Die Geräusche der Stadt verklangen nur mässig, während der Tag sein Ende nahm und ein neuer seinen Anfang. Es war dunkel, die Luft nun kühler und die Menschen strömten aus den über den Tag angenehm schattigen Häusern hinaus auf die Strassen, drängten sich auf der Suche nach Zerstreuung oder Waren, auf den Weg zu Verwandten und Freunden, auf der Suche nach Liebe und Lust durch die unzähligen, engen Gassen Luth-Mahids.
Dort sah man alte Gelehrte auf dicken Kissen vor einem Teehaus sitzen, genussvoll an einer Wasserpfeife ziehend, ehe sie über das Leben, den Tod und was dazwischen lag leidenschaftlich zu debattieren begannen. Man sah junge Gehilfen Karren, beladen mit schillernden Stoffen, schweren Teppichen oder Säcke voll Tabak über die staubige Strasse mühselig und müde ziehen. Woanders glaubte man den Klang von rasch geschlagenen Trommeln, säuselnden Flöten und zarten Zimbeln zu hören, während man nur kurz einen Blick auf das Innere des Hauses mit seiner schönen, von einem seinen Träumen nachhängenden Publikum umringten Tänzerin werfen konnte. Woanders drang lautes Geschimpfe quer über die Strasse, zwei Frauen, die sich mit Genuss ankeiften, während ein paar grinsende Männer sich vorbeidrängelten, die ein oder anderen frechen Worte einwarfen und sich verzogen, ehe die beiden anfingen sich weiterkeifend noch gegen die Männerwelt zu solidarisieren. Gerüche aus Garküchen kitzelten die eigene Nase, lockten und versprachen nie dagewesene Gaumenfreuden, mal scharf und feurig, mal süss und schwer. Im Souq jedoch schwoll all der Lärm, all die Gerüche - angenehme wie auch weniger angenehme, die für ein heisses, wasserarmes Land so typisch sind - und all das erbarmungslose Gedränge an zu seinem Höhepunkt.
Es schien, als würde Luth-Mahid nie schlafen wollen oder können, das Leben noch einmal auskostend, ehe es wieder verging.
In stilleren, verschwiegeneren Gefilden dieser Stadt...
Zwei Lippenpaare, die sich - verheissungsvoll das eine, verlangend das andere - aneinander schmiegten, dann lösten sie sich mit einem sehr leisen Schmatzer wieder. Hunger auf mehr war in seinen Augen zu lesen, ein Blick, den sie nur zu gut kannte und der an ihrem Körper, geschmückt von edlen Stoffen, bronzenen Ketten und Ringen sowie mit einem schweren, erregenden Duft, der ihren eigenen passend zu unterstützen vermochte, entlangschweifte. Sie schenkte ihm ein warmes, hintergründiges Lächeln, lockend ihr Blick nun, ehe sie diesen nur langsam abwendete, hinüber zu dem niedrigen Tisch schweifen lassend, auf dem noch leicht dampfender Tee in kleinen Gläsern stand. Sie pustete über die Flüssigkeit, ihn wieder ins Auge fassend.
Für einen reichen Kaufmann war er immer noch ansehnlich genug, befand sie. Der Körper spürbar und sichtlich gestählt von einem täglichen Training mit dem Säbel, wobei er wohl weniger das Prunkstück nutzte, was griffbereit neben ihm lag, daneben ebenso der Krummdolch.
Er traute ihr nicht - kluger Mann.
Sie lächelte ihm zu, hauchte, die Augen kurz schliessend, sanft einen Kuss auf den Glasrand, ehe sie sich dann vorbeugte und ihm das Glas reichte. Verschmitzt lächelte er bei ihrem Tun auf, schüttelte dann aber den Kopf und mit einem gewissen Unterton in der tiefen Stimme, der kein "Nein" erlaubte, entgegnete er ihr, dass sie doch einen Schluck vom Tee nehmen möge.
Kein Zögern in ihrem Tun, stattdessen ein artiger Blick, so vielfach geübt, so oft angewendet und stets von Erfolg gekrönt, warf sie ihm zu, ehe sie das Glas ansetzte und einen kleinen Schluck nahm, dann reichte sie es ihm hinüber.
Er griff nach dem Glas, seine Finger strichen über ihre und als er nun selber trank, den Blick nicht von ihr nehmend, näherte sie sich ihm wieder, strich mit den Fingern sein offenes Hemd beiseite, streichelte quälend langsam mit den warmen, weichen Händen über seine Brust, ehe sie ihre Lippen auf seine Haut setzte und sie liebkoste. Ihr Haar strich kitzelnd darüber, reizte ihn nur noch mehr, liess sein Herz wilder nun schlagen. Mehr und mehr keimte in ihm die Erregung auf, trieb zur vollen Blüte, sie wiederum hinab in die Kissen drängend, begehrlich ihre Kleidung mit raschen Handgriffen hinabstreichend - er konnte sich keinen Moment länger mehr halten, verlor jegliche Beherrschung, während sie ihn in ihre Arme schloss, bereitwillig empfangend, ehe ein feiner Schmerz sich von seiner linken Brust aus durch seinen Körper zu quälen begann. Sein Herz raste, war kaum mehr zu stoppen und leise keuchend sah er sie ungläubig an, wollte noch ansetzen zu sprechen, doch er sackte mehr und mehr in sich zusammen, während die Schmerzen seinen Körper zu lähmen schienen.
"Gegengift, mein Schöner", hauchte sie ihm auf seine Lippen, küsste ihn noch einmal innig. Als sie ihre Lippen wieder von seinen löste, ihre Zunge seinen Geschmack von ihnen strich, sah sie hinab auf ihn und entgegnete seinen starren Blick aus dunklen Augen. Keine Regung mehr, kein Herzschlag - er war tot, doch noch war ihr Auftrag nicht vollkommen erledigt.
Sie strich sanft seine Augen dicht, dazu leise und fast liebevoll hauchend: "Ra hat sich für dich in dem Moment erfüllt, als der Tod die Schwelle deines Hauses überschritt, um dich zu verführen. Ruhe wohl und vergiss die Qualen des hektischen Lebens in den süssen Träumen des Todes."
Dann griff sie zu ihrer einfachen Holzkette, hob den kleinen und etwas abgegriffenen, katzenförmigen Anhänger aus Schwarzholz hoch zu ihren Lippen, hauchte liebevoll einen Kuss darauf, raunend dazu: "Danke, Ra, dass sich meines hier noch nicht erfüllte."
_________________ Charakterprofil Moritz
Zuletzt geändert von Sachmet: 22.12.06, 02:40, insgesamt 1-mal geändert.
|