Krankheit erliegen würde? Welche Auswirkungen hätte dies für Sijada Manzil und nicht zuletzt auch für die Aufgabe, weswegen sie hier verweilte? In ihrem Volksmund bezeichnete man solche Personen wie ihn als Gelehrte und hinsichtlich ihrer bisher gewonnenen Erkenntnisse und Beobachtungen, schien er hier unter den ohnehin schon recht wenigen Bewohnern der einzige zu sein. Gleich ob man ihm mit Misstrauen begegnen sollte, war es immer noch ein Vitama gefälliges Leben und ob seines betagten Alters würde er vermutlich ohnehin nicht mehr viele Götterläufe erleben, doch sollte dies ihrer Auffassung nach nicht durch einer Krankheit geschehen und so traf sie eine Entscheidung.
Wieder im Wirtshaus angelangt, zog sie sich in ihre Gemächer zurück, ließ sich auf den Hocker am Tisch nieder, schob das Tablett beiseite und nahm Pergament und Feder zur Hand. Mit jedem getätigten Federstrich wichen die weichen Züge aus ihrem Gesicht und hinterließen jene ihr zu eigen gewohnte ausdrucklose Miene.*Die Ränder des Pergamentes scheinen etwas von Feuchtigkeit angegriffen zu sein, doch die Zeilen sind nach wie vor lesbar.* hat geschrieben: Ehre ihren Majestaeten, Hochwuerden Celedelair.
Ich schreibe Euch in einem dringlichen Anliegen, dessen Auswirkung zuweilen noch nicht abzusehen ist. Der Gelehrte, namentlich bekannt als Nemekath, ist erkrankt.
Sijada Manzil, wie diese kleine Stadt von den Bewohnern genannt wird, beherbergt augenscheinlich keine Person, welche sich ausgiebig in der Heilkunst versteht und meine eigenen Kenntnisse, sind maßgeblich auf die Behandlung von Kampfverletzungen begrenzt.
Die Schwierigkeit besteht darin herauszufinden, welche Krankheit er sich in diesen uns fremden Gefilden zugezogen hat und welcher groeßeren Gefahr er sich aufgrund seines betagten Alters ausgesetzt sieht.
Da ihr Euren Dienst an Astrael und den Bewohnern der Baronie in Brandenstein verrichtet, moegt Ihr vielleicht einen geschulten Heiler kennen der genuegend Wissen und Erfahrung vorzuweisen hat, sich dieser Aufgabe stellen zu koennen.
Solltet Ihr eine solche Person kennen, oder finden und jene darin hadern die Reise zur Dracheninsel anzutreten, dann gebt Ihr zu verstehen, dass nicht minder ein Vitama gefaelliges Leben von seiner Entscheidung abhaengen mag und die Baronie seinen Einsatz entsprechend in barer Muenze zu honorieren wisse.
Er soll jedoch Hand- und Mundschutz mitfuehren.
Um eine wohlbehaltene und sichere Ueberfahrt zu gewaehrleisten, soll Knappe Wanderstern den Heiler begleiten. Er mag mich somit gleichwohl persoenlich ueber die Fortschritte der Maßnahmen zum Schutz der Provinzen der Baronie in Kenntnis setzen.
Der Faehrmann wird beide im Hafen Brandensteins erwarten.
Wenngleich ich derzeit nichts ueber das Krankeitsbild auszusagen vermag, bitte ich Euch ebenso darum, einen Korb mit etwas Obst – Aepfel, Birnen, Trauben und Kirschen – und Gemuese – Kartoffeln, Tomaten, Salat und Kohl – mit auf den Weg zu schicken, da dergleichen Nahrungsmittel hier nicht angebaut werden und hoechstens ueber den Handel ihren Weg hierher finden. Vielleicht mag diese Kost der Genesung Nemekath's zutraeglich sein, der Heiler wird es schlussendlich nach seinem getroffenen Befund zu entscheiden wissen.
In den kommenden Tagen erhaltet Ihr einen vorlaeufigen Bericht ueber meine bisherigen Beobachtungen und Erkenntnisse. Ihr moegt jenen an die entsprechenden Stellen weiterleiten, wie einst auf der Zusammenkunft vereinbart.
Ein letztes noch. Solltet Ihr, oder eine andere Person, mir ein Schreiben mit brisantem Inhalt ueber einen Boten zukommen lassen wollen, so rate ich dringlichst davon ab.
Der Wuestenwind hat Augen und Ohren.
*schlichtes Signum*
~ Galthana ~
Sie legte die Feder beiseite und rollte das Pergament zusammen, dann schweifte ihr Blick suchend durch den Raum und haftete sich an eine der Kokosnüsse. An diesem Abend begann sie zum ersten mal ein Nahrungsmittel einem anderem Zweck zuzuführen, als für was es selbst gedacht war und so durchstieß sie die Einbuchtung am oberen Ende der Nuss, leerte ihren wässrigen Inhalt bis zum letzten Tropfen und friemelte das kleine zusammengerollte Pergament in die Öffnung, bis es in dessen Hohlraum verschwunden war. Dann machte sie sich auf den Weg zum Hafenbecken.
Dem siebenwindschen Fährmann stellte sie sich vor, gab ihm in angemessener Entfernung zu den Hafenwachen mit eindringlichem Blick leise zu verstehen, dass er die Kokosnuss auf direktem Weg nach Siebenwind zum Ordenshaus der Kirche und in die Hände des Hochgeweihten Celedelair’s überstellen sollte und dieser sie vorsichtig zu öffnen hätte. Im Hafen sollte er dann auf die Ankunft von zwei Passagieren warten. Sie versicherte sich seiner unversehrten Abreise und wandte sich zuletzt wieder vom Hafen ab, als die kleine Fähre am Horizont verschwunden war.
Und so begann die Reise einer zweckentfremdeten braunen, handgroßen Nuss über das Meer.
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