Siebenwindhomepage   Siebenwindforen  
Aktuelle Zeit: 21.11.25, 05:19

Alle Zeiten sind UTC + 1 Stunde [ Sommerzeit ]




Ein neues Thema erstellen Auf das Thema antworten  [ 5 Beiträge ] 
Autor Nachricht
 Betreff des Beitrags: Schrei nach Macht
BeitragVerfasst: 14.12.05, 16:29 
Einsiedler
Einsiedler

Registriert: 20.02.05, 23:40
Beiträge: 84
Der durch die zerklüftete Felslandschaft schrill pfeifende Wind riss und zog an ihrem Fellüberwurf, den sie mit klammen Fingern an ihren Körper drückte. Die zu unzähligen, dünnen Zöpfen geflochteten dunkelroten Haare flatterten wild im Wind und mit zusammengebissenen Zähnen stemmte sich die dürre Gestalt mühselig wider Ventus' Zorn.
Oh, natürlich - er stand gewiss auf der Seite ihres Widersachers, den es zu bezwingen galt!
Sie wiederum war schon zu verdorben, um noch Hilfe erbitten zu dürfen, denn was sie wollte, nahm sie sich und sei es aus purer Laune, purem Vergnügen das Leben eines armseligen Menschleins.

Zwei Wochen lang hatte sie in Grenzfest gewütet.
Das Zimmer in der kleinen Herberge glich danach mehr einem Schlachtraum - mit Blut hatte sie unter leisen, heiseren Murmeln von Beschwörungsformeln Symbole auf die Wände geschmiert, den dunklen Mond gepriesen und sich letztlich sogar an ein Gemälde aus Blut und Innereien versucht, während ihr wahres Ich in einem düsteren Tal verblieb, seinen dunkelsten Emotionen ausgesetzt. Zu schade übrigens, dass Nieren so schlecht kleben blieben.
Am Ende erwachte sie aus ihrer von ihrem Geist geleiteten Ekstase und für den Bruchteil einer Sekunde erschrak sie sich - was war aus ihr geworden? Doch ehe der Gedanke reifen und Gestalt annehmen und sie somit in die Verzweiflung stürzen konnte, übernahm ihr dunkler Begleiter wieder die Kontrolle, flüsterte ihr leise zu, beruhigte sie, so wie man ein Kind in dunkler Nacht weismachen will, es gäbe keine bösen Geister.
Wieder einmal wurde der Boden zu heiss für sie und glücklicherweise schien auch ihr geisterhafter Kompagnon darauf bedacht, seinen Wirt nicht unnötig zu verlieren.

Die Drachenschwingen waren nun ihr Ziel. Jenes gewaltige Gebirge, durch das einst ihre Ahnen aus Endophal zogen, um sich dort in dieser kargen und doch vor den neuen Herrschern dieser Welt sicheren Landschaft niederzulassen.
Ein wenig Viehzucht, ein wenig Jagd, ansonsten dann und wann auch kleinere Raubzüge - zu mehr reichte es in dieser Gegend kaum mehr und so wurde der einst stolze Nomadenstamm immer schwächer, vermischt noch mit dem Blut der Galadonier und weniger Ma'ahner.
Auch das Blut der Schamanen wurde mit der Zeit schwächer in ihnen. Zugeständnisse an das neue Leben, dazu die Einflüsse Galadons - welcher Geisterbeschwörer und -sprecher mochte da noch standhalten?

Einen gab es noch - ihn galt es nun aufzusuchen, eine letzte Rechnung zu begleichen. Dann würde sie die Führung dieses Stammes an sich reissen.
Sie hatte es sich in letzter Zeit immer wieder ausgemalt - sie würde sie zurückführen nach Endophal, sie wieder zu einem starken Nomadenstamm einen.
Schrecken und Furcht wollte sie mit ihrer Macht verbreiten und wer weiss, was sich in Endophal noch für machtvolle Gelegenheiten ergeben würden.

Schnee setzte ein, wurde mit dem Wind in alle Richtung wild verweht, setzte sich auf ihrer Kleidung und in ihren Haaren fest und zwischen all dem Schneetreiben glaubte sie schwach Feuer ausmachen zu können...


Zuletzt geändert von Schattenkind: 14.12.05, 16:38, insgesamt 1-mal geändert.

Nach oben
 Profil  
 
 Betreff des Beitrags:
BeitragVerfasst: 29.12.05, 14:40 
Einsiedler
Einsiedler

Registriert: 20.02.05, 23:40
Beiträge: 84
Irgendwo, nicht weit von ihr entfernt, in den Drachenschwingen...


Keuchend lag ein alter Mann auf seinem kargen Lager in einer einfachen Hütte, gebaut aus Fell und Leder, die sich leicht schief an den Felsen anschmiegte. Sein langes Haupthaar, wie auch der Bart waren schon vor langer Zeit ergraut, gräulich wirkte auch seine blasse, faltige Haut, die von seinem hohen Alter zeugte und selbst seine grünen Augen hatten jegliche Kraft und jegliches Feuer verloren. Müde lag er da, nur noch wartend auf seinen Tod, während er starr hinauf sah zur Decke.
Er wartete.. erwartete den Tod.

Was gab es auch noch, wofür es sich zu leben lohnte? Sein Stamm bestand nur noch aus wenigen Menschen, hauptsächlich alte Leute, denn viele der jungen waren fortgezogen, meist nach Grenzfest, teilweise vielleicht sogar weiter. Die meisten kehrten nicht mehr zurück, sondern genossen die Annehmlichkeiten des galadonischen Reiches.
Wieviele mochten wohl noch dem alten Pfad folgen? Wieviele hatten wohl schon die Ahnen verraten, nur um etwas mehr Bequemlichkeiten geniessen zu können?
Er hatte versagt. Er hatte es nicht mehr geschafft, den Stamm, die Gemeinschaft, zusammenhalten zu können. Die jahrhunderte alten Traditionen wurden immer weniger geschätzt, immer mehr missachtet oder gar als Bürde empfunden.
Was würde nun geschehen, wenn er endlich den letzten Weg gehen würde? Wenn auch er seine Ahnen sehen würde? Kaum einer wäre mehr da, der sich noch mit Eifer um die alten Feste kümmern würde. Feste, die sein Stamm schon vor Ewigkeiten begangen hatte, damals, als sie noch freiheitsliebende Nomaden in Endophal waren und bevor sie gen Norden zogen, sich ihr stolzes Blut mit dem der Galadonier und sogar teilweise mit dem der Ma'ahner mischte.
Sein Herz fühlte sich schwer an - ja, er hatte versagt und dafür werde er sich wohl nach seinem Tod verantworten müssen.

Leise Schritte glaubte er zu hören und er wandte den Kopf in Richtung des Fellvorhangs, der nun kurz zur Seite geschlagen wurde, dazu zog für einen Moment ein eiskalter Windhauch hinein. Eine Frau, etwa Anfang 50, trat hindurch. Die dunklen, roten Haare waren durchzogen von vielen grauen Strähnen, ein einfaches, dunkelgrünes Kleid verhüllte ihre sehr schlanke, knabenhafte Statur.
Still sah sie hinab zu dem alten Mann, die Augen spiegelten eine Mischung aus Trauer, aber auch Vorwurf wider.

"Bellena," murmelte er leise und hob matt eine faltige, steife Hand in ihre Richtung hinüber, als wolle er sie heranbitten.
Langsam trat sie näher und liess sich dann auf einem Schemel nahe seinem Bett nieder.
"Akriem, ich würde lügen, wenn ich sagen würde, du siehst gut aus," sagte sie mit einem recht kühlen und bissigen Unterton in ihrer Stimme.
"Daher hat sie es," stellte er mit einem kurzen Anflug eines Lächelns fest, "diese Bissigkeit hat sie eindeutig von dir."
Ernst sah die Frau hinab zu dem Alten.
"Du irrst dich - du hast sie dazu gemacht. Hättest du zugelassen, dass ich sie auch später, als sie kein Säugling mehr war, hätte erziehen können, dann wäre sie nie so ein Ungeheuer geworden."
Kritisch sah er auf zu ihr, etwas Leben schien in seine alten Augen zurückzukehren - so etwas wollte er nicht auf sich sitzen lassen, vor allem nicht so kurz vor seinem Ableben.
"Sie war immer so und deine Erziehung hätte das Kind vollkommen verweichli.."
"Liebe braucht jeder Mensch!" fiel Bellena ihm rasch und barsch ins Wort. "Ohne Liebe kann auch ein Mensch keine Liebe geben und wie oft habe ich sie weinen gesehen, als sie noch klein war! Wie oft hatte sie versucht von dir Lob zu erhaschen, ein Lächeln, Anerkennung. Stattdessen kam von dir nur Tadel!"
"Das Mädchen brauchte das, damit sie stark werden konnte..."
"... was sie nicht wurde! Nein, dafür wurde sie gewalttätiger, abweisender und kannte keinerlei Mitgefühl!"
Schmollend verzog er sein Gesicht und sah zur anderen Seite, zur ledernen Wand hinüber, während die Frau ihre Arme vor der Brust verschränkte und noch immer anklagend zu ihm hinabsah.
"Du weisst selber, dass es deine Schuld ist. Dein falscher Ehrgeiz, um aus ihr eine starke Schamanin werden zu lassen und am Ende hast du sie enttäuscht mit diesem Jungen, der noch nicht mal einer von uns war, sondern irgendein galadonisches Findelkind, das du zu deinem Nachfolger machen wolltest."

Er schloss seine Augen, leise seufzend - ja, sie hatte recht. Eine normale Kindheit hatte sein einziges Kind, seine Tochter, nie geniessen dürfen. Er wollte sie stark und hart genug machen, um mit ihren Kräften und den Geistern umgehen zu können. Liebe war auch in seinem Leben nie von Bedeutung gewesen - die erste Frau war rasch unwichtig für ihn geworden, als sie beide immer älter wurden, aber sie ihm keinen Nachfolger gebar. So hatte er sie verlassen, stattdessen sich Bellena in sein Bett geholt - eine Nacht reichte und sie gebar ihm vor fast 30 Jahren ein Kind, was die richtige Gabe hatte. Doch auch Bellena vernachlässigte er rasch und kümmerte sich um das Mädchen, sobald es der Muttermilch nicht mehr bedarf und dem Säuglingsalter entwachsen war.
Doch er erinnerte sich auch blass an seine Kindheit - seine Mutter starb an einer Krankheit, als er wohl sechs oder sieben Jahre alt gewesen war und doch konnte er sich wieder an ihre Wärme und ihr sanftes Gesicht erinnern. Liebe, Mitgefühl - das waren zwei starke Gefühle, die in ihm aufkamen, wenn er sich an sie erinnerte.
Ja, er hatte einen Fehler gemacht.

Bellena streifte durch die kleine, einfache Hütte, hinüber zu der Ecke mit dem Fellhaufen, der staubig und verwaist dalag. Über diesem hingen ein paar nicht minder verstaubte und getrocknete Blumensträusse. Sanft strich ihre rechte Hand mit den dünnen, geschickten Fingern darüber entlang.
"Sie hatte zumindest ein Händchen für Blumen - wenigstens etwas Schönes in ihrem Leben," sprach sie leise. "Ich frage mich, wo sie nun leben mag, wie es ihr geht und ob sie vielleicht doch noch etwas Wärme und Glück in ihrem Leben gefunden haben mag."
Einen Moment sah sie noch auf die Blumen, ehe sie ihren Kopf zu dem alten Mann hinüberwand und dabei fragte: "Oder was meinst du, Akriem?"

Er gab keine Antwort mehr - mit einem traurigen, reuigen Gesichtsausdruck entschlief er sanft, die letzten Gedanken bei seiner Tochter... ein letzter Moment, wo er sie sah.. ihre von einer dunklen Aura umgebene Gestalt, leise, wie ein Schatten durch eine felsige Landschaft streichend, die giftiggrünen Augen mit flackerndem Zorn darin lauernd auf ihn gerichtet.


Nach oben
 Profil  
 
 Betreff des Beitrags:
BeitragVerfasst: 16.01.06, 01:59 
Einsiedler
Einsiedler

Registriert: 20.02.05, 23:40
Beiträge: 84
Tot... mit versteinerter Miene, die Augenbrauen zusammengezogen und das Kinn trotzig vorgeschoben stand sie gefährlich nah an den Rand eines Felsvorsprunges, ihre dünnen Zöpfe flatterten im Wind, der auch an ihrem Fellumhang riss.

Warum tat er ihr das nun an? Wieder ein Plan, der nicht aufging, wieder eine Niederlage, ehe sie überhaupt die erste Runde einleiten konnte. Es war so typisch und sie hasste sich dafür. Nein, sie wollte sich nicht hassen. Er, nur er... dieser Rabenvater... war schuld an dieser Misere. An ihrer gesamten Misere!
In ihr brodelte und kochte die Wut vor sich her, spuckte dabei permanent genug Aggressionen aus, die nur noch rausgelassen werden mussten. Sie ballte ihre Fäuste und ihr Blick glitt hinüber zu den kleinen, einfachen Hütten.
9 Jahre war sie nun fort gewesen - 9 Jahre haben gereicht, um aus dem Stamm ein Nichts zu machen. Sie hatte gewaltige, galadonische Städte gesehen, sie hatte gesehen, was Menschenhand aus einer Insel machen konnte - und nun dieser schleichende, stille Niedergang hier. Hauptsächlich ältere Menschen lebten hier noch, die wenigen, die schon zu alt waren, um noch ein neues Leben an einem anderen Ort zu beginnen.
Schwaches Blut - darf so etwas überhaupt weiter existieren?
Sie wendete sich herum.
Nein, gewiss nicht. Wahrscheinlich würde man den Menschen hier noch einen Gefallen tun, wenn man ihr Leiden beenden würde. Mit Feuer und Flüchen würde sie über ihnen herfallen, sie in Stücke reissen, all ihre Wut in einer Orgie der Vernichtung rauslassen, bis nichts mehr übrig bleiben würde von diesem Platz als Asche, die vom Wind fortgetragen werden würde.

Sie biss ihre Zähne zusammen, ballte die Fäuste, während sie in Richtung der Hütten zurückging, doch dann wieder innehielt - die Frau, die sich als ihre Mutter bezeichnete, kam auf sie zu. Kurz hatten sie zuvor schon geredet - eigentlich nur über den Tod des Stammesschamanen, ihres Vaters, auch wenn diese Frau, die ihr so ähnlich sah, immer wieder vom Thema abschweifen und mit ihr über andere, persönliche Dinge reden wollte.
Ein sanftes, wenn auch trauriges Lächeln lag auf den Zügen der Frau.
"Komm, setz dich zu uns und wärme dich am Feuer, Kind", sprach sie mit ihrer warmen, mütterlich klingen Stimme, "ich habe uns einen Eintopf gekocht."
Einen Eintopf... wie konnte diese Frau sie, ihren Tod, nur zum Eintopfessen einladen?

Tief atmete sie die kühle, rauhe Bergluft ein.
Warum überhaupt? Warum zerstören? Zerstörte sich dieses Dorf nicht gerade selber? Gab es einen Grund, ausser ihrer Wut?
Es schmerzte, was sie für den Bruchteil einer Sekunde in ihrem Herzen fühlte, wischte es beiseite - ja, genau, es zerstörte sich schon selber. Sie musste nichts machen - ein wirklich guter Vorwand.
Lass sie leben, flüsterte ihr leise eine schmerzlich-weiche Stimme zu, als sie sich dem Feuer in der Dorfmitte näherte, fröstelnd sich tiefer in ihren Fellumhang einwickelte und sich stumm auf einem der Schemel am Rande der wenigen, hier versammelten und vergreisten Dorfbewohner niederliess.


Nach oben
 Profil  
 
 Betreff des Beitrags:
BeitragVerfasst: 28.02.06, 04:03 
Einsiedler
Einsiedler

Registriert: 20.02.05, 23:40
Beiträge: 84
Flammen schlugen hoch.
Ein betäubend-süsslicher Gestank von einem Nachtschattengemisch hing in schweren Schwaden in der kleinen Hütte, während sie schwer atmend weitere Blätter auf die nur noch schwach glimmenden, mit gräulicher Ascheschicht bedeckten Kohlen legte.
Die Mixtur aus Tollkirsche, Stechapfel, Bilsenkraut und dem Fett, gewonnen aus einer einfachen, dreckigen Ratte, und die sie mit etwas rötlicher Farbe versetzt und in Schlangenlinien auf ihre Haut aufgetragen hatte, entfaltete langsam in bunten, schillernden Farbpunkten vor ihren Augen ihre Wirkung und liess sie sich leichter, schwerelos fühlen.
Schweiss stand trotz der Kälte auf ihrer Stirn, die Lippen bebten bei jedem Atemzug und matt blinzelten ihre Augen.
Schwer keuchend beugt sie sich vor dem Feuer, heiser sprach sie mit dunkler, belegter Stimme Beschwörungen, gerichtet an die Geister ihrer Ahnen.
Ihre Muskeln zuckten, mehr und mehr ging ihr Körper in ein Zittern über, sie beugte sich wieder zurück, spürte, wie sie jegliche Beherrschung über ihren ausgezerrten, dürren Körper verlor. Tagelanges Fasten, jeglicher Kontakt zu anderen Menschen vermieden, sich verschlossen in dieser kleinen, einfachen Hütte, allein mit den Gedanken, Ängsten, dem sich tiefer in die Seele grabenden und zerfurchenden Wahnsinn.

Ihre Augenlider flatterten, ehe sie sich schlossen und sie zitternd und zuckend am Boden liegen blieb, ihr Körper erschlaffte, erstarrte...

Die Reise begann.


Dunkelheit.
Nichts.
Leere.
Ehe vorschnellende Krallen und Zähne nach ihr griffen, an ihr rissen, während scharfe, dornenbesetzte Zungen über ihren Körper gierig leckten, ihre Haut von den Knochen riss. Sie schrie, wand sich und doch spürte sie ein seltsames Bedürfnis nach Befreiung. Jegliche Schwere des menschlichen Körpers wurde von ihr gerissen und zurück blieb...
... eine einzelne, geisterhafte Seele.

Bild

Tiefe, Schwärze, Dunkelheit, die die nackte Seele umschlang, mit sich zog, sie strudeln liess.
Fort, fort nur von der wahren Welt.
Wozu noch dort treiben, gefesselt an einen menschlichen Körper mit all seinen Grenzen?
Reiss mich tiefer, flüsterte die Seele und griff hinab in die Dunkelheit, wanderte hinab, weiter hinab - die Unterwelt öffnete ihr gieriges Maul, eine neue Seele verschlingend.

Stimmen flüsternd, singend, tuschelnd, hauchend, erzählten von vergangenen Tagen, malten mit ungesprochenen Worten Bilder anderer, güldener Zeiten. Rasch wechselten die Bilder, Kulturen stiegen auf, gingen nieder, Asche zog über das Land, aus ihr entstieg ein weiteres Volk, eroberte, zerstörte, verging - äonenlang. Land entstand, erblühte, starb. Einzelne Leben traten ins Licht, hinterliessen Spuren, vegetierten auch nur so dahin, vergingen, wurden vergessen.
Myriadenfach flüsterten Stimmen auf die einzelne Seele ein, doch sie schwieg, lauschte, suchte. Tadelnd, schwärmend, trauernd, doch die Seele gebot ihnen Schweigen.
Eine letzte Herausforderung, flüsterte sie in die Stille hinein, ehe die Stimmen wieder auf sie einstürzten, doch eine erfasste sie, griff sie und riss sie mit sich.
Du bist mein, zischte sie, deine Macht ist mein - glaube nicht, Vater, ich lasse dich ruhen!
Ein Lachen dröhnte, die Dunkelheit wich, Flammen umzüngelten die zwei schattenhaften Schemen, körperlose Seelen, reisend durch die Unterwelt, miteinander ringend, donnernd und bebend Flüche ausstiessend, Hass giftspritzend durch den unfassbaren Raum verteilend.
Zitternd, zerreissend, zerpflückend, zerstossend, zudrückend, zerfetzend - zyklenlang, mondenlang, während die Ewigkeit satt und träge vorüberzog.
Ein Zucken, Krallen griffen zu, packten, zerrten, Gestank von lebender Verwesung machte sich breit, ein dunkles Pochen, stetig, Herzschlag um Herzschlag, Röte verschlang die Seelen, ein Schreien, ein letzter Fluch, ehe etwas zersprang, ein letzter gieriger Griff...

[NIMG]http://mitglied.lycos.de/sephiriel/unterwelt2.jpg[/NIMG]

... ehe sie regunglos in seinen Pranken hing. Schwarz sein Antlitz, umgeben von einer roten Korona gleich einem einzelnen Auge, was sie anstarrte, darin mochte sie kriechendes Gewürm ausmachen.
Hast du es?
Habe ich.
Kehre zurück. Nimm dir mehr. Nimm dir alles. Siebenwind.

Ein Lachen, vielstimmig und doch nur aus einer geisterhaften Kehle stammend, untermalt von schrillen, dem Wahnsinn nahe Tönen.
Die Pranken lösten sich, sie fiel, unendlich tief, ewig und doch fühlte sie den Rausch der Macht...




Es schmerzte.
Diese Sterblichkeit.
Dieser schwere, menschliche Körper.
So begrenzt, so unflexibel, so verletztlich.
Ihr Kopf dröhnte, während sie schwer aus ihrer trockenen Kehle atmend auf dem Boden der Hütte lag. Ein stetes Zittern überzog den dürren, zerschundenen Körper.
Sie wäre am liebsten erneut gestorben und doch zog sich zwischen den mühseligen Atemzügen immer wieder ein zähnefletschendes Grinsen über ihre Lippen.


Zuletzt geändert von Schattenkind: 28.02.06, 17:16, insgesamt 1-mal geändert.

Nach oben
 Profil  
 
 Betreff des Beitrags:
BeitragVerfasst: 5.04.06, 00:46 
Einsiedler
Einsiedler

Registriert: 20.02.05, 23:40
Beiträge: 84
Rauch stieg auf, während eine dürre Gestalt, dicht eingehüllt in einen im Gebirgswind flatternden, dünnen Fellumhang den schmalen und steinigen Pfad langsam hinabschritt. Die Schreie hallten noch nach, der Aufruhr - egal, ob nun auf der Ebene der Lebenden oder der der Toten - hatte ein köstliches Chaos um sie herum auferstehen lassen. Es nährte ihren durch die lange Fastenzeit und der Reise durch die Unterwelt ausgezerrten Geist und liess ein warmes Gefühl der.... nein, Zufriedenheit war es nicht, Genugtuung fühlte sich auch anders an.
Sie kicherte nur leise, schüttelte den Kopf, während sie langsam weiterschlurfte - es war bloss der Wahnsinn, der wieder einmal ausreichend Nahrung erhalten hatte und der Durst nach Irrsinn war vorerst gestillt.

Zurück nach Siebenwind - ja, aber langsam, sie hatten doch beide Zeit und zuvor wollte sie ihre Kräfte noch in diversen Städten messen, vielleicht gar in jenen, in denen man sie vermutlich noch immer suchte. Sollte man jedoch die Unverfrorenheit besitzen und sie gar schon vergessen haben, nun, dann würde sie eben dafür sorgen, dass man sie sich wieder in schlechter Erinnerung rief.
Vielleicht lebte er sogar noch? Ihr Meister, ihr vorgeblicher Vater, der Mann den sie gleichzeitig hassen und lieben konnte, wenngleich ihre Art zu lieben eh ein wenig seltsam anmutete.
Liebe - das wäre auch etwas, mit dem sie doch wieder spielen konnte. Narren gab es genug auf dieser Welt und nun war auch noch der Vitama angebrochen. Gefühlsduselige Dussel gab es also nun zuhauf und manch' einer mochte reich und dämlich genug sein, um für genügend Spass für sie beide zu sorgen.

So trottete sie mit einem steten Grinsen weiter den Pfad durch die Felsen der Drachenschwingen hinab ins Flachland, im Geiste zu zweit so manch unheilvolle Pläne schmiedend, nicht ahnend, wer letztlich der Gewinner von ihnen beiden sein wird.


Nach oben
 Profil  
 
Beiträge der letzten Zeit anzeigen:  Sortiere nach  
Ein neues Thema erstellen Auf das Thema antworten  [ 5 Beiträge ] 

Alle Zeiten sind UTC + 1 Stunde [ Sommerzeit ]


Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 18 Gäste


Sie dürfen keine neuen Themen in diesem Forum erstellen.
Sie dürfen keine Antworten zu Themen in diesem Forum erstellen.
Sie dürfen Ihre Beiträge in diesem Forum nicht ändern.
Sie dürfen Ihre Beiträge in diesem Forum nicht löschen.

Suche nach:
Gehe zu:  

Powered by phpBB © 2000, 2002, 2005, 2007 phpBB Group
Deutsche Übersetzung durch phpBB.de