Das Reich der Zügellosigkeit
Ihr sagt, ihr kennt das nicht. Ihr kennt weder von euch, noch von denen, die euch nahe sind die Schlechtigkeit die eure Welt beherrscht. Doch die anderen, die Armen und Schlechten, die Verstoßenen, von denen wisset ihr, dass sie an Schlechtigkeit nicht zu übertreffen sind.
Um die macht ihr einen Bogen, wann immer ihr sie seht. Die meidet ihr, wann immer sie zu meiden leichter ist, als ihnen gegenüber zu treten.
Und während ihr darin so sehr bemüht seid auszuweichen, zu meiden und euer erhobenes Haupt mit allerlei wichtigen Gedanken zu beschäftigen, um am Elend nicht teil zu haben, schreitet ihr voller Mut und Zuversicht durch einen stinkenden, gärenden, verwesenden Morast aus Ignoranz und Dekadenz!
Ihr seid nicht nur der Beginn sondern auch das Ende - die Tumbheit und das Letzte! Eure Weinkeller
(nichts spricht gegen einen Schluck! denn in Vinum veritas est), eure Bordelle, eure Villen sind die Mauern eures Reiches der Zügellosigkeit und die Zügellosigkeit eure wohl gepriesene Individualität!
Die Dunkelheit kommt nämlich in diesem Moment, in dem sich einer selbst erhaben sieht über alles was ihm die geringste Last auferlegen würde und seinen kleinen Geist dahingehend anstrengt, eine Lösung zu seinem Verhalten zu finden. Eine Lösung, die eine Richtige ist, keine Falsche, die oftmals nur den Ausweg zur Narrenfreiheit bedeutet.
Das ist es, wodurch unsere Welt zugrunde geht. Langsam und erbärmlich. Langsam nur, weil es noch die gibt, die nicht wegschauen und sich nicht scheuen. Die mit allen Mitteln, die ihnen gegeben wurden, dagegen ankämpfen. Die Lasten auf sich nehmen, um anderen Lasten zu erlassen. Die auch nicht davor scheuen, unheilbares Geschwür heraus zu brennen aus dieser Welt und in die nächste zu überführen. Die als herzlos, unnachgiebig und monströs verschrien sind.
Herzlos, weil sie kein Verständnis dafür haben, dass einer alles wahrhaft Gute vergessen kann, wenn es ihm an Dekadenz und Zügellosigkeit nicht mangelt und diese ihm mehr Befriedigung gibt und verheißungsvollere, als seine Schöpfer?
Unnachgiebig, weil sie der lügenden Zunge keinen Glauben schenken, die voller Schmerz, Angst und Zorn dann spricht, wenn ihr Besitzer sich seiner Verbrechen konfrontiert sieht?
Monströs, weil sie nicht davor scheuen sich selbst Lasten aufzubürden und die Feuer dieser Welt zu entfachen. Nicht um zu vernichten, sondern um zu reinigen?
Sollen sie doch schreien, die da nicht gewillt sind über ihr eigenes klägliches Dasein zu sinnieren und das beste aus diesem zu machen, ohne zu schänden, was zu schänden eine Schande ist und ohne zu verspotten, was zu verspotten selbst höchst spöttisch ist.
Dann frage ich mich nur, warum soll ich meine Augen im Namen des Allsehenden offen halten und meinen Geist wach, um solcherlei zurück zu führen auf einen Weg, den sie längst verließen, auf den rechten Weg nämlich? Warum sollte ich auch nur einen Gedanken daran verschwenden, einen kleinen Finger rühren oder eine Feder schwingen, wie das Wort, für einen, der am Ende ganz alleine und in Gesellschaft seiner Genossen und Genossinnen in den Höllen Angamons leiden würde. Was kümmert es mich?
Es kümmert mich nun zum einen, weil ich in dieser Welt leben muss und diese Welt ein Ort ist, der zu leben wert wäre, wäre er nicht wie er nun einmal ist. Darum ist es an jedem, der den rechten Verstand und Glauben besitzt, nicht wegzusehen sondern zu widerstehen und Widerstand zu leisten und anzugreifen und Angriffe zu delegieren auf den Kern dieser Ursache: Angamon! Angamon in den Menschen!
Dann kümmert es mich als zweites, weil ich zwar in dieser Welt lebe, aber in der nächsten in Ewigkeit fortbestehe! Und siegt nun Angamon, der Dummheit dieser Menschen wegen, weil sie irgendwann den Abstand zum Guten zu weit halten und den zum Bösen zu nah, dann siegen die Vier nun nicht. Und wenn die Vier nicht siegen, ist Alles Nichts.
Es ist traurig, ja und es ist absurd und grotesk, dass der sich selbst ernannte Höhepunkt der Schöpfung zugleich der Untergang alles Seins wäre. Darum, sieh wie du willst, du dummer Tölpel und du naiver guter Geist voller Liebe und Vergebung, mich und die meinen als zornige Flamme unserer Herren und schrei' ruhig deinen Unmut über meine Taten und über dein Unvermögen heraus. Es kümmert mich nicht. Mich kümmert nichts weiter mehr.
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Am frühen Morgen liest die Elfe diese Zeilen in eben diesem Buch, das sie so gut verwahrte und als sie damit fertig ist, schließt sie es und bettet es in ihrem Schoß.
Wert, darüber zu sinnieren, sinniert sie auch eine weile gedankenverloren.
Extrem ist der Thaspis Elster, in seinen Ansichten und offenbar auch Methoden. Dann verliert er aus dem Blick, dass das was er bekämpft, auch sein Gegenstück besitzt, das zu bekämpfen eine Schande wäre, denn es kommt doch direkt von den Göttern und ist zu loben.
Er muss wohl ein Mann sein, oder war einer, der an das Gute nicht wirklich mehr glaubt und nur noch das Böse in allen Facetten sieht. Und das macht dieses Buch gefährlicher, als ich dachte, dass es sein könnte. Denn wer von den Menschen sich zum Bösen verleiten lässt, der beginnt meist damit, Extremes so zu sehen, wie es gesehen werden will, damit es dem Betrachter als recht erscheint... .