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 Betreff des Beitrags: Augenblicke..
BeitragVerfasst: 20.10.08, 01:10 
Einsiedler
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Zitat:
Immernoch schlug ihr Herz spürbar im raschen Klang gegen ihre Brust und nur langsam stellte sich ihr Körper wieder auf eine ruhigere Phase ein. Als sie mit der Zungenspitze über ihre trockenen Lippen fuhr, schmeckte sie das Salz, welches in den Augenblicken der Zweisamkeit aus den Poren drang und doch so ganz anders war wie nach einem harten Arbeitstag. Es war ein angenehmes Gefühl.. beruhigend, einschläfernd. Die Augen geschlossen, sog sie den Duft des Körpers neben ihr tief in die Lungen, ja, genoss ihn sogar. Er roch nach Mann, Leidenschaft.. nach Begehren und einer Mischung aus eingespielter Dominanz.
Er hatte Kontrolle übernommen, ihr aber dennoch das Gefühl gegeben Spielraum zu haben und offenbar wusste er ganz genau, dass sie nicht nein sagen würde. Kontrolle, welche sie im Normalfall nicht aus der Hand geben würde. Für einige Momente überkam sie wieder der Anflug eines Kribbelns in der Bauchgegend und sie war kurz davor ihre Hand erneut nach ihm auszustrecken, ihn zu berühren und mit all ihren Sinnen erneut zu erforschen. Doch sie hielt sich zurück, hörte sie doch das einklingende, regelmäßige Atmen in der Phase, in welcher der Körper sich seinen Träumen hingibt.
Er war nur halb mit der Decke bedeckt, welche sich zerwühlt um seine Tailie schlang um das Nötigste zu verhüllen. Die Hitze hatte sich förmlich mit einer Geschwindigkeit ausgebreitet, wie es nur bei einem Waldbrand nach Monden ohne Regen der Fall war.. Zumindest fühlte sie es so, ihr tat die Wärme gut und so lag sie durchweg entspannt in den Laken, während sich Strähnen des tiefroten Haares wirr um ihr Gesicht rankten. Sie mochte das Chaos danach..
Die Lider hoben sich einen Spalt weit und sie betrachtete still den Leib neben sich. Normalerweise war er nicht der Typ Mann, welcher sich sonst dann und wann neben ihr einfand, doch er hatte etwas, was die anderen nicht hatten.. Da sie noch nicht wusste was genau dieses Etwas war, machte es um so interessanter ihn nach und nach zu erforschen, so er es zuliese.
Im Moment konnte sie nicht denken, nicht überlegen noch sich über sich selbst im Klaren sein und gestand sich ein, dass sie das gerade auch nicht wollte.
Der Augenblick zählte.. und sie genoss ihn..


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 Betreff des Beitrags: Re: Augenblicke..
BeitragVerfasst: 20.10.08, 02:26 
Edelbürger
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Hell liegt der Leib der Frau auf dem Bett. Das durch das Fenster eintreffende Mondlicht verwandelt Teile ihres Körpers in silberflammenden Marmor. Lange Schatten durchgreifen den Raum wie verzweifelte Arme, die sich im Diesseits festklammern. Das Heben und Senken des Brustkorbs durchbricht die perfekte abgestorbene Harmonie des obskuren Marmorbildnisses und verleiht ihm einen flüchtigen und vergänglichen Schimmer Leben ein.

Der Mann hüllt sich in die weiten, weißen Gewänder, die ihm Schutz vor der kraftraubenden Kälte dieser frühwinterlichen Nacht gewähren und wird dadurch selbst Teil der steingewordenen, vergangen Inbrunst. Alte Worte werden gesprochen und mondsilberne Augen durchblicken den nächtlichen Schleier, der sich über die Szenerie gelegt hat. Das zerwühlte Laken kündete als einziges von der Ekstase, die unter dem Auge Astreyons hier stattgefunden hatte. Er wendet sich ab und kehrt der Verlockung den Rücken, verlässt ohne eine weitere Handlung die Szenerie und blickt in den sternenklaren Himmel.

Ein Blick zurück zur geschlossenen Tür. Augenblicke vergangener Leidenschaft.
Ein Schulterzucken.
Vergangenheit.


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 Betreff des Beitrags: Re: Augenblicke..
BeitragVerfasst: 20.10.08, 19:52 
Einsiedler
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Zitat:
Sie blinzelte, als die nur mäßig wärmenden Strahlen Felas an ihrer Nase kitzelten und förmlich dazu drängten sich zu bewegen.
An ihrer Lust dagegen mangelte es sehr.
Leise Gähnend wälzte sich sich herum, wich dem hellen Licht aus, um wieder in der Dunkelheit des Schlafes zu versinken. Den leeren Platz neben sich hatte sie schon längst bemerkt, spürte sie doch seine leisen Bewegungen, als er sich aus dem Bett erhob und bekleidete, nur um kurz darauf hinter der Türe zu verschwinden.
Selbst in ihrem Dämmerzustand kam sie nicht umhin zu lächeln.
Es war nicht anders zu erwarten gewesen und passte ihr an und für sich gut in den Kram.
Kein Platz für Gefühle oder übermäßige Scham, wie sie manche Frauen an ihrer Stelle an den Tag legen würden.
Sie war es gewohnt, war doch meist sie selbst diejene, welche sich hinausschlich um unnötige Szenarien und Höflichkeitsfloskeln welche an und für sich nur gesagt wurden um der Etikette Genüge zu tun, auszuweichen.
Die Männer brauchten die Frauen, und sie brauchten die Männer um gewisse Bedürfnisse zu befriedigen. So war es immer und nie anders.
Ihre Hand strich noch einmal über die leere Hälfte des Bettes welche er hinterlies. Sie war kalt.
Er war auch nur ein Mann, in dieser Hinsicht glich er einem jeden anderen und sie kannte solche Momente zur Genüge. Kurz schweifen ihre Gedanken ab in ein paar Zyklen zuvor..
Nein, für solche Gefühle war kein Platz mehr in ihrer Welt, stellen sie doch nur eine große Schwäche eines jeden auf Tare dar. Ihr rechter Arm schlang sich um das zweite Kissen, an welches sie nun ihren Kopf schmiegte, es gab Wichtigeres..
Sie schloss die Augen wieder, akzeptierte die Situation oder gedachte zumindest sie so hinzunehmen wie sie eben nunmal war, bedauerte es aber dennoch sich so manches Mal darauf gefreut zu haben ihn zu sehen.. Es war nichtig.
Aber so waren sie, die Momente, die anderes Streben im Sinne hatten als ihr Verstand.
Augenblicke, welchen nach ihrem Erwachen keinerlei großer Bedeutung mehr zugemessen werden sollte, da die Zeit sie ohnehin ins Vergessen bringen würde.
Nur so konnte sie sich auf ihre Ziele konzentrieren..
Ihre letzte bewusste Handlung war ein Seufzen, ehe die Müdigkeit und Trägheit obsiegten..


Zuletzt geändert von Sevilla Silbereich: 23.10.08, 05:30, insgesamt 1-mal geändert.

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 Betreff des Beitrags: Re: Augenblicke..
BeitragVerfasst: 23.10.08, 01:39 
Einsiedler
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Beiträge: 39
Zitat:
"Tiefe Stille herrscht im Wasser, ohne Regung ruht das Meer
Und bekümmert sieht der Schiffer glatte Flächen rings umher
Keine Luft von keiner Seite! Todesstille fürchterlich!
In der ungeheuren Weite, reget keine Welle sich."

Leise summte sie die langsam, schleppende Melodie des alten Liedes.. Aus vielen Mündern war sie schon gedrungen, auch ihre Mutter sang sie ab und an wenn sie sich unbeobachtet gefühlt, ihrer Arbeit hingab. Lange war es her das sie das vom Alter gezeichnete, und doch so wunderschöne vertraute Gesicht sah. Der Duft des morschen Holzes aus welchem die Hütte bestand, das leise Knarzen wenn sich jenes dem Schein Felas entgegenreckte und das Säuseln des Windes, welcher in windigen Nächten durch die Ritzen drang, den Körpern darin ein Schauer über den Rücken laufen lies..
Sie vermisste es.. sehr sogar. Heimat.
Der einzige Ort an dem sie sich wohl fühlte, aussprechen konnte was sie dachte, was sie fühlte, ihre Wünsche und Sorgen, ihr Herz ausschütten konnte. Stattdessen musste sie hier schmerzlichst lernen ihr Innerstes zu verbergen, Momente der Faszination zu ihren Gunsten zu legen, niemanden außer sich selbst zu vertrauen und nie, niemals tödliche Wahrheit über sich preis geben. Es gab Momente an denen sie kurz vor dem Verzweifeln, an welchen ihr Wille am zerbersten, ihr Stolz einer größeren Macht unterlegen war. Jene Momente trug sie stets bei sich.. an ihrem Körper und jedem dem sie sich näherte, konnte sie sehen. Als Narben vergangener Zeit zeichneten die dünnen Striemen an ihrem Rücken Tage, an welchen sie innerlich gewachsen war, gelernt und verstanden hatte wie das Leben zu jenen sein konnte, die schwach waren. Sie wollte lernen nie mehr schwach zu sein..

Ihr Blick ging zurück zu dem Bett, in welchem immernoch sein wärmender Leib gebettet lag. Ruhig, entspannt lag er da. In einem Moment war er so, im anderen wieder so. Aus ihm schlau werden konnte sie wohl nie. War es doch nur für einen Augenblick, die Berührung welche sie erschauern lies. Sie musste weg, ehe sie diese Berührung einholen und beschäftigen würde.
Selbst der Schmerz an ihrem Brustkorb hielt sie nicht davon ab, sich von den Stunden des Wohlgefühls zu lösen. Erneut überkam sie kaum merkliches Bedauern darüber, hätte es gerne länger hinausgezögert. Aber diesmal war sie an der Reihe sich von ihm zu entfernen, nicht umgekehrt. Kühles Leder legte sich auf ihre Haut, die Schnallen wurden gewohnt festgezurrt und das vertraute Knarzen schenkte ihr das Gefühl der Sicherheit. Wie eine zweite Haut legte sie Stück um Stück der Rüstung an, auch wenn sie vom heutigen Abend noch genügend von Blut und Schmutz gezeichnet war.
Nochmals ein Rundumblick.. Die Kohlen in den Becken verglühten langsam, gaben dennoch einlullende Wärme frei. Benutztes Besteck, vollgestopfte Regale und mehr zweckmäßige Einrichtung liesen sie wieder an ihre Heimat denken.
Wenn doch nur ihr Bruder wieder hier wäre..
Schließlich wandte sie sich vollends ab, verschwand hinter der Tür in einen leichten Schneeschauer hinaus in die Dunkelheit des Zyklus.. passierte das Nordtor der Stadt und ihr Schatten verschmolz mit denen der sich im Winde wiegenden Bäume.


Momente –
Einfach nur Momente.
Nicht das Leben –
Das Leben bestimmen sie nicht.
Es sind nur Momente –
Augenblicke.

Wo sind sie –
Wenn man sie sucht?
Weggeblasen, nicht mehr da.
Sind es Träume? Jeder Moment
Ein Traum, ein Augenblick des
Intensiven Gefühls?

Wo sind sie –
Wenn man sie braucht!
Ich will einen sehn, greifen, fühlen!
Doch sie scheinen verschollen,
Unauffindbar.

Was ist der Moment?
Was ist das Leben?
Wie kann man unterscheiden
Zwischen Realität und Traum?

Momente –
Einfach nur Momente.
Nicht das Leben.
Nicht konservierbar.
Nur Augenblicke, Träume –
Momente.

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 Betreff des Beitrags: Re: Augenblicke..
BeitragVerfasst: 23.10.08, 03:03 
Edelbürger
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Er strich sich über die Lippen und schaute wach an die Decke. Sie war noch nicht lange weg. Das Bett war noch warm. Er spürte noch immer ihre Haut an seiner, die Wärme in Physis und in Psyche. Er konnte sie nicht einschätzen. Was sich vor wenigen Tagen noch als eine harmlose Geschichte eines Herzen brechenden Chauvinisten dargestellt hatte, wurde jetzt, wo er den Narben ansichtig geworden war, um viele Dimensionen ergänzt. Quendan presste die Hand zur Faust zusammen und schlug gegen das Holz. Der Schmerz und die aufeinander gebissenen, knirschenden Zähne zeichneten die Grenze zwischen Spiel und Ernst, die bislang immer existiert hatte, nur um so schärfer. Er wusste, dass er diese Grenze heute Überschritten hatte und danach einen sehr raschen Rückzug antreten musste. Er musste. Sein Wille war eine andere Sache.
Dennoch gab es diese Grenzen. Und diese Grenzen, musste er sich eingestehen, hatten einen Sinn. Diese Grenze war der äußerste Schutzring um sein selbst. Sein unabhängiges, frei denkendes Selbst. Er stieg aus dem Bett und Kleidete sich an. Heute würde er dahingehend keine Erleuchtung finden. Das würde er erst, dachte er bitter, wenn es schon zu spät war.

Aber bis dahin war noch eine Menge zu tun.


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 Betreff des Beitrags: Re: Augenblicke..
BeitragVerfasst: 28.10.08, 02:41 
Einsiedler
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Zitat:
Kalt war es geworden, draußen, hinter der Tür die Schutz und Wärme bot. Vereinzelte Schneeflocken nieseln dann und wann aus den trüb milchigen Wolken, welche schwer über den Köpfen der Inselbewohner hängen.
Sie tanzen in der Dauer ihres kurzen Lebens durch die Luft, ungnädig angezogen von der Erde, bis sie schließlich landen.
In feuchtem Boden der ihr Schicksal besiegelt, den glitzernden, sternförmigen Flocken zeigt was sie letzten Endes waren.. Wasser.
Versonnen verfolgte sie das Treiben des immer dichter fallenden Schnees, glich das Leben der Meisten doch Selbigem.
Nur darum bemüht die Zeit des Lebens sogut als möglich hinter sich zu bringen, Familie, Kinder zu haben um seelig einzuschlafen, nie mehr zu erwachen. Sollte das der Sinn des Lebens sein? Sollte man nicht nach Höherem streben, sich unvergessen machen? Nur ein klein wenigen seinen Kopf aus der Masse der Ganzheit stecken um zu sehen was die anderen nicht sehen konnten? Weil sie blind waren, verblendet durch den trügerischen Schein des Alltags, guter Worte und falscher Vorsätze. Die meisten wollten ein gutes Leben führen, doch was war eigentlich "gut"? Jeden Tag in die Kirche gehen um zu beten, Lügen zu hören die das Dasein einfacher machten? Sie waren doch nur wie der Schnee.. glänzend, tänzelnd durch das Leben um am Ende nur eins zu sein.. Wasser.
Und was war "böse"? Seit sie die Zeilen auf dem schon etwas modrigem Papier gelesen hatte, musste sie ständig darüber nachdenken. Was war Gut, was war Böse? War es "böse" seinen Weg zu gehen, seinen Glauben und Ziele ohne große Rücksichtnahme zu verfolgen? War es "böse" zu handeln wie man es für das Beste hielt, auch wenn ein anderer darunter leiden musste? Wenn sie nicht so handeln würde, wäre dann nicht sie an selbiger Stelle des Schwächeren?
Man konnte sich noch so unter fadenscheinigen Fassaden verstecken, Masken aufsetzen, lügen und betrügen um das Ich zu verbergen. Am Ende zeigt uns doch der Tod, wer wir wirklich sind. Egal ob gut oder böse. Oder wie man es auch immer nennen mochte. Wieso wurde eigentlich nie irgendwo die Grauzone erwähnt? War es "gut" für das zu sterben woran man glaubte?
In den letzten Atemzügen, bevor die Kälte erstarren lässt, musste man dem Sterbenden nur in die Augen sehen um zu sehen wer er wirklich ist.
Was würde sie wohl sein in der Stunde des Todes?

Der Gedanke wurde schnell wieder abgeschüttelt. Noch war es nicht soweit.

Gut war es allemal, wie sich derzeit Eines in das Andere fügte. Sie fühlte sich wohl, wieder sie selbst zu sein. Nur manchmal vermisste sie noch das Lächeln, dass _er_ immer gezeigt hatte wenn sie sich begegneten, oder er sie in seine Arme schloss, Sicherheit bot. Aber das war schon lang, lang vorbei..
Was zählte war das Hier und Jetzt. Nähe suchend schmiegte sie sich wieder an Quendan, wärmte sich an ihm auf, schöpfte neue Kraft für den nächsten Tag.


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 Betreff des Beitrags: Re: Augenblicke..
BeitragVerfasst: 30.10.08, 02:42 
Einsiedler
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Zitat:
"Du vermisst ihn noch."
Meinte er das wirklich ernst..? Vielleicht tat sie das, ja. Aber auch nicht mehr, als wenn sie ein altes Buch wieder fand und nur kurz darin las um die Erinnerung an die Geschichte wieder zu finden. Erinnerungen waren gut. Nicht immer schön, nicht immer schlecht. Es waren Erfahrungen, welche man sammeln sollte, ja, musste um im Leben voran zu kommen. Für ihn kam die Antwort auf die Frage offenbar zu schnell, zu überhitzt. Er nahm sie nicht für bare Münze.
"Und selbst wenn, wäre es nicht schlimm.."
War es das nicht..? Wieder keimte Ärger in ihr auf diesen Gedanken gedacht zu haben. Der Drang ihm zu beweisen, dass Emanuel ihr nicht mehr viel bedeutete wuchs für kurze Zeit an, was sie noch mehr ärgerte. Sie wusste nicht wieso das Bedürfnis da war sich ihm mitzuteilen. Sie konnte es nicht. Weder ihm vertrauen, noch mehr über sich preis geben.
Blieb es doch nur für kurze Zeit, konnte ihn nicht einschätzen. Ein ewiges in der Luft hängen, wie ein Schluck Wasser in der Kurve. Und doch hatte sie das Gefühl auf Emanuels Frage vorhin zwar die richtige, und doch falsche Antwort gegeben zu haben. Aber darüber wollte sie jetzt nichtmehr nachdenken... Wo war Marie, wenn man sie dringend brauchte?
"Halt endlich den Mund und küss..", doch die letzten Worte gingen unter, als er der Aufforderung auch schon unverwand nach kam.



Ich sitz auf einem falschen Schiff.
Von allem, was wir tun und treiben,
und was wir in den Blättern schreiben,
stimmt etwas nicht: Wort und Begriff.

Der Boden schwankt. Wozu? Wofür?
Kunst. Nicht Kunst. Lauf durch viele Zimmer.
Nie ist das Ende da. Und immer
stößt du an eine neue Tür.

Es gibt ja keine Wiederkehr.
Ich mag mich sträuben und mich bäumen,
es klingt in allen meinen Träumen:
Nicht mehr.

Wie gut hat es die neue Schicht.
Sie glauben. Glauben unter Schmerzen.
Es klingt aus allen tapfern Herzen:
Noch nicht.

Ist es schon aus? Ich warte stumm.

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 Betreff des Beitrags: Re: Augenblicke..
BeitragVerfasst: 14.11.08, 01:22 
Einsiedler
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Zitat:
Sie hasste es zu warten. Eigentlich wollte sie es nicht und doch tat sie es. Saß da und starrte Löcher in die Luft. Antriebslos für einige Zeit. Saß einfach nur da und rührte sich nicht vom Fleck.
Weshalb wartete sie? Sie wusste es nicht. Wollte es nicht wissen.
Und trotzdem saß sie mal hier, mal dort, verharrte trotz der eisigen Kälte draußen. Auch in ihrer Wohnung wartete sie. Stocherte in ihrem Essen herum, sortierte ihren Schrankinhalt und brachte ihn wieder ins Chaos, nur um wieder aufzuräumen. Sinnlos. Wartete sie auch sinnlos?
Immer wieder ging ihr Blick zur Türe hin, erwartungsvoll, und doch wusste sie, dass Warten zwecklos war. Auch vor einiger Zeit hatte sie gewartet, bis sich das Warten gelohnt hatte. Für einen kurzen Händedruck, für zwei-drei Sätze. Dann war er auch schon wieder fort. Hätte es ahnen müssen, dass sich all das nicht lohnt. Ja, ein wenig enttäuscht war sie dann doch.
Und sie hatte es geahnt. Aber diese Ahnung wurde mit der Zeit immer gekonnter ignoriert. Es war doch irgendwie schön...
Bis das Warten anfing. Sie hasste es.


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 Betreff des Beitrags: Re: Augenblicke..
BeitragVerfasst: 17.11.08, 18:54 
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Zitat:
Immer wieder wand es den Kopf abwechselnd nach links und rechts, die Umgebung beobachtend. Das hektisch schnuppernde Näschen lies die Schnurrbarthaare zittern, man konnte fast meinen, dass es frierte. Allerdings war es mit außerordentlich dichtem Fell ausgestattet, welches mittlerweile eine grau-weiße Färbung hatte. Es wirkte kuschelig warm, ein Kind hätte mit dem Tier als Spielkamerad sicher äußerste Freude.
Auf den Hinterbeinen sitzend, hob es die Pfoten und schob die langen Löffelohren nach vorne um sich auch an dieser Stelle ordentlich zu putzen. Dabei lies es alles um sich her nicht aus den Augen.
Als das Kaninchen damit das Putzen beendete, wandte es sich wieder Wichtigerem zu. Dem Abschätzen der Lage.
Vor ihm eine kleine Lichtung, schon gut von Schnee bedeckt, jedoch ragten neben einem modrigen Baumstumpf vereinzelt jungfräulich Grüne Grashalmspitzen hervor. Ein Leckerbissen in dieser Jahreszeit.
Immer wieder richteten sich die Ohren in die Richtung erklingender Geräusche, aber es lies sich nichts Ungewöhnliches herausfiltern. Der Wind pfiff immernoch eisig kalt über die Gegend, lies die noch spärlich braun beblätterten Bäume miteinander flüstern und drängte das ein oder andere Tier dazu Schutz im Warmen zu suchen.
Der Morsan kam einigen viel zu früh, die Pflanzen konnten ein Lied davon singen. Statt gemächlich eintrudelnder Kälte wurde es von einem Tag auf den anderen frostig. Bellum wurde sprichwörtlich übersprungen. Die Bäume hatten keine Zeit mehr ihre Blätter in gewohntem Zeitraum über den Boden zu verteilen, sondern standen größtenteils immernoch belaubt herum, während sich die Spinnweben zwischen den Zweigen durch den Frost perlmutfarben hervortaten. Kleine Kunstwerke der Natur.
In seiner instinktiven Vorsicht setzte das Kaninchen eine Pfote vor die andere, tastete sich durch den für ihn ungewohnten Schnee, war es doch der erste Morsan den es erlebte. Es wusste allerdings, das Fressen notwendig war, und so hopste es zunächst zaghaft, dann hastig zum Baumstumpf auf der Lichtung hin. Zwar war es riskant sich aus der schützenden Erdhöhle zu begeben, aber der Hunger nagte sprichwörtlich an ihm. Das weiße Fell gab ihm einen kleinen Vorteil, welcher unaufmerksamen Feinden Schnee, statt eines Hasen vorgaukelte und genügend Zeit gab rasch zu flüchten.
Verrätische Spuren im Schnee hinterlassend, grub es, immer wieder aufsehend ob sich auch nichts näherte, schneller Bewegung die lästige kalte Decke vom Gras und knabberte eilig daran. Jeden Moment den es hier verweilte, könnte seinen Tod bedeuten.
Ein seltsamer Klicklaut, leise und dennoch hörbar für das Tier, erklang ganz in seiner Nähe. Es duckte sich rasch tiefer und verharrte ohne weitere Regung an Ort und Stelle. Als sich jedoch nichts weiter tat, es weder etwas riechen oder sehen konnte, fing es wieder zögerlich an das Gras zu verschlingen. Nur manchmal ertönte das leise Zwitschern eines Vogels, aber das war ja nicht Ungewöhnlich.
Doch plötzlich wurde die normale Geräuschkulisse erneut unterbrochen. Diesmal aber tönte es nach dem tödlichen Surren eines herannahenden Bolzens. Das Kaninchen konnte sich gerade noch wenden um das Geschoss für Sekundenbruchteile zu sehen. Panisch schlug das kleine Herz gegen die Brustwand, konnte sich vor Angst und Überraschung allerdings nicht vm Fleck rühren. Gefesselt vom Schicksal des Schwächeren.
Darauf folgte die Wucht des Einschlags. Sein Körper wusste nichts dagegen zu halten, als der scharfe Bolzen sind in seine unschuldige Brust bohrte. Es wurde von der Kraft mitgerissen, wenige Schritt weit in den unbefleckten Schnee der Lichtung geschleudert. Als es schließlich liegen blieb, war es schon zu spät. Letzte Zuckungen, dann Stille.
Der Tod trat ein und beanspruchte die kleine Seele für sich.
Das Häschen bemerkte nichtmehr, wie sich sein Todbringer hinter einem gefällten Baumstamm erhob, wo er schon einige Weile zu verharren schien. Entgegen der Windrichtung bestand keine Chance, dass es ihn erschnüffelt hätte. Gemächlichen Schrittes näherte sich die Person, gefolgt von einem zotteligen Hund. Folgsam trottete jener neben ihr her.
Eine schwarze Kapuze wurde nach hinten geschoben, der Blick auf das kleine, reglose Wesen gerichtet. Ihre Haarfarbe ähnelte im Glanz Felas deutlich dem Blut des Kaninchens. Der Schnee sog es in sich auf, färbte sich dunkelrot. Als die Frau die Stelle ihrer Beute erreichte, beugte sie sich hinab und hob es an den Hinterbeinen empor.
Keine Miene verziechend angesichts des jungen Tieres, wand sie nur ein dünnes Lederband um die Pfoten und band den leblosen Körper an ihren Rucksack. Für einen mickrigen Hasenbraten wird es schon reichen.

Einige Zeit später, der nächste Dunkelzyklus brach langsam aber sicher über die Insel herein, näherte sich ein Fuchs interessiert der Lichtung. Seine feine Nase hatte etwas aufgefangen. Bedauerlicherweise fand er nurnoch eine gefrorene Blutlache wo das Kaninchen gelegen hatte. Was solls. Gierig leckte er daran.

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 Betreff des Beitrags: Re: Augenblicke..
BeitragVerfasst: 30.11.08, 03:04 
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Manchesmal war es zum Haareraufen.
Sie wollte es nicht und doch kam es so. Sie kämpfte dagegen an, umso mehr brach es über sie herein. Die Versuche, alles aus dem gewohnten Blickwinkel zu betrachten, scheiterten kläglich. Zwar war der Wille da es umgehend zu beenden, dennoch tat sie es nicht.
Sie spürte, wie sich das Verlangen erneut in ihr breit machte, als wäre die ganze, lange, lange Nacht vor Kurzem nicht gewesen. Vielleicht lag es aber genau daran..
Das Unstillbare in ihr, gleich was es war. Etwas, was sie ständig begleitete und weil er ihr etwas gab, wollte sie nur umso mehr.
Und sie sagte, es fiele ihr langsam schwer es unverbindlich zu halten.. Eigentlich bereute sie diesen Satz schon Bruchteile nachdem sie ihn ausgesprochen hatte, aber er erwiderte diesen Gedanken. Irgendwie war es seltsam, dass sich ausgerechnet zwei Menschen, die voneinander so wenig erwartet hatten, soetwas zueinander sagten. Sie wälgte sich im Zwiespalt und schob diese Sache lieber vor sich her, als sich großartig den Kopf darüber zu zerbrechen. Aber irgendwann musste sie sich damit auseinandersetzen...
Nachdenklichen Blickes, welcher vielmehr ins Leere gerichtet war, wusch sie sich das mäßig getrocknete Blut im eisigen Wasser des Brunnens von den Händen. Sie sah zu, wie sich das zuvor dunkelrot bis rostbraune Blut im Wasser in zartes Rosarot färbte.
Wenistens etwas, was sich leicht beseitigen lies.
Umso weniger leicht würde sich das große Brandloch in ihrer Robe richten lassen.. Diesen Affen hätte sie am liebsten in kleine Stücke zerhackt und diese ihrem Hund vorgeworfen. Allerdings war es wesentlich amüsanter dabei zu zu sehen, wie er sich vor Angst und am Boden liegend in die Ecke drängte.
Sie weidete sich förmlich daran und wenn es nach ihr gegangen wäre, hätte er seine Kräfte ruhig noch etwas länger spielen lassen können. Leider tat er es nicht, sondern lies ihn laufen..
Schade.
Und mit diesem Gedanken trocknete sich die nun wieder sauberen Hände halbwegs an ihrer Hose und wandte sich vom eisigen Brunnen ab.


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 Betreff des Beitrags: Re: Augenblicke..
BeitragVerfasst: 12.01.09, 03:18 
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Sie fühlte sich eingeengt.. die Kleidung lag an ihr wie ein zugeschnürter Sack. Die Luft bohrte sich in ihre Lungen, erzeugte dort ein Vakuum. Sie spürte das Herz so stark wie lange nichtmehr an ihre innere Brustwand pochen. Es schmerzte fast.
Auf dem langen Weg zur Selbstfindung war sie wieder über einen großen Stein gestolpert, der sich einfach nicht wegschieben lies. Der Stein hatte noch keine Gestalt, umso schwieriger das Problem zu erkennen, das sich wie ein glühend heißer Stahl in ihr Hirn bohrte und dort marterte was das Zeug hielt.
Zumindest war sie auf dem guten Weg dem Stein Form zu verleihen.. Der erste Schritt war der Rückzug, der zweite wäre Abkapseln und der dritte, alles von außen zu betrachten. Manchmal war es gut alles durch eine Glasscheibe zu sehen. Das Wesentliche wurde erkennbar.
Sie hätte es nicht tun sollen.. aber Verlockungen bissen sich in ihren Gedankengängen fest und liesen erst los wenn man sie hatte. Diese eine Verlockung aber lies nicht von ihr ab. Wand sich nur mehr fest. Sie bereute es zwar nicht, dennoch schmerzte es sie irgendwo tief in der Brust.
Schluchten taten sich auf. Große, tiefe, unüberwindbare Spalten im Boden. Auf der einen Seite stand sie, auf der anderen ihre Sehnsüchte und Wünsche. Manchmal wünschte sie sich ein Seil. Ein Seil das sich wie ein Lasso auf die andere Seite schlang und ihr so ein wenig Seelenfrieden verschaffte.
Selbst ihre Ehrlichkeit stieß erstmal auf Unverständnis, lies im Gesicht des anderen deutliche Verstimmtheit erkennen. Dabei pochte gerade er auf mehr Offenheit von ihr. Vielleicht war sie ein wenig spät damit dran, verdrängte andere Gedanken um sich nicht damit befassen zu müssen, aber immerhin war sie zu guter Letzt ehrlich. Sie konnte nunmal nicht das sein, was er sich wünschte.. Nichtmehr jedenfalls. Manchmal fühlte sie sich nackt wenn er sie ansah.. gesagt hatte sie es auch schon. Als wenn er tief in sie hinein sehen könnte. Dieser Satz jagte ihr einen Schauer über den Rücken als sie ihn aussprach. Aber er konnte es wohl nicht, sonst hätte er vielleicht gemerkt was für eine kleine, aber ausschlaggebende Änderung in ihr vorging.
Seine letztendliche Reaktion an diesem Tag tat ihr weh. Hatte es sie doch tiefer getroffen als gedacht. Allein das war schon das Anzeichen dafür, dass es nie auf Unverbindlichkeit hinauslaufen würde. Er selbst zog immer eine miesepetrige Miene wenn sie von einem anderen Mann sprach. Merkte er es denn nichtmal an sich selbst? Oder hatte sie sich das nur eingebildet? Weshalb die Frage, ob sie ihn oft vermisst hätte? Warum kleine Gesten und Andeutungen wo sie nicht hätten sein müssen, wäre es nur unverbindlich?
Nun war es egal. Den ersten Schritt hatte sie getan. Sie zog sich zurück.
Auf leisen Sohlen führte der Weg die Treppe hinunter.. durch die Tür in den von Wärme umhüllten Raum. Wie in Trance wurden die Habseeligkeiten auf dem Tisch zusammengehäuft und eingepackt, auch der Schrieb fand seinen Weg in ihre Hände. Die Zeilen wurden zunächst gar nicht bewusst gelesen..
Erst als sie endlich Zuhause, wenn man es so nennen wollte, ankam, gingen sie ihr durch den Kopf.
Aufhören wenn es am Schönsten ist.. Das ist wahr.
Nicht unbewusst auf dich eingelassen.. Er nahm wohl an, bei ihr ging es am Leichtersten.
Nicht vergessen.. Das konnte sie auch nicht.
Bestehende Freundschaft.. Dazu fiel ihr erstmal nichts ein.
Das Papier wurde in einem Anfall von aufkeimender Wut in Einzelteile zerlegt, fielen wie die Schneeflocken draußen, ahnungslos auf die Tischplatte. Für heute hatte sie erstmal die Nase voll.

Wie wandelbar die Zeit alles machte..


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 Betreff des Beitrags: Re: Augenblicke..
BeitragVerfasst: 12.01.09, 20:49 
Einsiedler
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Lange Zeit lag er noch wach, tat nichts anderes als gegen die kühle Decke zu starren. Viel zu viel war an diesem Abend passiert. Er hatte es kommen sehen, dass dort seinerseits mehr entstehen würde als ein gelegentlicher Austausch von Zärtlichkeiten, doch konnte er es bis zu diesem Zeitpunkt immer noch gut verdrängen, einfach in die hinterste Ecke der angekratzten Seele verschieben. Geschworen hatte er sich nie wieder das innerste seiner Gefühle preis zu geben, wusste, dass eine Aneinanderreihung zwischenmenschlicher Beziehungen nur unaufhaltsame Probleme schaffen würde. Liebe war es noch nicht direkt, nein. Dafür standen ihm die Zeit, die momentanen Lebensumstände und zu guter Letzt er sich selbst im Weg. Vielmehr ein unstillbares Begehren nach ihrem Aussehen, ihren Berührungen, ihrer leichtfertigen aber auch manchmal gebrechlichen, verletzlichen Art. Erneut verlief alles anders als er es bis ins Detail geplant hat, schmerzlich wurde er darüber belehrt als er ihren Zettel einsam und verlassen auf dem Boden fand. ..Dafür hast du schon immer zuviel bedeutet.. Das Herz rutschte in die Hose, obwohl es bis zum Hals schlug. Sollte er sich darüber freuen? Jetzt, wo sie einfach gegangen war? Kurioserweise tat er das, zwar nicht von Dauer -immerhin musste er es akzeptieren- , aber wenigstens ein kleiner Funke Freude in dunklen Tagen. Hastig wurden ungeübt Worte auf ein Blatt Papier gekritzelt, gut sichtbar auf ihre Sachen drapiert.

Die Müdigkeit schlich sich mit brutaler Wucht in die Glieder, sodass es nur wenige Momente dauerte bis die Augen sich nach einigen Zyklen schlossen.

"So geht das nicht..", war der erste Gedanke, der ihm beim Aufwachen in den Kopf schoss wie der Bolzen eines gnadenlosen Attentäters. Hoffnung keimte in ihm auf als er sie sah, wurde jedoch gleich erstickt, indem sie tonlos, ohne ihm einen Blick zu würdigen, an ihm vorbeizog. ...Zögern... Entschlossen nahm er die Stufen zur kleinen, feinen Wohnung, auch wenn er sich im nächsten Moment am liebsten übers Geländer hinweg übergeben hätte. Noch kälter als der Morsanswind war ihr Blick, ihr Verhalten. Wie er es hasste und hauptsächlich nicht einmal verstand. War denn nicht alles geklärt? Es war eben besser so, eine stille Einsicht beiderseits. Sowieso tat er sich damit glücklich sie einfach nur anzusehen. Falsch gedacht. Überflüssige Worte um den heißen Brei wurden gewechselt, bis beide aussprachen, dass sie sich zu sehr für eine hemmungslose, lusttreibende Bettwälzerei mochten. Kein klarer Gedanke konnte gefasst werden, als sie ihm klar machte, dass er das Problem sei. Sie konnte, wollte nicht mehr. Unregelmäßig sprang sein lebenswichtiges und zugleich schwächstes Organ gegen die Brust.

So sehr er betteln, flehen wollte um die rein platonische Beziehung, es ging nicht. Die Kraft reichte nur noch aus, um sich der erbarmungslosen Kälte der Jahreszeit zu stellen und den letzten Gang zu tätigen- allein.


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 Betreff des Beitrags: Re: Augenblicke..
BeitragVerfasst: 31.01.09, 02:18 
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Irgendwie war es merkwürdig. Es fühlte sich an wie der Alltag, so vertraut, so normal. Als wäre nie ein Keil zwischen sie getrieben worden. Im Grunde konnte er sich glücklich schätzen. Vergangene Geister wurden mitsamt diesem kleinen Ding aus Gold gebannt, holten ihn nur in schwachen, einsamen Momenten ein. Und doch.. Doch war da etwas, das ihm Angst machte. Nicht überraschend, nicht urplötzlich, nein. Er war sich durchaus bewusst in was er sich verrennen würde. Für einen Rückzug war es schon längst zu spät. Das war er also, der bittere Nachgeschmack der süßen, begehrten Frucht in Form eines wunderschönen weiblichen Körpers. Manchmal, wenn sie tief schlafend neben und gleichzeitig an ihm lag, und er sich durch den Schein der Monde einen Blick auf das durch den Lichteinfall weiße Gesicht verschaffte, dachte er an ein Marmorbild, an dem sich ein Kunstliebhaber den ganzen Tag ergötzen könnte. Sanft strichen dann die Finger um jeden ersichtlichen Gesichtszug. Wie lange er wohl noch diese Momente erleben durfte? Es kann einfach vorbei sein, auch die Erfahrung musste er machen. Das luftabschnürende Gefühl ließ nie von ihm ab, ob er es zeigte oder nicht, das war eine ganz andere Sache. Immer wieder ratterten die Gedanken im Schädel, bissen sich dort fest. Entweder würde sie ihm Vergangenes heimzahlen, ihn einfach fallen lassen oder ihn als Spielball für unerfüllte, innere Bedürfnisse benutzen, oder... Ja.. Oder.. Sie meinte es wirklich ernst, was er in manchen Momenten arg bezweifelte. Dennoch brachte sie einen inneren Fels in ihm zum Rollen..Er hatte sich verändert. Vergangene Fehler würde er nie mehr begehen, sein Verhalten und Denken komplett umstrukturieren, das stand fest, egal welche Theorie sich nun letztendlich als richtig erwies. Unaufhaltsam verliebte er sich immer mehr, genoss die Art wie sie sich gab, ihre Haut auf seiner, wenn sie sich die Nächte mit dem Erforschen des anderen um die Ohren schlugen.

Im Grunde war es doch egal. Verdrängen lautet die Devise. Selbst wenn es nur ein Schauspiel sein würde- zwar wäre es ein harter Schlag, aber immerhin kam er wieder auf den Geschmack der Zuneigung. So schloss er die Augen und genoss den Augenblick.


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 Betreff des Beitrags: Re: Augenblicke..
BeitragVerfasst: 2.02.09, 01:50 
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In manchen Momenten stieg die blinde Wut in ihr auf.
Das Schlimmste war, dass sie nicht wusste wohin damit.
Die unstillbare Wut über die Dummheit mancher Leute, über Unverschämtheiten und Lügen die verbreitet wurden.
Lügen, die ihr das Handeln schwer machten. Unverschämtheiten, die ihre Selbstbeherrschung ins Wanken brachten. Dummheiten, welche einfach nur unbegreiflich waren.
Und in diesen Momenten konnte sie sich an seine starke Schulter lehnen. Welch tröstendes Gefühl war es, einfach nur schweigen zu können, ohne das es unangenehm erschien.
Und trotzdem nagte es an ihr, allein wegen eines Gerüchtes die angenehme Arbeit an der Taverne verloren zu haben.
Sie schlief die Nacht ziemlich unruhig, wälzte von einer Seite zur anderen. Es war gut, dass sie letzten Endes freiwillig ging. Auf eine Stelle dort konnte sie wirklich verzichten, wenn nicht einmal genug Vertrauen den Mitarbeitern gegenüber gebracht wurde. Nur, weil einem davon einfiel, sie könnte, hätte, wollte.
Weshalb beschäftigte sie das noch so lange? Wahrscheinlich war es einfach nur der angekratzte Stolz.
Gut zu wissen, dass er nicht unweit von ihr war. Der Ort, an dem sie sich wohl fühlte und einnisten, wie eine Maus ins schützende Loch kriechen konnte.
Dort machten die Gedanken an alle unwichtigen Dinge, wie es die meisten waren, Halt.
Auch diese Nacht würde ein wenig unruhig werden. Ihr Bein schmerzte nach einer Weile wieder und machte sich mit einem dumpfen Pochen bemerkbar. Verdammte Goblins mit ihren dämlichen Holzknüppeln!
Den Umgang mit dem Speer musste sie deutlich intensiver üben. Er war weniger handlich wie eine Armbrust und es lies sich auch wesentlich schwerer damit das Ziel treffen, obwohl sie es an sich direkt vor sich hatte. Wahrscheinlich lag ihr das Schießen von der Ferne aber immer schon mehr. Komisch, dass sie es mit einemal nichtmehr so gut zu beherrschen schien.
Langsam wurde sie müde, die Lider schwerer. Gerade fühlte sie sich geliebt und zufrieden. Ein guter Zeitpunkt einzuschlafen. Ein guter Zeitpunkt sich nochmals in die schützend umlegten Arme zu schmiegen.


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 Betreff des Beitrags: Re: Augenblicke..
BeitragVerfasst: 2.02.09, 02:32 
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Er hasste diese Momente, in denen er spürte wie sich alles zu drehen, zu wandeln begann. Ja.. Vieles hatte sich verändert. Es kam ihm vor wie eine halbe Ewigkeit. Doch wie lange war es jetzt her? Ein Mond? Zwei? Heimisch fühlte er sich nicht etwa in seinen vier Wänden, vielmehr im vor Wärme klaffenden Raum nicht allzu weit entfernt. Dort hatte er das wonach er sich den halben Tag sehnte- seinen ruhigen Pol. Sobald er alleine war, fielen die Glieder in sich zusammen, die vielen Veränderungen zerrten unaufhörlich an seinen Synapsen. Es war schwer sich ständig zu verstellen, um bohrenden Fragen aus dem Weg zu gehen wie

Was hast du?.. und ..Stört dich das etwa?..

Verdammt, und wie ihn einiges störte. Am liebsten hätte er es den Leuten ins Gesicht gebrüllt. Einst war da jemand, den er noch besten Freund geschimpft hatte. Doch wie vermag man das jetzt bezeichnen? Ein langer Lulatsch vielleicht, der nichts besseres zu tun hatte als ihm mit seinen zweideutigen Kommentaren auf den Keks zu gehen. In diesen Momenten störte er sich nicht weiter dran, hatte er sich doch eine harte Schale zugelegt. So ist das eben, man passt sich an. Doch wäre er kein Mensch, wenn er alles außer Acht lassen könnte. Einst war da auch mal jemand, an dem er all seine Wünsche, Träume festgenagelt hatte. Komischerweise war es nicht der Verlust dieser Person, den er nicht überwinden konnte, eher das kleine Ding, was die Person unter dem Herzen trug. Tiefe Gefühle hegte er für dieses Etwas, das er nicht mal kannte. Es war schon merkwürdig wie sich alles entwickelte. Die Grenze zwischen Vergangenheit und Gegenwart wurde immer dicker gezogen. Für ihn zählt das Hier und Jetzt, er fing an zu begreifen. Viel zu oft wurden Kraftreserven für Unmut und Misstrauen verbraucht. All seine Gedanken in die Tat umzusetzen- daran tat er sich noch schwer. Aber dafür hatte er ja seinen ruhigen Pol, an den er sich unweigerlich im Dämmerzustand schmiegt.


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 Betreff des Beitrags: Re: Augenblicke..
BeitragVerfasst: 28.04.09, 02:56 
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Sie hatte das Gefühl am längeren Hebel zu sitzen.
Er sagte nichtmehr viel - Das Nötigste oder wiederholte sich wieder in seiner Entschuldigung. Er konnte nicht.. Er hatte keine Möglichkeit.. Es täte ihm leid..
Was sollte sie überhaupt mit einem Kerl, dem überraschenderweise nichts Besseres einfiel? Sich nur entschuldigte und ansonsten keinerlei wirkliche Regung zeigte, außer Bedauern und dem Anflug von Traurigkeit?
Ihr die Entscheidung überlies, was wäre wenn..
Und wie dämlich sie sich vorkam. Wartete sie doch Zyklenlang, selbst im Regen vor der Tür. Hinterlies ihm einen Brief. Erkundigte sich wo es ging nach ihm. Sie machte sich Sorgen..
Aber irgendwann gab sie es auf. Lies die Hoffnungen mit dem kommenden Schnee bedecken und schmelzen, als es wieder wärmer wurde. Sie hasste es zu warten.. Und er hatte sie lange, lange warten lassen.
Wie er in dem Sessel saß.. Das hasste sie auch. Und wie er sie ansah.. Das hasste sie auch. Was er sagte.. Das hasste sie auch. Wie er redete.. Das hasste sie auch.
Eigentlich hasste sie es in dem Moment auch ihm gegenüber zu sitzen. Und ihm zuzuhören. Und ihm zu sagen was sie dachte. Das hasste sie am Meisten. Ging es ihn doch nichtsmehr an! Wahrscheinlich freute er sich insgeheim auch noch darüber, wie sie sich fühlte.

Dann war der Keks bis auf ein paar Krümel auf dem Boden in ihrem Inneren verschwunden. Sie hörte das Geräusch eines sich bewegenden Körpers vor ihrer Tür. Ja, das hasste sie auch..Und genoss es doch irgendwie.
Er ging.


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 Betreff des Beitrags: Re: Augenblicke..
BeitragVerfasst: 12.09.10, 14:04 
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Das hatte sie nicht erwartet.. Oder vielmehr ihn.
Zunächst fielen ihr die restlichen Männer, die die Gesichter zu ihr gewandt hatten, gar nicht auf. Nur er. Er starrte sie an, die Gesichtszüge drohten vor Überraschung.. War es Überraschung? .. zu entgleisen. Und sie setzte sich. Ihre Blicke trafen sich - was er wohl dachte? Er schwieg. Sagte nichts. Das gewohnte Bild..
Dann ging er. Frische Luft? Das ich nicht lache! Er wartete mit Sicherheit draußen in der Kälte.. Auf sie. Sollte sie ihn zappeln lassen? Schließlich verabschiedete sie sich von der Männerschar in der Taverne, folgte ihm hinaus und ja. Dort stand er an die Wand gelehnt, sah zu ihr, als hätte er längst gewusst das sie nicht sitzen bleiben würde.
"Du hattest schon immer ein gutes Zeitgefühl."
"Und du eine Vorliebe, zu gehen."
Sie taxierten sich wie zwei Raubtiere die ihr Revier verteidigen wollen - abschätzend, kalt und doch nah.
Schließlich folgte sie ihm in das große, kalte Gebäude. Ungewöhnlich zugig war es hier, immer wieder von der Wärme der Räume durchbrochen, die sie passierten. Ein recht ungemütlicher Ort, wie sie fand. Den ganzen Weg durch die vielen Zimmer schlich sie ihm nach. Vorsichtig, misstrauisch setzte sie einen Fuß vor den anderen. Bei ihm war sie sich nie sicher, was er als nächstes tat und wie er reagierte.
Sie betraten das Kaminzimmer und gesellten sich beide vor das prasselnde Feuer. Die Körper standen nah, und doch fand keinerlei Berührung statt. Es lag ein Knistern in der Luft, was nicht nur von den sich züngelnden Flammen herrührte. Schweigen. Dieses furchtbare, drückende Schweigen!
Er brach es, indem er das Feuer unnötigerweise noch mehr anstachelte, dass sie vor der auftretenden Hitze zurückweichen musste und ihm einen garstigen Blick zuwarf. Und sie redeten.. Es wurde hell.. und wieder dunkel. Die Zeit verstrich und das leise Ticken der großen Standuhr im dem Zimmer, das immer fortwährende Drehen der Zeiger, wurde nicht bemerkt.
Es war befreiend, erlösend und der Nebel den sie mit ihm verband, wenn sie an ihn dachte, lichtete sich immer mehr.
Endlich begriff sie diverse Verhaltensweisen. Endlich verstand sie die wahren Hintergründe so mancher Begebenheit.. Und ging mit einem befriedigten, zufriedenen Gefühl..


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 Betreff des Beitrags: Re: Augenblicke..
BeitragVerfasst: 17.11.10, 01:44 
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Isabella Roth hatte Recht - auf ihre eigene Weise - als sie das Handeln der Bellumsdiener in Frage stellte und darauf verwies, dass jede hingerichtete Seele jemanden hinterlassen würde, der um sie trauert, ohne die Chance darauf, dass sich ihrer jemand annahm. Jemand der sah, dass hinter all dem Glauben, all den verdorbenen Gedanken, jemand stecken könnte, der es wert ist, dass man ihn auf den rechten Weg geleitet. Jemand der den Menschen dahinter erblicken würde, wenn er sich denn die Mühe machen wollte.

Zweifel. Noch vor ein paar Wochen waren sie ihm vollkommen fremd, als Nicolai mit seiner Predigt den Weg Bellums so klar und deutlich aufzeigte, dass er für den Moment keinen sehnlicheren Wunsch hegte als diesem Pfad zu folgen. Doch wusste er, dass dieses Vorhaben zum Scheitern verurteilt war. Jetzt hingegen überrollten sie ihn mit einer Kraft, der er nicht viel entgegen zu setzen hatte. Es war nicht zu leugnen, dass ihn Soranias Tod, das schleichende Gefühl versagt zu haben, in tiefe Betroffenheit stürzte, die sich im Alltag bemerkbar machte und ihn in eine tiefe Lethargie stürzte, doch wusste er, dass er mit Sevilla jemanden an seiner Seite hatte, der ihn sofort auffing wenn er drohte zu fallen. Sie war diejenige, die ihm den letzten Halt gewährte, und ihm klar und deutlich vor Augen führte, warum das Leben auf dieser Insel noch lebenswert war.

Trauer, die ihn jetzt - wo sie gegangen war - überfiel und zu Boden gerungen hatte, dass er glaubte, er würde daran zerbrechen. Nicht einmal seine eigenen Beine gewährten ihm noch festen Halt, als er notgedrungen auf die Bettkante sank und den Blick auf das leere Kinderzimmer heftete.

Es war mehr als nur ein Fehler, Felis Sevillas größten Schwachpunkt mitzuteilen, doch das wusste er selber. Im Grunde hatte sie Sevillas Leben in der Hand, und konnte damit spielen wie es ihr beliebte, auch wenn er nicht daran glaubte, dass sie es tun würde. Es war alles eine Angelegenheit, in der es ums Prinzip ging, und er wusste nur zu gut, dass er das Vertrauen, was ihm entgegen gebracht wurde, mit dieser Beichte vollkommen zerstört hatte.

Hoffnung loderte weiterhin in seinem Inneren, dass sie ihm vergeben und zurückkehren würde, auch wenn er mit dem Wissen leben musste, dass es niemals mehr so werden würde, wie es einmal war.

Doch als er den Blick nochmals durch den leeren Raum schweifen ließ, wurde auch der letzte Funken durch eine schmerzhafte Erkenntnis, die sich durch die Eingeweide fraß, und den Fragen, wo sie wohl steckte und ob sie überhaupt noch einen Gedanken an ihn verschwendete, ausgelöscht.


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 Betreff des Beitrags: Re: Augenblicke..
BeitragVerfasst: 11.08.11, 20:24 
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Immer diese ständigen Fragen..

Zum Großteil wollte sie ihnen lieber aus dem Weg gehen, waren sie doch sehr direkt und gerade heraus. Der Tonfall meist undeutbar und abgesehen von dem bohrenden Blick, der die Antworten auf dem Grund ihrer Seele zu erahnen schien, war seine gesamte Gestik eher nichtssagend.

Das machte sie wütend.. Sie hasste es in die Ecke gedrängt zu werden, keinen Ausweg in Sicht zu haben, der sie aus der unangenehmen Situation befreien könnte. Und so wand sie sich in unwohler Manier unter Fragen, die sie nicht so recht zu deuten wusste.

Natürlich hatte sie sich schonmal zu einer Person hingezogen gefühlt, nichtsahnend, ohne direkt von Liebe zu sprechen. Merkte er es nicht?
Und warum überhaupt hackte er bezüglich Körperlichem so nach? Betrafen diese Fragen sie, oder doch die andere Frau?

Es war merkwürdig für ihn etwas mit ihr zu unternehmen, wenn er nicht wusste worauf es hinauslief oder ob sie Erwartungen hatte.. Irgendwie quälten sie diese Worte. Eigentlich hatte sie keinerlei Erwartung oder Ansinnen, andererseits setzte sich nach einer Zeit des Unverfänglichen doch soetwas wie Hoffnung in ihr Tun. Aber was hatte sie denn schon Großartiges, was einem hohen Stand, Einfluss, bester Kleidung.. auch wenn es nach ihrem Geschmack oft viel zu freizügig war.. und dem mehr als weiblichem Gebaren auch nur ansatzweise vorzuziehen wäre?

Sie war weich geworden.. Früher hätte sie sich diese Fragen nicht im Geringsten gestellt und es war ihr einerlei, was jemand über sie dachte. Aber nach all der Zeit, nach dem ständigen Auf und Ab und dem immernoch nahezu unerträglichen Verlust ihrer zweiten, besseren Hälfte, war es an der Zeit Gelegenheiten beim Schopf zu packen. Jetzt, nach seinem Tod, wusste sie was es zu verlieren galt, wenn man die Zeit einfach dahin treiben lässt.

Warum eigentlich dieser Kuss?

All zu oft war er kühl, geradezu abweisend und egal wie sehr sie versuchte die Situation irgendwie aufzulockern, ihm doch mal ein Lächeln zu entreißen.. Irgendwie endete es fast jedesmal mit einem irritierten Blick seinerseits. Diese wachsende Unsicherheit wenn sie sich in seiner Nähe befand, überdeckte schon fast das eigentlich angenehme Gefühl von Geborgenheit. Jetzt, nach dem gestrigen Tag und diesen Worten die eher auf Abneigung ausgelegt schienen, kam langsam die Erkenntnis sich in etwas zu verennen. Etwas, was sie offenbar nicht gewinnen konnte.

"Wenig im rechten Augenblick kann sehr viel mehr sein als viel im ungeeigneten Moment."


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 Betreff des Beitrags: Re: Augenblicke..
BeitragVerfasst: 23.08.11, 04:48 
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"Ich möchte nicht, dass du gehst.. Bleib bei mir."

Sie hatte sich danach gesehnt diese Worte zu hören. Wie Balsam wären sie gewesen, hätten sich über die ganzen Zweifel gelegt und sie wie unter einem beruhigendes Streicheln zum Schweigen gebracht. Sie zögerte, sprach, schwieg, harrte aus, wartete, öffnete sich und war von der Hoffnung geplagt, es gäbe so etwas wie Erwiderung. Doch dem war nicht so. In keinem Moment.
Sie musste einfach gehen, bevor sie diesem Strudel wachsenden Gefühls und seiner unbewussten Anziehungskraft erlag und nichtmehr davon befreien konnte. Zumindest nicht so schnell. Es war nichtmehr an ihr, zu geben. Es musste auch etwas zurückkommen, und abgesehen von dem Gefühl einen schönen Ausflug gehabt zu haben, belief sich jenes Geben auf einseitige Weise. Liebe war das falsche Wort, wo sie es auch ohnehin mehr als selten in der Vergangenheit benutzte. Liebe war.. Man konnte es nicht umschreiben. Und dennoch war da diese Vorfreude auf ein Wiedersehen, das wohlige Kribbeln in der Magengegend, das wachsende Interesse an der Person. Immer wieder ertappte sie sich dabei, wie sie länger als nötig zu ihm sah und sich in Gedanken verlor..

Nein, sie war mehr wert, als sich solch kindhaftem Rumgedruckse und augenscheinlicher Ehrlichkeit, die jedoch nur die Unsicherheit zu verbergen versuchte, hinzugeben.

Seite 86: "Man muss durch Dornen gehen, um an Rosen zu kommen."

Wie wahr diese Worte doch waren.. Wenn sie doch nur den Hauch einer Blüte in diesem dicken Dornengeflecht erspähen könnte.
Und so schlief sie sie ein, seinen Duft in der Nase, die Nähe spürend und doch von einer steten Unruhe geplagt. Sie meinte schon das Rauschen des Meeres zu hören, das Knarzen der Schiffsplanken unter ihren Füßen.. Nur auf dem Weg in eine ungewisse Zukunft. Zurück zu ihren Wurzeln, wo längst keine mehr waren.

Ein Abschied für immer..?

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 Betreff des Beitrags: Re: Augenblicke..
BeitragVerfasst: 23.08.11, 19:39 
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Was blieb würden blasser werdende Erinnerungen sein. Freud und Leid. Lachen und Weinen. Freunde..? Vielleicht. Lana und Sesha.. Die einzige Familie, die sie noch hatte. Ihre Tochter sicher zu wissen, der mittlerweile hauptsächlich ihr Dasein galt, war auch ein wichtiger Aspekt in ihrer Entscheidung. Sie konnte nicht länger nur allein für sie da sein und gleichzeitig dafür Sorge tragen ein Dach über den Kopf und genügend Essen im Haus zu haben. Nie hatte sie es sich so schwer vorgestellt, auch nie daran gedacht überhaupt einmal Kinder zu haben und doch .. Um nichts in der Welt würde sie diese Erfahrung mehr hergeben wollen. Wenn sie Lana ansah, sah sie auch einen großen Teil von ihm. Es war beruhigend, tröstend und doch eine andauernde, schmerzliche Erinnerung. Soviel Leere hatte er dagelassen..

Sie wusste auch, dass sie ihren Weg verloren hatte. Sie war weich geworden. Aber die Gram und Scham darüber war viel geringer als die Freuden die sie dafür erlebt hatte. Ob sich das ändern würde, wenn sie zurück war in Rothenbucht? Was wohl aus ihren alten Freunden und Wegbegleitern, vor allem aus Flynn, geworden war.. Der, zu dem sie immer aufgesehen hatte und bedingungslos Folge leistete. Ihr Lehrmeister und langjähriger Weggefährte in jeglicher Lage.

Und so viele Bilder flirrten ihr in dieser Nacht durch den Kopf.

Die Felastürmer mit ihren gelben Sonnen auf den Tuniken, das Lehensbanner und der dazu gehörige strenge Ausbilder Lucius Gropp in damaliger Zeit.. Die Malthuster Armee und die dortigen vielen Erlebnisse.
Der erste Kuss.. das erste offene Gestehen von Gefühlen, die Geburt ihrer Tochter und das Besiegeln dieses Beisammenseins durch einen Bund. Emanuel..
Die oftmals schrille Erin; Ansgar, der es ebenso nicht leicht zu haben schien.. Felis, der breit grinsende David und die gestrenge Katharina. Ihr einstiger Peiniger; Arthur wie er ihr entgegen lachte. Quendan mit seiner amüsanten aber anstrengenden Art, Adalric als sein Schüler.. Berethon, der ihr trotz seiner Geizigkeit zur Seite stand. Der ständig hin und her gerissene Beak, der längst verschollene weißhaarige Siegfried und Marie Taluard, mit der sie gern noch mehr Zeit verbracht hätte.
Und zu guter Letzt Kilian - diese furchtbar dreckige Mauer..

Das alles und noch viel mehr schoss ihr in dem Augenblick durch den Kopf, als sie den Fuß auf das Schiff setzte . Ein Blick zurück? Sie wagte es nicht. Das Herz lag ihr schwer wie Blei im Brustkorb. War es das wert, zu.. putzen?

Wenn ich eines gelernt habe im Leben, dann dies:
Es gibt ihn nicht, den ›richtigen Moment‹.
Für absolut Nichts.
Niemals.
Wir halten viel zu stur daran fest, auf ihn zu warten.
Ewig, wenn es sein muß. Sogar dann, wenn es nicht sein muß.
Und wenn's ganz dumm kommt, kommt Galtor.
Und beendet die Warterei.
Ohne zu warten.


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