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 Betreff des Beitrags: Pfad der Gerechten
BeitragVerfasst: 4.03.07, 23:51 
Einsiedler
Einsiedler

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Einige Zeit ward nun bereits verstrichen, seit sie wieder in diesen Landen angekommen ist. Wenig, sehr wenig ist noch wie sie es in ihren spärlichen Erinnerungen zu erinnern wusste. Die Gebäude, die Pfade, die Menschen und die Herrschenden, nichts war wie es ihr vertraut war.
Diese Ungewissheit und Einsamkeit war es, die sie durch ihr Leben zu verfolgen schien und doch schenkte ihr eben diese Einsamkeit ein seltsames Gefühl von ... Heimat.

Es war schon einige Zeit her, dass sie die beinahe schon verlassenen Gassen Brandensteins hinter sich gelassen hatte und sich einigen Reisenden in Richtung Falkensee angeschlossen hatte. Falkensee. Dieser Name drang durch die Lande als der Mittelpunkt der Insel. Eine prächtige Stadt, so voller Leben, dass die Mauern der Stadt es kaum zu beherbergen wussten. Anfangs war sie einfach staunend durch die Gassen und Plätze gezogen und hatte sich umgesehen. All die Farben, Banner und Menschen... diese Vielfalt und Masse... alle an einem Ort. Es gab ihrem Gefühl der Einsamkeit weitere Kraft. Inmitten des Gemenges von Gerüchen, Lärm, Stimmengewirr und Gedränges auf dem Marktplatz schaute die kleine Frau in den wolkenverhangenen Himmel dieser kalten Jahreszeit.
Ihr Atem bildete kleine Wölkchen, welche langsam von ihr fort drifteten.
Eines Tages weckte sie sich selbst aus dem träumerischen Staunen ihrer neuen Heimat. Es gab noch viel zu tun und sie vergab dieser Tage lediglich ihre kostbare Zeit.

Schnell hatte sie einige neue Bekannte getroffen und machte sich auf die Suche nach den wenigen alten Bekannten.

Eines Tages sollte es ihr gelingen "Sie" wieder zu treffen. Sie hatte sich verändert seit damals, aber die Gesichtszüge und der Klang ihrer Stimme waren doch unverwechselbar.

Sie bewegte sich mit kleinen, schnellen Schritten über die regennassen Pflastersteine, sehr darauf bedacht, auf der schlüpfrigen Oberfläche nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Eine schnelle Anrede und die Bitte um einige wenige Minuten führten zu dem unerwartet schnellen Erfolg ihrer Suche. Zeit und Personen waren goldrichtig, doch der Ort ward es ganz und gar nicht. Doch Erianna hatte ein Stück Heimat wieder entdeckt und so schnell würde sie es nicht wieder her geben. Mit einem zufriedenen Lächeln auf den regennassen Lippen trat sie wieder auf die Gasse hinaus. Der peitschende Regen machte ihr nichts aus, ja sie nahm ihn kaum noch wahr. Eine innere Wärme erfüllte die zierliche, dunkelhaarige Frau und sorgte dafür, dass die Welt um sie herum für einen kurzen Augenblick an Bedeutung verlor. Es gab wieder ein greifbares Ziel, eine Aufgabe. Wenig später lag der Treffpunkt schon weit hinter Erianna, doch das Strahlen auf ihren Lippen hielt an diesem Tage noch lange an.


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BeitragVerfasst: 15.03.07, 02:05 
Einsiedler
Einsiedler

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Ihr Gesicht trug die Strapazen und Wendungen dies Tages deutlich zur Schau. Doch trotz der deutlich sichtbaren Müdigkeit und der mittlerweile eingeschränkten Fähigkeit ihre Glieder zu koordinieren verspürte Erianna den deutlichen Drang einen kleinen Spaziergang über den Wall zu machen - allein. Allein mit sich, wie sie es gewohnt war. Ihre Heimat inmitten der immerwährenden Einsamkeit im Innersten ihrer Gefühlswelt, jenes geheimen Ruhepunktes ihres Lebens, schien in Gefahr. Es gab einen Eindringling, eine Person welche jene Einsamkeit und permanente Stille zu brechen drohte. Sie kannte die Frau. Frau Greifenstein, war Erianna gesagt worden, sei ihr Name.
Bisher hatte Erianna sie behandelt, wie jede andere Person auch, freundlich und zuvorkommend. Doch vor allem mit der ihr eigenen Unverbindlichkeit. Diese Unverbindlichkeit war der Große Wall um ihre Oase "Einsamkeit". Nahezu niemand hatte es bisher vermocht den geheimen Spalt in diesem Bollwerk der Emotionen zu finden, geschweige denn durch jenen hindurch zu dringen. Schon allein des Schutzes wegen, war dies auch kaum zu wünschen. Erianna war durch die Jahre, die sie allein verbracht hatte, all die Erlebnisse und Taten, welche sie in ihrem Leben erlebt hatte, stehts allein geschritten. Niemand hatte ihr geholfen und noch viel weniger hatte sie sich helfen lassen. Dankbarkeit führte zu Abhängigkeit und Verletzlichkeit. Diese Art der Nachlässigkeit war ein Wesenszug, der ihr von Kindesbeinen abgewöhnt worden war.
Das scheue Wesen im Inneren des Walles wolllte die Stille, es wollte die Einsamkeit und nun sah es sich einem mächtigen Gegner gegenüber.

Anfangs hatte dieser Feind auf den Weiten jenseits des Bollwerkes noch keine bedrohliche Kraft gezeigt, doch heute hatte sich seine Macht vervielfacht....

All jene Geschehnisse, die Flucht vor den Gobblins in die Mauern Falkensees, das Treffen mit Frau Greifenstein, den Übergriff des Orken auf die junge Frau Erianna und die anschliessende, bis tief in die Nacht währende Unterhaltung, hatten sichtliche Risse in den Mauern ihres Inneren Bollwerkes hinterlassen. Es gleich einem Hagel von Katapult-Geschossen auf ihren selbst errichteten Eispalast.

Auf dem Wall stehend, den Blick über die Weiten des Ödlandes gerichtet, fragte sich die junge Frau ob es klug gewesen war, Lantea so viel zu erzählen. Lantea... nun war sie schon nicht mehr Frau Greifenstein, sondern Lantea. Sie wusste nun viel, beinahe zu viel. In jedem Falle war es bei weitem mehr, als jeder andere auf dieser Insel bisher von ihr erfahren hatte und das.... das sollte eigentlich gänzlich anders ablaufen. Doch irgendetwas aus dem Inneren ihres emotionalen Bollwerkes versuchte einen Ausbruch. Ein Teil von ihr wollte jemanden, dem sie sich anvertrauen konnte. Jemanden, mit dem sie ungezwungen sprechen konnte, doch genau dies ward nicht möglich, oder doch?

Der Zweifel war ihr aufs Gesichte geschrieben, als sie die Tore zu den Schlafräumen des Walles wieder aufdrückte. Auf dem Bette an der Wand lag Lantea regungslos auf der Matte und schien zu schlafen. Der Blick Erianna's glitt beinahe wie von selbst zu dem abgestellten Schwerte Lanteas. Es wäre ein Leichtes die Kriegerin des Löwenordens mit ihren eigenen Waffen zu schlagen, im wahrsten Sinne des Wortes. Und mit einem Schlage wäre der Ansturm auf das Bollwerk in Erianna's Innerem niedergeschlagen. Die Stille der Einsamkeit würde wieder Einzug halten und alles wäre wieder wie am Beginn dieses Tages. Würde es das?, der bohrende Gedanke fraß sich tief durch ihren ohnehin schon schmerzenden Kopf. Konnte es so einfach sein, die Zeit zurück zu drehen und einfach weiter zu Leben? Wäre es eine Tat mit der sie leben könnte um dem größeren Ziele weiter dienen zu können?

Der Kampf in ihrem Inneren tobte weiter, als sie die Rüstungsteile abgelegt hatte und sich auf einem benachbarten Bette neben Lantea niedergelassen hatte. Sie wehrte sich einige Zeit gegen die übermächtige Müdigkeit, immer ein Auge auf die schlafende Ordenskriegerin. Es dauerte jedoch nicht lange, da hatte sie zumindest den Kampf gegen den Schlaf verloren und Morsan zwang sie einmal mehr zu Ruhe.... eine kurze und unruhige, aber dennoch einigermaßen erholsame Ruhe.


Zuletzt geändert von Erianna: 15.03.07, 13:11, insgesamt 1-mal geändert.

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BeitragVerfasst: 15.03.07, 13:55 
Einsiedler
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Leises Klirren von eisernen Rüstungsteilen verklang in der kühlen Morgenluft über den Wall. Ein unerwartet auftauchender Beobachter würde sich schütteln vor Lachen bei dem Anblick der zierlichen Frau, welche über den Wehrgang torkelte. Die schwer gerüsteten Arme und Beine der Frau schienen schwerfällig und den Anweisungen des Kopfes nur äußerst zögerlich Folge zu leisten.
Jahrelang hatte Erianna sich insgeheim über die Krieger in ihren schweren Rüsten lustig gemacht. Sie hatte nie verstanden, wie sie jener Form des Kampfes etwas abgewinnen konnten. Es war nicht nur die eingeschränkte Art der Bewegung, auch die Sicht wurde von den schweren Helmen eingeschränkt und von unentdeckter Art des Fortkommens war bei dem Haufen an Metall am Körper nicht zu denken. In einer derart massiven Rüstung stellte jeder Krieger ein leichtes Ziel darf, zumindest auf den ersten Blick.
Bisher hatte sie jede Art des Kampfes vermieden. Direkten Konflikten war sie aus dem Weg gegangen. Warum sollte sie sich der Gefahr einer Verletzung aussetzen, wenn es andere Wege gab? Sie hatte diese Form der "ehrbaren" Schlacht nie wirklich verstanden und sah keinen Vorteil darin. Doch der Übergriff des Orken inmitten der Hauptstadt Falkensee sollte sie eine neue Sichtweise lehren. Hier, mitten auf der Wiese nahe Finianswacht, in vermeidlicher Sicherheit hatte sie sich einen Moment der Achtlosigkeit in Bezug auf ihre Umwelt gegönnt. Wer würde schon unter dem strengen Anblick der wehrhaften Zinnen Finianswachts mit einem Übergriff rechnen?! So musste die zierliche Frau feststellen, dass sie dieser Konfrontation nicht wie gewohnt aus dem Wege gehen konnte. Sie hatte nicht die Kontrolle und das gefiel ihr nicht nur nicht, es lähmte sie beinahe. Panisch kreisten ihre Gedanken auf der Suche nach einem Auswege und das einzige was sie fanden, war die direkte Konfrontation. Doch selbst in den Momenten der Panik war die Sachlage derart offensichtlich, dass sie auch diese Möglichkeit im gleichen Augenblicke wieder verwarf. Wie sollte eine zierliche Menschenfrau, gehüllt in Stoffe und Leder, gegen eine schwergerüstete und offensichtlich animalische Kreatur wie einen Orken bestehen können? Es blieb ihr nichts als sich den kommenden Dingen zu fügen und ihrer Begleiterin Lantea einen flehenden Blick hinüber zu werfen. Jene stand dort in der Uniform des Löwen, schwer gerüstet und bewaffnet, und offensichtlich legte der stinkende und geifernde Ork es nicht auf eine Begegnung mit ihrer Klinge an. Warum sollte er auch, wo es doch in Erianna das offensichtlich leichtere Ziel direkt vor seiner Nase gab? Würdest du nicht auch nach dem leichtesten Wege trachten, dein Ziel zu erfüllen?, schoss es ihr für den Bruchteil einer Sekunde durch den Kopf. So nahmen die Geschehnisse ihren Lauf und Erianna konnte nichts tun als sich an Lantea zu halten und ohnmächtig dem Konflikte beizuwohnen.

Dabei beschrieben genau jene zwei Begriffe "Ohnmacht" und "Kontrollverlust" Zustände, die für die junge Frau beinahe schlimmer waren als der direkte Schlag einer Faust auf ihre kleine Nase. Ohnmacht und Kontrollverlust sind die schlimmsten Feinde, hörte sie ihren alten Freund und Lehrmeister in ihrem HInterkopfe klingen... deine schlimmsten Feinde.


Überstanden hatte sie den Tag, doch spurlos war er an ihr nicht vorüber gezogen. Zwar war sie nach wie vor der Meinung, dass diese Art des Schutzes mehr Nachteile als Vorteile mit sich brachte, doch hatte sich diese Sicht relativiert. In einer schweren Rüstung konnte man weniger agieren und musste sich mehr aufs Reagieren konzentrieren. Doch sonst, wenn nicht Reaktion, war die Antwort auf eine überraschende Handlung?
Erianna hatte erkannt, dass sie nicht immer das Geschehen bestimmten konnte, nicht immer gab sie den Takt vor. Aber das musste nicht zwingend den Kontrollverlust bedeuten, wie dies zuletzt der Fall gewesen war. So kam sie zu einer weiteren, wichtigen Erkenntnis: Vorbereitung bedeutete Kontrolle!


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BeitragVerfasst: 16.03.07, 12:04 
Einsiedler
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Später am Nachmittag beendete Erianna ihre Übungen mit der Rüste und atmete erleichtert aus, als sie sich selbst aus den schweren Panzerungen befreit hatte. Mit einem zufriedenen Lächeln auf den Lippen massierte sie einen Moment lang die schmerzenden Glieder. Trotz der physischen Schmerzen und des aufziehenden Muskelkaters fühlte sie sich großartig. Sie machte Fortschritte in dem Umgang dieser Panzerung und die körperliche Anstrengung vermittelte ihr das Gefühl etwas geleistet zu haben.
Es war auch eben jene Woge des Glücksgefühles, welche sie in der aufziehenden Dämmerung aus dem Walle in Richtung Falkensees und der Taverne trieb. Bei der konzentrierten Arbeit an ihrem Umgang mit dem Rüstzeug hatte sie das immer lauter werdende Magenknurren einfach überhört. Jetzt meldete sich jenes Knurren jedoch mit doppeltem Nachdrucke erneut und so konnte sie es nicht abwarten etwas zu essen zu bekommen.

Die kurze Strecke vom Wall hinüber in die Hauptstadt hatte sie schon unzählige Male hinter sich gebracht. Soldaten, Ritterschaft, die Diener Bellums und nicht zuletzt die Streiter des Löwenordens zogen diesen Weg zum Walle ständig entlang. Sie dachte nicht einmal ansatzweise an eine Bedrohung auf diesem Wege, gehörte er doch beinahe schon zu Falkensee selbst. Abgelenkt von dem drängenden Hungergefühl und der Heiterkeit ihres vollbrachten Tagewerkes liess sie die langsam immer finster werdende Umgebung an sich vorübergleiten ohne sie mit großer Aufmerksamkeit wahr zu nehmen.
Den Weg hatte sie bereits hinter sich und sie trat gerade durch die neuerlich gebauten Gemäuer vor den Toren Falkensees. Das abendliche Treiben der großen Stadt und seiner Bürger drang bereits seit einiger Zeit an ihr Ohr. Es war wie eine Flut des geschäftigen Treibens, welche von den Festungsanlagen der Stadt nicht gehalten werden konnte und über die Zinnen ins Umland schwappte. Dieses Gemisch von Geräuschen, Stimmen und Gerüchen vermittelte ihr umgehend ein Gefühl von Geborgenheit.
Gedanklich sass die junge Frau bereits am gedeckten Tische und in ihren tief-grünen Augen sah sie den saftigen Braten bereits vor sich als sie einen Schrei hinter sich hörte. Sie schritt weiter, nicht wissend, dass sie gemeint war und bei weitem zu abgelenkt von der Vorfreude auf die Mahlzeit und einen ruhigen Abend. Sie konnte es kaum erwarten Lantea von ihren Erfolgen des Tages zu berichten.
Wieder ertönte ein Ruf und dieses Mal gesellten sich eilige Schritte dazu. Gerade gewannen ihre Instinkte die Überhand über ihre Woge des Glücksgefühles und ihre Reflexe begannen ihre selbstständige Arbeit, als sie bereits grob von hinten gepackt wurde und zurück gezogen wurde. Sie stiess einen Schrei der Überraschung aus und versuchte sich aus dem Griff zu befreien. Eine Woge des Gestankes drang an sie heran und zerstörte mit einem Schlag ihre Gedankenwelt an Kamin und Schmaus. Eine übel riechende Gestalt war den kleinen, zierlichen Körper Eriannas über seine breite Schulter und lachte lediglich mit einer Portion Irrsinn in der Stimme, als die Hiebe ihrer zierlichen Fäuste auf seinen Rücken eintrommelte.
Hilflosigkeit! Es schien als würde jede Art der Gegenwehr die Gestalt nur noch weiter anstacheln und motivieren. In keinerster Weise jedoch liess er sich durch ihre mittlerweile gellenden Schreie oder wild um sich schlagenden Bewegungen ihrer Arme von seinen Tun abbringen. In der Finsternis sah sie weitere Gestalten in den gleichen grauen Roben, wie ihr Entführer eine trug. Ihr Verstand sagte ihr, dass sie wenig tun konnte, eingeklemmt in dem festen Griffes des hünenhaften Mannes mit der Pranke, einem Schraubstock gleich. Als jener sich hastete und von der Straße fort in das UNterholz brach, konnte sie sich kaum noch wehren, sondern war viel mehr damit beschäftigt ihren Kopf vor den wild durch die Nacht peitschenden Hieben der Äste und Zweige zu schützen. Kurz bevor die Finsternis und das Dickicht die Sicht auf den Weg verschlangen sah sie noch eine entsetzt dreinblickende Gestalt in einem roten Kleid nahe der Stadt stehen. Sie musste es gesehen haben, oder zumindest ihre Schreie vernommen. Die Arme schützend über ihren Kopf gezogen schrie sie wieder in die Nacht hinaus. Sie bemerkte nicht die langsam unruhiger werdende Truppe ihrer Entführer, so sehr schmerzten ihre Arme von den Hieben und Kratzern der Sträucher und Bäume. Plötzlich schob sich etwas stinkendes, fleischiges unter den von ihren Armen aufgebauten Schutz und legte sich über ihre Lippen. Übelkeit zog in ihr auf und sie konnte den Drang zu schreien ein weiteres Mal nicht unterdrücken. Doch an die Stelle eines Lauten Hilferufes drang nur das unterdrückte Murmeln eines zugehaltenen Mundes.
Ohnmacht und Kontrollverlust, zuckte es ihr in diesem Augenblicke durch den Kopf und fühlte sich unweigerlich an die jüngsten Geschehnisse erinnert.

Es kam ihr eine Ewigkeit vor, die sie mit zugehaltenem Mund durch die Finsternis getragen wurde. Die Resignation in ihrem Inneren wuchs immer weiter an bis sie plötzlich feststellte, dass die Reise offensichtlich ein Ende gefunden hatte. Als zweites stellte sie fest, dass sie die Augen während der rasanten und schmerzhaften Reise auf der Schulter des Hünen zugekniffen hatte. Nun öffnete sie diese, auf der Suche nach ihrer Umgebung. Doch sie sah keine Häuser, kein Schein einer Fackel oder Laterne drang an ihr Gesichte und auch hörte sie keine anderen Personen. Einzig die beängstigende Gesellschaft leise in dem nächtlichen Winde rauschender Blätter leistete ihr Gesellschaft.
Dann wurde sie grob herumgedreht und starrt geradewegs auf eine netzartige Maske eines Robenträgers. In seiner Rechten hielt er eine blanke Klinge, groß genug um ihr mit Leichtigkeit einen Arm oder gar den Kopf abzutrennen. Er forderte etwas für die Maulwürfe und Erianna zweifelte einen Augenblick lang an ihrem eigenen Verstand.
Hatten die Viere sie verlassen und ihren Verstand mit sich genommen?
Doch die fremde Gestalt wiederholte seine Forderung und mit zitternden Händen suchte sie den kleinen Beutel an ihrem Gurt. Ihr Hand vermochte es kaum den Riemen zu lösen,welcher den abgetragenen Geldbeutel mit dem Gurt um ihre Hüften verband. Als es ihr schliesslich geglückt war und sie ihrem Gegenüber jenen Beutel entgegen hielt, machte dieser keinerlei Anstalten die kleine Sammlung von Dukaten an sich zu nehmen. Er lachte sie mit kehliger Stimme geradezu aus und eine weitere Welle von Angst und Übelkeit drang in ihr empor. Sie war keine Person von Rang und Namen, hatte keinerlei Macht und Einfluss und noch weniger Zugriff auf große Mengen an Dukaten. Was also wollten diese Gestalten von ihr?
Eine Gestalt, jene die sie getragen hatte und sich selbst ständig Fohpatz nannte, begann mit seiner kleinkindhaften Sprechweise von "Zähmung" zu sprechen und ein weiteres Mal kämpfte sie gegen das übermächtige Gefühl der Ohnmacht und Hilflosigkeit an.
Der Mann mit der netzartigen Maske verlangte nach ihrem Umhang. Lantea hatte ihr jenen gegeben und sie hing sehr an dem Kleidungsstück. Irgendwie vermittelte der Umhang ihr ein Gefühl der Geborgenheit und Sicherheit, normalerweise. In diesem Augenblicke war sie unsagbar weit von derartigen Gefühlen entfernt.
Abermals versuchte sie ihre unkontrolliert zitternden Hände weit genug unter Kontrolle zu bekommen, dass sie die Schnalle um ihren Hals lösen konnte.
"Der Ork benötigt etwas Warmes.", klang die beinahe schon entschuldigend klingende Erklärung des Vermummten.
Der Ork! Bilder und Gerüche der Geschehnisse der letzten Tage zogen durch ihren Kopf und ihre Nase tastete unwillkürlich nach etwas vergleichbarem. Sie bemerkte plötzlich die Gegenwart einer Gestalt in ihrem Rücken, derer sie sich bislang noch nicht bewusst geworden war. Das schwere Atmen und der schlechte Geruch, ähnlich dem von Fohpatz, sorgten dafür, dass sie sich nicht mehr rühren konnte. Die Angst und Ohnmacht schien von ihr Besitz zu ergreifen. Es war jene Art des Kontrollverlustes, vor dem sie immer gewarnt worden war. Sie war nicht einmal mehr in der Lage auf diese Art der Bedrohung zu Reagieren, wie sie es zuletzt bei dem Übergriff eines Orken in der Lage gewesen ward.
Erst als das Geicht des Maskierten sich ihren Lippen näherte, offensichtlich mit der Absicht sie zu küssen, setzten sich ihre Ausbildung und ihre Reflexe wieder durch. Mit einer unbedachten Bewegung zuckte ihr rechter Arm empor und schlug die flache Hand Eriannas in die Richtung, in der man die Wange unter der Maske vermuten würde. Es war eine Art der Reaktion, die schon abgelaufen war, bevor Eriannas Gehirn die auslösende Handlung überhaupt begriffen hatte.
Im nachhinein fragte sie sich, ob ihre Reaktion klug war. Der Täter hätte seine Maske heben müssen um sein Ziel zu erreichen und so hätte sie vielleicht sein Gesicht erkannt. Doch wenn er erst einmal angefangen hätte, wo hätte er von ihr abgelassen. Hätte er von ihr überhaupt abgelassen?

Trotzig ob ihrer Reaktion drohte der Maskierte sie den stinkenden und grunzenden Gestalten in ihrem Rücken zu überlassen. Abermals stand Erianna wie gelähmt dort und lauschte den röhrenden Atemgeräuschen des Orken in ihrem Rücken. Die Welt um sie herum versank in einem schwarzen Nichts und das einzige was sie noch wahrnahm waren dessen Atemgeräusche. Ihre Augen waren geöffnet, doch sah sie nichts als schwarze Leere. Der maskierte Mann stand keine 2 Schritt vor ihr und in seiner hell-grauen Robe wäre er sicherlich gut zu erkennen gewesen, somal die Dämmerung langsam über die kleine Waldlichtung hereinbrach. Doch Erianna sah nichts davon. Sie war gefangen in einer Welt aus Angst und Erinnerungen.

Sie erinnerte sich nicht wielange sie regungslos dort auf der Lichtung gestanden hatte. Von den Gestalten, welche sich "Maulwürfe" genannt hatten und in grauen Roben gehüllt waren, war weit und breit nichts zu sehen. Apathisch wandte sie sich herum und begann langsam durch das Unterholz zu schreiten. Nach und nach wurde ihr Schritt immer schneller und kurz darauf hastete sie fliehend durch das Chaos aus Ästen und Zweigen. Diese "Arme der Natur" peitschten über ihre hohen Wangenknochen und den restlichen Körper ohne, dass sie Schmerz oder dergleichen verspürte. Vor ihren Augen sah sie immerzu den Ork und seinen menschlichen Begleiter wie sie grunzend und lachend vor ihr standen.
Sie lief und lief immer weiter, unfähig zu sagen wohin sie ihre Schritte führten, bis plötzlich der peinigende Widerstand des Unterholzes an ihrem Körper fehlte und sie durch das Dickicht auf einen Weg brach. Das Fehlen jedweden Widerstandes, gegen den sie sich auf ihrer Flucht durch den Wald aufgelehnt hatte, nahm ihr das Gleichgewicht. Sie stolperte und brach vor einer Ansammlung von Menschen zusammen.

Sie erinnerte sich an nichts mehr, als sie in einem großen Raum aus weißem Marmor langsam zu sich kam. Vor ihr kniete Lantea mit einer Mischung aus Besorgnis und aufmunterndem Lächeln auf ihren Lippen. Sie fragte in nach dem "Wer" und "Was", wollte wissen, "Wo" und "Wieso". Doch nichts dergleichen erreichte den Geist Eriannas.
Längst hatte sie sich zurück hinter die Mauern ihres Inneren Bollwerkes gezogen und es dauerte einige Zeit, bis das scheue Wesen hinter dem Bollwerk bemerkte, dass es Lantea war, die zu ihr sprach.

Es dauerte einige Zeit bis sie den Tempel der Viere verliessen und Erianna wollte bloß zurück zum Wall. Ihr war bewusst, dass sie die Stadt und ihre Zinnen wieder verlassen musste um dorthin zu gelangen, doch fühlte sie sich komischerweise an diesem Orte sicherer als irgendwo anders. Schliesslich konnten nicht einmal die Zinnen Finianswachts eine Gruppe von Orks und Menschen davon abhalten, sie zu attackieren. Wie sollte es dann der Rest von Falkensee?

Sie fragte Lantea nach dem Schwerte, welches sie ihr besorgen wollte und erhielt es nach einigem Zögern der traurig dreinschauenden Ordenskriegerin. Sie sprach etwas von den flaschen Mitteln und dass diese Art der Reaktion zu nichts führen würde. Doch diese Worte prallten von der schwarzhaarigen Erianna ab.
Die Leere des von Angst kontrollierten Blickes wich langsam aber sicher einer Art Härte. Es war als wichen alle Emotionen aus dem Blicke ihrer tief-grünen Augen und zurück blieb eine emotionslose Kälte der ehemals so vergnügten, wenngleich schüchternen Erianna.

Sie gingen nicht zum Wall, so hatte Lantea ob der aufziehenden Nacht beschlossen und Erianna hatte beschlossen ihr zu vertrauen.... vorerst zumindest.
Sie wollte nicht allein sein, wenngleich sie diese Art der Schwäche nicht offen zugeben wollte.
Lantea führte sie tief in Falkensee hinein und Erianna hatte bereits früh die Orientierung verloren. Sie folgte der Ordenskriegerin einfach durch die schmalen Gassen und Straßen in die aufziehende Nacht hinein. Unterwegs setzte ein leiser Nieselregen ein, welcher kurz vor ihrem Ziel bereits zu einem strömenden Niederschlag herangewachsen ward. Lantea, welche voran schritt, schlug ihren Kragen hoch und vergrub ihren grauhaarigen Kopf tief zwischen den Schultern. Erianna schien das Wetter gar nicht wahr zu nehmen. Sie war so sehr mit sich selbst und ihrem Innersten beschäftigt, dass sie erst wieder ihre Umwelt wahrnahm, als sie nahe einem knisternden Kamine in einem kleinen Raum standen. Suchend sah Erianna sich um und begann ihre regennassen Kleider abzulegen. Es folgte ein kurzer, belangloser Wortwechsel mit Lantea bis sie dann in das nahe Bett stieg. Das Schwert, welches Lantea ihr vor dem Tempel der Vier überreicht hatte, legte sie sorgsam auf die Bettkante und umschloss den Knauf mit festem Griffe ihrer rechten Hand. Kurz hob sie noch einmal den Kopf und für den Bruchteil eines Augenblickes wich die emotionslose Härte ihres Blickes dem verletzlichen Wesen, welches sich tief hinter den Mauern ihres Inneren Bollwerkes verkrochen hatte. Einen Moment lang wirkte sie verletzlich und schutzlos, als ihre helle, klare Stimme leise fragte: "Bleibst du heute hier?".

Die Antwort, dass Lantea sie nicht alleine lassen würde, wurde von Erianna nicht beantwortet. Sie liess nur ihren Kopf zurück auf das Kissen sinken, drehte sich auf die Seite und schlief wenig später mit dem Schwerte in der Hand ein.


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BeitragVerfasst: 19.03.07, 23:47 
Einsiedler
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Finsternis. Abgrundtiefe, alles beherrschende Finsternis herrschte um sie herum. Es schien als hätte das Dunkel jede Art des Lichtes verschlungen und mit ihm jede Spur der Hoffnung. Es war als wäre der Morgen der Welt, der Antrieb allen Seins, ja man könnte meinen, der Funke der Götter in dieser Welt selbst, erloschen. Winzig und allein stand Erianna in mitten den finsteren, allumspannenden Nichts. Sie war allein. Doch nicht, wie sie es aus ihrer Vergangenheit kannte und wünschte. Jene Einsamkeit war in ihren Augen eine warme Isolation gewesen, welche sie tief in ihrem Inneren vor jeder Gefahr der Außenwelt schützte und ihr zu der Konzentration verhalf, ihre Aufgaben ohne Einwände zu erledigen.
Die Einsamkeit dieser Finsternis jedoch versprühte eine unbeschreibliche Kälte. Sie drang durch jeden Spalt, jede Faser ihrer Kleider und die junge Frau spürte förmlich die Dunkelheit ihren Rücken hinunterkriechen. Sie war nicht in der Lage sich zu rühren, als wären ihre Glieder eingefroren und einzig ihr Geist war noch unter ihrer Kontrolle, dazu verdammt ohnmächtig dem Vormarsch der Finsternis beizuwohnen.

Plötzlich... ein Aufflammen. Ein Schein in der Finsternis hinter ihrem Rücken. Unfähig ihren Körper zu drehen, um ihre Augen auf die Suche nach dem Quell des schwachen, aber wahrnehmbaren Scheins zu schicken, stand sie inmitten der Dunkelheit, ein schwaches Glimmen hinter ihrem schmalen Rücken.
War es ein Zeichen der Viere? Hatte Morsan seine gläubiges Schäfchen in der Finsternis gefunden und leuchtete ihr den Weg ins Licht?
Ein Schnaufen in ihrem Rücken verjagte jeden Gedanken an Hoffnung und Licht. Vielmehr schien die bodenlose Dunkelheit um sie herum noch ein Stück finsterer zu werden.
Sie kannte das Schnaufen. Es war das röhrende, kehlige Atemgeräusch eines widerlichen Orken. Von einem Augenblicke zum nächsten stieg ihr der Gestank der Kreatur in ihrer kleinen Nase empor und beraubte sie beinahe des Verstandes. Ihre Gedanken malten ihr das Bild der gehörnten Kreatur hinter ihr auf die Innenwand ihrer Stirn. Sie sah die hünenhaften Umrisse der Kreatur, von einem schwachen Scheine eines unbeschreiblichen Glimmens am Boden beleuchtet. Das vom Boden empor scheinende Licht verlieh dem Bild in ihrem Kopfe ein zusätzlichen, bedrohlichen Eindruck.
Sie konnte förmlich spüren, wie er seine ledrige Pranke in ihren Rücken nach ihrem kleinen Halse ausstreckte. Sie riss den Mund, in dem wilden Versuche einen lautstarken Hilfeschrei vertönen zu lassen, weit auf. Doch aus ihrem Mund drang kein Ton, sondern vielmehr fühlte sie eine Art Erde auf ihrer Zunge, welche sich im Geschmacke, dem Geruch des Orken glich. Mehr und mehr der lehmigen Masse drang in ihren Mund und umspülte ihre Zunge auf dem Weg ihren Rachen hinab.....

Mit einer panischen Bewegung schreckte Erianna in dem weißen, schweiß-gebadeten Bettlaken empor, ihr Mund hastig nach Luft ringend weit aufgerissen. Mit ungläubigem, angsterfülltem Blicke sah sie sich in dem Raume um. Einen Moment lang dauerte es bis sie den glimmenden Schein des niedergebrannten Holzscheites im nahen Kamine als solchen erkannte. Zunächst dachte sie, der Ork hätte sie lediglich zu sich herum gedreht und sie könne so den Schein zu seinen Füßen sehen.
Mit einer zittrigen Handbewegung ihrer Rechten fuhr sie sich über die schweissnaße Stirn. Als sie ihre schlanken Beine aus dem Bett hob, wischte sie die feuchten Hände beiläufig in dem Bettlaken ab.
Während sie sich mit der linken Hand, um Gleichgewicht bemüht, an der Wand abstützte, knöpfte sie mit den zierlichen Fingern ihrer Rechten die kleinen Knöpfe ihres Hemdes zu. Ein vorsichtiger Blick ihrer grünen Augen hinüber zu dem Nebenbette zeigte ihr, dass ihre Begleiterin noch seelenruhig schlief.
Leisen Schrittes bewegte sie sich zu der hölzernen Balkontüre. Sie schlich sich leise hinaus und schloss die Türe hinter sich.
Draußen auf dem Balkon wartete sie dann die Nacht in sehnsüchtiger Erwartung an die ersten Sonnenstrahlen des nahenden Tages ab.

Als Erianna das leise Treiben hinter der Balkontüre vernahm, stand die Sonne an diesem freundlichen Vitama-Tage bereits hoch am Himmelszelte und streckte ihre wärmenden Strahlen bis auf das hölzerne Geländer des Balkones aus. Zögerlich gab sie ihren Platz an der Sonne auf und trat wieder in das kleine Zimmer in dem sich Lantea langsam anzukleiden begann.
Der ausgeruhten Freundlichkeit Lanteas, stand der Kontrast Erianna's dunkler Augenringe entgegen. Die letzte Nacht und die Angst wieder ins Bett zu steigen und sich den Träumen erneut stellen zu müssen, hatte deutliche Spuren hinterlassen.
Lantea frage besorgt, ob es Erianna gut ginge und wie sie geschlafen hatte, doch jene blockte diese Floskeln mit emotionsloser Miene ab.
Sie mochte Lantea, doch konnte sie sie nicht in ihrer Gegenwart haben. Sie gefährdete ihre "heile Welt" mit ihrer Gegenwart.
An diesem Morgen merkte Erianna, wie weit Lantea ihr bereits ans Herz gewachsen war. Jene kümmerte sich um die zierliche,schwarzhaarige Frau ohne Einschränkungen oder Urteile. Nie vernahm Erianna von der Ordenskriegerin eine negative Wertung bezüglich Eriannas Wesens oder ihrer Taten. Das Einzige was sie dafür umso deutlicher spürte, war ein Gefühl der Freundschaft und der Unterstützung. Sie war sich sicher, dass Lantea ihr in nahezu jeder Situation beistehen würde und das obwohl sie sich noch gar nicht allzu lange kannten. Es war als bestünde ein emotionales Band zwischen Ihnen, was sie auf abstruse Weise miteinander verband.
Doch genau diese Tatsache verhinderte paradoxer Weise, dass sie Lantea weiterhin in ihrer Gegenwart dulden konnte.
Erianna wurde verfolgt. Eine Gruppe lauerte ihr auf, wo immer sie war, dessen war die junge Frau sich sicher. Lantea hatte ihre natürliche paranoide Art beruhigt und sie somit unachtsam werden lassen. Durch die warme Art des schützenden Gefühles, welche die Gegenwart Lanteas in ihr auslöste, war sie achtlos geworden. Diese Achtlosigkeit hatte bereits zwei Übergriffe zur Folge gehabt und ein jeder Lehrmeister hätte sie für derartige Verfehlungen ausgepeitscht.
Doch mehr noch, gefährdete sie doch jetzt nicht nur ihr eigenes Leben, sondern das ihrer Freundin gleich mit. Sollte Morsan es für nötig erachten, dem rieselnden Faden im Inneren Erianna's Sanduhr des Lebens ein Ende zu bereiten, so ward dies ein unausweichliches Schicksal, dem sie sich ohne auszubegehren beugen würde. Doch keinesfalls wollte sie Schuld an dem Tode ihrer einzigen Freundin sein. Lieber sollte sie einsam, fern von Erianna ihrem Leben nachgehen, als dass sie der Gefahr ausgesetzt würde, den Verfolgern Eriannas anheim zu fallen.

Doch wie sehr die zierliche Frau mit den hohen Wangenknochen auch anstrengte, es schien ihr nicht gelingen der Ordenskriegerin deutlich zu machen, dass sie nichts mehr von ihr wissen wollte. Es folgte eine lange, drückende Stille und Erianna fragte sich ob ihre Entscheidung, Lantea zu deren eigenem Schutze von sich zu stossen richtig ward. Gerade als sie wieder ansetzte, auf die Kriegerin ein zu reden, sprach jene ihrerseits.
Sie erzählte Erianna Einzelheiten aus ihrer Vergangenheit, und der Schmerz dieser Erinnerungen war der grauhaarigen Frau deutlich aufs Gesichte geschrieben. Auf dem Rücken unter dem emporgezogenen Hemde offenbarten sich Erianna's Blicke eine Vielzahl grausamer Narben und die Geschichten aus der Vergangenheit der Kriegerin ließen ihrer Freundin die Tränen in die Augen steigen. Sie fühlte beinahe selbst den Schmerz der Ordenskriegerin, welche von ihren Erinnerungen, scheinbar aus dieser Welt entrückt, wie in Trance berichtete.
Als jene ihren langen Monolog beendet hatte, knieete Erianna mit tränennaßem Gesichte vor dem Bette, auf dem Lantea sass. Dies war der Moment in dem sie eine Erkenntnis packte, welche sie an ihrer Entscheidung dieser Nacht, sich von Lantea fern zu halten, zweifeln ließ. Plötzlich schien es als würde sie Lantea durch ihre Abweisung nicht schützen, sondern ihr größeres Leid antun, als es der Tod je vermögen würde.
Sie blickte in das sich langsam wieder aufhellende Gesicht Lanteas und erkannte für sich, dass jene die Mauern ihres Inneren Bollwerkes bereits weit hinter sich gelassen hatte. Nie hätte sie gedacht, dass jemand so weit an sie herankommen würde um dieses klaffende Loch der Verletzlichkeit in Ihr zu erschaffen, doch es war geschehen.

Sie verbrachten noch den Rest des Tages zusammen, doch sprachen beide, auf einen möglichst heiteren Tagesverlauf bedacht, nicht mehr über das Gespräch dieses Morgens. Und für einen Moment lang schien das Leben um Erianna herum, in Ordnung. Es war ein schöner Vitama-Tag- Die Sonne schien, die Blumen und Blätter begannen ihre Triebe in die wärmenden Strahlen zu recken und die Vögel begannen ihr lautstarkes Liebesspiel in den Wipfeln der Bäume Falkensees. Für einen Moment war die unendliche Finsternis ihrer Träume der letzten Nacht gebannt und erstaunlicherweise sollte diese Heiterkeit auch bis in die Träume der kommende Nacht anhalten.


Der nächste Morgen begann für Erianna früh. Sie hatte endlich einmal wohl geruht und erwachte erfrischt in diesen Tag, doch schien etwas in ihrem Unterbewusstsein etwas gegen lange Schlafperioden zu haben. Es war als versuche ihr Geist sie vor den Träumen der letzten Zeit zu bewahren.
Lantea schlief noch auf ihrem Bette und bei diesem Zustand wollte die Schwarzhaarige es belassen. So schlich sie leise aus dem Hause und machte sich auf in Richtung Marktplatz. Es war einer ihrer unzähligen Spaziergänge durch die Gassen und Plätze der Stadt und sie genoss die Freiheit des sorglos dahinfliessenden Tages.
Nachdem sie ein schnelles, anspruchsloses Frühstück zu sich genommen hatte, machte sie sich auf in Richtung Finianswacht. Sie wollte sehen, ob einige alte Bekannte zu treffen waren und so lenkte sie die gemächlichen Schritte ihrer Füsse in die Richtung der hoch über der Stadt aufragenden Zinnen.

Sie fand nach wem sie gesucht hatte, und es wurde ein mehr als ereignisreicher Tag. Sie sah Dinge, von denen sie nicht einmal gehört hatte, geschweige denn einen Augenzeugenbericht vernommen. Sie wusste das es Menschen mit merkwürdigen Fähigkeiten gab, doch eine derartige Demonstration mit eigenen Augen zu erleben, war ein gänzlich anderes Erlebnis.
Als sie die Gemäuer der Burg bei aufkommender Nacht wieder hinter sich gelassen hatte, fühlte sie sich etwas verwirrt. Ihr Geist würde einige Zeit brauchen, dass gesehene zu verarbeiten.

Als hätten die Ereignisse des letzten Tages die muntere Heiterkeit des fröhlichen Vitamatages vertrieben, kehrten in dieser Nacht wie Alpträume zurück und bescherten Erianna eine sehr als unruhige Nacht. Nicht nur, dass sie Dinge gesehen hatte, die nicht von dieser Welt zu sein schienen, auch war das Bett zu ihrer Rechten diese Nacht gänzlich unberührt.
Eigentlich hatte sie Lantea ja weit von sich stossen wollen, um jene vor den Verfolgern Eriannas zu schützen. Doch nun wo sie allein in dem kleinen Zimmer im Schein des flackernden Kamins lag, fehlte ihr die wärmende Gegenwart ihrer starken Freundin. Die Träume dieser Nacht waren von Finsternis und Dunkelheit gefüllt. SIe schlief nie lange Zeit durch und wachte mehrere Male schweißgebadet in den mittlerweile durchtränkten Laken auf.

Die kommenden Tage waren wolkenverhangen und regnerisch, ein passendes Abbild Eriannas Gefühlswelt. Sie hatte Lantea lange nicht getroffen und ging ihrem Tagewerk nach, so gut ihre schlaflosen Nächte ihr dies gestatteten. So suchte sie eines Tages Ruhe in dem Schrein des Träumenden. Sie schlenderte von dem Marktplatze hinüber zum Tempel der Viere. Auf den Stufen vor dem hellen Gebilde aus Stein und Marmor stand eine Frau in einem roten Kleid mit den Zeichen Vitamas.
Etwas in den Tiefen Eriannas Unterbewusstseins begehrte auf und sorgte für eine innere Unruhe in der zierlichen Frau, ohne, dass jene das Gefühl näher beschreiben konnte.
Auch Lantea traf sie unerhofft vor den Stufen des Tempels, welche sie in ihrer neuen Uniform nicht auf Anhieb erkannte. Doch blieb das Gespräch von denkbarer Kürze, ein endophalisch aussehender Mann rief sie zur Verdienstung ihrer Pflichten, was zum jähen Ende der Konversation führte.

Erianna wandte sich wieder der Frau in der Vitamabekleidung zu, Edora wie sie sich vorstellte, war ihr Name. Sie geleitete die schwarzhaarige Frau in den Schrein des Träumenden und ließ sie dort allein.
Es war Erianna als hätte sie diese Erscheinung bereits einmal gesehen, doch vermochte sie nciht zu sagen wo und wann.

Sie ließ sich resigniert auf den dunklen Teppich hinab und versank schnell in einer ruhsamen Meditation, die betenden Worte an den Träumenden gerichtet.


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