Müde strich sich Elodia über das Haar. Jeder hatte seinen Zerreißpunkt. Sie war sich unsicher ob sie an ihrem angekommen oder ihn bereits überschritten hatte.
Ihre gegenüber, ein Mann und eine Frau, sein Gesicht war ihr bekannt aber sie konnte es nicht zuordnen, sie, ja, sie kannte sie, glaubte sie zumindest mal. Die beiden waren drauf und dran ihr den Hals um zu drehen. Naja vielleicht auch nur er. Nein nicht vielleicht. Wie auch immer es war ihr so egal. Sie war müde, endlos müde.
Noch immer hallten die Worte, die sie Benion gesagt hatte in ihrem Kopf nach. "Die Schlacht um Siebenwind mögen wir gewinnen. Oder auch nicht, das ist ohne Belang. Aber den Krieg um unsere Seelen haben wir verloren."
Unwillkürlich hatten ihre Lippen diese Worte nachgeformt. Es paßte mehr oder weniger in das mittlerweile versteifte Gespräch. Mehr oder weniger. Die beiden hatten genickt und ihre Zustimmung bekundet. Sie hatte kaum hingehört. "Armer Benion" durchfuhr es sie wie so oft in den letzten Zyklen. Vielleicht würde er zwar nicht verstehen was sie getan hatte aber vielleicht half es ihm seinen eigenen Widerspruch auf zu lösen. Vielleicht ließ es ihn auch nur noch tiefer stürzen. Sie wußte es nicht. Sie war froh, ihn wenigstens vor den weiteren Paradoxa und Widersprüchen bewahrt zu haben, die sie beschäftigten, diese hätten ihm das Genick gebrochen. So viel war schief gelaufen.
Eigentlich hatte sie vor gehabt, noch mal Kraft zu schöpfen, aber auch wenn sie sich dies nicht eingestehen wollte, der letzte Tag hatte sie ziemlich ausgelaugt. Sie wußte nicht ob das, was sie tat, richtig war. Sie wußte nicht, ob es falsch war. Sie hatte das Gefühl, mehr zu wissen als jemals zuvor und doch weniger als jeder andere.
Sie reckte den Kopf zum Himmel und lachte. Lachend ging die Welt zugrunde. Sie war nicht die Prophetin des Untergangs, sie spielte lediglich die Musik dazu, zum Klirren der Schwerter und dem Surren des Bolzen, den der Schütze auf dem Turm ihr nachgeschossen hatte in die Dunkelheit hinaus. Daneben. Pech gehabt.
Nun war sie also hier. Sie war gespannt wie schnell sich das herumsprechen würde. Sie dachte an Benion, Agranor, Goldfeder, Laurec... und an Tanja. Achselzuckend wandte sie sich zur Tür des kleinen Zimmers in das sie sich zum Nachdenken zurück gezogen hatte. Sie erwarteten eine Entscheidung. Eine Entscheidung die sie ihnen aufgezwungen hatte. Warum eigentlich? Sie hatten ihre Schwächen und sie war es gewohnt, Menschen zu kontrollieren. Ängste, Hoffnungen, Schwächen, bloße Karten in einem Spiel das sie spielte und doch war sie zu leichtsinnig, sie wollte nicht bloß zusehen, sie wollte mitspielen. Nun lagen alle Karten offen. Ihr Zug. Der letzte, so viel stand fest. Es war Zeit, alles auf eine Karte zu setzen. Sie alle hatten eh nichts mehr zu verlieren. Alles was sie hatten hatten sie schon verspielt.
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