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 Betreff des Beitrags: Eine Nacht in Vänskap
BeitragVerfasst: 18.07.11, 10:59 
Einsiedler
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Als die ersten Sonnenstrahlen den Boden des Schlafraums trafen, schlief Mischura noch tief und fest. Eingehüllt in ein dünnes Nachthemd lag sie zwischen all den Fellen unter einer dünnen Baumwolldecke. Ihre Werkzeugtasche hatte sie neben dem Bett auf einem Hocker abgelegt, daneben lag sorgfältig gefaltet ihre Weste, ihr Rock und ihre Hose. Viel hatte sie nicht aus Draconis mitgenommen, sie war mehr geflohen als abgereist.

Weg von all dem Trubel, weg von der Gewalt, hin zu dem beschaulichen Dorfleben, hin nach Siebenwind, um vielleicht die letzten Freunde auf diesem verfluchten Fleckchen Erde zu finden.

Die Sonnenstrahlen trafen ihr Gesicht. Erst nur ihr Kinn, dann wanderten sie langsam hinauf, kitzelten ihre braun gebrannten Lippen und wanderten dann weiter hinauf. Als sie auf die geschlossenen Augenlider trafen, kitzelten sie tief genug und holten sie zurück.

Weg von der Traumwelt, weg von Draconis, hin zur Realität. Sie blinzelte kurz, leicht verschlafen blickte sie sich im Schlafsaal um und rieb sich den Kopf. 'Autsch' kam ihr in den Kopf. Vielleicht war es doch ein wenig zuviel des Schwarzbiers gestern abend gewesen, aber es war endlich etwas positives passiert. Jemand hatte sich an sie erinnert.
Sie räkelte sich, drückte sich dann langsam in dem Bett auf und schaute sich erneut um. Alle waren bereits auf, kein Geschnarche mehr. Die Nordmänner waren schon immer ein sehr aktives Volk gewesen, aber gleichzeitig, trotz ihrer groben Art, fühlte sie sich hier wohler, als in den Sommern zuvor in Falkensee oder danach in Draconis.

Sie taumelte noch ein wenig vom Schlaf benommen an die Tür, zog sie leicht auf und blickte auf den Dorfplatz. Sie waren bereits alle auf den Beinen und schienen die kleine Galadonierin in ihrem Nachthemd nicht zu bemerken. Mit ihren nackten Füßen trat sie die Treppe hinab und berührte die durch die Nacht abgekühlte Erde. Kurz zuckte sie zusammen, dann krümmte sie ihre Zehen und vergrub sie in der kalten Erde. Sie schloss ihre Augen und vergas einen Moment das hektische Dorftreiben und atmete langsam tief ein, als wollte sie alles in sich hineinsaugen und sich nie mehr bewegen.

Es kam ihr wie eine Ewigkeit vor, doch dann öffnete sie langsam ihre Augen und bahnte sich ihren Weg zum Brunnen. Dort angekommen tauchte sie ein Tuch in das eiskalte Wasser und wusch sich ihr Gesicht. Alles mit einer Ruhe und mit äußerstem Bedacht. Als sie sich aufrichtete, spürte sie es endlich, was sie damals kurz auf Siebenwind gespürt hatte und nie in Draconis.

Ein Neuanfang. Das war es. Und diesmal ein richtiger. Sie war als Schnitzerin gekommen und hatte die Insel als meisterliche Schreinerin und Schnitzerin verlassen. Jezt war sie wieder da, zwar noch mit wenig Werkzeug, aber mit vielen Ideen und mit einer Lust, endlich sesshaft zu werden. Vielleicht sogar eine Familie. Mit einem zufriedenen Lächeln schritt sie wieder zwischen die Nordmänner hindurch gen Schlafsaal. Es gab viel zu tun... und auch viele Freundschaften, die sie wieder auffrischen wollte. Vor allem die mit Halgar...


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 Betreff des Beitrags: Eine weitere Nacht in Vänskap
BeitragVerfasst: 19.07.11, 09:28 
Einsiedler
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Kerzengerade saß sie im Bett. Sie rieb sich verschlafen die Augen und ließ den Blick durch den Schlafraum gleiten. Sie war wieder allein, scheinbar waren wieder alle wach. Was war denn gestern nur passiert? Langsam ließ sie sich wieder in das Bett sinken, vergrub ihren Kopf in dem weichen Daunenkissen, ihre Finger strichen über ihr Gesicht und langsam fand sie wieder zu sich. Verschlafen drehte sie sich herum und starrte an die Decke, mit einem Finger sich den Schlafsand aus den Augen streichend. Irgendwie war es schwerer, wieder hier zu sein, als sie dachte. Aber es war leichter, als auf dem Festland. Hier hatte sie nicht diesen Druck, diesen unermesslichen Druck, irgendetwas erfüllen zu müssen. Hier konnte sie wieder so wie früher sein...

Aber moment mal. Wie war sie eigentlich gestern noch hierhin gekommen? Sie war zur späten Stunde noch mit Ker angeln gegangen. Langsam kamen die Erinnerungen weider zurück, die sie alle wegen des traumlosen Schlafs verdrängt hatte. Er hatte einen riesigen Fisch gefangen, auch wenn er nach seiner Aussage eher klein war. In ihren Augen war es ein ungetüm gewesen, ein Monster. Und dann hatte er ihr versucht, das Angeln zu zeigen.

'Angeln gehen war eine bescheurte Idee', dachte sie sich und richtete sich gleichzeitig im Bett auf. Sie konnte nicht angeln, warum hatte sie das überhaupt vorgeschlagen? Wahrscheinlich hatte sie sich erhofft, einfach nur ruhig am Wasser zu sitzen und sich zu entspannen. Ker aber hatte losgelegt, als wollte er den ganzen Ozean leerfischen, alles was er tat war routiniert und mit Bedacht gewesen, aber gleichzeitig mit dieser nordmännischen Art, dass innerhalb kürzester Zeit bereits der erste Fisch am Land zappelte. Und dann? Er hatte ihr versucht, das Angeln beizubringen doch trotz seiner Bemühungen, war sie keine gute Schülerin gewesen, sie war zu weit weg gewesen mit ihren Gedanken, bei der Vergangenheit und irgendwann war sie scheinbar einfach eingeschlafen. Entweder hatte sie sich im Halbschlaf in den Schlafsaal geschleppt oder Ker hatte sie hierhin gebracht. Sie war sich ein wenig unsicher, strich sich durch die Haare. Eigentlich war es egal. Sie war wieder in das Bett gekommen und stand scheinbar wieder als letzte auf.

Irgendwie bekam ihr das ungute Gefühl, dass sie der Dorfgemeinschaft nur zur Last fiel, da sie die ersten Zyklen nur damit verbracht hatte, sich zu entspannen. Ker hatte gestern den ganzen Tag nur Holz gehackt und es ihr sogar zur Werkbank gebracht, aber sie hatte nichtmal ansatzweise angefangen zu arbeiten. Es war vielleicht an der Zeit, sich als nützlich in der Gemeinschaft zu erweisen. Ja, das war es.

Sie war angekommen, sie war hier, sie wurde freundlich aufgenommen. Es war an der Zeit, dies zurückzugeben. Plötzlich war da wieder dieses Gefühl, dass sie hier doch etwas erreichen konnte. Ja, das konnte sie, durchaus. Sie musste sich nur Mühe geben, die Arbeit annehmen. Und zwar nicht jede Arbeit, sie würde es entscheiden, für wen sie arbeitet. Sie hüpfte mit einem Satz aus dem Bett, kam ein wenig ins taumeln, scheinbar noch nicht ganz wach und schlüpfte dann in ihre Arbeitskleidung. Sie wickelte sich die Lederschürze um ihre Hüfte, ergriff ihre Werkzeugtasche, nahm ihren Holzkrug und verließ den Schlafsaal mit zügigen Schritten, schlängelte sich an den großen Hühnen vorbei zum Brunnen, tauchte erst den Krug hinein und anschließend ihren ganzen Kopf. Das eiskalte Wasser schoss ihr ins Gesicht und ließ jede Faser ihres Körpers erwachen. Als sie den Kopf aus dem Wasser hob zog sie ein kleines Band aus ihrer Tasche, strich mit ihrer Hand die Haare glatt, formte schließlich ihre Haare zu einem Pferdeschwanz und verknotete das Haarband darin. Den Krug mit Wasser in der Hand machte sie sich auf in Richtung Werkbank.

Dort angekommen verschaffte sie sich erst einen Überblick, es war genug Platz da. Sie erhob den Blick gen Himmel, die Sonne brannte bereits an diesem Morgen unermüdlich auf die Insel. Unter freiem Himmel arbeiten, das hatte sie in Draconis wahrlich nie gehabt. Kurz nestelte sie an einem kleinen Beutel an ihrem Gürtel und zog rasch ein Tuch hervor, was sie sich schließlich um den Kopf band, um wenigstens etwas Schutz vor der Sonne zu haben. Sie ergriff einen der Stämme und hievte ihn auf die Werkbank, die für sie eine eher unpassende Größe hatte. Dies würde noch ein Problem werden, aber nichts, was man nicht lösen könne. Kurzerhand verrückte sie eine der Kisten und stellte sich direkt auf diese. Perfekt. Sie griff nach dem Hobel, setzte an und mit einer fließenden und gleichmäßigen Bewegung trug sie die oberste Schicht der Rinde ab.

'Bis sich der nächste Dunkelzyklus nähert, werden hier schon noch ein paar Bretter liegen, wäre doch gelacht', dachte sie und setzte ihre Arbeit dann ungestört fort. Selbst das Dorftreiben um sie herum, bemerkte sie nicht. Vielleicht lag dies aber auch daran, dass das Dorf die kleine Galadonierin nicht bemerkte.


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 Betreff des Beitrags: Re: Eine Nacht in Vänskap
BeitragVerfasst: 19.07.11, 15:33 
Einsiedler
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Schon in der Frühe des Tages war Ker aus den Fellen gestiegen um sich seinem Tagewerk zu witmen. Als er später dann den Dorfplatz passiert wirft er einen Blick auf die kleine Galadonierin die sich mit den Hölzern beschäftigt, einen Moment hält er inne ehe er nach einem kurzen Nicken in ihre Richtung weiter seinen Aufgaben nachkommt.


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 Betreff des Beitrags: Eine kurze Nacht in Vänskap und ein Tag in Falkensee
BeitragVerfasst: 20.07.11, 11:02 
Einsiedler
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Heute war alles anders gewesen. Und das war auch auch gut so. Sie schlängelte sich durch das dichte Treiben des Marktplatzes in Falkensee und musterte die Auslagen. Eigentlich mochte sie die Stadt nicht. Sie war zu schmutzig und auch zu laut. Aber irgendwie hatten solche Menschenmassen auch immer wieder etwas anziehendes, das war schon immer so gewesen.

Das Angebot auf dem Markt war trostlos, eigentlich wollte sie sich ein wenig über aktuelle Preise informieren, um so eine Vorstellung zu bekommen, wie teuer sie ihre Waren verkaufen könnte, aber es waren wenig Handwerker da. Dafür umso mehr Taugenichtse, die ihren Plunder zum Verkauf stellten. Scheinbar war es auf der Insel rar an Handwerkern, gerade an Tischlern und Schnitzern. Nur wenige Stände boten wirklich nützliches an. Sie umpackte instinktiv ihren Beutel am Gürtel und tastete nach dessen Inhalt. Die kleinen Tiegel mit Cremes waren noch da. Auch wenn sie sich körperlich betätigte, so achtete sie doch peinlichst genau auf ihr Auftreten und ihr Aussehen.

Alles in allem war der Ausflug aber enttäuschend gewesen. Genaue Auskünfte über die Preislage hatte sie nirgends erhalten können, erst recht, weil kein holzverarbeitender Handwerker seinen Stand eröffnet hatte. Zwar war sie heute nicht mehr so spät aufgestanden - Immerhin war sie nicht die Letzte im Schlafsaal gewesen und hatte bereits angefangen zu arbeiten -, aber Falkensee war nicht mehr der Ort, der er früher einmal war. Ihr Blick wandte sich ab vom Marktplatz, hin zum Tempe der Viere, der die gesamte Stadt überragte und sie schlenderte weg vom Treiben und fand sich kurz danach vor den Aushängen wieder. Es sah chaotisch aus, wie immer. Keine Struktur, keine Ordnung, alles kreuz und quer. Hier würde sie wohl auch nicht fündig werden.

Ihre Augen musterten nach und nach die Aushänge. In der Tat, nichts brauchbares dabei. Genau in dem Moment, als sie sich schon abwenden wollte, erblickte sie den Aushang des Rathauses zu Falkensee. Mit zusammengekniffenen Augen las sie die Zeilen Wort für Wort.

Eigentlich blieben in ihrem Kopf nur einige Sätze hängen. Sie hätte die Chance auf einen Meistertitel. Und sie hätte die Möglichkeit einen eigenen Laden zu eröffnen und die ersten beiden Monde pachtfrei Wohnen... Ist das ihre Chance? Einen Laden? War das nicht ihr Ziel? War das nicht das, was sie sich von Draconis erhofft hatte, aber nie in Erfüllung gegangen war? Sie las die letzten Zeilen immer wieder.

'gesucht und unterstützt werden daher vom Rathaus Schmiede, Feinwerker,Schnitzer, Tischler, Alchemisten, Bildhauer, Schreiber und was sich in jene Richtung ergibt.'

Stumm stand sie einige Zeit vor dem Aushang. Konnte sie das mit sich vereinbaren? Sie mochte das Falkensee von jetzt nicht, aber sie hatte es gemocht, so wie es früher gewesen war. Gestern hatte sie noch so sehr auf diese Stadt geschimpft, heute
war sie sich nicht mehr sicher. Sie wollte eigentlich nicht mehr unter solchen Bedingungen arbeiten, aber so würde sie auch wieder Anschluss finden - und zwar nicht bei den Nordmännern, sondern in ihrem Volk. Es wäre möglich, dass sie sich hier etwas aufbaut. Und ein Haus, das würde ihr gefallen. Sie fing an sich zu erinnern, früher in Siegfrieds Haus und in dem von Ansgar. Es war inmitten dieser hektischen Stadt ein Ruheort gewesen. Sie könnte es sich selber einrichten, es ausstatten, es sich gemütlich machen. Mit der Werkstatt im Keller oder im Erdgeschoss, einer kleinen Küche und einem Bett für sich ganz allein.

Die andere Frage, die sich ihr nun stellte: Würdem an IHR auch dieses Angebot erlauben? In diesen von Männern dominierten Berufen war es ihr immer schwer gefallen, sich durchzusetzen. Vitama hatte sie zwar mit Reizen gesegnet, aber Astrael dafür nicht mit dem Wissen, eine Verhandlung zu führen. In Draconis hatte das 'eigene' Leben schon nicht funktioniert, ob es wohl hier funktionieren würde? Und was würden die Bewohner aus dem Dorf wohl sagen? Noch vor ein paar Zyklen hatte sie auf Falkensee geschimpft und allen beteuert, dass sie nur fürs Dorf arbeiten würde. Was würden sie jetzt von ihr halten? War sie typisch galadonisch?

Die Fragen in ihrem Kopf, wollten nicht aufhören, bis sie sich entschloss, einen Brief zu verfassen und ihm am Rathaus abzugeben. Vielleicht wäre das ihre Möglichkeit. Sie hatte noch genug Dukaten in der Bank hinterlegt, die sie nicht mit nach Draconis genommen hatte. Das würde erstmal als Miete reichen, sie würde den Kredit nicht brauchen, sie müsste keine Schulden machen. Sie erstand rasch einen feinen Kohlestift und eine Rolle Pergament und setzte sich an einen der Tische der Taverne und fing an, den Brief zu schreiben. Versuchen könnte sie es allemal. Wenn es nichts wird, hatte sie wenigstens alle Chancen genutzt und konnte beruhigt sein.

Ein ungutes Gefühl blieb ihr allerdings noch: Wie sollte sie das Halgar erklären? Immerhin hatte er sie so fürstlich im Dorf aufgenommen und sich um sie gekümmert. Die Fragen in ihrem Kopf rissen nicht ab. Vielleicht gab es wenigstens auf diesen Brief eine Antwort.


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 Betreff des Beitrags: Eine Nacht im Haus im Wald... oder die Sehnsucht einer Frau
BeitragVerfasst: 21.07.11, 10:25 
Einsiedler
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Sie erwachte bereits im frühen Morgengrauen. Nebel lag über den Wald, für einen Astraelmorgen war es ungewöhnlich kühl. Die Nacht war generell nicht besonders warm gewesen, irgendwann war es abgekühlt, nur das Feuer hatte für eine angenehme Wärme gesorgt und gleichfalls die wilden Kreaturen des Waldes auf Abstand gehalten. Verschlafen zog sie die Felldecke tief über ihr Gesicht und suchte unter eben diesem die Wärme, die sie ab und zu diese Nacht vermisst hatte. Andererseits war es auch angenehm gewesen, einmal nicht im Dorf zu schlafen. Ihre Mutter hatte immer gesagt: 'Zu hause fühlst du dich nur dort, wo du dein Herz lässt', in gewisser Weise stimmte das. Es war nicht einfach, Vänskap ihr zu Hause zu nennen, könnte Falkensee ihr zu Hause werden?

Das Gesicht unter der Felldecke vergraben ließ sie den gestrigen Tag Revue passieren. Die Idee, mit dem Laden gefiel ihr. Aber Falkensee hatte sich verändert, das gefiel ihr nicht. Nachdem sie sich nach dem Ausflug ins Dorf hingelegt hatte, hatte ein Bote in der Zwischenzeit ihr einen Brief gebracht. Leider hatte sie ihn erst zu den späteren Zyklen erhalten, sodass sie den ausgemachten Termin nicht einhalten konnte und auch keine Möglichkeit für eine Absage hatte. Generell war es ihr unangeneh, sie hoffte aber, dass dies kein Hindernis für weitere Gespräche war.

Dennoch hatte sie Falkensee erneut aufgesuchen. Und es war scheußlich gewesen. Wo war die Garde? Wo waren die Wachen? Scherrte es keinen mehr, dass scheinbare Magier ihre Späße auf dem Marktplatz trieben? Sie erinnerte sich noch, wie sie der Frau geholfen hatte, die völlig perplex auf einmal nicht mehr hinter ihrem Stand, sondern sich plötzlich neben dem Brunnen wiederfand. Wie die Schergen ihr Unwesen weitertrieben und ein weiteres verhextes Spiel mit dem Zwerg spielten. Einerseits fasziniert, andererseits voller Angst hatte sie dem Treiben zugesehen. War dies das Falkensee, wo sie hin ziehen wollte? Eigentlich nicht. Eigentlich war das ganz und gar nicht das, was sie sich unter einer Stadt vorgestellt hatte. Die Präsenz der Garde auf dem Marktplatz erschien ihr vollkommen ungenügend, aber scheinbar hatte sich nach dem Dunkeltief so einiges auf der Insel verändert. Vieles davon verstand sie nicht, sie würde es gerne verstehen, aber viele Antworten auf ihre vielen Fragen würden ihr für immer verschlossen bleiben.

Dennoch... es gab auch positives zu berichten, aber eigentlich nur aus dem Dorf. Sie hatte nun endlich wieder ein Pferd. Sie steckte ihren Kopf unter den Fellen hervor und schaute zu ihm rüber. Er stand dort immer noch, den Blick auf sie gerichtet. Zumindest würde sie jetzt nicht mehr ewig unterwegs sein... und ab und zu hätte sie wenigstens einen stillen Zuhörer, der keine Kritik an ihr üben würde. Die Tatsache, einen Bogen verkauft zu haben, stimmte sie nur bedingt glücklich. Sie wusste nicht, ob der Preis angebracht war, denn trotz ihrer Begabungen, was die Herstellung anging, war sie dennoch keine gute Händlerin. Eigentlich bräuchte sie jemand faires an ihrer Seite, der sich darum kümmern könnte. Der alles verwaltete und einen Überblick über Kosten und Einnahmen hätte.

Ihr Herz pochte allmählich schneller, als sie dann an den Ausklang des Abends dachte, an die Stunden, die sie nicht alleine verbracht hatte. Sie vermisste Siegfried ungeheur, gerne würde sie wieder mit ihm reden, mit ihm scherzen. Auch vermisste sie, von ihm bekocht zu werden. Und sein weißes Haar, was ihm trotz seines jungen Alters eine Reife gegeben hatte. Wie sie hörte, war er wohl abgereist. Sein Haus stand, soweit sie es beurteilen konnte, komplett leer. Die Sehnsucht quälte sie. Ja, sie hatte viele Liebschaften auf der Insel gehabt, sehr viele sogar. Vielleicht hatte sie sich damit ihren Ruf und ihr Ansehen zerstört. Aber sollte es so nicht für eine junge Frau sein? Das Leben genießen? Ausprobieren, was das Leben einem bereit hält? Wenige von den Liebschaften berührten wirklich ihr Herz, nur ein paar hatten es geschafft. Und mit jedem von diesen hatte sie eine kurze Beziehung gehabt, die dann an ihrer Unreife scheiterte. Eigentlich waren die Männer in solchen Sachen immer unreif, aber wenn sie all die Zeit von früher Revue passieren ließ, erkante sie, dass sie viele Fehler gemacht hatte, mit jedem. Vielleicht wäre sie schon viel viel weiter mit ihrem Leben, als sie es jetzt war. Sie wünschte sich ein ruhiges, geregeltes Leben. Fernab von dem Trubel, mit einem liebevollen Mann, der sie beim Einschlafen festhielt.

Eigentlich war es so wenig, was sie vom Leben wollte. Andererseits, bedeutete ihr es ziemlich viel. Sie hatte in Draconis mehrere Bündnisse der Ehe gesehen, wie die Frauen in ihrem weißen Kleid standen und wie voller Stolz die Männer zu ihnen traten. Das wünschte sie sich auch und sie wünschte sich dies auf Siebenwind, das war ihr inzwischen klar. Aber wo würde sie jemanden treffen, dem sie gefiel und der ihr gefiel? In Falkensee? In dieser Stadt voller Halunken? Beim Verkauf eines Bogens oder eines Schrankes? Ein Gefühl der Einsamkeit machte sich in ihr breit. Sie war müde von dieser Suche.

Mit zerzausten Haaren richtete sie sich dann auf, den Oberkörper eingewickelt in das Fell. Wo würde sie bald stehen? Könnte sie eine Familie gründen? Ein einfaches aber gutes Leben führen? Sie hasste es, Selbstzweifel zu haben. Warum konnte sie nicht aufhören, so viel nachzudenken? Schon ihr Vater, auch wenn sie ihn inzwischen verabscheute, hatte ihr oft vorgeworfen, dass sie für eine Frau viel zu viel nachdachte. Hatte der alte Mann letztendlich doch Recht gehabt? Würde ihr dei viele Denkerei noch zum Verhängnis? Sie schaffte es nicht, den Kreis des Nachdenkens zu durchbrechen. Noch während sie zusammenpackte, überkam sie dieses einsame Gefühl und ließ sie nicht mehr los. Erst als sie am Pferd stand und ihm über die Nase strich, wurde ihr klar, dass all das Nachdenken nicht helfen würde. So würde sie bestimmt nicht glücklich werden, wenn sie alles hinterfragte. Glück würde sie nur finden, wenn sie es zuließ. Mit einer nicht vollkommen überzeugten Zuversicht ritt sie dann gen Falkensee. Mal schauen, was das Leben für sie breit hielt.


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 Betreff des Beitrags: Keine Nacht in Vänskap - Seeberg - Eine Nacht in der Kapelle
BeitragVerfasst: 4.08.11, 13:44 
Einsiedler
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Sie lag still auf dem Bett im öffentlichen Schlafsaal. Die Nacht war bald vorbei, aber sie hatte ihre Augen nicht einmal schliessen können. Dieser Schlafsaal, war einfach fürchterlich. Die Decke hatte sie hochgezogen, direkt unter ihr Kinn. Es war unglaublich schwül und stickig in diesem Raum, aber sie fühlte sich unwohl. In diesem Schlafsaal lagen keine Edelmänner, hier lag das gemeine Fußvolk, nur auf den eigenen Vorteil bedacht. Falkensee war einfach nicht mehr das, was es einmal war.

Das inzwischen warme Metall der Miniaturarmbrust schmiegte sich an ihren nackten Oberschenkel. Ein beruhigendes, zugleich aber auch beängstigendes Gefühl. In Vänskap hatte sie nie mit einer Waffe schlafen müssen, hier schaffte sie es selbst nicht mit der Waffe am Körper einzuschlafen. Natürlich, sie konnte diese Waffen bauen, sie konnte Armbrüste und Bögen herstellen, sie waren von unglaublicher Präzision und tödlich, so hörte sie es immer von ihren Kunden. Aber ein solches Ding selber benutzen? Das war ihr eigentlich nie in den Sinn gekommen. Früher hatte sie nie eine Nacht im öffentlichen Schlafsaal schlafen müssen, sie wurde immer von irgendeinem freundlich aufgenommen, meistens übernachtete sie bei ihren damaligen Freunden.

Die Gedanken an früher schmerzten sie. Warum war sie nur weg von Siebenwind? Dann hätte sie jetzt ein geregeltes Leben gehabt. So war alles durcheinander geraten. Aber jetzt hieß es nach vorne schauen, alles, auch diese Nortraven hinter sich zu lassen. All diese Worte, die sie von Halgar gehört hatten, schmerzten nur noch mehr. Warum war sie nie ... mehr für all diese Männer gewesen? Warum wurde sie immer nur reduziert auf ein Minimum? Warum hatte niemals einer versucht, um sie zu kämpfen? Als sie vor ein paar Sommerläufen schwanger war, tat sie alles, um das Kind zu verlieren, aus Verzweiflung. Sie war doch noch jung, sie wusste es nicht besser. Wie hätte sie ein solches Kind aufziehen können? Sie hatte nie 100%ig Fuß gefasst, sie hatte gehofft, dass irgendwann jemand sie in seine starken Arme zieht und nie wieder los lässt. Stattdessen hatte sie sich damals einsamer als zuvor gefühlt und als sie das Kind verloren hatte, sagten sie alle nur:

"Sei doch froh, du wolltest es eh nicht..."

War das so? Wollte sie das Kind damals nicht? Eigentlich hatte sie gehofft, dass einer ihrer Verehrer um sie gekämpft hatte, um sie und das Kind. Getan hatte dies keiner. Bei Vitama, sie konnte damals nichtmal den Vater richtig zuordnen. Sie hatte sich wahrlich nicht... sehr klug verhalten. Aber sie hatte alles probieren wollen, auf der Suche nach dem Glück, von dem sie immer in den Geschichten gehört hatte, das Glück, was eine junge Frau finden würde. Und nun? Sie näherte sich der 30 Sommerläufe immer schneller, es war einfach unglaublich unbefriedigend. Wäre sie ab und zu nur ein bisschen reifer gewesen, wäre sie jetzt schon längst glücklich.

"Mmmm... koam meene Kleene, da hinten steht'n Bettchen füa un zwo". Sie schreckte aus ihren Gedanken auf, verfolgte wie ein Mann mit einer jungen Frau im Arm torkelnd zu einem der Betten auf der gegenüberliegenden Seite schlenderte und sich dort nieder ließ. Leises kichern, gefolgt von einem wohligen Stöhnen...

Das ertrug sie nicht mehr, vollkommen übermüdet von diesen schlaflosen Nächten stolperte sie aus ihrem Bett, griff sich den Sattel von Morgentau und ihren Beutel, um schließlich hinauszueilen, in die noch immer warme Astraelnacht. Als sie, gekleidet in dem endophalischen Gewand, den Stall erreichte, lehnte sie sich sehnsüchtig an Morgentau, ihr Pferd an. Kurz hob es den Kopf, musterte seine Herrin und senkte dann wieder den Kopf.

Wo sollte sie noch hin? Wie lange würde das mit dem Haus hier in Falkensee noch dauern? Und was hatte man in Radak gesagt: Falkensee war für die Ganoven ein gefundenes Fressen. Die Raubzüge durch die Geschäfte schienen sich zu lohnen. Sie schluckte erneut schwer. War sie hier wirklich sicher? Völlig verzweifelt sattelte sie ihr Pferd und zog sich hinauf. Noch in völliger Dunkelheit warf sie sich ein Kopftuch um und verließ Falkensee, hinaus in die dunkle Nacht. Nur die kleinen Laternen am Straßenrand zeigten ihr den Weg. Sie ritt schnell, sie wusste aber nicht wohin.

Völlig erschöpft krallte sie sich in die Mähne ihres Pferdes, den Kopf auf dessen Nacken ablegend. Es war einfach viel zu viel passiert. Der Bruch mit Halgar, die Einsamkeit, die ... eigenen Gedanken. Sie suchte ihr Glück auf dieser Insel, nur wo sollte sie dies finden? Vollkommen unbewusst trabte Morgentau weiter, ehe sie von weitem das Tor zu Seeberg sah. Die Soldaten an der Pforte, hell erleuchtet der Eingang. Diese... Feste hatte etwas überdimensionales an sich. Etwas erdrückendes, aber auch etwas beruhigendes. Müde rutschte sie von Morgentaus rücken, verknotete sorgfältig die Zügel und wandt sich dann herum. Die Müdigkeit griff nach ihr und verdrängte dabei die Angst aus ihren Knochen. Eher unbewusst betrat sie Bellums Kapelle. Sie war schlicht, auf dem Altar lag das Schwert. Es war still, zwei Kerzen flackerten neben dem Altar. Völlig erschöpft setzte sie sich auf eine der kalten Marmorbänke, zog dann aus ihrem Beutel zu ihren Füßen einen dünnen Mantel hervor, legte sich diesen um und blickte vor zum Altar. Dann fielen ihr schließlich die Augen zu, ihr Körper sackte langsam zur Seite und eh sie sich versah, hatte sie es sich, so gut es auf einer Marmorbank ging, bequem gemacht. Zusammengekauert schlief sie dort ein, mit einem seltsamen Gefühl der Ruhe, den nur ein solcher Ort ausstrahlen konnte.


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