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 Betreff des Beitrags: Vit Älgen
BeitragVerfasst: 30.08.06, 00:00 
Altratler
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Vit Älgen

In den weißtannigen Dornwäldern - die sich weit und weiter zwischen den Flanken des Hajlton und der Bucht zu Dornwald sowie zwischen den eisblauen Wassern des Isssees bishin zum immerströmenden Ansgir erstrecken - dort, wo sich nur wenige Seelen in die Einsamkeit des tiefen, immerwährenden Winters zurückgezogen haben, genau dort wird seit vielen Generationen eine stille Kindergeschichte weitergetragen.

Die Strukturen der aus den dichter besiedelten Gebieten bekannten Aetts oder Clans verfallen, je tiefer man in die Dornwälder gelangt, zu immer kleineren, oft sogar nur einköpfigen Gruppierungen. Die wenigen Kinder, die unter der Götter Augen in diese stille Welt gesetzt werden, wachsen so meist im sehr engen Kreise der eigenen Familie und im Schutze der weiten rauen Wälder auf. Kaum eine Neuigkeit oder eine Geschichte dringt von außerhalb - selbst nicht aus den angrenzenden großen Städten Dornwald oder Eskandar - durch das dichte Gewirr der schneebedeckten Tannen ins Innere, ebenso wenig wie aus der tiefen Stille oft nicht mehr als das sanfte, eisige Säuseln des Windes herausstreicht. Oft schaffen es nur diese genügsamen Familien, die sich der Jagd angenommen haben und sich selbst auch in härteren Zeiten versorgen können, den rauen Bedingungen trotzend Kinder in die Welt zu setzen und diese auch in der Abgeschiedenheit sorgsam aufzuziehen.

Umso mehr sind hier die Elternteile in der Verantwortung, ihren Kindern die nötige Ehrlichkeit und Göttergefälligkeit nahezubringen.

Von Stärke, Mut und Klugheit, den drei Säulen der Rabainsteine; von Thjarek dem Allvater, dem Herrn der Meere, und von Eydis, der Allmutter, welche die Winde sät; vom Drachenboten, der sich vom Bug des Götterschiff erhob ...

Doch spätestens dann, wenn Kinder zu fragen und zu hinterfragen begannen, begann auch für die Eltern eine schwere Zeit. Wie den Sinn der mächtigen Steine erklären, ohne je ein Gebirge gesehen zu haben? Wie die Macht des Wassers erfahren, ohne je ein Meer tobend erlebt zu haben? Und vor allem - wie an von oben herabsehende Götter glauben, wo man sich im dichten Wald schnell und wirksam unter den Tannen oder im Schnee verstecken konnte? Sollte Thjarek herunterkommen, um im Wald nach kleinen Kindern zu graben - oder Eydis ihre Winde senden, um Bäume, Sträucher und Schnee aufzudecken, um selbiges zu tun? Und wie sollte denn Thjareks weißer Drache im Tiefflug durch den undurchdringbaren, schützenden Tannenwald fliegen, ohne sich selbst an dessen Nadeln zu zerreißen?



Als des Jäger Borks Sohn in das Alter kam, diese Fragen zu stellen, wusste der Vater wie so viele seiner Art keine Antworten. Mit der Hoffnung, er und seine Frau Julla würden schon eines Tages die richtigen Worte finden, zog er jeden Tag wieder in den Wald aus. Denn er war gut mit dem Speer und erjagte das, was seine Familie benötigte. Doch je häufiger er auch zurückkam, desto öfter war die dem Jungen aufgetragene Arbeit nicht getan, Winterfelle ungeschoren, Gerbwerkzeuge durchwühlt und das nahrhafte Essen unangetastet und erkaltet. Borks und Jullas Sorgen wuchsen, bis Bork eines Tages am Midsom den Sohn mit in die Wälder nahm. Er führte ihn auf eine Lichtung, die Schneedecke reichte dem Jungen fast bis an die Hüfte. "Warte hier, ich werde bald wieder bei dir sein ... und rühr' nichts an. Ich bin bei dir, wenn es wieder dunkel wird", sagte Bork zu dem Jungen. "Sicher Vater, das fällt mir nicht schwer, schließlich gibt es hier nichts anzurühren außer dem Schnee", entgegnete der Junge. So verließ Bork die Lichtung und ließ den Jungen zurück.

Es verging mehr als die Dauer einer ganzen Helligkeit und die Sonne stand immer noch hoch oben, denn es war Midsom. Ihr gleißendes Licht spiegelte sich auf der weißen Schneedecke und schmerzte dem Jungen bereits in den Augen, als er einen warmen Luftzug in einer Wolke wahrzunehmen meinte, als käme diese aus dem Nichts direkt vor ihm. Irritiert rieb er sich die Augen, da der Hauch diesmal gar feucht auf seinem Gesicht niederzuschlagen schien, von einem langsamen, gleichmäßig rasselnden Geräusch begleitet. Neugierig streckte er seine Hände aus, ließ seine Finger durch die nächste wärmende Wolke streichen, und kicherte leise ob der Wärme. Den Dunst zur Seite fächernd, kamen zwei dunkle Punkte dahinter zum Vorschein, deren Ursprung er zu ertasten versuchte. Eine bauschig weiche, leicht raue Oberfläche befand sich um die warmen Löcher und gerade, als der Junge seine Finger neugierig in diese steckte, schmetterte ein dröhnendes Röhren ihn zurück in den Schnee. Erschrocken und versunken im Schnee konnte er nun erst mit verschwommenem Blick die Konturen gegen den bläulichen Himmel ausmachen: ein riesiges schneeweißes Tier, einem Hirsch ähnlich, doch an die drei Schritt hoch, mit verwachsenem Geweih und unförmig runden Nüstern, aus denen gerade weitere warme Dunstwolken ausströmten.

Auf allen Vieren, wild vor Angst und den Schrecken noch im Nacken, wühlte sich der Junge durch den hohen Schnee dem Waldrand entgegen, wo Bork ihn schließlich aufnahm. Gegen das strahlende Weiß auf der Lichtung und den weißen Tannen war das weiße Wesen wie ein Geist für beider Augen schon wieder entschwunden. Und so sang Bork dem vor Verängstigung weinenden Jungen in seinen heimbringenden Armen das Lied vom weißen Drachen Thjareks, welcher als Hirsch in die Wälder gelangt, um auch dort nach dem Rechten zu sehen - durch seine Verwandlung zwar unförmig und grob, doch selbst für die besten Augen nahezu unsichtbar.

Vit Älgen

Varje dag och varje gång
när jag ser dem då igen,
jag ser dem där ens av lång.

Vad jag ser är bara snön,
eller jo - 'Vit Älgen'.

Jag vet att du betraktar mig
och att du ute går igen.
I vit skogen ser man inte dig.

Ändå, du aktar uss för gott.
och är näre uss - 'Vit Älgen'.


Zuletzt geändert von Gilfjur: 30.08.06, 16:01, insgesamt 1-mal geändert.

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