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 Betreff des Beitrags: Ein Buch im Zimmer des Hochmeisters
BeitragVerfasst: 18.12.02, 17:25 
Altratler
Altratler

Registriert: 9.12.01, 03:04
Beiträge: 2431
Leise wandert sie die knarrenden Stufen hinauf, still betritt sie das Gemach. Kurz blickt sie sich um, dann legt sie ein kleines Büchlein mit den Titel "Siebenfell" auf den Tisch. In dem prächtig augestatteten Gemach wirkt das Buch fast etwas schäbig, denn es scheint von ungeübter Hand gebunden. Aufgeschlagen kann man in zierlichen Schriftzeichen lesen:




Wo willst du hin? Sieh doch, wie es regnet! Man sieht die Sterne gar nicht mehr. Komm setzt Dich, trink noch ein Ale. Fürchte nicht die Schatten die kommen, suche sie nicht, denn sie kommen für uns alle. Setzt Dich, vergiss kurz, das was kommt. Denk an den kleinen Schatten, der Dir um die Beine streicht. Komm, ich erzähle Dir eine Geschichte. Nicht eine von Mut und Tapferkeit, denn davon versteh ich nichts. Nein, nur eine kleine törichte Geschichte von einer kleinen und törichten Katze.......

Hat man Dir nicht erzählt, dass das was wir als Sterne bezeichnen nur die leuchtenden Augen von Katzen sind, die nächtens im samtschwarzen Himmelszelt zwischen den Monden tanzen? Katzen, die leise lachend den Wölfen unter auf Tare eine lange Nase drehen, die daraufhin klagend ihre Stimmen zum Nachthimmel erheben, weil die Jagd für sie eine Ende hat und sie nie niemehr die flinken Katzen erhaschen können im wilden Spiel? Nur manchmal scheint ein Stern zu fallen, dann kehrt eine Katze zurück um den Wölfen tröstend das Fell zu zausen und für eine einzige Nacht mit innen um die Wette zu laufen bis die strahlen der Sonne sie zurückruft zu ihren Geschwistern. Darum leuchten auch die Augen der Katzen auf Tare freudig auf, wenn sie zu nächtens zum Himmelszelt aufblicken und ihre geschwister beobachten, mit denen sie irgendwann zwischen den Monden in die Ewigkeit tanzen werden...

Einer Katze aber war es bestimmt niemals zwischen den Monden zu spielen, und von dieser Katze will ich Dir nun erzählen:

Geboren wurden sie tief im Süden Endophals, genauer gesagt in Valagaan, wo die Nächte heiss und voller Gefahren sind. Wo sich der salzige Geruch des Meeres mit den suessen Düften des Gewürzmarktes und den lockenden Gerüchen der Räucherstände mischt. Dort wo man das Spiel der Häuser mit einer Leidenschaft gespielt wird, deren andere nur im Liebesspiel fähig sind, wo Gift und Dolch die Geschicke der Menschen bestimmen, wo bitterste Armut und überwältigender Reichtum nur wenige Katzenspünge auseinander liegen, da öffnete sie zum ersten Mal ihre Augen und blickte voller Freude auf die Welt, die ihr zu ihren kleinen Pfoten lag.
Und sie folgte ihrer Mutter und ihren Geschwistern hinaus auf die gepflasterten Pfade, die die Zweibeinigen für ihre empfindlichen Pfoten brauchen. Und eben als sie an einen verlockenden Fischkopf schnupperte, der ihr vor die kleinen Pfoten fiel, das kam - Panpattapan!- die schnellhufigen, langmähnigen Pferde vor eine polternden Kasten vorbei und nahmen unter ihren harten Tritt ihre Mutter und ihre Geschwister mit, weit weit weg von der kleine Katze, die nun ganz allein war. Vor Schreck lief sie so schnell ihre Beine sie tragen konnten, lief bis sie gegen die Beine eines nach Meer riechenden Mannes stiess, der sie aufhob, streichelte und sie auf ein Schiff mitnahm das unten im Hafen lag.
Und Katze wurde Schiffskatze, ihr geflecktes Fell war nass und salzig und sie lauschte dem Lied des Windes und der Wellen und lernte die Farben des Meeres zu unterscheiden vom tiefen mildem Grün bis zum zornigen Schwarz im Sturm. Sie sah auf zum Katzenhimmel, beobachte den ewigen Tanz ihre Geschwister dort oben, die jeden den Weg nach Hause wiesen, der sie nur danach befragen wollte. Sie wusste von der Einsamkeit auf dem Meer, der Enge im Schiff, das wie ein Würfel im Becher eines begeisterten Spielers umhergeworfen wurde, und von der Unendlichkeit der See. Sie lauschte den Geschichten der Mannschaft von den Schätzen des Meeres, von Meerjungfrauen und Ungeheuern. Sie tanzte den Mast hinauf und schaukelte in den Segeln und wie das Meer, das niemals gleich und nur ganz selten still ist, so wurde auch sie in ihrem Inneren unruhig, und wechselhaft, mal stürmisch und wild, und dann wieder so sanft wie eine Brise die die Segeln umschmeichelt. Doch konnte man wie beim Meer, dessen Tiefen so manchens Geheimnis birgt, nicht sehen was in ihrem Inneren wohl vor sich ging. Und ihre einst gelben Augen nahmen die tiefgrüne Farbe der See an und tief in ihren Herzen keimte die Sehnsucht nach der Ferne und frei zu sein von allen Banden. Und als eines Nachts die See sich wieder mit dem Wind stritt, und das Himmelsleuchten um die splitternden Masten zuckte, da legte sich das treue Schiff zu Ruhe, tief auf den Meersgrund und nahm Mann und Maus und auch Katz mit sich.
Und als die Katze ganz Wasser war und mit einen Satz in das Bald-danach sprang, das sie nur aus ihren Träumen kannte, da sprach die Stimme, vor der jeder sein Haupt neigen muss: EINS!

Und Katze fühlte wie sie vom Himmel fiel, auf ein Dach, wo sie immer weiterkullerte, und schliesslich in eine kleinen Staubwolke auf den Mehlsäcken eines Bäckers landetet, die der gerade abladen wollte. Er nahm Katze, setzte sie in die Backstube mit einem leichten Klaps, damit sie dort die Mäuse fing für Milch und sanfte Worte.
Katze nieste ein paar Mal und tollte durch die Bäckerei und das Dorf. Ihr Fell war stets mehlbepudert und ihr Näschen stets verklebt vom suessen Naschwerk das man ihr schenkte. Sie lernte wie man aus Korn Mehl und aus Mehl Brot schuf. Sie lernte über den Wert der Arbeit der eigenen Hände, über die Gemeinschaft im Dorf, von der Zeit zu Schlafen, zu Arbeiten und zu Feiern, und von den Gaben der Erde. Sie erfuhr das Beisammensein am warmen Herd, von dem Surren der Spinnräder und den Geschichten in den langen Winternächten und von den tiefen Frieden in dem kleinen ruhigen Ort. Und sie schloss dieses Gefühl der Zugehörigkeit, das sie von ihren spitzen Ohren bis zu ihren zuckenden Schweif wohligwarm durchströmte, an einen Ort tief in ihrem kleinen Katzenherz ein, wo es sich leise mit der Sehnsucht nach dem endlosen Meer stritt.
Doch alles irdische ist nichtig und so kam auch der Krieg mit Feuer und Schwert, mit Hunger und Krankheit in das kleine verschlafene Dorf und so warf man auch die kleine Katze bald in das grosse Grab zu den Anderen, denn da gehörte ja zu ihnen. Sie schmiegte ihren pelzigen kleinen Körper eng an die kühlen Leiber ihrer zweibeinigen Freunde um mit ihnen den langen Traum zu träumen.
Und als Katze ganz Erde war und mit einem Satz in das Bald-Danach sprang, das sie aus ihren Träumen kannte, da sprach die Stimme, vor der jeder sein Haupt neigen muss: ZWEI!

Und Katze fühlte wie sie vom Himmel fiel, holtertipolter den Regenbogen hinabpurzelte und ihr Fell lauter bunte leuchtende Flecken bekam und sie immer weiterkullete bis sie mit einen Plumps mitten in den Goldtopf am Ende des Regenbogens fiel, da hob sie benomen die Kopf und -schwubidwup!- steckte sie ein kleiner Kobold sie in seine Tasche und nahm sie einfach mit. Und Katze lernte von ihm das Lachen, das gute und das gemeine, sie hörte vom Scherz und vom Spott, von der Lüge hinter der Wahrheit und der Wahrheit hinter der Lüge. Und ihre Zunge wurde so scharf wie ihre Krallen und der Schalk verliess nie wieder ihre leuchtend grüne Augen. Sie lernte zu tanzen zu singen und zu spielen. Sie lernte das man Freude versprühen konnte, wie ein nasser Hund Wassertropfen, die er sich aus dem Fell schuettelt. Sie tanzte den blauen Pfad schenkte und wurde beschenkt, neckte und ärgerte und erkannte das das Leben ein einziges grosse Spiel war. Und als sich sich einmal so gut versteckte, dass der Kobold sie nicht mehr finden konnte und sie eben dabei war sich selbst nicht mehr zu finden..
Genau da, als Katze nur noch ein leises Kichern im hintersten Winkel war, sprang sie mit einem Satz in das Bald-danach, das sie aus ihren Träumen kannte. Und die Stimme, vor der jeder sein Haupt neigen muss, sprach: DREI!

Und Katze fühlte wie sie vom Himmel fiel, vorbei am Silbermond, vorbei an ihren Geschwistern am Sternenzelt die nur ihre Köpfe schuettelten und ihr zublinzelten, immer tiefer hinab. Kopf über Schwanz direkt in einen Sack, der auch gleich zugebunden wurde. Und welche Schmach! Man verkaufte die kleine Katze, mit Schnurrhaaren und Schwanzspitze als Ferkel! Und als der Käufer den Sack öffnete....... da lachte der vor Freude. Kleines Dachferkel, sagte er, tanz mit mir über die Strasse der Diebe! Und Katze tanzte mit ihm. Über Dächer und Fenstersimmse, durch dunkle Gassen und überfüllte Plätze. Sie lernte, wie man täuscht und sich tarnt, wie man sich auf Samtpfötchen durch Zimmer schleicht und mit seinen Krallen Schmuck aus Schatullen angelt. Sie lernte vom Wert und Unwert der Dinge, von Sorglosigkeit, von Gier und Grosszügigkeit, von dem Atem der Verfolger in ihrem Nacken, der hastigen Flucht. Sie erfuhr Triumph und Niederlage, lebte von feinsten Speisen und Abfällen. Sie lernte von oben und unten in der Gesellschaft und vom Leben ohne Regeln. Sie sah mit Wachen grünen Augen, wie die Zweibeiner lebten und wie man sprechen, sich bewegen musste um als einer dieses oder jenes Stands zu sein. Und sie lernte von der Freiheit der Ausgestossenen. Katzes Fell schimmerte grau in der Nacht und die Sterne blickte still auf sie herab, auf ihr gehetztes aufregendes Leben, ruhelos wie der Wind von einem Ort zum anderen Ort treibend, stets auf der Suche nach dem Abenteuer und neuen goldschimmernden Verheissungen. Doch irgendwann sind die Finger zu lang, und man knüpfte den Dieb und die kleine Katze auf. Lies sie baumeln und zappeln bis kein Leben mehr in ihnen war. Und als Katze ganz Luft war und federleicht am Galgenstrick schwebte und mit einem Satz in das Bald-Danach sprang, das sie aus ihren Träumen kannte, da sprach die Stimme, vor der jeder sein Haupt neigen muss: Vier!

Doch das ist eine andere Geschichte und soll ein anderes Mal erzählt werden....

Unterzeichnet ist der Text mit Rose von Sonnenau.


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 Betreff des Beitrags:
BeitragVerfasst: 19.12.02, 00:39 
Altratler
Altratler

Registriert: 3.12.01, 20:44
Beiträge: 315
Talliostro schritt müde in sein Zimmer, es war wieder ein Tag der Vorbereitung und der Patrouille gewesen. Als sein Blick zum Bett schwiff, hob er erstaunt eine Braue. Neugierig schritt er näher, die Strapazen des Tages vergessend, als er das Buch vorsichtig aufschlug. Langsam lesend setzte er sich auf die Bettkante und während er las, stahl sich eine Träne aus seinem Augenwinkel, als er von den Erinnerungen übermannt wurde...


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