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Eine kleine Vorwegbemerkung: Dies ist eine Legende, wie sie im Volksmund in Falandrien erzählt werden mag. Sie spiegelt in keinster Weise den Hintergrund der Schelme wieder.
Fern im hohen Norden verschoben sich die Luftmassen. Eine besonders kalte brachte den Morsan über das Norland herein. Ein kühler Wind eilte ihr voraus, flutete über hohe Berge und grasbewachsene Ebenen, über kleine Dörfer und sprudelnde Bäche. Schließlich erreichte er Galadon und noch immer setzte er seinen Weg fort. An einem tiefen Tal wurde es plötzlich Eng für den Wind und er musste sich beeilen, damit er noch genug Platz hatte. Und so erreichte er schließlich einen Baum. Eine Krone aus goldenen Bellumsfarben zierte sein Haupt und aus eben jener Krone löste sich ein einzelnes Blatt und segelte langsam zu Boden. Schwankend wie ein Betrunkener nach durchzechter Nacht glitt es hinab und berührte am Ende seiner Reise den Boden. Den Wind sollte es nicht weiter stören, er glitt weiter; immer weiter, bis er sich schließlich in der Linfahrtbucht verlief. Doch in eben jenem Moment, als das Blatt mit der gesamten Brutalität seiner Sanftheit auf dem Gras aufschlug, wurde ein Kind geboren.
Ein Schrei ertönte in der kleinen Hütte am Rande der verschlafenen Ortschaft, die sich am Grund des Tales in den Schoß des Tales schmiegte. Dann kehrte Stille ein.
Doch Tare hatte aufgehorcht. Es war etwas geschehen.
Unzählige mal wanderte Fela über das Himmelszelt. Schnee fiel, Blumen sprießten, der Boden stöhnte unter der Astraelshitze und die kalten Nordwinde zersausten die Sträucher. Während all dieser Zeit wuchs und gedieh der Baum, dessen Blatt Zeuge eines solch schicksalshaften Ereignisses gewesen war. Und mit ihm gedieh auch der Junge, der in der kleinen Hütte zum ersten Mal das Licht Felas erblickt hatte. Noch schenkte niemand diesem Sohn eines, zugegeben ehrbaren aber nicht sehr reichen, Bauerns Beachtung. Überhaupt wuchs dieser Junge auf, wie es sich für einen Bauernjungen gehört. So half er seinen Eltern schon früh beim Hirten der Tiere und Ernten des kargen Ertrages an Weizen. Er hatte von seinen Eltern den Namen Astrajan erhalten - was in der Sprache des Bergvolkes so viel wie "Kind Astraels" zu bedeuten hatte und auf die Dominanz des Astreyon am nächtlichen Himmel hindeutete, die zur Zeit seiner Geburt gegeben war. Doch das Glück war der kleinen Bauernfamilie nicht hold und so kam es im zehnten Jahr nach der Geburt des Jungen zu einem besonders frühen Morsaneinbruch.
So war der Vater gezwungen den langen Weg in die ferne Stadt auf sich zu nehmen um dort einige dringend benötigte Vorräte einzukaufen. Astrajan hatte schon viel über die Stadt gehört. Er war fasziniert von den Gedanken an gepflasterte Straßen und zweistöckiger Häuser. Und so kann es ihm wohl auch nicht verübelt werden, dass er sich am nächsten Morgen auf den Karren des Vaters schlich und so zu einer folgenschweren Reise antrat. Keiner der Menschen vom Bergvolk ahnte dies, doch die Natur war sich dessen nur all zu gut bewusst. Und so kam es, dass von nun an der Baum lange Zeit ohne Blätter stehen sollte, in Erwartung der Dinge, die da kommen mögen.
Die Reise war beschwerlich und bereits an der ersten Furt ging einer der beiden Ochsen, die den Karren zogen, verloren. Und wie tobte der Vater, als er Astrajan entdeckte. Doch der Winter war schon in den Bergen hereingebrochen und allein wäre es zu gefährlich für ihn gewesen. So musste er also mitkommen. Und das Schicksal nahm seinen Lauf. Die Stimmung war bedrückt, doch gegen Ende der Reise lockerte sie immer mehr auf, denn je tiefer sie hinab in die Stadt kamen, desto wärmer wurde es. Hier hatte der Morsan noch nicht seine eisigen Klauen ausgestreckt. Und so erreichten sie nach einer Woche voller Entbehrungen die Stadt. Es war eine reiche und große Stadt, die jedoch heute komplett von der Karte Galadons verschwunden ist. Denn die Kriege um jene unglückseligen Amulette waren noch in weiter Ferne und Tare war jung. Und so begab es sich, dass Vater und Sohn am nächsten Tag ihren Stand auf dem großen Marktplatz aufschlugen. Astrajan kam nicht mehr aus dem Staunen heraus. Er sah schöne Stoffe, große exotische Früchte und manch anderes Ding, das heute von Tares Antlitz verschwunden ist. Und wie er sich die Fremden besah trat von Zeit zu Zeit jemand an den Stand heran und kaufte etwas von diesem Schafskäse und von jener Wolldecke. So merkte der Junge auch nicht, wie zwei Gestalten in Kutten an den Stand traten und sein Vater sich tief vor ihnen verbeugte. Es handelte sich um zwei Magier vom nahen Turm. Doch wie sich schon bald im Gespräch mit dem Bauern herausstellte waren sie nicht an dessen Waren, sondern vielmehr an seinem Jungen interessiert. Offenbar spührten sie etwas in seiner Gegenwart und so baten sie den Mann darum seinen Sohn einmal auf Magie untersuchen zu dürfen. Jener betrachtete die zwei fremden hohen Herren nur skeptisch, denn er glaubte nicht, dass sein Bengel auch nur ein wenig von jener Macht in seinem kleinen Finger haben sollte. Doch weil er nur ein Bauer war konnte er den hohen Herren jene Bitte natürlich nicht ausschlagen und so zuckte Astrajan wenig später überrascht zusammen, als sich eine Hand auf seinen Kopf legte. Er hatte einem seiner Tagträume nachgehangen und erst jetzt richtete sich seine Aufmerksamkeit auf die beiden Fremden. Jener, der ihm seine Hand auf den Kopf gelegt hatte, schloß nun die Augen und began einige verschwommene Wörter zu murmeln, doch der Bauernsohn spührte keine Angst dabei. Ganz im Gegenteil erfasste ihn eine unbändige Neugier als er das Kribbeln spührte, dass sich in seinem Kopf ausbreitete. Er fand Gelgenheit die Beiden etwas genauer zu mustern: es handelte sich um ältere Menschen mit Bärten, der eine hatte einen braunen, der andere einen grauen Bart. Um beide lag eine Aura der Weisheit und zum ersten Mal in seinem Leben empfand Astrajan so etwas wie ehrfurcht. Schließlich musste der eine seine Untersuchung abgeschlossen haben, denn er öffnete wieder seine Augen und lächelte dem Jungen aufmunternd zu. Dann wendete er sich dem Vater zu und wechselte leise einige Worte mit ihm. Der andere Fremde zog einen klimpernden Beutel hervor, dann wechselte dieser Beutel den Besitzer. Der Vater zog ihn darauf beiseite und erklärte ihm in einigen Worten, dass er mit den Fremden gehen müsse. Es sei besser so für ihn und er würde ein angesehener Mann werden. Und so kam es, dass Astrajan seinen Vater das letzte Mal sah. Er ging mit den Magiern und began noch am selben Tag seine Ausbildung.
Und wieder zogen die Jahre ins Land. Astrajan lernte viel: die Kunst der Beschwörung, heilende Magie, Run und noch so manch anderes Ding. Doch irgendwie fand er daran keine Freude. Der Unterricht war ihm zu schwer, machte ihm keinen Spaß und die Lehrer waren viel zu streng. Mehr als einmal musste er die Latrinen putzen oder das magische Labor reinigen. Und doch kam er mit den Jahren immer weiter voran. Und so stand er kurz vor seiner Magisterprüfung, als im Westen ein dunkler Schatten heraufzog. Schon das ganze Jahr über waren Berichte aus der benachbarten Provinz zu dem Magierturm getragen worden und oft waren die Ratsherren in lange Sitzungen vertieft. Die Rede war von wandelnden Skeletten, von Toten die sich weigerten begraben zu werden und von einem mächtigen Wesen, entflohen aus den Niederhöllen, dessen böses Wirken das Land verderben solle. Wo sich seine Getreuen niederliesen verdarb jede Pflanze und übler Gestank trat aus Ritzen im Boden hervor. Im Bellum des Jahres konnte man jenen Gestank das erste Mal riechen, herangetragen von dem Wind. Astrajan suchte an jenem Tag im nahegelegenen Wald nach einer seltenen Blume, deren Extrakt er für einen magischen Trank benötigen würde, der wiederum ein Teil seiner Prüfung sein sollte. Als der üble Wind ihn erreichte wurde ihm übel und schnell flüchtete er sich in den Turm, wo der Rat schon zusammengetreten war. Doch der junge Mann, vom Pech verfolgt, platzte in eben jenem Moment in den Beratungssaal, als es galt Freiwillige zu finden, die sich des Problemes annehmen sollten. Er war nicht sehr beliebt bei seinen Lehrern, die oft der Ansicht waren, dass er mit mangelndem Ernst an jede Form der Magie heranging. Und so ward er schnell in die Gruppe der Freiwilligen aufgenommen, ob er wollte oder nicht. Alles andere als Freude erfüllte ihn bei dem Gedanken an das was kommen möge, doch er hatte keine Wahl. Entweder er würde mitgehen oder man drohte ihm damit ihn vom Turm zu verweisen. So traf er sich eine Woche später schweren Herzens mit den anderen Magiern, die noch dazu auserkoren waren sich auf dieses gefährliche Abenteuer einzulassen.
Auf ihrem Weg nach Westen kam der kleinen Gruppe scharren von Flüchtenden entgegen, die von kopflosen Wesen berichteten, die Feuer legten und noch so manch anderem Ungetier, dass dort im Westen wütete. Doch die Magier liesen sich nicht aufhalten. Langsam aber sicher schien sich das Land um sie herum zu verändern. Die Bäume wurden kahler, die Farben verblassten und ein Nebel zog herauf. Als das Gras nun mehr zur gänze braun war und die Bäume Gerippe glichen, die sich zwischen dichten Schwaden versteckten, trafen sie auf die ersten Untoten. Ein harter Kampf war es und ein Mitglied der Gruppe fiel. Viel Magie wurde gewirkt, doch stets kamen weitere Dämonen daher: seien es nun säbelschwingende Skelette oder verfaulende Leichen. So entschlossen sich die Überlebenden zur Flucht nach vorne, was jedoch einem weiteren Magier das Leben kostete. Und tatsächlich, nach einem Zyklus konnten sie etwas durchatmen. Außer Astrajan waren noch drei andere Magier übrig geblieben, davon waren zwei schon erfahrenere Magister und der andere ein Magier der Turmwache. Sie hatten all ihren Mut verloren, doch nun, da sie sich tief im verdorbenen Land befanden, erkannten sie auch, dass jener Dämon gestoppt werden musste, denn ansonsten würde sich die Finsternis immer weiter ausbreiten und schließlich auch den Turm erreichen. Doch wollte man den jungen Astrajan nicht gefährden. Außerdem war er der schnellste der vier. Und so kam man überein ihn zurück zum Turm zu schicken um Verstärkung zu holen. Die Magier gingen ihre Wege und Astrajan eilte den Weg zurück, doch in seinem Pech verlief er sich in den Nebelschwaden. Und die anderen Drei sollten niemehr gesehen werden.
Lange irrte er umher und immer verzweifelter wurde er. Von Zeit zu Zeit begegnete er einem Unwesen, denen er aber zu meist aus dem Weg gehen konnte. Als es langsam dunkler und die Nebelschwaden noch dichter wurden, erkannte Astrajan vor sich einen großen dunklen Klotz, der sich als finstre Feste herausstellte. Und so kam es, dass der junge Magier direkt vor die Türe des Dämons Dul'Raz kam, der das Land mit seinen Dienern heimsuchte und quälte. Zu spät erkannte der Schüler seinen Fehler. Er wollte sich gerade herumwenden und davonlaufen, als er spührte wie er von einem Bann gefesselt wurde. Im nächsten Moment senkte sich laut scharrend das schwere Eisentor der Feste herab. Ein betäubender Gestank schlug ihm entgegen und dann trat der dunkle Lord selbst vor die Pforten, um zu sehen wer so töricht war in die Höhle des Löwen zu kommen. Astrajan selbst konnte zu erst nichts erkennen, doch dann sah er eine Gestalt, vollkommen eingehüllt in einen schwarzen Mantel, die Kaputze tief in sein Gesicht gezogen. Dort wo er seinen Fuß auf den Boden setzte schoßen kleine Flammen in die Höhe. Er näherte sich dem Magier bis auf fünf Schritt, dann begann er mit kalter Stimme zu sprechen:
"Welcher Wurm wagt es vor mich zu treten? Ich bin Dul'Raz, Vielgehörnter und Herrscher über die Finsternis. Sprich Wurm oder stirb!"
Astrajan konnte der machtvollen Stimme nicht widerstehen und so sagte er seinen Namen und das er ein Magier in Ausbildung am Turm im Osten sei.
"Ein Magier?", der Dämon lachte. "Und dazu nicht einmal ein fertig ausgebildeter! Nun weiß ich nicht recht ob ich dies als Beleidigung auffassen soll oder als Scherz. Aber du hast Glück, Wurm. Du bist es nicht Wert von mir getötet zu werden. Sollen meine Diener ihren Spaß mit dir haben. Damit sie es etwas leichter haben sei dir von nun an jede Magie verwehrt."
Und mit diesen Worten sprach er uralte verdorbene Worte und so war der Bann über Astrajan gelegt und er sollte nie wieder Magie wirken können.
Doch jene Worte besaßen eine solche Macht, dass selbst die Götter davon aufgeschreckt wurden. Und sie empfanden Mitleid. Doch Astrajan befand sich im Einflussbereich des Dämons und so konnten sie nichts unternehmen, denn er lag außerhalb ihrer Reichweite. Schnell beratschlagten sie, was zu tun sei. Und schließlich fassten Vitama und Astrael einen Plan.
Noch immer stand der Unglückliche von einem Bann gefesselt regungslos vor dem Dämon, der seine Beschwörung beendet hatte und sich in seine Feste zurückziehen wollte, als ein heller Blitz am Himmel aufleuchtete. Überrascht richteten beide den Blick nach oben, da erkannten sie einen schwarzen Punkt, der sich langsam näherte. Ein heller Schrei ertönte, der Astrajan das Herz leichter machte und dem Dämon Schmerzen bereitete. Es war der Schrei eines Falken und nun war auch schon sein Umriss in den Nebelschwaden zu erkennen. Und als der Magier den Boten der Götter erblickte jauchzte er vor Freude und lachte. Laut erschallte das Lachen, brach sich an der Mauer der Burg und schalte von dort zurück. Und der Dämon krümte sich, denn dies war seine Schwachstelle. Er hatte nie Freude gekannt. Sie schwächte ihn und langsam konnte sich der immernoch lachende Astrajan wieder bewegen. Und durch seine Freude wurde auch der Fluch, der ihn vom Zaubern abhielt unterdrückt. Doch als er nun seine Situation erkannte wurde er nur noch fröhlicher. Es war als wäre alle Last der vergangenen Zeit von ihm abgefallen. In seinem Übermut löste sich wie von allein eine Bannformel von seinen Lippen. Dul'Raz sah erstaunt zu ihm auf, denn er Begriff jene Worte, die der Mensch dort gesprochen hatte. Schon spührte er, wie seine Füße sich aufzulösen begannen. Er war durch das Lachen so geschwächt geworden, dass er sich diesem Schwächling nicht widersetzen konnte. Als sich dann noch der Falke auf seine Schulter setzte und nach ihm zu hacken begann war es um ihn geschehen. Der Dämon löste sich mit einem markerschütternden Schrei auf und Tare schüttelte all das Verderben ab, dass mit ihm gekommen war. Und so brach die dunkle Feste unter lautem Getöße zusammen und die Toten konnten endlich ihre Reise zu Morsans Hallen antreten.
Und so hatte Astrajan, der Magierschüler, die Finsternis vertrieben. Noch immer lag der Fluch auf ihm und zukünftig war es ihm nur möglich Magie zu wirken, wenn er glücklich war oder lachen musste. Er selbst entschloss sich nicht mehr zu den Magiern zurückzukehren, denn sie waren ihm viel zu ernst. So zog er in das Land hinaus und suchte andere, denen Magie ebenfalls zu ernst war. Und es hieß, dass überall wohin er kam die Freude sprießte wie die Blumen im Vitama. Die Magier aber hielten ihn für Tod. Erst einige Jahrzehnte später erfuhren sie von jenem geheimnisvollen Magierorden, die sich selbst aber nicht als Magier bezeichneten. Im Volksmund wurden sie Schelme genannt.
Es wird berichtete, dass im Jahr nach dem Untergang des Dämons der Baum im fernen Gebirgstal zum ersten Mal seit langer Zeit wieder Blätter trug. Und jene Blätter waren blau. Niemand konnte sich diese Laune Vitamas erklären, doch noch bis die große Finsternis über Tare hereinbrach soll jener Baum stehts blaue Blätter getragen haben.
_________________ Benion - vita et amor - Pater Brown Verschnitt, Häretiker und Lord der Vitamith - Geburtshelfer: 8 mal - Ehejahre-Rekordhalter Querdenker aus Leidenschaft.
Zuletzt geändert von Tim_Benion: 17.11.04, 23:11, insgesamt 1-mal geändert.
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