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 Betreff des Beitrags: Einsame Wege.
BeitragVerfasst: 30.03.11, 00:31 
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Er zog die Weste enger um sich. Für den steifen Wind, der die Kälte in Abwesenheit Felas nur umso klirrender werden ließ, war er wirklich nicht gewappnet. Vor ihrem knisterten die armseligen Reste eines Lagerfeuers, das er mit grünen Zweigen hatte entfachen wollen. Eine dünne Rauchfahne würde wohl, der Symbolik halber, aufstiegen. Doch der Wind ließ dazu keine Gelegenheit und pustete jede aus der wenigen Glut herausragende Flamme rigoros aus und die Wärme hinfort. Würde er halt mit dem Schlafsack Vorlieb nehmen müssen.

Sternenlicht keimte am Firmament auf, als mit zunehmender Zeit nach dem Untergang Felas auch tatsächliche Dunkelheit eintrat. Wie die polierten Häupter von Stecknadeln glimmten diese silbrig-weißen Punkte dort oben, in Konstellationen, die das geübte Auge inzwischen schon ohne drüber nachzudenken einfüllte. Schläfrige Müdrigkeit machte sich breit, als er die altvertrauten Freunde der Reihe nach erst betrachtete und benannte.

Ein toter Orden, aus dem kein Rückhalt zu erwarten war...
Ein Gott, dem er sich als Hohepriester so fern fühlte wie die Gestirne...
Druck von allen Seiten, Erwartungen, Drohungen, Hass, Zuneigung...


Was war nur schiefgegangen.
Er war drauf und dran gewesen, auf das Wort zu pfeifen, das er gegeben hatte. Er hatte schon einen Fuß auf dem Beiboot und konnte die Bezahlung dem Kapitän der Fähre gerade noch so entreißen. Denn er wusste, dass das Gras woanders nicht grüner war. In der Heimat würde er nur Spott ernten von seinen Ordensoberen - das 'Wunderkind', das an einem Dreckloch von einem ländlichen Orden in der fernsten Provinz gescheitert war. Ha-Ha.

Die Erkenntnis kam nur langsam und schmerzhaft - er war gefangen. Auf einer Insel, die viel zu klein war für eine wandernde Seele, ohne Aussichten für die Zukunft und ohne Möglichkeit zur Flucht vor diesem ganzen Ärger.

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 Betreff des Beitrags: Re: Einsame Wege.
BeitragVerfasst: 31.03.11, 00:22 
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Ein turbulenter Abend war es gewesen - umso angenehmer war es, im Schrein wieder ein wenig zur Ruhe kommen zu können. Die Füße auf den jeweils anderen Oberschenkeln, im Lotossitz, die Arme angenehm und locker überkreuzt - es war eine Haltung, in der er es inzwischen stundenlang aushalten konnte. Mehr als genug Zeit, die Turbulenzen des täglichen Wandels zu betrachten und abzuwägen.

Es hatte gut getan, sich einmal aussprechen zu können. Wenn er Khyra seinen Standpunkt bei der ganzen Sache hatte darlegen müssen, war ihm einiges klar geworden - manchmal klingen die Dinge ganz anders, wenn man sie nicht nur gedanklich durchgeht.

Ihm war klar geworden, dass die Quelle seines Unglücks in seinem Dienst an Ventus lag.
Wie war der Schlusssatz noch gewesen - "verdammt dazu, zu dienen"? Etwa so. Der jüngste Hohepriester seit Generationen - daheim schliefen die Ordensoberen gut in der Annahme, dass er sich der kränkelnden Ecclesia kompetent annehmen würde. Doch was war es, das zum Priester und Hohepriester machte? Das hatte Khyra gefragt. Und es war weder Reife noch moralische Festigkeit oder irgendeine besondere Tugend. Man hatte das Zeug dazu, mit dem Wind auf die ursprünglichste aller Arten zu arbeiten. Ohne Magie. Man wurde eins mit seinem Element, unwiderruflich Teil einer größeren Sache und blieb doch gleichzeitig noch ein Mensch (größtenteils) - ob man wollte oder nicht. Niemand fragte nach, niemand begleitete einen jenseits der Weihe und es gab keinen Weg zurück.
"Es ist wie Nachtschatten". Das war das Gleichnis, dessen er sich bedient hatte, um es zu erklären.
Wie die Sucht war es völlig einseitig (wahrscheinlich wusste Ventus nicht einmal von einem Hohepriester namens Lazalantin; was war schon ein einzelner Mensch?),
wie die Sucht konnte man nicht aufhören und
wie die Sucht würde es einen früher oder später zugrunde richten.

Ihm war auch klar geworden, dass er das mit den Dwarschim abhaken müsste, um wieder innere Ruhe zu finden.
Er hatte alles richtig machen wollen im Zwist zwischen den Zwergen und der Ecclesia. Er hatte niemandem ein Haar gekrümmt und war nur auf Frieden bedacht gewesen. Aber zwischen Kindern Terras und Kindern Ventus' waren verhärtete Fronten nur zu erwarten. Und was macht ein Soldat in Formation, an der Front? Voranmarschieren.
Entgegen der Vermutung Nithavelas würde er einmal demonstrieren müssen, dass Diener des Windes eben doch ein Rückgrat besitzen.


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 Betreff des Beitrags: Re: Einsame Wege.
BeitragVerfasst: 31.03.11, 23:36 
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Der Dunkelzyklus ging schnell. Der folgende Hellzyklus ebenso. Die Zeit floß nur so dahin - wie tempus doch manchmal fugit. Inmitten des Wandels während dieser verstreichenden Stunden saß der ehemals Blonde, auf dem Baumstamm am See. Ein Eichhörnchen passierte, ein Schwarm Zugvögel, denen er keine weitere Aufmerksamkeit widmete, ebenso.

Irgendwann hörten auch die Schnittwunden auf dem Kopf auf zu bluten. Zitternde Fingerspitzen tasteten nach dem Rest der ehemals so eigensinnigen Haarpracht - nun verblieben nurnoch Stoppel, unsaubere Büschel, angetrocknete Wunden von der Rasur mit Axt und Schwert. Er hatte seine Haare eigentlich gemocht. Manchmal hatte er viel zu viel Zeit vor dem Spiegel verbracht, sie gegen den Strich gekämmt und unordentlich zurechtgestutzt um den Eindruck zu wahren. Nun war es wie das ironische Echo der Tatsache, dass er erst gestern, mit guten Absichten, Liliums Haare gestutzt hatte.

Manchmal machte es keine Freude, ein Diener der Elemente zu sein.
Er hatte alles nur.. nur Richtig machen wollen. Hatte den Tempel Riens behüten wollen. Was konnte es da schon zählen, wenn er manchmal die Lehensgrenzen verletzten musste, aus denen er ausgeschlossen war? Was konnte es überhaupt zählen, wo es doch nicht sein Bann war, sondern der von Johann, den er damals als Lehrer bereitwillig übernommen hatte? Schüler sollten Fehler machen dürfen!

Er krallte die Hand in das morsche Holz des Baumstamms, spannte sich an.

Er hatte niemals einem Dwarschim ein Haar gekrümmt. Er hatte sich nicht gewährt, als Gnargor ihn niederschlug. Was konnte es schon zählen, wenn er Wortbruch begehen musste um einen Konflikt und damit Handgreiflichkeiten zu vermeiden?

Es zählte 2700 Dukaten, den Verlust seiner Haare, drei Tage am Schandpfahl Brandensteins und ein Jahr Lehensbann.

Die Galle kam ihm hoch und wurde gleich wieder von einem aufkommenden Gefühl der Traurigkeit hinfortgeschwemmt.
Alles lag in Scherben. Er hatte sich so viel Mühe gegeben, hatte alles richtig machen wollen. Und alles war ausnahmslos zerfallen.

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