Eine lange Zeit war vergangen, in der der Greis in der Höhle vor dem Feuer verharrte. Nichts hatte er gegessen in dieser Zeit, ein Schluck faulig stinkenden Wassers aus einem Steinkrug ab und zu war alles, was er zu sich nahm. Einen Holzscheit von einem größeren, rücklings aufgeschichteten Stapel Holzscheite nahm er gelegentlich und legte den Scheit in das Feuer, damit dieses nicht erlöscht.
Eine verwilderte Katze ließ sich von der Wärme des Feuers in der Höhle verführen. Vorsichtig schlich sie voran, eng angeschmiegt an dem Fels, den am Feuer hockenden Greis fixierend. Doch dieser regte sich nicht und somit fasste die Katze wohl Vertrauen, näherte sich der Feuerstelle, um die Wärme des Feuers zu genießen.
Gleichwohl nahm der Greis die Katze wahr, ließ sich dieses aber durch keine Bewegung seines Körpers anmerken. Seine Augen folgten jedoch jeder Bewegung der Katze, fixierten sie in jedem Moment. Auch als sich die Katze am Feuer rekelnd niederlegte, gleich neben den grünlich funkelnden Kristallen, welche am Boden lagen, verschreckte sie keine Regung des Greises.
„Dämon, Natternbrut, du denkst, ich erkenne dich nicht. Doch du irrst. Ich erkenne dich sehr wohl und weiß um die Absicht deines Tuns“ sprach der Greis in Gedanken zu sich selbst, dabei die Katze anstarrend. „Jene Steine dort willst du an dich reißen, sie dir zu eigen machen, um deren Macht, die sie dir verleihen, zu nutzen. Versuche es nur und es wird deine letzte Tat sein“.
Die Katze spürte keine Gefahr und rekelte sich, streckte sich auf dem Boden, die Wärme des Feuers genießend. „Oh – als Hure zeigst du dich nun in der Gestalt der Schwester Tzara Rengis, um mich zu verführen. So willst du nun dein Ziel erreichen, deinen wollüstigen Körper lüstern darbietend, deine bebenden Brüste mit den Händen liebkosend. Nur zu – du wirst sehen, was dein Lohn sein wird“. Mit diesen Gedanken saß der Greis unbeweglich vor dem Feuer, die Katze mit glasigen Augen fixierend.
Die Katze mochte eine leichte Bewegung des Greises bemerkt haben, denn sie verharrte in ihrer Bewegung und schaute zum Greis. „Ah – nun versuchst du es auf diese Weise. Versuchst mein Vertrauen zu erheischen, indem du die Maske des Bruder Donarius aufsetzt. Aber ich kenne gut dieses einnehmende Lächeln und diesen auf mich immer naiv, ja dümmlich wirkenden Blick, der Vertrauen erwecken soll. Nie blieb mir verborgen die Arglist, die Hinterlist, die Feistheit, die Verlogenheit, ja die Verderbtheit der Seele gar selbst hinter dieser Fratze. Und auch jetzt bleibt mir dieses ganze Üble nicht verborgen. Ich kenne deine Absicht. Du wirst mich nicht täuschen. Aber versuche es nur und es wird deine letzte Tat sein“. Während diese Gedanken dem Greis durch den Kopf gingen, fixierte er kurz mit seinen Augen die funkelnden Kristalle.
Die Katze schien sich wieder in Sicherheit zu wissen, denn sie strich mit der Pfote über die Nase, säuberte mit der Zunge ihr Fell. „Ah – sieh da, du Natter. Auch dieses vermagst du, dich so zu geben wie Schwester Amelia. Unschuldig, keusch und rein gibst du dich nun in ihrer Gestalt. Willst mich nun so gewinnen, mich so locken. Doch weiß ich auch dich, Schwester Amelia, zu durchschauen. Weiß ich doch um die Hurereien, um die Orgien, an denen Ihr Euch ergötzt und Eure Schwestern im Schrein der Heiligen Mutter. Nimmersatt wart Ihr in Eurer Lüsternheit, so dass Novizen geschicket wurden immerzu in die Lande, zu finden stramme Recken als Diener für Eure Wollust. Und ich weiß auch, dass es geschah, dass ein Jüngling sich vom Tempeldach stürzte, um dem Wahn, in den Eure Wollust ihn getrieben, durch den Tod zu entrinnen. Aber versuche es nur, mich zu täuschen. Versuche es nur und es wird deine letzte Tat sein“.
Ein Kadaver einer Katze liegt neben der Feuerstelle, aus dem das Gedärm herausquillt. Getrennt vom Leib liegt der Kopf der Katze daneben. Die zerlumpte Robe, die den Greis kleidet, ist blutverschmiert. Blutverschmiert sind desgleichen die Hände des Greises und das Gesicht. Blut tröpfelt von den Lippen des Greises und einige Haare des Felles der Katze kleben an selbigen.
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Furchtbar ist es, zu töten. Aber nicht andere nur, auch uns töten wir, wenn es nottut. Da doch nur mit Gewalt diese tötende Welt zu ändern ist, wie Jeder Lebende weiß.
Zuletzt geändert von Calmexistus: 15.02.07, 05:45, insgesamt 1-mal geändert.
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