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 Betreff des Beitrags: Ein Blatt im Wind
BeitragVerfasst: 25.06.06, 01:40 
Einsiedler
Einsiedler

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Es stank irgendwie.
Sie schnupperte prüfend an dem Kissen herum, verzog ihr Gesicht vor Ekel, ehe sie zu ihrer Tasche griff und hörbar von dem Bett hinabsprang - wenn sie schon dank dem Muff in diesem verlausten Obdachlosenheim nicht schlafen konnte, dann sollten es die übrigen auch nicht können. Mit einem genervten Brummen stieg sie die Stufen hinab, trat die Tür ruppig und wieder bemüht hörbar auf und hinaus in das nächtliche Vitamalinviertel.
Vitamalinviertel.
Höhnisch grinste sie auf, richtete ihren Blick auf zu den Monden. Eine Beleidigung für den Vitamalin und auch zu den anderen beiden hätte dieser Ort nicht gepasst. Das hier war Tare, blieb Tare und Tare war eben ein dreckiger, verwanzter Ort, auf dem die Dummheit grassierte, ganz besonders auf dieser Insel.
Einen kleinen Stein vor sich herkickend schlenderte sie zu dem Steg hinüber und liess sich am Rande nieder, ehe sie sich dann auf ihren Rücken legte, die Arme unter ihrem Kopf verschränkt und hinauf sah in den Himmel. Der silbrigleuchtende Astreyon, der stets hinter Wolken verschleierte Vitamalin und irgendwo dort, wo der Nachthimmel so unsagbar finster erschien, dort musste er sein, ihr Mond.
'Gib mir mehr Macht', flüsterte sie in ihren Gedanken, schloss dann ihre Augen und lauschte den leisen, verheissungsvollen Einflüsterungen, während sich ein versonnenes Lächeln auf ihre Züge stahl.
Ideen, Gedanken - was wäre wenn...? Das Lächeln wandelte sich allmählich in ein geradezu unheilvolles Grinsen. Diese Insel war zwar ein grässlicher Ort, aber es gab einige Möglichkeiten, mit denen sie sich auf für sie recht amüsante Art und Weise die Zeit hier vertreiben konnte.


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BeitragVerfasst: 27.06.06, 00:51 
Einsiedler
Einsiedler

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Atem dicht und warm ihr Ohr mit leisen Worten schmeichelnd.
... Das war alles nur geheuchelt.
Sanft streichelnd fährt eine Hand über die Haut.
... Nur ein Spiel.
Zart die Küsse, geborgen in seinen Armen ruhend.
... Nur solange sie von Nutzen war.

Blut ergoss sich über die Szenerie, tauchte sie in ein tiefes Rot.
Sein Blick brach, während sie den Dolch, an dem träge sein roter Lebenssaft entlanglief, wieder aus ihm zog, ehe dann die Ranken verdorrten und trocken zu Boden fielen, mit ihnen sein lebloser Körper.
Die Lektion hatte sie schmerzlich gelernt und sie trieb weiter im Wind, Richtung Westen.



'Ach, trauerst du?'
Sie verneinte. Eilig und bemüht flammte der Hass in ihrem Inneren auf.
'Gut.'
Sie spürte den stillen Fluch.
'Warum? Das weisst du doch selber.'
Natürlich, Schwäche - ideal, um wieder die Kontrolle über sie zu erlangen.
'Na bitte. Tu doch nicht so dämlich - du kennst meine Gedanken und ich deine.'

Mit offenen Augen lag sie da, starrte müde hinauf in den Nachthimmel und wartete, dass er endlich verstummte, sie endlich ruhen liess.


Zuletzt geändert von Schattenkind: 27.06.06, 01:10, insgesamt 1-mal geändert.

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BeitragVerfasst: 2.07.06, 02:18 
Einsiedler
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Kaum, dass sich die Monde verzogen, nahm die Stimme in ihrem Inneren wieder an Kraft auf, das stete, leise Flüstern begann erneut, hämisch und spottend.

Sie hatte selber gemerkt, dass ihre Lügengebilde nicht hielten, zu bröckeln begannen... oder war es die Einsamkeit?
Blinzelnd starrte sie von ihrem Bett aus schlaflos zur Decke hinauf.
Eigentlich war sie nie einsam. Permanent musste sie sich die Worte ihres ständigen Begleiters anhören, seine Drohungen, seine verheissungsvollen Einflüsterungen. Mal tobte er, mal lullte er sie mit seinen süssen Worten ein und wenn sie nicht aufpasste, ergriff er gar die Kontrolle über sie, verdrängte ihr Bewusstsein für den Augenblick, ehe sie wieder zu sich kam und meist nur noch gerade genug Zeit zum Fliehen hatte.
Sie hasste diese Ohnmacht und doch war es das Bündnis, was ihr Macht gab.
Nur um welchen Preis?

'Schweig, bitte, schweig endlich!' bettelte sie in Gedanken, während ein leises Kichern durch ihren Kopf hallte, sie ihre müden Augen langsam schloss und ein letzter, eigener Gedanken aufkeimte, kurz bevor der ersehnte Schlaf sie übermannte - Beherrschung und Kontrolle über ihn.


Zuletzt geändert von Schattenkind: 2.07.06, 02:54, insgesamt 1-mal geändert.

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BeitragVerfasst: 12.07.06, 23:30 
Einsiedler
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Leise knackte das kleine Feuer auf der weiten Waldlichtung, während sie am Boden mehr lag als sass und sich an einen umgestürzten Baumstamm lehnte, den Blick aus müden Augen auf die in der Dunkelheit der Nacht tanzenden Flammen gerichtet.
Gedanken huschten unstet durch ihren Kopf.
Vielleicht war es ein Fehler gewesen, dass sie begann sich allmählich zu öffnen. Aber andererseits hatte sie es satt - ständige Einsamkeit, die einzigen, die ihr nahe kamen, waren Wesenheiten, die nicht mal körperlich existierten, teilweise nicht mal einen komplexen Verstand hatten.

Sie hatte die Einsamkeit für einige Tage gesucht. Ruhe suchte sie, Zurückgezogenheit, um Klarheit über ihren künftigen Weg zu finden.
Sie war ein Blatt, was haltlos im Wind trieb.
Ihre Ahnen jedoch hatten ihren Halt gefunden - in ihrem Stamm, der einst noch stark war und nicht aus wenigen zahnlosen Alten bestand, die sich mühevoll an ihren allmählich in Vergessenheit versinkenden Traditionen klammerten.
Sie dagegen hatte im Grunde nur sich und ihre Ziele, an denen sie so leicht scheiterte, dazu noch einen widerspenstigen Geist, der mit Freuden immer wieder ihren Körper zu übernehmen trachtete und sie dann wieder zurückkehren liess, nur damit sie das Chaos, was sie dank ihm angerichtet hatte, erschrocken begutachten durfte.
Nein, das musste ein Ende haben.

Kontrolle über ihren Geist war nun das Ziel, was sie erlangen wollte. Er sollte ihr gehorchen - niemals umgekehrt.
Traditionen - wie nun, fragte sie sich, konnte sie das, was sie erlernt hatte - sowohl von ihrem Vater, als auch von ihrem Meister - umsetzen, miteinander vereinbaren, ohne, dass sie die Gegebenheiten der Gegenwart ausser Acht liess.
Würde er, der Sohn der Mutter, ihr helfen können? Aber es fiel ihr noch immer, trotz des vertrauten Gesprächs, schwer, ihm gänzlich zu vertrauen. Nicht ohne Grund hatte sie ihm ein Haar stibitzt und es verwahrt.

Schmerzhafte Erinnerungen stiessen angenehmere Gedanken beiseite. Erinnerungen an Betrug, Verrat, an den Moment der Genugtuung und an zunehmender Härte.
Sie schloss ihre Augen, lehnte den Kopf an den Baumstamm und lauschte nur noch still den Stimmen, die auf sie einredete - redet ihr nur...


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BeitragVerfasst: 14.08.06, 02:46 
Einsiedler
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Wieder diese Höhle - heisser, feuchter Dampf schlug ihr entgegen, Wasser rauschte und wenige Lichter brannten, tauchten so die Quellhöhle in ein heimeliges Licht.
Wieder war er ihr so nah, seine Küsse auf ihrer nackten Haut, seine Hände strichen darüber hinweg und leise schwor er ihr mit sanften Worten seine Liebe. Tiefe Zufriedenheit und nach so langer Zeit auch ein ungewohntes Gefühl von Glück erfüllten sie.
Sie öffnete ihren Mund, wollte seine Worte erwidern, doch dann riss irgendwas den Boden unter ihren Füssen weg, Wasser schwappte über sie, verzweifelt wollte sie noch nach ihm greifen, doch sie fiel und fiel... immer tiefer hinab, während das Wasser ihr die Luft zum Atmen raubte. Laut wollte sie seinen Namen schreien und um Hilfe rufen, fühlte aber nur, wie ihre Lungen mit Wasser gefüllt wurden.
Dann endete das Fallen - sie trieb auf einem dunklen, weiten Ozean, sah starr und leblos hinauf zum grauen, bewölkten Himmel, der sich mehr und mehr verdunkelte.
Hände, nein, Krallen griffen nach ihrem blossen Körper, gruben sich tief und schmerzhaft in ihren Leib, während sie aus dem Wasser gezogen wurde, hinauf zum Himmel, dessen finstere Wolken sich nun auftaten, den Nachthimmel entblössten, bar jeder Sterne und weiter hinauf zu ihrem Mond, dem Dorrayon. Leblos, tot wurde sie ohne jegliche Gegenwehr ihrerseits hinaufgezogen.
Sie starrte reglos in die Finsternis des Mondes, ehe sich eine dunkle Gestalt von ihm löste. Mit süsslichklingender Stimme sprach er zu ihr, strich seltsam sanft mit kalten, rauhen Händen über ihre Haut, schwor ihr seine Liebe und trug dabei ein bekanntes, verhasstes Gesicht, was sie zuletzt in Grenzfest sah.
'Du gehörst doch mir', säuselte er ihr zu und packte sie dann mit beiden Klauen an ihrem Hals, legt seine kalten, blauen Lippen auf ihre und küsste sie schmerzhaft, während sie spürte, wie ihr Herz wieder langsam zu pochen begann.
'Nur mir', sprach er erneut zu ihr und sah aus seinen leeren Augenhöhlen in ihre Augen hinab, 'ich werde nicht zulassen, dass er mit dir glücklich wird.'
Er deutete hinab, sie wandte ihren Blick hinab zu Tare und sah ihn, wie er hinaufsah zu ihr und ihrem toten Begleiter.
'Aber ich werde ihn nicht beseitigen', sprach ihr Gefährte ausgesprochen sanft, 'das wirst du für mich tun, meine Liebste.'
Stiche in ihren Körper und ehe sie sich versah, erkannte sie Fäden an ihren Gliedmaßen daran. Lachend liess er sie an die Fäden hinab, führte sie wie eine Marionette.
'Und nun gebe ihm das, was Leuten wie ihm gebühren - den reinigenden Feuertod!'
Sie spürte unweigerlich, wie eine dunkle Macht sie beflügelte, feurige Schlangen wanden sich rund um ihren Leib, schnappten fauchend und knisternd in seine Richtung, ehe sie, geführt von den Fäden, auf ihn deutete und sich die Schlangen zischend lösten, auf ihn zurasten.
Sie schrie auf, als sie sah, wie das Feuer ihn erreichte und...


Schreiend erwachte sie und zitternd setzte sie sich auf dem Fell auf, schlang ihre Arme um sich und sah ängstlich umher, dann zu ihm hinab, rutschte nah an ihn ran und flüsterte mehrmals seinen Namen, während sie in ihrem Inneren eine Stimme nachhallen hörte: 'Du gehörst mir.'


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BeitragVerfasst: 7.11.06, 01:58 
Einsiedler
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Beiträge: 84
Zitternd brach sie auf dem Bett zusammen, strich nur noch die Waffe ab, während sie sich bei ihren Stiefeln keinerlei Mühe mehr gab und sich auf der Decke einrollte, ihre Finger in ein Kissen vergrub. Immer wieder überkamen sie Schauer - Angst, Blutdurst, Trotz, Gier, Wut... etwas in ihr lachte leise, etwas anderes verzweifelte.

Er ist dir doch eh nicht wichtig. Faszination, sicher, das fühlst du für diesen Mann. Er ist so selbstsicher, er nimmt sich, was er will.
Das willst du doch auch immer, nicht wahr? Aber du bist zerrissen, mehr noch als früher. Diese weiche Seite, die du freilässt.. sie lässt dich verzweifeln.
Du wirst wahnsinnig, meine Liebe, vollkommen wahnsinnig...


Das Lachen dröhnte in ihrem Kopf, während sie mit schmerzvoll verzogener Miene diesen hielt.
Hör auf, hör auf, hör endlich auf, flehte und brüllte sie innerlich gegen die Stimme an.

Hast du ein Glück, dass es nur ein kümmerlicher Bär war, der sein Leben verlor.. hast du ein Glück, dass es nicht er war. Ein Mord - unschön, zumal man dich mit ihm auf dem Markt sah.
Oh und nicht zu vergessen - welch' ein Glück für dich, dass es nicht dein Liebster war, nicht wahr?
Glück ist vergänglich...


Weiter und weiter rollte sie sich ein auf der Decke, während das Zittern an ihrem Leib noch weiter zuzunehmen schien.

Sie sah ihn, wie er sie liebevoll ansah, sein blondes Haare schimmerte im Schein Felas, ehe gierige Flammen sie verbrannten, sein ebenes Antlitz im Schmerz sich qualvoll verzog - immer und immer wieder und statt des Bären ging er zu Boden, statt eines toten Bären lag er dort, leise und ungläubig ihren Namen flüsternd, als sein Blick sich brach.

Sie presste ihre Augen zusammen, ein Kloß stieg in ihrem Hals auf und sie mühte sich ab, ihn hinabzuschlucken, doch es misslang.
Leise wimmernd vergrub sie ihr Gesicht in das Kissen.

Nein, du bist nicht stark.


Zuletzt geändert von Schattenkind: 7.11.06, 01:59, insgesamt 1-mal geändert.

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