Spät ist es, als der junge Mann zum Bellumsschrein wandert. Seine Bewegungen wirken müde, erschöpft, fast als hätte er eine schwere Schlacht geschlagen, doch zeigen seine Uniform und Rüstung keine Kampfesspuren. Tief verneigt er sich und sinkt auf die Bank, wo er alsbald in leises Gemurmel versinkt. Es dauert nicht lange, bis die Ruhe im Schrein und die Wärme der Kohlebecken ihn in leichten Schlummer wiegen.
Am Tor der hölzernen Burg stehen zwei Männer. Gleich, wie Zwillinge, und doch grundverschieden. Einer trägt eine schimmernde Rüstung, sein Blick wirkt streng und herrisch, der andere trägt einfachste Kleidung und blickt fast mit kindlicher Unbeschwertheit um sich.
Langsam tritt der Träumer auf das Tor zu, beide abwechselnd musternd. Erst als beide ihn wortlos zunicken fällt ihm auf, daß er nackt ist. Doch es stört ihn nicht, ebensowenig wie die Männer am Tor. Wortlos deuten sie auf das Tor, welches sich knarrend öffnet. Dahinter, auf einem Tisch, zwei Bündel. Eines einfache Kleidung, das andere eine blitzende Rüstung.
WÄHLE erschallt eine Stimme und ein alter Mann in grauer Robe steht plötzlich neben ihm. Das Gesicht ist dem Träumer fremd, doch sonderbar vertraut. Fragend blickt der Träumer den Mann an. Ausdruckslos hält jener den Blick eine Weile und bricht dann in schallendes Gelächter aus. MACH MICH STOLZ donnert seine Stimme und erschrocken zuckt der Träumer zusammen. Mit zittriger Hand greift der Träumer zu dem Tisch, über jedem der Bündel schwebt sie eine Weile. doch er ergreift keines davon.
"Es...ist so schwer. Sag mir, welches soll ich wählen?"
Erneut schallendes Gelächter. DU WEISST ES NICHT? Ratlos, fast niedergeschlagen senkt der Träumer seinen Kopf. "Nein...ich...ach, könnte man doch beide tragen", sagt er leise. MAN KANN DAS, DOCH KANNST DU ES? poltert der Alte.
Eine Weile stehen sie Auge in Auge gegenüber, dann deutet der Alte zum Tor. DANN GEHE SO. LERNE ZU VERSTEHEN.
Die ungleichen Zwillinge eilen herbei, greifen ihn und schieben ihm zum Tor heraus, welches hinter ihm zuknallt. Der Träumer blickt sich um und sieht, wie die Burg sich im Nebel auflöst. Zurück bleibt nur eine Eule, welche ihm leise zuwispert: "Ist wichtig was man trägt, oder ist wichtig was man darunter trägt? Gehe deines Weges und frage jenen, der Dich verwirrt nach dem Söldner. Dann bleib wie Du bist, denn nur so wird das Tor sich erneut für Dich öffnen." Sodann flattert sie hinweg und wie vom Flügelschlag geweckt schreckt der Träumer auf.
Müde erhebt sich der junge Wächter, verneigt sich und lenkt seine Schritte nach Westen. Beständig murmelt er vor sich hin, und so man ihm begegnet, mag man die Worte "Söldner" und "Treue" verstehen.
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