*Ein über sechs Seiten gehender Bericht in der Chronik Bellums, niedergeschrieben in kleiner, ordentlicher und gut lesbarer Schrift, nur die Überschrift verschnörkelt und mit Kalligraphien verziert..*
Von der Legende des Fackelzuges :
Wenn die Finsternis kommt, entzündet eyn Licht, nähret es durch euren Glauben, und sehet – Die Viere sind mit Euch. ( Psalm 29 der Abendgebete des Novicen Rias Cyrenae )
Angst und Schrecken hatten sich wie eyn Leichentuch über die Grenzfeest gelegt, die Stadt nahe des Steynernen Walles, deren Bürgerinnen und Bürger bekannt waren für ihren Glauben, für ihren Mut und ihre Tapferkeit in eyne bleyern wirkende Stille tauchend. Doch nun nahte das Dunkeltief. Nur wenige Tage waren vergangen, seit eyne Abordnung von gut eynem Dutzend Reitern in schwarzen Rüsten, sitzend auf untoten Rössern mit dunkelblauem, fast schwarzem Fell vor dem Steynernen Torwall erschienen war. Umgeben von eynem unsichtbaren Schutz, der es den Schützen auf dem Wall unmöglich machte, sie mit ihren Langbögen niederzustrecken, saßen sie da für Stunden, schweigend, selbst ihre Rösser völlig reglos. Dann jedoch ritt eyner von ihnen wenige Schritt nach vorne und erhob seyne Stimme. Er sagte, was er zu sagen hatte - Und ritt anschließend gemeinsam mit den seynen zurück in die Schatten der Lande von Ma’ahn, ohne sich umzublicken. Wenige Momente später durchbrachen die ersten Lichtstrahlen die Dunkelheit am Firmament und tauchten den Wall in blasses Licht, dass keynerlei Wärme in den furchtsamen Herzen der Torwächter entfachen konnte. Seyne Worte waren:
„Das Dunkeltief naht, Verdammte, und niemals werden eure Goetter Euch zur Seite stehen, wenn in diesen Tagen die Geister und Schatten jener über Euch kommen, die ihr Einst so feige im Namen eurer Götzen habt gemeuchelt. Wisset, dass es die Gnade des Gottkönigs ist, um die ihr flehen werdet, doch nur wenige von Euch werden Vergebung finden in seynen Augen, Unwürdige !“
Drey Tage waren vergangen und Jedermann in der Stadt wusste um die Worte des schwarzen Reiters, wusste um ihre finstere Bedeutung und verbarg seyne Furcht nur schwerlich. Messen wurden gehalten von den drei in der Stadt ansässigen Orden, doch selbst die Nähe zu den heiligen Vieren barg nur leidlich Trost für die gepeynigten Seelen der Gläubigen. Immer weiter fraß sich die Furcht in das Innere der Menschen Grenzfeests, je näher das Dunkeltief kam. Doch das Stadtleben durfte nicht zum Erliegen kommen und so fanden Markttage statt, wurden Turniere ausgerichtet und besonders die Tavernen und Hurenhäuser der Stadt machten Gewinne wie selten zuvor, gleichwohl über Allem und Jedem der unheilvolle Schatten des Kommenden zu hängen schien und jegliche Freude aus den Augen der Menschen bannte.
*Eine Zeichnung hier eingefügt von einer in Dunkelheit getauchten Stadt, das Gesicht einer elfenhaft schönen Frau, groß über den Wolken, auf die Stadt herab blickend mit von Kummer gezeichneten Zügen - eine eigentümlich bedrückende Stimmung von dem Bild ausgehend..*
Am Tage des Dunkeltiefes, als die Sonne des Morgens nicht aufging und nur weyter die Finsternis der Nacht in den Straßen der Stadt herrschte wurden auch die Orden von Unrast gepackt und begannen, allerlei Kerzen an das gläubige Volk zu verteilen, Ratschläge zu geben und auf Marktplätzen, auf Turnierplätzen und selbst in Hurenhäusern zu predigen, denn kaum eyner traute sich mehr hinaus auf die Straße und die Kapellen, die Ordenshäuser und Schreyne waren voll von furchtsamem Volke.
„Verzaget nicht, Gläubige, denn die heiligen Viere sind mit uns, immer - Selbst in diesen dunklen Stunden..“
Voller Zuversicht die helle Stimme eyner Geweihten der lieblichen Mutter durch die Totenstille der Kapelle schallend, die Räume in den flackernden Scheyn unzähliger Kerzen und Fackeln getaucht die in regelmäßigen Abständen durch eynige wenige Novicen ersetzt wurden um der Dunkelheit keynen Platz eynzuräumen in dieser heilgen Stätte. Und doch..
In eynem Ordenshaus nahe des südlichen Tores der Stadt war es schließlich eyn Novice, der seyne Stimme erhob und zu den Ordensbrüdern und –Schwestern sprach:
„Lasset uns nicht hier verweilen, Brüder und Schwestern ! Lasset uns eyn Vorbild seyn für die Gläubigen, lasset uns den Glauben in die Straßen hinaus tragen, das Licht der heiligen Viere sei unser Schild wider die Geister und Schatten, die uns das Fürchten lehren wollen !“
Und so zog eyne Gruppe von vier x vier Dienern aus, Schwertkämpfern und Priestern gleichermaßen, doch nicht Gerüstet mit Schwert und Schild - Sondern Fackeln in ihren Händen haltend. Die furchtsam aus ihren Fenstern und Türen schauenden Gesichter der Menschen erhellendt, als der Fackelzug durch die Straßen zog. Und siehe, eyn Lächeln..
Um Punkt Mitternacht war es, als die Finsternis ihren Zenith erreichte, die Stadt in eyne Dunkelheit tauchend, die es den Menschen schwer machte, die Hand vor Augen zu schauen. Und um Punkt Mitternacht war es, als die Geister und Schatten kamen, aus dem Nichts durch die sorgsam verschlossenen Tore dringend und durch die Straßen ziehend, um mit ihrem Geheule, ihrem Gewimmer und ihrem grässlichen Lachen die Herzen der Menschen mit Furcht zu erfüllen, wo immer sie waren. Manche wenige, so heißt es, starben in jener Nacht, nicht durch eyn Schwert in ihrem Leib sondern durch das Gift der Angst in ihren Herzen.
*Wieder eine Zeichnung, wohl von der selben Hand, diesmal eine Gasse gezeichnet, einige Männer in eisernen Rüstungen, allesamt gewandet in das Ornat ihres Ordens, mit Fackeln in ihren Händen und Feuer in ihren Augen..*
Doch die Stimmen derer des Fackelzuges vertrieben die Geister, denn nur eyn Narr vermochte wahrhaft dem Irrglauben zu verfallen, dass die heiligen Viere in dieser Dunkelheit fern währen ihren Kindern. Und so sprach der Novice, der den Fackelzug führte:
„Nähret die Flammen, nähret das Licht mit dem Feuer eures Glaubens, Menschen Grenzfeests und seid ohne Furcht – Denn die Viere sind mit uns !“
Und die Geister wichen, die Schatten verflossen im Lichte der Fackeln. Der Legende nach war dies der Erste der Fackelzüge, eyner Tradition die sich über die Jahre hinweg in ganz Galadon-Heredon ausbreitete und den Menschen so die Furcht vor dem alljährlichen Dunkeltief nahm, um sie näher zu den heiligen Vieren zu führen.
Jener Novice, so heißt es, wurde noch in der Nacht des Dunkeltiefes geweiht mit dem Segen der Goetter und machte in späteren Jahren den Brüdern und Schwestern seynes Ordens alle Ehre. Andere sagen, ihm währe in späteren Jahren die hohe Weihe zuteil geworden und er währe eyn Bruder des Ordens vom ewigen Lichte geworden, der Leibgarde seyner Heiligkeit des Erzpraetors zu Draconis. Seyn Name jedoch ging verloren in der Legende..
- Legenden & Mythen um Grenzfeest, Band II der Bibliothek zu Draconis - Aus den Aufzeichnungen der Geweihten Laranielle Serena des Ordo Vitamae zu Grenzfeest - Niedergeschrieben von Novice Seraph Callianne im Jahre 11 nach Hilgorad - Kopiert im Auftrage seiner Hochwürden Tyrone für die Chronik Bellums
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