Kälte. Trotz der flackernden Feuer inmitten der düsteren Höhle zog sie durch die Ritzen und Spalte, hörte man das Pfeifen des Windes von weit her, gleich einem fernen Echo und doch übertönt von dem schweren Atmen der wenigen noch Überlebenden, von manchen die dem Tode näher waren als dem Leben und gleichsam bereits die Schwingen des Seelenboten über sich vernehmen mochten während sie letzte Worte an ihre Götter sprachen.
[...]
Es war ein kalter Morsan gewesen, als die Kunde sich damals in der Grenzregion des galadonischen Reiches ausbreitete, Kunde von Unruhen und riesenhaften Kreaturen welche da über die Grenzen drängten und sich doch nur als Späher einer viel größeren Streitmacht heraus stellten. Weniger einer Streitmacht als vielmehr einer Horde. Oger, groß wie zwei Mann, stark wie ihrer fünfe und doch dumm wie fünf Meter Feldweg. Zu dieser Zeit war es gewesen, als er die ersten Früchte seiner Arbeit zu ernten vermochte, die ersten Kinder des Herren die ihren Weg in die höheren Sphären der heiligen Dienerschaft antraten.
Eine kleine Abtei, weit im Norden des galadonischen Reiches, nahe der Grenze und bereits der harten Witterung dieser Region ausgesetzt, war nach langen Reisen zu seinem Heim geworden, einem Ort der Ruhe an welchem seine rastlose Seele ein wenig Frieden finden konnte von den vergangenen Schlachten und seinem Verlangen, erneut aus zu ziehen an der Seite jener, die er verlassen hatte. Verlassen musste aus gebrochenem Stolz und einem Versprechen, das er halten musste um sein Gesicht nicht zu verlieren. Hier nun, inmitten der spärlich bewehrten Mauern eines abgeschiedenen Klosters hatte er erneut zu Lehren begonnen, hatte unter den wenigen treuen Seelen einige wenige erkannt, die wahrhaft Kinder waren von Blut und Stahl und zu größerem auserkoren wurden. Jene waren es, die er teilhaben ließ an seinem Wissen und jene waren es, die ihm vertrauten ohne ihn zu kennen, zu Wissen wer er war.
Morkai nannten sie ihn, einen Namen den vor langer Zeit ein anderer Getragen hatte, einstmalig sein Lehrmeister, sein Bruder, sein Schwertgefährte. Doch nun war er es, der diesen Namen trug, während jener der ihm Gegeben ward als er das Licht Tares erblickte langsam in Vergessenheit geriet und nur in einigen wenigen Herzen noch manches Mal in Erinnerung gerufen wurde. Er war Morkai, einfacher Diener des Herren, gesegnet mit dem Wissen einer höheren Weihe und doch ohne Bedeutung vor den Augen des Herren. Und als solches akzeptierten sie ihn in ihren Reihen.
Die roten Banner flatterten im schneidenden Wind, als er damals inmitten des Hofes stand, zweie junge Männer mit Argusaugen überwachend, seine Stimme kälter als der Wind und seine Anweisungen scharf wie die sorgsam polierte Klinge an seiner Seite. Er ließ sie Leiden, ließ sie die Kälte inmitten des Schweißes und der Anstrengung vergessen und schenkte ihnen die Erlösung am Abend, wenn sie mit geschundenen Knochen seinen Geschichten lauschten und vergaßen, bis die Erinnerung sie am morgen mit schmerzenden Gelenken einholte und der Tag inmitten der brüderlichen Runde aufs Neue begann.
Tag ein, Tag aus, das selbe Spiel und es war Frieden, der sich seiner bemächtigte, bis die ersten Boten kamen, Berichte von ersten Kämpfen zwischen den Stadtwachen und großen Kreaturen, Ogern wie er sehr bald erkannte. So dauerte es nicht lange, bis drei schwer gerüstete Geweihte vor die Pforten der Abtei getreten waren, um Jene auf zu rufen sich ihnen an zu schließen, die willens waren ihre Pflicht zu tun und sich dem gerechten Kampf wider die über die Grenzen drängenden Oger an zu schließen. Dies sollte der Anfang sein.
[...]
Wochen später waren es Unzählige, die sich unter der Führung des galadonischen Reichsprotektors zusammen geschlossen hatten, die Zelte erstreckten sich soweit das Auge reichte und die aufsteigenden, wärmenden Feuer verbreiteten den Geruch nach Asche und verbranntem Fett über die ganze Region. Und doch waren es zu viele Oger, waren die Schwerter und Lanzen nicht genug um ihrer unmenschlichen Kraft einhalt zu bieten, ihrer blinden Zerstörungswut etwas entgegen zu setzen. Doch während an vielerlei Orten bereits wieder neuerliche Pläne geschmiedet wurden, waren es vier Männer die in einem Zelte saßen, vier Schwerter die überkreuzt von jeder Ecke des Tisches gen der Mitte deuteten, die schweigend verweilten, warteten an diesem Abend und in unheilschwangerer Stimmung einen Boten erwarteten. Schließlich wurde die Plane zur Seite geschoben und ein Elf trat ein, in dunkle Ledergewänder gehüllt und lediglich mit einem Bogen und zwei Dolchen bewaffnet, was des Öfteren für leise Belustigung sorgte unter den mit glänzenden Plattenpanzern bewehrten Kriegern der Armee. Eine Verbeugung des Elfes tat der formlosen Begrüßung genüge und mit geschmeidigen, schier lautlosen Bewegungen trat er vor die Männer.
„Es ist wie ihr erwartet habt, ehrwürdige Diener. Sie schützen den Höhlenbau weiter im Norden. Immer wieder finden sich dort in regelmäßigen Abständen verschiedene Oger ein. Auf Grund von Statur, Bewaffnung und Gewandung würde ich darauf schließen, dass es sich um .. höhere Kreaturen ihrer Art handelt, Würdenträger wenn ihr es so auszudrücken wünscht.“
Einen kurzen Moment geriet der Elf ins stocken, der leisen Stimme nur zu deutlich zu entnehmen wie schwer es ihm fiel den blutrünstigen Kreaturen eine geordnete Struktur, eine Befehlshierarchie und dererlei zu zu sprechen. Dann fuhr er fort.
„Dort ein zu dringen wäre selbst für Jene meinen Volkes eine wahre Kunst. Selbst bei Nacht sind die Zugänge schwer bewacht und durch eine Vielzahl von Lichtquellen hell erleuchtet.“
Einer der Männer brummte ungehalten auf, die rechte Hand ballend ehe er mit dröhnender Stimme sprach:
„Wir sind keine Diebe, Ellwyn, wir sind die Boten des Lichtes! Wir werden uns dort nicht herein schleichen wie gemeine Meuchelmörder um uns selbst Schande zu bereiten oder einen guten Kampf zu vermeiden .. aber sprecht weiter, sprecht!“
Die Männer lächelten, wenn auch eher verhalten, und lauschten weiter dem Elfen, der von der Region erzählte, von möglichen Schleichwegen und Schwachstellen in den primitiven Anlagen der Oger. Schließlich kam er zum Ende.
„Wir wissen nicht wer dort in der Höhle ist. Oder was. Aber es muss von großer Bedeutung sein für die Oger und ihre Schlachtzüge. Eine solcherart für ihre Verhältnisse durchdachte Anlage kam mir in nunmehr achthundert Jahren nicht unter die Augen. Und nun entschuldigt mich, ich will auch den anderen Bericht erstatten. Elend Sahor at, ehrwürdige Diener.“
So war denn dies der Beginn einer Unternehmung, die Auswirkungen auf einen ganzen Krieg haben sollte. Nur wenige Tage später fanden sich am nördlichen Lager der Zeltstadt einige wenige Recken ein, fünfzehn an der Zahl. Einige Ritter waren unter ihnen, wie auch verschiedene des arkanen Zweiges, Schützen und einige wenige des Klerus. Schließlich stieß noch ein sechzehnter zu ihnen, auf dass die heilige Zahl vier x vier gerundet sei und ihre Unternehmung vor den Augen der Goetter zu einem würdigen Abschluss gereichen konnte. Auch jener den sie Morkai nannten war unter ihnen. Schweigsam. Distanziert. Doch auf Wunsch der drei anderen Götterdiener an ihrer Seite.
[...]
Stunden, vielleicht auch Tage später war es Dunkelheit die sie umfing, die Müdigkeit die sich bleiern über sie legte und bereits vier der sechzehn das Leben gekostet hatte, machte es nicht einfacher. Sie waren inmitten des Höhlenbaues, waren bereits seit Stunden dort und doch wusste ein Jeder von ihnen dass diese Höhle größer war, verzweigter war als sie es Angenommen hatten. Wo sie zu Beginn noch mit kunstvoll gewobenen Illusionen der einfallsreichen Magier weiter gekommen waren ohne Blut zu vergießen, da war es später zu schlichten überfallartigen Angriffen gekommen, überrumpelnd und wütend unter den trägen Ogern die inmitten des Höhlenbaues mit derartigem nicht Geahnt hatten. Die hohen Decken waren ungewöhnlich, wie schnell deutlich wurde, die Zeit die dieser Bau wohl gebraucht hatte um zu wachsen musste immens gewesen sein, gleichwohl keiner zu Sagen vermochte wer es gewesen war, der dies geschaffen hatte. Oder ob es vielleicht einfach die Überbleibsel von etwas viel Älterem waren.
„Spürt ihr es, Bruder?“
„Deutlich wie eine eisige Hand die gen meinem Herzen greift, Roonwyn. Etwas ist dort unten. Und es ist böse, verdorben wie es nur der Eine in ewige Schwärze tauchen konnte.“
Morkai hörte den Männern schweigend zu, die seine Brüder waren. Er spürte es gleichermaßen, er wusste um das Bevorstehende und ohne dass er es verbergen konnte stahl sich ein finsteres Lächeln auf seine Lippen. Vorfreude. Der Gesang von tanzendem Stahl. Er wusste was kommen würde und die in seinem Inneren ewig brennende Flamme loderte ein wenig mehr auf.
„Wir dringen weiter vor. Seid so leise ihr könnt, keiner geht auf eigene Faust auf Erkundungsreise, ist das klar? Und betet zu euren Göttern, dass sie auch weiterhin nicht begreifen dass wir in ihrem Innersten sind, um diese Pest aus ihnen heraus zu reißen wie ein verfaultes Stück Obst.“
Die leise gesprochenen Worte des an der Spitze stehenden Rittersmannes gaben den Männern Zuversicht. Morkai sah ein Lächeln auf vereinzelten Lippen, aber auch Zweifel und Angst. Sie sind schwach, dachte er. Würden sie vertrauen wären wir noch immer 16, wie wir es zu Anbeginn waren. Doch ihre Angst macht sie blind, macht sie Langsam. Und bringt sie vielleicht um. Er wusste nicht, was sie dort unten erwartete. Niemand wusste es. Doch mit der Angst im Herzen war kein Kampf zu gewinnen, das wusste er.
Als hätte einer der anderen Kleriker die Gedanken vernommen erklang eine weitere Stimme, gleichermaßen abgedämpft und doch brennend vor Leidenschaft: „Vertraut den heiligen Vieren, vertraut euren Göttern und lasst sie Euch erfüllen mit ihrer Macht. Dann wird euch nichts geschehen in dieser düsteren Höhle, ihr werdet heim kehren zu euren Weibern. Werdet mit ihnen Kinder zeugen und es wird alles gut sein!“
Vereinzeltes Lachen erklang, dann drangen sie weiter ein in die Höhle, den gewundenen Gängen folgend, immer wieder einzelne Oger die ihren Weg kreuzten und wie Baumstämme fielen, die Augen ungläubig aufgerissen, der warnende Schrei der ihnen in der Kehle vertrocknete. Stunden vergingen.
Schließlich kamen sie zu einer verrammelten Türe, einem Tor vielmehr, einer Burg würdig welches von zwei mit massiven Schulterpanzern bewehrten Ogern bewacht wurde. Äxte in ihren Händen deren Blatt groß war wie Wagenräder. Doch auch diese fielen, dumpf auf den Höhlenboden aufschlagend, die Hände an die Kehle gepresst welche wie von unsichtbarer Hand zerquetscht wurde, zermalmt durch die im Schatten stehenden Magier und ihre grausamen Fähigkeiten. Ein unwürdiges Spektakel, wie Morkai befand. Kein Klingenkreuzen auf Augenhöhe, kein ehrbarer Zweikampf. Doch ihnen fehlte die Zeit. Und er würde noch zu seinem Kampf kommen, das wusste er, gewiss wie am Morgen Fela auf stieg um den Tag zu beginnen. Die zwei Magier indes blieben ruhig, sammelten ihre Kräfte und schonten sich. Ihre einstmals weißen Roben hatten sie gegen zweckdienlichere dunkle Reisegewandungen eingetauscht, dass sie lediglich durch ihre sorgsam gepflegten Bärte, ihr vergleichsweise höheres Alter und die feingliedrigen Hände die keine schwere Arbeit gewöhnt schienen unter den übrigen Recken auffielen.
Als sie mit der Kraft von vier Männern schließlich das Tor einen Spalt geöffnet hatten eröffnete sich ihnen der Blick in eine große Halle. Eine Halle von gewaltigen Ausmaßen, in deren Mitte vor einem gewaltigen Tisch ein Oger saß, größer als alle anderen die ihnen zuvor unter die Augen getreten waren. Er war in blutig rote Gewänder gehüllt, abstrakt anzuschauen der sich über dem mächtigen Bauch wölbende Stoff. Mächtige Schulterpolster schmückten seine breiten Schultern, Hauer mit in Silber geschlagenen Kappen schimmerten im flackernden Licht der Fackeln. Eine ungewohnte, verschlagene Schläue lag in den kleinen Augen der Kreatur, eine Art von Intelligenz die niemand von ihnen Jemals in den Augen einer solchen Wesenheit gesehen hatte. Im Raum verteilt waren auch sonst einige Oger, die von riesigen Fleischkeulen fraßen oder ihre Waffen polierten. Doch was am meisten hervor stach war der große, auf einem Sockel stehende Foliant, in schwarzem Leder dort thronend gleich einem stillen Versprechen.
Die Männer hielten den Atem an, während keiner der Oger den Spalt in der Türe zu bemerken schien. Sie zählten sechs Oger insgesamt. Sie waren noch zu zwölft, zweie von ihnen Verwundet und nur noch wenig tauglich um im Kampf gegen einen Oger zu bestehen. Und doch wanderte ihr Blick immer wieder zu dem Folianten. Morkai war es, als flimmere die Luft in düsteren Schlieren um den Sockel herum. Es war, als könnte er die Präsenz des Ungenannten körperlich spüren, wie er sie auch in den Augen des Ogers zu sehen glaubte. Doch das war ohne Bedeutung. Ein Plan musste geschmiedet werden, in kürzester Zeit, denn Zeit war das einzige was sie nicht hatten.
Einem Jeden von ihnen wurden Aufgaben zugewiesen und während die Geweihten leise Gebete sprachen und die Waffen der Männer segneten, erklärten die Ritter mit der Präzision jahrelanger Erfahrung das weitere Vorgehen. Zwei der Oger würden direkt zu Beginn ausgeschaltet, die Magier würden mit Hilfe der Schützen versuchen auch die übrigen zwei Oger soweit zu schwächen dass sie durch die Schwert- und Axtkämpfer niedergestreckt werden konnten. Zwei der Ritter und zwei der Geweihten sollten derweil den großen Oger beharken, der von allen ohne Frage der größte Unsicherheitsfaktor war. Morkai schließlich musste den Folianten näher in Augenschein nehmen, um heraus zu finden ob dieser vielleicht mit den seltsamen Begebenheiten in Verbindung stand.
„Nun sind wir hier, in der tiefsten Höhle in den vergangenen Jahrhunderten gegraben wurde und stehen Angesicht zu Angesicht mit den wohl widerwärtigsten Kreaturen die der Niederhölle entkommen konnten..“
Während einer der Ritter erneut versuchte die Männer auf den Kampf ein zu stimmen, blickte Morkai nur in der Höhle umher. Er wusste dass diese Kreaturen nicht der Niederhölle entstiegen waren, er wusste dass es schlimmere Orte gab, denn er war dort gewesen. Doch die Männer brauchten dies. Und er war um jeden Funken Kampfesmut dankbar, den ein anderer in ihnen Entfachen konnte. Er selbst würde schweigen.
„..auf dass wir diesen Daimon niederwerfen mögen und unser Kampf die entscheidende Wendung in diesem verdammten Krieg bringen möge. Für seine Majestät. Für die Götter. Und für die Ehre!“
Mit diesen Worten schoben sich die Magier im Schatten des Torbogens in die Halle und begannen leise zu sprechen, Beschwörungsformeln zu einem mächtigen Zauber zu verweben um diesen schließlich mit aller Kraft zweien der ahnungslos dort sitzenden Oger entgegen zu schmettern. Morkai war es als konnte er hören, förmlich spüren wie die entfesselte Macht die Kreaturen ergriff, ihre Kehlen zerfetzte und die unzähligen Knochen in ihren massiven Leibern an vielen Stellen durchbrach, wie Blätter im Wind. Doch er wusste dass dies nur der Anfang war. Er hörte das Röcheln der zu Boden gehenden Oger, hörte das Sirren der von den Sehnen gelassenen Pfeile und das metallene Singen der aus den Scheiden gezogenen Schwerter. Er hörte das Schreien der Männer, das Brüllen der Oger. Und er hörte ein Lachen, dumpf und dröhnend wie aus unzähligen Kehlen. Als sein Blick schließlich den rotgewandeten Oger erfasste stand dieser dort und blickte ihnen entgegen. Nicht verwundert. Nicht wild. Und er lachte. Dann hob er die Arme an und bedeutete den verbliebenen Ogern anzugreifen. „Das Kor’khais Höhle! Ihr nicht werden mich aufhalten. Ihr werden zerschmettert von Kor’khais MACHT !!“ Und diese Worte kaum gesprochen riss er die Arme in die Höhe und die zuvor noch lediglich gerissen wirkenden Augen glühten leuchtend rot auf. Wie von einer unsichtbaren Kraft ergriffen knickten synchron unter schmerzerfülltem Keuchen die beiden Magier zusammen. Und auch Morkai und die übrigen konnten die unheilige Macht spüren, die ihnen entgegen schwappte und nichts brachte als Schmerz und Dunkelheit. Seinerseits schließlich auch sein Schwert ziehend ging er mit ruhigen Schritten in Richtung des Folianten, den Blick in Richtung des Ogers gewandt und die Klinge seitlich von sich abgesenkt wie er es schon so viele Male zuvor getan hatte. Er begann leise zu sprechen, Gebete zu intonieren in dem Wissen dass jener an den sie gerichtet waren sie selbst hier in der Tiefe hören würde. Er spürte den Griff seines Schwertes, spürte die Sicherheit und die Ruhe die sich in ihm ausbreitete wie es immer war, wenn die Schlacht zu toben begann. Und alles geschah wie in Zeitlupe, Momenteindrücke von ungemeiner Intensität. Ritter, die auf den Oger zu stürmten und beiseite gefegt wurden wie von unsichtbarer Hand, gegen hölzerne Stämme geschmettert wurden und doch im selben Moment wieder auf den Beinen waren. Magier, die ihre letzten Kräfte beschworen um sich wie aus dem Nichts materialisierende Sphären schwarzer Magie ab zu schmettern, dass diese nicht die Ritter erreichen konnten. Und mutige Männer, die mit Schwertern und Äxten, Messern und Bögen auf die verbliebenen Oger eindrangen.
[...]
Ein wahres Gemetzel. Männer starben, mit zerschmetterten Gliedmaßen leblos auf dem Höhlenboden liegen bleibend, Oger stürzten und begruben Männer unter sich, dass die Zahl der Überlebenden schließlich mit einer Hand zu zählen war. Einer der Ritter war von einem beschworenen Feuerball niedergestreckt worden, sein Leib lag verkohlt an einen der Baumstamm gelehnt und seltsam verrenkt dort, aus dem Visier blickten nurmehr schwarze Augenhöhlen entgegen und kündeten von der dunklen Macht die sich des Ogers bemächtigt hatte. Auch zwei der Geweihten fielen unter der Axt des Ogers, der trotz seiner magischen Fähigkeiten schneller und gewandter war als jeder normale Oger es jemals vermocht hätte. Seine Axt mähte die hinter Schilden gesuchte Deckung beiseite, die unheilige Macht die ihn erfüllte brach jeden Schutz der in letzter Sekunde gemurmelt wurde. Und trotz der unzähligen Verwundungen schien die ihn erfüllende Berserkerwut ungebrochen. Auch einer der Magier brach kurze Zeit später zusammen, ein leises Ächzen dass über seine Lippen drang ehe sein Körper leblos zu Boden ging.
Und während all dessen durchmaß Morkai den Raum mit schnellen Schritten in Richtung des Folianten, dessen dunkles Flimmern im Kampfverlaufe immer weiter zugenommen hatte.
„Kor’khai mit Dir kämpfen, BELLUMWURM, Kor’khai Dir zeigen dass Bellum Dir nicht helfen können gegen Kor’khai!“
Dröhnend die Stimme erklingend schmetterte der Oger erneut eine Schneise in die auf ihn einhackenden Männer und stürmte auf Morkai zu, die Axt empor reißend um ihm den Weg abzuschneiden. Wenig begeistert hiervon stürmten die übrigen Männer hinter dem Oger her, ihn versuchend zu umringen um doch nur unter den mächtigen Schlägen der riesigen Axt zurück weichen zu müssen. Morkai rang indes mit sich, sein Verlangen sich mit dem Oger zu messen, die Beleidigungen mit Blut zurück zu zahlen. Und seine Aufgabe, den Folianten zu begutachten. Er verstand es nicht, was dieses Buch ihnen während des Kampfes helfen sollte, er verstand nicht warum sie sein Schwert nicht an ihrer Seite wollten, doch er zügelte sich und der wilde Zorn in seinen Augen wurde ein wenig gezügelt.
„Kor’khai sehen wie Du vor Angst zittern, Bellumwurm. Kor’khai lachen müssen!“
Und erneut drang das gehässige Lachen des Ogers durch die ganze Höhle, während ein heraufbeschworener Feuerball erst in letzter Sekunde von dem verbliebenen Magier zur Seite geschmettert wurde und in eines der hölzernen Gerüste einschlug, welches nur Sekunden später in Flammen aufging und die Höhle mit beißendem Qualm erfüllte. Schließlich gelang es Morkai zu dem Folianten zu gelangen. Er wollte danach greifen, doch ein Gefühl von gleichzeitiger sengender Hitze und tödlicher Kälte griff nach seinen Fingern, es ihm unmöglich machend sich dem Buch auch nur weiter zu nähern. Da verstand der Mann, glaubte es zumindest, und sein Zorn wuchs ins Unermessliche, als er herum wirbelte und mit Ansah wie der Oger auch der letzte der Geweihten mit einem auf seinen Lippen ersterbenden „Belluuuum!“ starb. Wie in Zeitlupe verfolgte er, wie das Schwert aus den Fingern des Geweihten zu Boden fiel, scheppernd dort liegen blieb und jeder Ton tausendfach in seinem Inneren widerhallte.
Die Klinge in der Hand stürmte er auf den Oger zu, seine Lippen zu einer trotzigen Linie zusammengepresst ehe mit leiser, rauer Stimme inbrünstige Worte seine Kehle verließen. „Herr, höre mich. Herr, stärke mich! Erkenne Dich in mir und erwähle mich zu deinem Schwert, auf dass das Unrecht gesühnt und das vergossene Blut gerecht werde. Lasse Gerechtigkeit einziehen in diese Höhle, lasse sie durch mich verkünden auf dass das Licht diesen Ort rein wasche von all seinem Dunkel!“
Leuchtende, flimmernde Schlieren zogen sich von seiner Schwerthand nach und nach die Klinge empor, das Schwert in reines weiß tauchend während ein ihm entgegen geschleuderter Feuerball wie von Geisterhand verpuffte, abprallte wie an einem unsichtbaren Schild. Die Gunst seines Gottes so deutlich vor Augen stürmte er auf den Oger zu – Und wurde wie eine Puppe beiseite gefegt bevor er auch nur den ersten Streich getan hatte. Gackernd erklang das Lachen des Ogers, trotz der Skepsis die ich kurz in seinem Blick geregt hatte.
„Kor’khai beeindruckt. Du mit Licht spielen, Bellumwurm! Aber Du niemals Kor’khai besiegen!“
Benommen im ersten Moment, doch nur noch unbändiger im zweiten stürmte Morkai erneut auf ihn ein, rechts und links von seinem Blickfeld die erstaunten Blicke der wenigen Überlebenden, die selbst nur untätig herum standen. Und erneut vermochte der schiere Zorn nichts gegen die unbändige Kraft des Ogers aus zu richten. Der mit tödlicher Präzision geführte Hieb brachte dem Oger zwar eine tiefe Fleischwunde bei, doch zu Beeinflussen, gar zu Bemerken schien dieser sie nicht.
Blut rann an seinen Armen herunter. Morkai konnte es riechen und spürte in seinem Inneren etwas erwachen dass er viel zu lange unterdrückt hatte. Doch er konnte sich keine Schwäche leisten, er war zu lange auf der Suche nach einer würdigen Herausforderung gewesen als dass er an dieser Stelle durch einen Oger sich bezwingen lassen konnte. Und er wusste von der Insel, auf der sein Schicksal wartete. Und seine Liebe.
Er umkreiste den Oger erneut. Und der Kampf zog sich hin, schließlich erneut mit Unterstützung der verbliebenen zwei Ritter und eines verletzten Bogenschützen, der seine Pfeile verschossen hatte und nunmehr geschickt mit dem Schwert auf den Oger eindrang. Doch auch dies nicht lange, bis er schließlich von der flachen Seite der Axt in der Ausholbewegung getroffen wurde und reglos am Boden liegen blieb. Als schließlich auch einer der Ritter eine weitere schwere Wunde davon trug und das flimmern des noch immer majestätisch am anderen Ende des Raumes thronenden Folianten erneut zunahm erkannten die verbliebenen zwei, erkannten der Ritter und Morkai was es wirklich mit all der schwarzen Magie auf sich hatte. Beide stürmten sie los, doch nicht auf den Oger zu sondern in Richtung des Folianten und beide vernahmen sie das verstummende Lachen. Beide vernahmen sie, wie der Oger in ihrem Rücken eine Beschwörungsformel zu intonieren begann. Und zumindest Morkai war es, der Begriff in welcher Sprache der Oger dort sprach, welcher Art von Magie er sich bemächtigte. Schreiend stürzte er, als unsichtbare Hände nach seinen Füßen griffen und ihm den Boden unter diesen fort rissen. Er landete hart auf dem Höhlenboden und sah zu seiner Seite den Ritter, wenige Meter weiter gleichermaßen zu Boden stürzen. Er konnte das Ziehen an seinen Füßen spüren, die Kälte des unsichtbaren Griffes durch die gepanzerten Beine. Und er konnte die Angst in den Augen des Ritters sehen, als dieser zurück gezogen wurde in Richtung des noch immer intonierenden Ogers. Den Blick wieder voran schweifen lassend streifte sein Blick über die dort liegenden Toten, über die Verwundeten die reglos dort lagen und mit leerem Blick zur Decke starrten. Und über die niedergestreckten Oger, die wie gemästete Schweine dort lagen und mit ihrem Blut den Höhlenboden gefährlich glitschig machten.
Er spürte wie etwas mit Macht auf seine Knöchel drückte, er spürte wie seine Muskeln langsam zu zerfasern begannen und der Schmerz machte ihn schier wahnsinnig. Er hörte sich schreien, er hörte den Ritter an seiner Seite schreien und wusste dass dies die letzte, die finale Beschwörung des Ogers sein würde. Wie losgelöst von seinem Körper begann er den Schmerz langsam immer weniger wahr zu nehmen, immer distanzierter alles wie aus der Vogelperspektive zu sehen, mit anzusehen wie er gemeinsam mit dem Ritter in Richtung des noch immer die unheilige Beschwörungsformel sprechenden Ogers gezogen wurden. Und er löste den Bann, seine Lippen die Worte sprechend die wie ein Messer den Bann durchtrennten. Er wusste nicht ob er sie sprach, wisperte oder schrie. Doch es waren die rechten Worte. Es war der rechte Moment. Und Bellum war mit ihm.
In unwürdiger Pose und unter schier grenzenlosen Schmerzen kroch er fort von dem Oger, auf den Folianten zu und umklammerte sein Schwert während die Worte noch immer erklangen, anbrandeten gegen die sich immer weiter im Raum ausbreitende dunkle Macht des Ogermagiers. Es war wie Licht, dass der Dunkelheit zu trotzen versuchte. Und noch während die letzten Worte des Ogers erklangen, die endgültigen Worte um ihrer beider Ende zu besiegeln – zog er sich an dem Sockel empor, die Symphonie des Schmerzes die in seinem Körper tobte schier ignorierend, während seine Muskeln in einem letzten Kraftakt ihm ein wenig Standhaftigkeit verliehen, sein Schwert sich empor hob und die noch immer leuchtend weiße Klinge auf den Folianten hernieder fuhr. Unter einem langen, anhaltenden Schrei ging das Schwert durch das Leder, durch den Stein des Sockels um schließlich bis zum Heft in dem Sockel vibrierend inne zu halten. Risse zogen sich durch das Papier des Folianten, rötlich und schwarz leuchtend, verästelten sie sich um wie aus ihren Inneren heraus das Buch zu verzehren. Und während der Geweihte noch nach hinten sank und das Bewusstsein verlor, hörte er das Schlagen von Flügeln, Schwingen die sich über ihm ausbreiteten und ihm ein Gefühl von Frieden schenkten. Er hörte den Oger, wie er schrie und der Wahnsinn seine Sinne vernebelte, wie das vorige Dunkel ihn gleichermaßen auf fraß und er schließlich niedergestreckt wurde durch das Schwert des Ritters, der zu seinen Füßen gelegen hatte. Und so wurde Kor’khai bezwungen..
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