Alte Liebe vergeht nicht.
Ein leiser Seufzer entfleuchte ihren Lippen, als sie ihre Wege aus der Stadt herauslenkte. Sie hatte den Moment gefürchtet, wenn sie vor ihm, Yves, stehen und die Wahrheit sagen würde. Aber sie wollte ihn auch nicht mehr länger hinhalten. Sie hatte sich entschieden, auch wenn es schwerfiel, denn andererseits hing sie noch immer an ihn. Ihn, den grossen Knappen, der zwar stark war, aber auch manchmal so weich und verletzlich gewesen war. Ein Kloß bildete sich unweigerlich in ihrem Hals, als sie an jenen Tag zurückdachte, als er in der Krypta wie ein Häufchen Elend an der Wand gelehnt gesessen hatte, die Tränen über sein Gesicht liefen und ihm gegenüber der Name seines Bruders zu lesen war. Tränen, wie vorhin, als ihm klar wurde, wie die Liebe zwischen ihnen zerbrochen war.
Tief atmete Althea durch, schüttelte den Kopf. Sie hatte sich entschieden und es gab kein Zurück. Er würde eine Frau finden, die für ihn da sein könnte. Immer. Die nicht so eine eigenartige und nicht selten auch unangenehme Gabe hatte wie sie. Wie oft lagen sich doch die beiden in den Haaren wegen ihrer Macht Magie zu wirken? Und nicht nur das - sie hatte ihm lange genug im Weg zu seinem Aufstieg zum Ritter gestanden. Nur wegen ihr hatte er sich Sorgen machen müssen, überhaupt voranzukommen. Selbst wenn sie ihn vollkommen in Ruhe liess, was die letzten Monden der Fall gewesen war, so gab es da noch die Gefühle eines weitaus mächtigeren Mannes als Yves. Es war besser, sagte sie sich, umgriff die Zügel fester, während sie durch den lichten Wald langsam ritt.
Es dauerte eine Weile, ehe sie vor einer kargen Felswand abstieg und sich noch flüchtig umsah, während sie sich der Wand näherte. Auf der materiellen Ebene sah sie nichts, auf der arkanen ebensowenig, als sie vor ihren Augen mit einer Hand strich, sich kurz konzentrierte und leise Runworte raunte. Dann glitt sie auch schon durch die Wand, ebenso ihr Ross.
Das, so dachte sie, als sie das illusionäre Tor durchschritt, war eben ihre Welt - die Welt der Magie - und strich nun den ganz und gar nicht illusionären Fellvorhang beiseite, der die Wärme in der kleinen Höhle beliess. Am Eingang band sie den Zügel des Kaltblutes locker an einem Ring in der Wand fest, wandte ihren Blick herum - Kohlepfannen standen im Höhlenraum verteilt, spendeten neben Wärme ein diffuses, weiches Licht, dazu einige abgeschlossene Truhen und ein weiches, breites Lager aus Fellen, Kissen, Decken und darauf...
Ein Lächeln legte sich nun doch endlich auf ihre Züge.
Das war auch ihre Welt, dachte sie bei dem Anblick des schwarzhaarigen Mannes, der dort friedlich schlief, in der Armbeuge ihre kleine, schwarze Katze, die beim Näherkommen Altheas ihre grünen Augen halb öffnete und sie behaglich schnurrend willkommen hiess.
Zärtlich strich sie dem jungen Mann die Haare aus der Stirn. Nuir Ekre, den sie so lange für verloren geglaubt hielt, war wieder an ihrer Seite. Er verstand sie, ihre Gabe natürlich ebenso und es gab niemanden, der ihnen vorhielt, sie würden irgendwas vernachlässigen.
Ihre Studien sowieso nicht, auch wenn sie der Akademie etwas den Rücken zugekehrt und am heutigen Tag noch ihre Kammer ausgeräumt hatte. Nun galt es nur noch jemandem den Schlüssel dazu in die Hand zu drücken. Jemandem, der es verdient hatte und weitaus mehr an der Akademie hing, als sie.
Aber.. das hatte Zeit, dachte sie mit einem Lächeln und legte Umhang wie auch Barett ab, um sich ebenso auf das Lager niederzulassen und sich dicht an Nuir und ihre Katze zu schmiegen.
Alte
Liebe vergeht eben nicht.