Astrael's Augen
„Papa! Schau!“, hell und voller Freude erklang das zarte Stimmchen und brachte den Blonden, am Schreibtisch sitzenden Mann zum Lächeln, noch ehe er sich zu dem Persönchen herumdrehte, dem es gehörte.
Er erstarrte … im Bruchteil eines Wimpernschlages und das Lächeln gefror zu einer Maske, während eine Augenbraue nervös zuckte, als wären dies ein Hinweis, auf eine momentan eingestellte Hirntätigkeit.
Der blauschwarze Lockenkopf, hielt eine kleine Katze hoch, um deren Hals ein breites, rosa Seidenband gebunden war und um deren Bauch das Mädchen einen Spitzenkragen als Rock befestigt hatte. Dazu lächelte die Kleine ihn, mit einem jedes Herz zum schmelzen bringenden Perlweislächeln an und graue Augen zeigten soviel offene kindliche Freude über das was sie der Katze angetan hatte, das sein Hirn einfach überfordert war mit der Situation.
Vitama! Ich sollte sie einfach nehmen und drücken und knuddeln …
Etikette... ich sollte ihr sagen das junge Damen ...
Niedlich! Einfach nur Niedlich!
Rosa, warum rosa, die Katze kann einem schon leidtun ...
Ich muss lernen mit Waffen umzugehen, bei den Göttern sie sollte nur verschleiert vor die Tür lassen, wenn sie älter wird, bringt dieses Lächeln echte Probleme …
Moment ...was ist das da ...der Rock ...ist das …
„ … Mein Spitzenkragen?“, in jenem Moment als er dies aussprach, tapsten hinter der wohl dreijährigen auch schon kleine Füße näher und ihr ein Götterlauf alter Bruder erschien hinter ihr … bekleidet mit einer Windel … und einem Spitzenkragen als Rock.
„Tiron ...“ tonlos murmelt er dieses eine Wort, absolut fassungslos klingend, ehe Leben in die erstarrte Gestalt kam. Als wäre der Stammhalter gerade dabei auf eine Bärenfalle zuzugehen, sprang sein Vater zu ihm hin und griff ihn sich, eiligst den Kragen von ihm losbindend. Während der Kleine nur fröhlich brabbelte „chübch!“
Das fehlte noch, nicht nur das er als erstes weder Mama noch Papa, sondern Lina sagte, nein, das hier würde seine Frau und Merelinas Stiefmutter endgültig dazu bringen das Mädchen abgrundtief zu hassen. Gewogen war sie dem Kind noch nie gewesen, aber mit jeden entzückenden Lächeln mehr wurde sie grantiger und mit jeden Mal das der kleine Bruder zeigte, wie er die Schwester mochte, ihr weniger gewogen.Kleine Mädchen mögen es nicht wenn man ihre Spielzeuge kaputtmacht und so zog sich die vorher so fröhliche Miene zu einen Bild puren Unglücks und Elends zusammen, zu dem noch Tränen in den Augenwinkeln kamen, als er sich auch die Katze griff und von den Sachen erlöste. „Schh nicht weinen Prinzessin! Weist du das darf man nicht mit Katzen ...weil, weil ... ähm … wenn du nicht weinst, erzählt Pappa dir heute Abend eine Geschichte warum man das nicht darf ja?“, die kleinen Lippen bebten und sie sah nicht so aus als würde jenes sie zufrieden stellen. „Und natürlich gibt heute Abend gefüllte Krapfen mit leckerer Honigmilch ... einverstanden?, ein lautes herzergreifendes Schluchzen ging von der kleinen Gestalt aus. „Und natürlich gehen wir beide jetzt gleich auf den Markt und kaufen dir was hübsches, ja?“
Als würde das Wetter von einer Sekunde von Regen auf strahlenden Sonnenschein umschwenken, erschien wieder ein Herzerwärmendes Lächeln auf ihren Zügen und den kleinen Bruder im Schlepptau verschwand die Kleine, einen um Jahre gealterten Vater zurück lassend.
„Kleine Erpresserin ... von wem hat sie das nur ...“
Das in Decken gewickelte Mädchen auf den Arm, saß der Blonde im Fenster und erzählte mit sanfter Stimme eine Geschichte.Vor langer, langer Zeit, als Tare noch jung war und jeden Tag verliebt mit ihrem Mann Fela flirtete, begab es sich das Astrael bei seinen Wanderungen über Tare eine kleine Katze entdeckte. Weist du, von vielen Tieren ist bekannt, welcher der Enhor, oder Sahor sie erschuf, aber niemand schien zu Wissen, woher die Katzen kamen. Sie waren plötzlich da, bevölkerten Tare in unterschiedlichsten Arten, ohne das man wusste woher sie kamen.
Und so beobachtete Astrael die kleinen Fellknäule voller Neugier und verbrachte, Stunden, Tage, Wochen damit ihnen zu folgen und ihr Verhalten zu erforschen. Man erzählt sich er fand Gefallen an ihnen, wie sie Tags träge herum streifen, mit herzerweichendem Mauzen um Milch betteln, sich dankbar schnurrend das Fell kraulen liesen und vor den Kamin lagen wie dekorative, aber völlig nutzlose Wesen.
Er soll ihnen gefolgt sein, wenn sie des Nachts jagen gingen, lautloses elegante Jäger auf Samtpfoten, deren Augen im Dunkel leuchten wie angestrahlte Saphire, soll zugesehen haben wie sie ohne zaudern ihre Beute erlegten, soll beobachtet haben wie die Männchen mit lauten Mauzen um die Gunst der Weibchen warben, welche jener nur für einen Moment nachgaben, nicht wollüstig wie von Vitama erschaffene Geschöpfe, sondern nur für die Erhaltung der Art.
Ja, Astrael war von ihrer, in seinen Augen verschlagene, edlen Art sehr angetan, von diesen scheinbar unstillbar neugierigen Wesen, die auf ihren einsamen Wanderungen in jedes Loch blicken mussten, auf der Suche nach immer neuen Entdeckungen.
Was sie wohl alles sahen? Entdeckten? Erlebten?
Es drängte ihm danach mehr und mehr über sie zu erfahren, er wollte sehen was sie sahen, Tare aus ihrem Blickwinkel erleben. Und so bat er die Katzen mit ihm zu teilen, was ihre Augen sehen, dafür wolle er ihnen die Gabe geben zu „sehen was verborgen“ ist. Niemand weiß genau, was er ihnen zugestand zu sehen, doch wer fühlt sich nicht unbehaglich, wenn eine Katze ihn direkt anblickt? Mit ihren großen Augen die in Seele und Herz zu sehen scheinen, alles erkennend und entschlüsselnd was man zu verbergen sucht.
Und wer weiß schon, was sie ihm erzählen, des Nachts, sitzend auf Dächern, Felsen, Bäumen, den Blick gen Astreyon gerichtet, wenn das in unseren Ohren grässliche Gemauze erklingt?
Darum meine Süße, willst du das etwas geheim bleibt, sieh zu das keine Katze anwesend ist, wenn du davon erzählst, oder es tust.
Mit einem seltsam, traurig wirkenden Lächeln, sah er hinab auf das Schlafende Mädchen, noch eine ganze Weile versunken in ihren Anblick am Fenster sitzend, beobachtet von den Katzen auf den Dächern der nahen Häuser ...