Erneut dämmerte ein Hellzyklus herauf. Er gürtete sein Schwert um sich und trat aus dem Zelt. Schon von weitem konnte er die Rufe hören: DER FEIND HAT EIN FORT ERRICHTET!!! Er rieb sich die Augen…konnte das war sein? Wie war dies möglich, da doch die ganze Nacht hindurch der Waldrand von den Gesindelkriegern und Orken berannt worden ist? Wie beim heiligen Schwerte Bellums ist wie aus dem Nichts eine Befestigung entstanden.
Er ging nach vorne…. als er durch den Tunnelausgang in die wogende, lärmende Schlacht trat hatte sich die Situation verschlechtert: An einigen Stellen war die Palisade eingerissen, doch wurden die Lücken in der Verteidigung rasch ergänzt. Er ging rasch weiter vor… „Feldhauptmann! Ich wünsche, dass alsbaldigst das Bombardement auf die feindliche Feste einsetzt!“ Der Lehnsherr selbst kam in seiner glänzenden Rüstung mit offenem Visier auf den Hauptmann zu: „Doch verschafft euch erst selbst ein Bild von der Lage“ … weiter nach vorne… dort stand sie… eine kleine Festung der Jünger des falschen Götzen…. innerlich brachte ihn dieser Anblick auf… sogar Skelette schienen Handwerklich bessere Begabungen zu haben als es bei Zwergen oder Elfen der Fall ist, doch gegen Stein und Feuer mochte auch diese Feste nicht ankommen…. eine Linie hatte sich vor der Feste formiert, irgendein Ritter brüllte dem Anführer der Dunklen eine zornige Herausforderung zu. Wahrscheinlich Randur, schoss es dem Hauptmann durch den Kopf; doch würden erst die Steine um ihn herum einschlagen, würde er schon den Rückzug antreten…. Der Hauptmann wandte sich um und sammelte im Zurückgehen ein paar seiner Soldaten ein. Ein Katapult wurde von ihnen an das Massiv herangeschoben, um die zusätzliche Distanz zur Feste zu gewährleisten. Zusammen mit einem Gefreiten und einem Rekruten jagten sie Stein um Stein über den Splitterfelsen Richtung des Forts…. berobte Gestalten schlichen mit unbehaglichem Blick auf das feuernde Katapult an ihnen vorbei, doch der Hauptmann nahm fast keine Notiz von jenen, zu sehr war er auf sein Werk konzentriert…. Doch da! War das nicht diese unselige Hexe Esther? Er mochte sich getäuscht haben – schon löste er den Mechanismus des Katapults erneut aus und ein weiteres Geschoß sauste Richtung Feind. Ein Zwerg kam angestapft: „Braucht ihr Hilfe? Ich hab eine Idee!“ Der Hauptmann war überrascht: Ein Zwerg, dem man nicht erst das Blaue vom Himmel herunterversprechen muss, ehe er auch nur einen seiner Finger für eine gerechte Sache krümmt? Noch eher der Hauptmann sich besann, ob dies sein Geburtstag war, trat ein weiterer Zwerg hinzu und die beiden fabrizierten mit der Laterne des Hauptmanns und ein paar Stofffetzen ein Brandgeschoss. Das Geschoss wurde angesteckt, als der Ruf ertönte DAS LAZARETT BRENNT!! DIE UNGLÄUBIGEN HABEN DAS LAZARETT NIEDERGEBRANNT!!!!, wurde das Katapult wieder ausgelöst und das Brandgeschoss rauschte davon, dem Feinde Tod und Vernichtung bringend. Kurze Zeit später erhellte ein Feuerschein den Horizont hinter dem Massiv und der Schlachtenlärm schien nachzulassen und Jubel war zu hören…. das Fort des dunklen Gezüchts war zerstört!
Grimmige Befriedigung huschten über das Gesicht des Hauptmanns; das Lazarett würde man bald neu errichten, doch das Fort war gefallen! Wieder ging er nach vorne und versuchte sich einen Überblick zu verschaffen: an ein Weiterkommen war nicht zu denken, die Krieger waren viel zu verstreut. Ein kleineres Unternehmen mit Hilfe einer gut organisierten Gruppe wäre noch zu schaffen, dachte er als die Gefreite Inetra angestolpert kam: „Feldhauptmann… Esther, diese falsche Schlange….sie ist eine Feindin, ich sah sie, wie sie die Feste betrat, ich habe sie genau erkannt!“ Der Hauptmann nickte – später würde er sich ihrer gebührend annehmen. Er trat zu Kurga, dem großen Führer der Nortraven. Einen Vorstoß entlang des Massivs sei zu erwägen, sie berieten das gemeinsame Vorgehen der Nordkrieger und der loyalen Soldaten, als Freischärler und Zwerge eine weitere ihrer hirnlosen Attacken gegen das brennende Fort und den nun auch brennenden Wald dahinter vortrugen.
Sie sammelten sich am Fels, Galadonier und Nortraven. Die beiden Führer nickten einander zu und diszipliniert rückten sie nach Süden als von dort eine große Zahl jaulender Dämoenen herankreischten. Nordische und galadonische Flüche, Verwünschungen und Herausforderungen vermischten sich mit dem Jaulen der Dämonen und dem Kampfeslärm als ein Dämon nach dem anderen hingestreckt wurde. Doch für jeden erschlagenen schien mindestens ein Neuer aufzutauchen. Heute war ihnen kein Glück an dieser Stelle beschieden, dachte der Hauptmann, als er hinter sich den Schrei einer Frau –SEINER FRAU!- hörte, die gerade zu Boden gegangen war, noch ehe er sie erreichte, war der tapfere Dagnar bei ihr und begann sie zu versorgen: „Nicht so schlimm“ brummte er den Hauptmann an, „sorgt einfach dafür, dass ich sie in Ruhe verarzten kann“. Der Hauptmann und zwei hinzugeeilte Tempelwachen antworteten mit entschlossenem Nicken. Zahllose Knochenkrieger streckten sie hin, keine kam an die Verletzte heran, bis Dagnar fertig war und Cyria wieder auf beiden Beinen stehen konnte. Der Hauptmann brüllte nach Kurga, doch auch die Nordleute hatten bereits erste Verwundete, die Streiter wichen zurück, fest entschlossen, es dem Feind man nächsten Tag doppelt heimzuzahlen.
Auf der eigenen Seite wieder nahm der Hauptmann endlich den Helm ab und steckte sein Schwert wieder in die Scheide, doch was war das? Die Hexe Esther stand völlig ungeniert in der Gegend herum, ein munteres Schwätzchen mit Arianka führend. Das war zu viel für den Hauptmann der heute genug mit ansehen musste, was ihresgleichen angerichtet hatten.
Er stellte sie zur Rede und brachte die erneuten Anschuldigungen gegen sie vor, Sir Athos saß unweit daneben im Gras und hörte zunächst schweigend zu. Die Worte dieser Hexe waren wie Gift, sie wusste nicht alles, doch alles besser, sie wagte es vom Hauptmann Rechenschaft abzuverlangen und frevelte den Göttern allein schon durch Anrufung ihrer Namen aus ihrem falschen Munde; sie log vor, nur ein armes kleines Mädchen zu sein und stimmte ihre übliche weinerliche Leier an, mit der sie schon Sire Reincan um ihren Hexenfinger gewickelt hatte. Hochmütig forderte sie Gerechtigkeit und wies ihre Schuld zurück, sie bereute nicht einmal ihre Missetaten! Der Hauptmann erinnerte sich an eine Textpassage aus einem weisen Buch, dass er zu Studentenzeiten einmal gelesen hatte:
Wer zugrunde gehen will, der wird zuvor stolz; und Hochmut kommt vor dem Fall
Ein heilloser Mensch gräbt nach Unheil und in seinem Munde ist´s wie brennendes Feuer
Ein falscher Mensch richtet Zank an und ein Verleumder macht Freunde uneins
Ein Frevler verlockt seinen nächsten und führt ihn auf keinen guten Weg
(frei nach Sprüche 16;18 und 16;27-29)
Athos erhob sich und verkündete seinen Entschluss: Esther sei nach Brandenstein zu bringen und dort zu inhaftieren, ein geistlicher soll sich ihrer annehmen. Athos mochte ein guter Mann sein, doch diese Entscheidung bereitete dem Hauptmann innere Schmerzen: NOCH eine Inhaftierung? NOCH eine weitere Lüge aus dem Mund dieser Freien? NOCH ein weiterer Frevel gegenüber den Geweihten, dem sie ihre Unschuld vorlügen würde? Der Hauptmann hatte seinen Entschluss längst gefällt, als Athos davonritt. Der Hauptmann gab kurze Befehle, die verlässlichen Gefreiten Inetra und Rahel packten zu, bald ward die Hexe gebunden und an den Sattel des Pferdes mit einem langen Seil gefesselt. Cyria reichte ihm eine Fackel und sie machten sich auf den Weg Richtung Brandenstein. Dieser Dunkelzyklus war schwärzer als sonst dachte er, als sie vom Weg ab in den Wald hinein bogen. Das Pferd trabte gemächlich, der Hauptmann ignorierte schlicht das Gestolper und Geheule der Hexe….sie kamen zu einer Lichtung….hier würde es zu Ende gehen. Der Hauptmann saß ab und die Gefreiten bereiteten alles vor: Rahel schien noch eine Rechnung begleichen zu wollen und versetzte der Hexe einen Schlag ins Gesicht, Inetra richtete sie rasch auf. Der Hauptmann zog seine Klinge und hob sie zu einem letzten Schlag. Esther reagierte nicht mehr, wie eine Wahnsinnige flüsterte sie Worte zu Versen in einer dem Hauptmann unverständlichen Sprache…ihr Götze wird sie schon erwarten, war sein Gedanke, als es zu regnen begann. Die Klinge sauste herab und trennte den Kopf mit einem Schlag vom Rumpf ihres Körpers. Eisiger Schauer durchkroch die Glieder des Hauptmanns, unfähig war er sich einige Augenblicke nach dem Schlag zu bewegen. Rahel, der vor ihr gestanden hatte wischte sich die Blutspritzer aus dem Gesicht, der abgetrennte Kopf starrte mit leblosen Augen in den Nachthimmel. Wegbringen sollten sie die Überreste der Hexe und kein Mensch solle je ein Zeugnis von ihr finden. Die Gefreiten taten, wie ihnen befohlen, und zerrten die Leiche hinfort in die Dunkelheit des Waldes.
„In nomine deorum, regis et imperii actum est de unum hostes hodie.“
Der Hauptmann schwang sich auf sein Pferd und trabte durch die Dunkelheit zurück.
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