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 Betreff des Beitrags: Tabula Rasa - EKSTASE
BeitragVerfasst: 15.08.07, 20:35 
Einsiedler
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E K S T A S E

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1
„Schneckchen, die wackeln ja wie Grossmutters Pudding!“
„Quint, ich will dass du die zwei wieder nimmst, das männliche Ding fällt mir beinahe in den Ausschnitt“, Ina hängt die Kordel an welcher die beiden Schrumpfköpfe befestigt sind dem schwer schleppenden und mit Taschen und Gepäck überladenen Apotheker über die noch freien Schultern, „weshalb nehmen wir diese stinkenden Köpfe überhaupt mit? Sind sie doch nichts weiter denn eine Kugel aus Staub.“
„Eh Schnepfe, ich will dir jetzt mal zwei Dinge sagen“, Trine kläfft in ihre Richtung und reisst dabei bedrohlich den zahnlosen, dunklen Mund auf, „erstens, Finger weg von meinem Lutz. Er ist vielleicht nicht mehr der Frischeste und sein Verstand rinnt ihm aus den Ohren wie bei anderen Leuten der Schmalz, aber er ist mir. Das alleine zählt. Also Fingerchen weg oder Fingerchen ab. Schnapp schnapp!“ Der schrumpelige Schrumpfkopf schnappt ins Leere und dabei versehentlich in Quints Brust. Dieser presst wortlos die Lippen aufeinander und schleift die Bagage weiter voran. „Und zweitens, meint ihr wir beide hätten nichts besseres zu tun als mit euch Beinträgern durch die Lande zu ziehen?“

Henry schlendert gemächlich voraus, scheint von dem ganzen Trubel, den Keifereien im Hintergrund nichts weiter mitzukriegen. Weit liegt Ignes bereits hinter ihnen und die Luft füllt sich langsam doch stetig mit dem salzigen Duft des Meeres. Einzelne Möven kreisen monoton nach Nahrung schreiend über das saftig-grüne Land. In all diese Idylle, dieser aus einem kitschigen Bild entronnenen Landschaftsmalerei, schreit Quint, am Ende seiner Kräfte und einer Stimme, die seine gerissenen Nerven nur allzu sehr Ausdruck verleiht: „Die Köpfe sind dabei, weil sie sich in den Südlanden auskennen und jetzt HALTET EURE KLAPPE!“ Er lässt die malträtierenden Taschen auf den staubigen Feldweg fallen.

Henry dreht auf dem Absatz um und starrt den Apotheker mit einem zweideutigen Lächeln an, ehe dieser ob des Blickes leise hinzufügt: „…bitte.“


Zuletzt geändert von Mr. I: 18.08.07, 15:09, insgesamt 1-mal geändert.

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BeitragVerfasst: 17.08.07, 19:51 
Einsiedler
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“Hast du es schon gehört? Die sind jetzt zusammen.” Leicht nickt das blonde Mädchen in Richtung von Ina und Henry, während die Schwarzhaarige eifrig nickt. Überall auf dem Schulhof gab es seit zwei Tagen nur ein und das selbe Gesprächsthema, allerdings immer nur hinter vorgehaltener Hand und vorsichtig. Man wusste ja schließlich nicht, was passieren könnte, wenn die Beiden es mitbekamen. Man erinnere sich nur an Fernando!

Ina lächelte Henry an und strich ihm wie selbstverständlich eine Haarsträhne aus dem Gesicht zurück. “Und was machen wir heute nach der Schule? Schon eine Idee?” “Eigentlich haben wir ja bereits jetzt zu viel auf, als das wir da große Sprünge machen könnten.” Ina blickte eine Weile lang fast unschlüssig über den Schulhof, als ihr Blick auf Quint fiel. “Ich bin dafür, dass wir Kuchen essen und dann spazieren gehen. Quint wird die Aufgaben schon für uns erledigen.” Worauf hin sie auch schon, ohne eine Reaktion von Henry abzuwarten, auf Quint zusteuerte. “Storchenhals! Du hast heute sicherlich nichts vor, nicht wahr?! Wie immer eben und ich weiß, dass du dich darüber freuen wirst mir einen Gefallen zu tun.” Ina sah Quint mit einem zuckersüßen Lächeln an und blinzelte ein paar mal liebmädchenhaft. Man konnte die Gedankengänge von Quint gerade zu an seinem Gesichtsausdruck ablesen. Erst war er überrascht, dass man ihn überhaupt ansprach, dann noch verwunderter über die Nettigkeit welche in der Stimmlage von ihr lag und schließlich wurde er misstrauisch. “W... w... Was gibt es d.. d..denn?” Das Lächeln von Ina wurde noch hingebungsvoller, fast schon so, dass man sagen könnte, so ein Lächeln konnte nur eine völlig unschuldige vierzehnjährige hinbekommen. “Du möchtest sicherlich meine und Henrys Hausaufgaben machen, weißt du, wir haben heute einfach zu viel zu tun um sie fertig zu bekommen.” Bei Henrys Erwähnung entgleisten ihm erst die Gesichtszüge, dann blickte er über den Schulhof zu Henry hinüber und seufzte leise aus. Quint machte es sich seit zwei Tagen wirklich nicht leicht. Er hatte immer gewusst, dass er keine Chancen bei Ina haben würde, aber dennoch hielt er an der Idee fest, bis vorgestern. In den Morgenstunden, noch vor der Schule, hatte er auf dem Schulhof das Gerücht vernommen gehabt, dass Henry Ina an ihrem Geburtstag gestanden hatte, dass er sie sehr mochte, mehr als das was alle eh schon wussten. Irgendetwas war in dem Moment in ihm zerbrochen. Jeden Tag, seit dem Ina und Henry in die Klasse gekommen waren, hatte er sich ihr annähern wollen, doch er hatte sie nie getraut. Sie war einfach zu schön um sie einfach anzusprechen. Er war schon froh gewesen, wenn sie wieder einmal etwas von ihm wollte, schließlich gab es dann immer die Möglichkeit, dass sie vielleicht doch einmal hinter seine schüchterne Fassade blickte und seine Liebe zu ihr erkannte, aber nichts der gleichen war je geschehen und nun auch noch das. Als Ina in unsanft aus seinen Gedanken riss in dem sie ihn schubste, nickte er rasch einige Male. “S... s... sicher. Mach d... d... dir k... k... keine Gedanken. I... i... ich mach d... d... das schon.” Ina tätschelte ihm die rechte Wange. “Danke, du weißt ja. Wir brauchen die Sachen morgen vor der Schule.” Quint nickte nur einige Male, gerade zu ergeben dabei wirkend, dann drehte sich Ina schon wieder ab und ließ ihn zurück.

So kam es schließlich, dass Ina und Henry nach der Schule zusammen in der Stadt unterwegs waren und Quint in dem kleinen, düsteren und erdrückenden Zimmer, welches er als seine vier Wände bezeichnete, über einem Stapel Bücher brütete, aber für sie würde er einfach alles machen, dazu brauchte es nicht einmal einen neuen Einschüchterungsversuch von Henry. Ina brauchte ihn nur ansehen und schon schmolz er dahin. Er musste sich eingestehen, dass sie vielleicht die Liebe seines Lebens war, auch wenn es fast schon unsinnig war das zu behaupten in seinem Alter, aber irgendwie, auf seltsame Art und Weise wusste Quint schon jetzt, dass da nie wieder ein Mädchen und später eine Frau sein würde, die ihn je wieder so faszinieren würde wie es Ina tat. Quint hob den Blick an und sah aus dem kleinen Nischenfenster hinaus in den Garten in dem die Rosenbüsche blühten. Genauso wie diese Rosen war Ina, wunderschön anzusehen, Dornen, welche einen verletzen konnten und so fern, dass man sie nicht einmal berühren konnte. “Schlag s... s... sie d... d... dir aus dem K... K... Kopf!” Mit einem tiefen, aufgebenden Seufzen beugte er sich wieder über die Bücher und begann damit die Hausaufgaben gleich in dreifacher Ausfertigung zu schreiben.


Zuletzt geändert von Mrs. I: 17.08.07, 20:33, insgesamt 1-mal geändert.

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BeitragVerfasst: 18.08.07, 15:03 
Einsiedler
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2
von Ignes nach Titanfels

Mit geübten Griffen löst seine Hand die Kordel auf dem Rückteil ihres Kleides. Für einen kurzen Moment nur schnürt sich ihr dabei die angespannte, erregte Atmung ab, ehe der erleichternde Strom kühler, frischer Abendluft die Lungen flutet. „Schön wie am ersten aller Tage.“

Sie hatten ihre Rast vor kurzem nur wenige Marschstunden entfernt von Titanfels aufgeschlagen. Das chaotische Treiben, die funkenden Blitze und der grollende Donner aus den Gassen Ignes’ verschallten und verrauchten schon lange am fernen Horizont und die Nacht schleicht über die ausgedehnte Hügellandschaft Wallenburgs. Mit ihr die einlullende, Sicherheit spendende Dunkelheit.

Geräuschlos gleitet ihr langes Kleid über ihre wohlgeformten Rundungen in das weiche empfangende Gras. Die letzten Licht spendenden Gluten des kleinen Feuerchens schicken schleichende Schatten über ihren weissen Unterrock, dessen hauchdünne Verarbeitung die darunter verborgene Haut durchschimmern lässt. Henry fasst an seinen Gürtel, öffnet mit zwei Fingern die silberne Schnalle in Form eines Löwenkopfes und zieht den ledernen Einband langsam, genüsslich aus den tunnelartigen Schlaufen seiner säuberlichen Hose. Die Träger von Inas Unterkleidchen fallen. Mit ihnen das letzte Stückchen Stoff zwischen ihrem Körper und der Kälte der Nacht. Sie verschränkt die Arme vor den leicht wogenden Brüsten. „Frierst du?“ Flüstert er leise, dunkel, legt beide Hände an die Seiten ihres Oberkörpers und fährt dessen geschwungener Form entlang. Henry sinkt vor ihr auf die Knie und während seine Berührung an ihren Oberschenkeln verharrt, neigt er sich nach vorne und legt seinen Kopf auf ihren flachen Bauch. „Ich liebe die Art wie sich deine Brust senkt und hebt, mit jedem Atemzug.“ Er schliesst seine Augen und flüstert: „auf und ab, auf und ab.“ Ehe er mit seinem leicht stoppeligen Kinn über die sanfte, zarte Haut ihres Bauches gleitet, seine Zunge nur ein Stück weit in die Freiheit entlässt um deren Geschmack in sich aufzunehmen. „Wilde Kirschen.“

Im unweiten Dunkel, ausserhalb des Lichtkegels des verglimmenden Feuerchens und in die Stille von tausend qualvollen Toden gehüllt, sitzt Quint. Beobachtend. Lauernd. Von Eifersucht zerfressen, dem Tag und den niemals enden wollenden Aufgaben gezeichnet, von den schweren Gewichten ihrer Koffer geschunden. Sitzt und wartet. Sitzt und quält sich selbst.

Von der Kraft seiner Arme getragen, sinkt Ina in das, bereits von Tau benetzte Gras. Kitzelnde Halme streicheln ihren Körper, begehren sie.

Und Quint legt sich zur Seite, beobachtet weiter. Beisst sich nach und nach im Taumel seiner Gefühle die eigene Unterlippe blutig, ehe er es den Schrumpfköpfen in seinem Arm gleich tut und sich von der Müdigkeit und der Erschöpftheit übermannen lässt.


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BeitragVerfasst: 19.08.07, 21:17 
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Hätte man es noch vor zwei Jahren gedacht, dass Ina und Henry auch im zarten Alter von sechzehn Jahren ihren Weg noch immer gemeinsam gehen würden? Die Antwort muss wohl klar und deutlich mit ja beantwortet werden. Niemand hätte wohl auch nur einen einzigen Moment daran gezweifelt und wenn sie hundertmal so jung waren, aber sie passten einfach zu gut zusammen. Manchmal war es gerade zu unheimlich, wie gut sie sich tatsächlich ergänzten. Zum Teil mochte es Außenstehenden tatsächlich so vorkommen, als würde Henry etwas denken und Ina tat es oder auch umgekehrt. Es war fast als würde zwischen beiden ein unsichtbares Band bestehen. Eigentlich war ein solcher Gedanke ja quatsch, aber wenn man die Beiden so auf dem Schulhof sah und beobachtete, dann hatte es etwas von einer dunklen, wunderschönen Symphonie, welche sich dort abspielte. Ina ging zu Quint, lächelte ihn lieb an, sagte ihm irgendetwas und Quint reagierte nicht sofort und schon, fast katzenhaft geschmeidig in der Bewegung stand Henry vor ihm und drückte ihm die Kehle zu. Es war alles so formvollendet, gerade zu grausam schön dieses Schauspiel. Nicht viele sahen es wirklich und die, die es gesehen hatten, sahen weg und taten so, als wäre nichts geschehen, niemand traute sich irgendetwas gegen die Beiden zu unternehmen, man wusste ja nicht, ob man nicht auch tot im nächsten Graben aufgefunden wurde. So viele Gerüchte wie sich um Henry und Ina rankten, da musste man ja Angst bekommen, denn, wenn auch nur ein drittel davon stimmte, was man ihnen nachsagte, so tat man besser daran sie nicht zu reizen.

Die Beiden selbst mochten die Vorsicht mit denen man ihnen begegnete, es amüsierte sie gerade zu, wie viel Angst doch in diesen Leuten steckte, selbst die wenigen Elfenkinder an der Schule machten einen großen Bogen um sie herum, als hätten sie Angst, dass ihr Leben zu früh ausgehaucht werden könnte. Elfen die Angst vor dem Tod hatten, eine sehr belustigende Vorstellung. Vor allem, da sie seit den Lehrern eigentlich gar nichts mehr getan hatten und dennoch immer wieder neue Gerüchte auftauchten. Sie hatten in der Schule gerade zu Berühmtheit erlangt und waren bis weit oben in der Hierarchie aufgestiegen, keiner mehr, der versuchte ihnen den Rang dort oben abspenstig zu machen. Das Ganze hatte auch etwas mit Freiheit zu tun, die Freiheit sich bewegen zu können wie man wollte, sagen zu können, was einem durch den Kopf ging und die Freiheit sich das zu nehmen, was einem grad in den Sinn kam.

Was einem in den Sinn kam... Henry ließ seinen Blick an Ina hinab wandern. Nie hatte er sich mehr rausgenommen, als ihre Hand zu halten, oder ihr einen Kuss auf die Stirn zu geben, aber das Verlangen danach seine Lippen auf den ihren zu betten wurde mit jedem Tag größer. Zum Teil so arg, dass er es kaum noch zu bändigen vermochte, aber er war ein Kavalier und er wusste, was sich gehörte und was nicht und so verbot er sich oft auch schon den Gedanken daran. So viel Schönheit und Eleganz brauchte einfach Respekt und Hochachtung, ein Kuss zur falschen Zeit hätte alles zu nichte machen können, diesen Traum der Perfektion einfach so zerstören können und das wollte er nicht. Er würde warten, warten bis der Zeitpunkt perfekt war, bis er sich derart aufdrängte, dass man ihn nicht mehr von der Hand weisen konnte. Henry seufzte leise aus als die Glocke die nächste Stunde ankündigte. Der Schulhof leerte sich recht schnell und auch Ina und Henry begaben sich wieder in ihre Klasse. Galadonisch bei Professor Hürschel, was für eine Freude. Der Unterricht bei Professor Hürschel könnte nicht langweiliger gestaltet sein, mit Regelmäßigkeit schlief irgendeiner in den hinteren Reihen ein bei seinen Vorträgen und auch jetzt machten sich alle auf eine weitere langweilige Stunde gefasst, die aber nicht kam. Nach einige Minuten erschien eine der Lehrerinnen in der Tür und tat kund, dass die Stunde ausfallen würde, da Professor Hürschel nicht auffindbar wäre. Die Klasse verstummte abrupt und alle Blicke gingen zu Ina und Henry hinüber. Kein einziges Wort wurde gewechselt als sich die Schüler aus der Klasse aufmachten um nach Hause zu gehen. Keiner sprach es aus, doch alle dachten, dass Ina und Henry bei dem Verschwinden von Professor Hürschel ihre Finger im Spiel hatten. Was sie nicht wussten und auch erst einen Tag später erfahren sollten war, dass Professor Hürschel, der auch nicht mehr so ganz taufrisch war, ganz einfach weit hinten im Grünen, auf einer Schulhofsbank eingenickt war.

Ina und Henry nutzten die gewonnene freie Zeit um in den Park zu gehen. Bis auf einige Kindermädchen, die kleine Kinder im Schlepptau hatten, war nicht viel los zu dieser Uhrzeit und so spazierten die Beiden, unbehelligt, Hand in Hand durch den Park, als sie etwa in der Mitte angelangt waren, nicht weit des kleinen Teiches, setzten sie sich hin und Ina lehnte sich bei Henry an. Ein kleiner, rotgepunkteter Käfer krabbelte über Henrys Bein und lenkte seine Aufmerksamkeit auf sich hinab. Mit einem Schmunzeln hielt er dem Käfer seine Hand in den Weg und ließ ihn darauf klettern. “Schau mal, Ina. Ein rot gepunkteter Käfer” Eine ganze Weile betrachtete sie den Käfer, wie er über Henrys Hand wanderte, ehe sie ihn mit dem Zeigefinger in seiner Handinnenfläche zerquetschte. “So leicht zu zerdrücken, wie so vieles andere auch.” Sie hob den Blick zu ihm und lächelte ihn sanft an. “Es wird sich niemals irgendjemand oder irgendetwas zwischen uns stellen und wenn man es doch versucht so wird es so Enden wie bei dem Käfer.” Ihre Stimme war so sanft, als hätte sie Henry gerade eine Liebeserklärung gemacht, irgendwie völlig unpassend, wenn man es genau nahm. Henry wischte sich die Hand mit seinem Taschentuch ab und strich Ina schließlich liebevoll über die Wange. “Ich bin so froh, dass die Götter uns damals zusammenführten.” Ina lehnte die Wange gegen seine Hand und senkte für einen Augenblick lang die Augenlider hinab. Sein Blick wanderte über ihre zarten Gesichtszüge, über die gesenkten Augenlider mit den langen, dunklen Wimpern, die Nase, welche sich gerade zu perfekt ins Gesamtbild fügte und die so wunderbar weich geschwungenen, rosigen Lippen und fast, ja fast hätte er sich vorgelehnt um sanft ihre Lippen mit den seinen zu berühren, aber irgendetwas hielt ihn wieder auf und statt eines Kusses lag nun, wie so oft in der letzten Zeit, ein leises Seufzen auf seinen Lippen. Der Junge der bisher vor so gut wie nichts Angst gezeigt hatte, der sich von keiner Widrigkeit des Lebens hatte abschrecken lassen, musste sich eingestehen, dass er Angst hatte. Sie war die Einzige, die dies Gefühl jemals bei ihm hatte wachrufen können. Sie hob die Augenlider an und lächelte ihm wieder zu. “Wir sollten so langsam heim. Ich will schließlich nicht, dass dein Vater wieder “nett” zu dir ist.” Henry nickte leicht. “Ist vielleicht besser, ja.”

Sie schlenderten Hand in Hand die Straßen hinab und hielten schließlich am Haus von Inas Eltern an. “Wenn du möchtest kannst du ja nachher noch einmal zu mir kommen. Ich wür....” Von jetzt auf gleich verstummte Ina als Henry sie ohne jegliche Vorwarnung mitten auf der Straße küsste. Als er sie da so hatte stehen sehen, wie Felaslicht ihre Gesichtszüge nur noch mehr schöner werden lies, wie sie so wunderbar unschuldig wirkte, da konnte er einfach nicht anders und neigte sich nach vorn um ihr nun doch endlich den erlösenden aller ersten Kuss abzuringen. Es war nicht mehr als die Berührung ihrer Lippen und doch kribbelte es bis in die Fußspitzen hinab, lies Schmetterlinge im Bauch fliegen und zog ihm den Boden unter den Füßen weg. Einen Moment lang schien die Welt und die Zeit um sie herum zum Stillstand zu kommen, als gäbe es nichts anderes auf Tare bis auf Henry und Ina selbst. Ihr Kuss war so süß wie Honig und so sanft wie die Berührung eines Rosenblattes, nur ein Hauch und doch die Ewigkeit. Henry hielt die Augen noch geschlossen, als er den Kuss löste und den Kopf langsam ein kleines Stück zurück zog, erst danach, gerade zu zögerlich, schlug er die Augenlider wieder auf um zu ihr hinab zu sehen. Ohne ein Wort schmiegte sie sich einfach an ihn und genoss den kurzen Moment seiner Nähe als er die Arme um sie herum legte. “Du musst gehen, Henry. Man wird schon auf dich warten.” Mit den leisen Worten löste sie sich von ihm und lächelte ihn liebevoll an. “Du hast wie immer recht, Honigschnäuzchen.” Er hauchte ihr noch einen Kuss auf die Stirn auf und ging schließlich seiner Wege, wobei er das Gefühl hatte auf Wolken zu wandeln, so leicht und beschwingt war ihm ums Herz. Ina blickte ihm noch eine ganze Weile nach, selbst, als er um eine der Straßenecken bog, blieb ihr Blick noch voran gerichtet. Sie führte die Fingerspitzen zu ihren Lippen auf und strich sich leicht darüber, wobei ein weiteres Lächeln ihre Züge erhellte. Erst nach einer Weile drehte sie sich dem Haus zu um in diesem zu verschwinden.


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BeitragVerfasst: 20.08.07, 23:00 
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3
Die Strasse der Fahrenden zu Lafay’s Stab

„Sie hätte etwas Besseres verdient.“
„Wie bitte?“
Henry und Quint stehen an der langen, kerzengeraden Strasse an deren Ende in der Ferne die Säule von Lafay’s Stab, ein riesenhaftes steinernes Mahnmal, bis weit in die wattebauschigen Wolken und den stahlblauen Himmel empor ragt. Fahrende Händler säumen den gepflasterten Weg in der grünen Idylle. Stand an Stand, auf Wagen, mit seicht’ im Wind wogenden Plandächern. Eine beinahe greifbare Ruhe beseelt die Szenerie und jene, welche den Auslagen entlang bummeln. Menschen, Elfen, Zwergen und sogar vereinzelte Halblinge hinter kleinen viereckigen Tischen und aufgehäuften Hügelchen von Weintrauben, Birnen und kleineren Mengen an selbst angebautem und gezogenem Dämonengras. Mitten im bunten Treiben, aus der Hörweite der beiden Männer entflohen, steht Ina und setzt sich einen breitkrempigen mit einer übergrossen weissen Feder geschmückten Hut auf. Dreht ihn, schiebt ihn hin und her und präsentiert das Ergebnis mit erwartungsvollem Lächeln und präsentierend ausgestreckten Armen in Richtung ihres Ehemannes und des Apothekers. Henry erwidert ihre Geste mit einem zusprechenden Nicken.

„Sie hat etwas Besseres als dich verdient“, spricht Quint mit unpassend kalter Zunge.
„Seit wann ist dein Mundwerk grösser als dein Verstand, Storchenhals?“ Henry legt seinen Arm auf die Schulter des zusammenzuckenden Kofferschleppers.
„Glaubst du ich habe die Wunde an deiner Lippe nicht bemerkt? Zerbissen in einer wahnvollen Mischung aus Eifersucht und zerfressendem Selbstmitleid. Du bist schwach, Quint. Gerade gut genug um den Dreck von ihren Sohlen zu kratzen und den Staub zu küssen auf dem sie wandelt.“ Quint versucht sich vergebens vom leicht zudrückenden Arm auf seiner Schulter, einer Geste gespielter Freundschaft, zu lösen. Vergebens.
„Glaubst du ich habe die tausend Blicken nicht bemerkt? Selbst jene in vorletzter Nacht. Du bist erbärmlich Quint Fingerling. Ein erbärmlicher Wurm, der sich in der Hoffnung suhlt jemals etwas so Schönes wie Ina zu besitzen und sich allein mit dem Gedanken daran zufrieden gibt und für diese Vorstellung alles tun würde. Und genau deshalb wird sie niemals dein sein, mein Freund.“

Mit der verbleibenden Kraft, die noch in seinen gequälten, vom Kofferschleppen schwammigen Armen schlummert, stösst der Apotheker Henry zur Seite. Einige der sonnentäglichen, schlendernden Einkäufer drehen sich verdutzt um oder schütteln verständnislos ihren Kopf. „Und trotzdem hast du sie nicht verdient! Seit dem ersten Schultag bist du im Besitz von etwas, auf das du und dein schwarzes Herz kein Anrecht habt!“ In Quints laute Wortwahl mischt sich ein leiser, jedoch unüberhörbarer weinerlicher Unterton.

„Hüte deine Zunge, wenn du weiterhin Gebrauch von ihr machen willst, Storchenhals!“ Der Gestossene zieht sich sein zerknittertes Hemd zu Recht. „Dein Verstand reicht sichtlich nicht dazu aus das zu erkennen, was uns unterscheidet und was dich in ihren Augen zu dem macht was du bist: ein Niemand. Aber in meiner alles umfassenden Güte werde ich es dir demonstrieren.“ Ein Passant, keine zwanzig Jahresläufe alt und hinter Henry stehend, räumt gerade einige Früchte in eine alte Kordtasche, ehe er von selbem mit einem Ruck herumgerissen wird. Die klauenartige Hand Ebbenbachs krallt sich im blonden, dicken Haar des jungen Mannes fest, dessen Überraschung sich in überforderter Regungslosigkeit ob der Geschehnisse äussert. Geschwind ist ein langes, geputztes und mit den Initialen „H.E.“ geschmücktes Messer gezogen.

In Sekunden zieht sich eine schmale rote Linie über den Hals des Jünglings. Sichelförmig. Ein schmunzelnder, schmaler, roter Mund unter einem Kinn, das gerade erst die ersten Stoppeln, Zeichen einer niemals zu erreichenden Männlichkeit, trägt.
„Siehst du das, Fingerling? DAS ist der Unterschied.“ Henry drückt die Spitze des Dolches noch immer in das Fleisch des Unbeteiligten, während dickflüssig ein blutroter Vorhang dem schmächtigen Hals entlang rinnt und das weisse Leibchen tränkt. Unter unkontrollierten Zuckungen lässt er den Körper des Unbekannten zu Boden sinken, wie er es noch vor wenigen Tagen mit jenem seiner Frau im weichen Gras getan hatte. Kein Laut. Erst als eine vorbei schlendernde Frau des Gräuels gewahr wird und einen spitzen Schrei ausstösst, mischt sich Unruhe in die flanierende und verkaufende Menge. Menschen fliehen entsetzt in alle Richtungen. Weg von der Szene, welche sich zwischen den zwei Männern und dem am Boden Liegenden abspielt.
„Der Unterschied besteht darin, dass Blut an meinen Händen klebt und in deinen Augen nichts weiter zu sehen ist denn Tränen der Schwäche. Deshalb wirst du sie niemals so nahe zu ihr durchdringen als dass sie dir mehr Beachtung denn dem Dreck unter ihren Sohlen schenkt.“ Quint sinkt augenblicklich auf seine Knie und drückt seine rechte Hand auf die klaffende Schnittwunde am Hals des bereits regungslosen Mannes. Mit der anderen wischt er sich über die geröteten, verweinten Augen und stammelt leise vor sich hin: „Du hast sie zu dem gemacht was sie ist und deshalb hast du sie nicht verdient.“

„Honigschnäuzchen, was ist denn hier los? Ich habe meinen Hut kostenlos gekriegt, weil der Verkäufer panisch das Weite gesucht hat“, ihr Blick senkt sich langsam zur Leiche und dem weinenden Quint, „wie ich sehe hattest du Spass, Liebling?“ „Ein interessantes Diskussion, Pfirsichbäckchen. Storchenhals Standpunkt mochte dem meinen nicht trotzen.“ „Als ob das überhaupt möglich ist“, sie strahlt ihren Ehegatten mit einem anhimmelnden Lächeln an und stösst mit dem spitz zulaufenden Schuh kräftig in des Apothekers Seite. Dieser lässt vom ausgebluteten Passanten ab, zieht kümmerlich seine Beine an und vergräbt das Gesicht zwischen seinen Knien. „Mit diesen verschmierten Händen fasst du meine Koffer nicht an, verstanden, Quint?“

Die Ebbenbachs schweben dahin, über die kunstvoll angeordneten Pflastersteine weiter die leergefegte Strasse entlang, Lafay’s Stab entgegen und Quint rafft sich auf und schleppt sich wie eh und je mit der schweren Bagage hinter ihnen her.

„Henry, Liebling, wie findest du eigentlich meine neue Kopfbedeckung? Lässt mich die Feder nicht etwas überheblich wirken?“


Zuletzt geändert von Mr. I: 20.08.07, 23:04, insgesamt 1-mal geändert.

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BeitragVerfasst: 22.08.07, 23:33 
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Ein leichter Regen bedeckte schon den ganzen Tag die Stadt, so dass auf den Straßen von Ignes nur die unterwegs waren, die keine andere Wahl hatten, der Rest saß vor den großen Kaminen in den Häusern und genoss seinen Nachmittagstee. Der Park war völlig ausgestorben, nicht einer den man dort über die sauberen, ordentlichen Wege gehen sah und doch, hätte man genau hingesehen, so hätte man weiter hinten unter einigen dicht beieinander stehenden Bäumen das junge Pärchen sehen können, welches dort auf einer Picknickdecke, geschützt vom dichten Blätterwerk saß und miteinander turtelte. Ina und Henry saßen dort schon eine ganze Weile beisammen. Er hatte seinen Gehmantel über ihre Schultern gelegt, damit es ihr nicht zu kühl wurde und seinen Arm um sie herum gelegt, streichelte sanft immer wieder über ihren Arm auf und ab. Er vergrub seine Nase in ihrem offnen Haar und sog tief Luft ein. “Du riechst so wunderbar nach Kirschen, mein Pfirsichbäckchen.” “Ich mag gleich nicht zur Schneiderin. Ich würde so viel lieber hier mit dir sitzen bleiben.” “Ich kann dich ja begleiten, wenn du möchtest, Honigschnute.” Ina lächelte ihn an und nickte einige Male. “Sicher will ich das. Komm, lass uns gleich gehen, dann haben wir es hinter uns.” Mit den Worten drückte sie sich bereits auf und ging ein Stück zur Seite, nur um dort auf Henry zu warten, ihm zuzusehen, wie er aufstand und schließlich die Decke zusammen legte. Sie seufzte leise wohlig aus. Wie gut er doch aussah. Er war keiner dieser Milchbubis wie sie in ihrer Klasse zu finden waren. Er hatte schon jetzt eine männliche Ausstrahlung, welche nur mit weiteren Jahren zunehmen würde. Jede Frau würde sie um diesen .... Mann .... an ihrer Seite beneiden.

Als alles verstaut war, gingen die Beiden Hand in Hand durch den Regen, wobei sie es nicht einmal eilig hatten. Es schien so, als würden sie den Regen gar nicht wirklich bemerken, auch wenn er sie langsam aber sicher durchnässte, wobei selbst der Gehrock von ihm, sie nur bedingt vor der Nässe schützte. Bis sie bei der Schneiderei ankamen, klebten ihnen die Sachen vor Nässe am Leib und betonten so bei Ina nur die beginnende Weiblichkeit, was von Henry nicht ganz unbemerkt blieb, als er seinen Blick ganz langsam an ihr hinabwandern ließ und ein ganz leicht anzügliches Lächeln dazu aufsetzte. Irgendwann würde er sie ganz besitzen und seine Hände sanft und doch nachdrücklich über ihren makellosen Körper wandern lassen, nur um sie zu ungeahnten Höhen zu bringen. Er würde sie auf den Hals küssen, langsam hinab über ihre Brüste, bis zu ihrem Bauchnabel. Er würde sie ganz und gar besitzen und er würde er genießen, so wie sie es auch genießen würde. Irgendwann, aber nicht jetzt.

Das kleine Glöckchen bimmelte, als die Beiden endlich den Schneiderladen betraten. Nur wenige Augenblicke später raschelte schon der Vorhang, welcher den Vorderen Teil des Landes vom hinteren trennte und eine junge Frau, vielleicht Anfang 20 stand vor ihnen und begrüßte sie höflich. Schnell war geklärt, dass Ina bereits vor einiger Zeit eine Bluse und eine Hose hier für sich bestellt hatte und diese nun gerne anprobieren und abholen wollte. Die junge Frau verschwand kurz darauf wieder im hinteren Teil und lies die Beiden eine Weile lang allein, während sie selbst, die bestellten Sachen suchen ging, als sie wieder nach vorn kam, hatte sie eine lindgrüne Hose und ein felagelbes Hemd über den Arm gelegt. Ina betrachtet sich die beiden Kleidungsstücke eine Weile lang. “Die Farben sind etwas... eigensinnig, nicht wahr?!” “Das ist die neueste Mode, selbst am Hofe trägt man es derzeit so.” Ina sah weiter regelrecht misstrauisch auf die Farbkombination von Hose und Hemd. “Verzeiht, aber sagte ich vielleicht, als ich herkam und die neuen Sachen bestellte, dass ich aussehen wollte wie ein Schelm? Helft mir doch auf die Sprünge, ich kann mich an diese Worte gar nicht erinnern.” Henry spannte sich etwas neben Ina an und sah nun ebenfalls auf die Anziehsachen und zur Schneiderin hinüber. “Es ist wirklich die neueste Mode und genau das verlangtet ihr doch.” Mit einem Satz war Henry über die Theke gesprungen und drückte die völlig verdutzt dreinsehende junge Frau vor die Wand. “Ihr sagt also, dass meine Freundin lügt? Findet Ihr das nicht auch irgendwie, sagen wir, unklug?” “Aber... aber... aber... Ich habe doch nur das getan, was man von mir ... verlangte.” Die junge Frau wurde mit jedem verstreichenden Augenblick deutlich panischer, starrte nun nur noch zu Henry auf und zitterte am ganzen Leib. Henry strich ihr mit einer Hand fast schon liebevoll über die Wange, bis zu ihrem Hals hinab. “Ihr seit nicht viel älter als ich, aber um einiges dümmer wie es mir scheint. Das was hier gerade geschieht, nenne ich schlechte Bedienung und so etwas wollen wir doch nicht einreißen lassen, nicht wahr?!” Mit der nächsten Bewegung hatte er auch die andere Hand hinauf zu ihrem Kopf aufgeführt und deutlich war das Knacken zu hören, als ihr Genick unter der schnellen Drehung brach. Die junge Schneiderin sank leblos gegen Henry, welcher sie langsam zu Boden gleiten lies, fast wie man eine Geliebte auf ein Bett legen würde, ehe man ihr weitere Freuden bereitete.

Henry seufzte leise aus. “Das so etwas wirklich sein muss. Ich verstehe nicht, wie man so wenig Geschmack und noch viel weniger Kundenverständis aufbringen kann.” Ina lehnte sich über die Theke und sah zu Henry und der Leiche hinab. “Vielleicht sollte man seinem Ärger noch etwas mehr Nachdruck verleihen.” Worauf hin sie um die Theke herum ging um hinter diese zu gelangen. Sie nahm das Hemd und die Hose auf, während sie bereits weiter voranschritt Richtung des Vorhanges um dahinter zu blicken. Kurz verschwand sie im hinteren Raum um schließlich mit einem Nähkästchen hervorzukommen. “Zieh sie doch bitte einmal aus, mein liebster Henry. Ich habe da so eine Idee.” Henry nickte nur, ehe er sich bereits an die Arbeit machte und der Frau ihre Bluse und auch den Rock auszog und sie schließlich so wieder auf dem Boden ablegte, worauf hin Ina die zwei unpassenden Teile einfach auf sie legte und aus dem Nähkästchen eine dicke Nadel und Garn hervor holte. Mit geübter Hand trennte sie ein Stück Faden ab und fädelte es durch das Nadelöhr. Was nun folgte hätte man auch als professionelle Stickerei bezeichnen können, wenn das Ganze nicht direkt auf den Leib der jungen Frau geschehen wäre. Ina nähte mit grazilen Stichen erst das Hemd vorn auf den Leib der Toten um dann gleich darauf die Hose folgen zu lassen. Die Stiche waren dabei seltsam akkurat, trotz des Untergrundes, auf dem sie nähte. Nach einer kleinen Weile betrachtete sie wohlwollend ihr Werk und nickte leicht. “Siehst du Henry. Ich habe doch gleich gesagt, dass diese Farben unmöglich zusammen aussehen.” “Du hattest wie immer recht, mein Kirschschnäutzchen.” Völlig in ihrer Unterhaltung über die schlechte Bedienung, gingen sie schließlich wieder aus dem Schneiderladen und vergaßen auch nicht, dass Geöffnet-Schild umzudrehen, damit so bald niemand den Laden betreten würde.

Anstatt nach Hause zu gehen, ließen sie ihre Schritte wieder Richtung des Parkes gehen, um wieder zu ihrem alten Platz zu gelangen, an dem sie erneut die Picknickdecke ausbreiteten. Der Nachmittag war, bis auf diese Kleinigkeit, welche man schnell bereinigt hatte, schön. Die Küsse waren süß und die zaghaften, sanften Berührungen ließen die Leiber sanft erzittern. Ein Knistern lag in der Luft, ein Versprechen nach mehr, so nah und doch noch immer unerreichbar fern. Jeder weitere Moment an diesem Nachmittag war einfach ... perfekt.


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BeitragVerfasst: 23.08.07, 14:43 
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Der Weltenberg

Quints schimmernde Hände gleiten gefühlvoll über Inas Rücken. Verwöhnen sie, während seine Lenden, einzig gehüllt in eine luftige Stoffhose, sich inbrünstig gegen ihre breite Hüfte pressen. Unter sanftem Druck verteilt er das nach würzigen Kapern duftende Öl auf ihrer geschmeidigen Haut. Stossartige Atmung. Flackernder Kerzenschein trägt die Stimmung ihrer Herzen in den Raum und erfüllt ihn mit tiefster Vertrautheit und Leidenschaft.

Ein schwarzer Rabe kreist lauernd in den luftigen Höhen über dem Weltenberg.

Sie dreht sich zu ihm um, lächelt und präsentiert ihre von den Göttern geschenkten natürlichen Schönheit mit einer Selbstverständlichkeit, dass Gänsehaut seine Arme überzieht. Er greift neben sich in ein Körbchen auf dem breiten, weichen Bett und zieht ein goldenes Fläschchen mit einem bernsteinfarbenen Pfropfen verschlossen, hervor. Mit Sorgfalt, als hätte er sein Tun in langjährigen Studien verinnerlicht, tröpfelt er die ebenfalls goldgelbe Flüssigkeit im Innern des Flakons in einer schlangenförmigen, verzierenden Bahn über ihren Körper.

Ein schwarzer Rabe stösst einen schrillen kreischenden Laut aus, weit über die Weiten des von diesem erhabenen Punkt aus sichtbaren Teile Galadons und Endophals hallend.

Ihrem Schlüsselbein entlang, weiter hinab. Die Konturen ihres Bauchnabels umspielend, weiter hinab. Jede Rundung ihres Leibs umgarnend. Ina drückt ihr Kreuz in die Höhe, schliesst die Augen ob dem kühlen Duft der frischen Meeresbrise, welche den ätherischen Ölen entfleucht und wieder ertasten seine Finger die zarte Haut und massieren die belebende Flüssigkeit in ihr Fleisch. Ekstase.

Ein schwarzer Rabe schwebt über der Grenze zwischen den Landen. Zwischen Grün und verdorrtem, sandigem Gelb.

Quint, auf dessen Stirn sich Schweiss aus reinster Erregung gebildet hat, blickt hinüber in die dunkle Ecke des Spelunkenzimmerchens in welchem Henry in zusammengekauerter Haltung sitzt.

Ein schwarzer Rabe lässt sich mit einem weiteren Schrei fallen.

Inas Hand krallt sich in des Apothekers Nacken fest und zieht ihn ruckartig zu einem feurigen Kusse zu sich hinab. Das Fläschchen kullert zur Seite und entleert seinen Inhalt auf das Bettlaken, welches das Öl gierig aufsaugt. Der Duft im stickigen kleinen Raum wird zu einem Sinne raubenden Rausch. Einem Spiel aus Ersticken und Beleben.

Ein schwarzer Rabe setzt sich auf den Giebel eines verwitterten alten Berghäuschens und wartet.

Und wieder entgleitet Quints Blick in die dunkle Ecke, beinahe so als wäre das, was er dort sieht ebenso betörend wie die hüllenlose Ina Ebbenbach unter ihm, merklich nach ihm gierend. Henry sitzt in sich zusammengefallen auf dem Boden. Quint lacht hell auf als er sich des Messers in seines Widersachers Schädel gewahr wird. Er hatte es getan, kein Unterschied mehr.

Ein schwarzer Rabe blickt in die Ferne zu einer dunklen, fliegenden Masse, welche sich in rasantem Tempo in seine Richtung bewegt.

Er war alleine, alleine mit ihr und sie war sein. Kein Grund mehr sich in Furcht vor dem eigenen Schatten hinter einer Mauer aus Selbstschändung zu verstecken. Kein Grund mehr leise zu sein. Er berührt ihre Brüste mit der Unbeholfenheit eines keuschen Jünglings.

Ein schwarzer Rabe setzt sich auf das Fensterbrett des kleinen Gasthofes auf halber Strecke unter dem Weltenberg und klopft mit seinem Schnabel gegen das Fenster.

„Psst, Giftmischer, aufwachen!“ Träge heben sich Quints Lider an. Die einzelnen Lichtstrahlen des schon längst angebrochenen Tages dringen durch den löchrigen Nachtvorhang und mit einem Male ist jeglicher Anflug und Erregung verflogen, jedes noch so kleine Fünkchen Leidenschaft erloschen, als er erkennt, dass nicht Inas verführerische Oberweite sondern die zwei schrumpeligen, unansehnlichen Schrumpfköpfe in seinen Händen ruhen.
„Würdest du vielleicht aufhören uns zu begrabschen? Ich meine, Lutz die Penntüte kriegt ja mal wieder nichts davon mit aber ich finde es ziemlich… befremdlich“, flüstert Trine mit keifendem Unterton.
„T-t-tut mit leid“, stottert der verschlafene Apotheker, dessen Träume sich für einmal mehr als nichts Weiteres als selbes entpuppt haben.
„Es ist ja richtig interessant was du so erzählst wenn du schläfst, Fingerling! Aber bevor wir über mein Schweigegeld, was bei meiner Gosch’n gross sein wird, reden, sollte ich dir vielleicht noch ausrichten, dass es da am Fenster geklopft hat.“
„Geklopft“, ein langes Gähnen zeugt von der immer noch drückenden schweren Müdigkeit, die seinen Gliedern auflastet.
„Nicht gehämmert, nicht getrommelt, geklopft. Sag mal, biste eigentlich schwer von Begriff oder hast zuviel von deinen eigenen Pülverchen genascht?“ Der auf der Pritsche am Fussende eines grösseren Bettes, in welchem Ina und Henry eng umschlungen sich ihren eigenen Träumen hingeben, liegende Schrumpfkopf versucht mit den kaum mehr sichtbaren Augenbrauen zum verschlossenen, durch die Vorhänge abgedunkelte Fenster zu deuten.
„Du weißt schon: Klopf klopf. Dasselbe Geräusch, das entsteht, wenn man deine Birne gegen den Bettpfosten hier schlagen würd’.“
„Aber das kann doch nicht sein. Es ist niemand hier ausser uns und dem Gastwirt, der uns Unterschlupf gewährt hat.“ Quint erhebt sich von seiner kümmerlichen Schlafstelle und torkelt mit watschelnden, barfüssigen Geräuschen durch den Raum. Den einst wohl purpurnen Vorhang nur einen Deut weit zur Seite gezogen, lässt er ihn augenblicklich wieder fallen und dreht sich schlagartig mit einem ängstlichen Ausdruck auf den immer noch verschlafenen Gesichtszügen um.
„Und, was is’? Lass die liebenswürdige Trine nicht im Regen stehen. Beziehungsweise unwissend auf diesem Bett hier liegen… Ists der Milchmann? Unwahrscheinlich, immerhin sind wir hier etwa zweitausend Fuss hoch“, in einem hörbaren Ratewahn kullert der knöcherne Frauenkopf von links nach rechts und zurück.
„Zirus.“
„Da hockt ein schwarzer Hochmagier auf unserem Fensterbrett?“ Die tiefen dunklen Augenhöhlen von Trine drücken trotz fehlendem Inhalt ungehaltene Skepsis aus.
„Ein schwarzer Rabe, ein Vorbote. Zirus Landri liebt Theatralik. Wir dürfen hier nicht bleiben. Wenn er nicht persönlich nach uns sucht, dann schickt er mit Sicherheit Oleander“, Quint hebt seine Stimme von einem flüsternden zu einem befehlenden Tonklang an, „Aufwach…“
Noch bevor er das Wort, das alle aus ihrem tiefen Schlaf hätte reissen sollen, zu Ende sprechen kann, zerspringt die Scheibe hinter ihm in tausend kleine Splitter. Unter Trines entsetztem Schrei ergiesst sich ein Schwarm aus pechschwarzen Vögeln in die kleine Holzhütte und mit ihnen Glasscherben, Federn und die Gewissheit, dass Ina und Henrys Betrug in Ignes bemerkt wurde.


Zuletzt geändert von Mr. I: 23.08.07, 18:16, insgesamt 1-mal geändert.

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BeitragVerfasst: 27.08.07, 01:56 
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“Ina, willst du meine Frau werden?” Henry hält inne und schaut auf die kleine Schatulle in meiner Hand, dann zum Spiegel nach vorn und schüttelt den Kopf. “So geht das nicht.” Er seufzt leise aus und geht auf das linke Knie hinab, die Schatulle nach oben haltend. “Meine Liebste, ich bitte dich um deine Hand.... Nein, nein, nein, nein, dass ist doch alles Schwachsinn.” Er drückt sich wieder auf und wandert in dem kleinen Zimmer auf und ab, wie ein Löwe in Gefangenschaft. Henry streift sich durch das Haar und bleibt am Fenster stehen um hinaus in den Garten zu blicken. Sie war so wunderbar, er wollte genau das Richtige sagen, keinen Fehler machen. Es sollte alles so sein, wie man es sich das immer so vorstellt. Er wollte ihr auch so vieles bieten, doch war es genug, was er ihr geben konnte? Würde es reichen um diese Frau, dieses wundervolle Wesen, ihr ganzes Leben lang auf Händen zu tragen? Aber war sie nicht glücklich an seiner Seite? War sie nicht mit jedem Tag der verstich weiter aufgeblüht? Doch war es wirklich sein Zutragen gewesen, was dieses bewirkt hatte, oder war es nur natürlich, dass sie mit jedem Jahr, dass er sie kannte, noch schöner und liebenswerter geworden war? Diese junge Frau mit ihrem dichten schwarzen Haar und der edel blassen Haut war wohl der Traum vieler Männer. Er hatte schon oft bemerkt wie ihr der ein oder andere nachgesehen hatte auf der Straße, wobei sie niemals jemand angesprochen hatte, vielleicht ja auch nur, weil er immer in ihrer Nähe war. Sie könnte sogar die Braut des Königs sein, wenn sie es darauf anlegte, so viel Anmut und Grazie lag in jeder ihrer Bewegungen. Vielleicht war es ja falsch, wenn er sie an sich binden wollte. Vielleicht sollte er sie in die Welt gehen lassen, damit sie andere Erfahrungen machte, als er ihr bieten konnte. Henry schlug mit der Hand auf das Fensterbrett. Nein, er würde sie nicht ziehen lassen können, er würde sterben, wenn er auch nur einen einzigen Tag von ihr getrennt wäre. Er musste sie einfach fragen, erst dann konnte er sicher sein, dass es ihr so erging wie ihm und würde sie nein sagen, ja, was dann? Darüber wollte er gar nicht erst nachdenken.

~~~

Schon seit einem geschlagenen Hellzyklus stand sie vor dem Kleiderschrank und probierte ein Kleid nach dem anderen an. So viele Kleider und nicht eines, was sie für würdig erachtete. Ina hielt inne und betrachtete den erheblichen Kleiderstapel auf ihrem Bett. Es könnte ja auch sein, dass seine Einladung in dieses wirklich teure Restaurant nichts weiter zu bedeuten hatte, andererseits, sie waren schon oft ausgegangen, aber niemals dahin. Vielleicht würde er sie ja wirklich fragen. Sie hoffte es so sehr, denn sie konnte sich nichts sehnlicher wünschen, als Henrys Frau zu werden. Er war der stattlichste Mann, den sie je gesehen hatte. Wenn sie da an die Kerle auf der Straße dachte, die ihr hin und wieder nachblickten, nein, dass waren einfach keine Männer. Das waren nur kleine Schuljungen, die man nicht weiter beachten musste. Keiner war auch nur annähernd so geistreich, eloquent und vor allem auch so charmant wie Henry.

~~~

Das Tuch wollte sich einfach nicht so binden lassen wie es sollte, es sah immer so aus, als wolle er sich damit eher strangulieren als irgendetwas anderes tun. Immer wieder sprach er sich selbst Ruhe zu, nur klappte das leider nicht so wirklich. Er atmete tief durch und band das Tuch zum 14 Mal und diesmal klappte es tatsächlich, genauso musste es sitzen. Henry blickt an sich hinab und schlug sich vor die Stirn, die Hose, wie kann man nur die Hose fast vergessen? Nervosität war nicht so sein Ding, er konnte mit etwas derartigem kaum umgehen, schließlich war er sonst alles andere als nervös. Er war eigentlich so gut wie immer Herr der Lage. Diese Frau brachte ihn irgendwann noch einmal um den Verstand. Er schlüpfte in die dunkle Hose, gleich gefolgt von den Schuhen, jetzt nur noch der Gehrock und er war bereit. Henry betrachtet sich noch einmal im Spiegel und nickte zufrieden. Jetzt sah er wenigstens wie ein Mensch aus und nicht wie ein dummer Einfaltspinsel. Es war schon spät und er musste sich so langsam beeilen, wenn er noch rechtzeitig bei ihr sein wollte und so hastete er schon zur Tür hinaus, hielt oben an der großen Treppe jedoch wieder inne. Nein, jetzt hätte er fast den Verlobungsring vergessen. Schnell führten ihn seine Schritte wieder zurück und da, mitten auf dem Bett lag die kleine Schatulle und wartete nur darauf mitgenommen zu werden.

~~~

Ina ließ sich die Haare von der Zofe ihrer Mutter aufstecken, so dass schließlich jedes einzelne Haar seine ganz persönliche Stelle in der Frisur gefunden hatte. Kleine Löckchen, welche zuvor durch ein Lockeneisen, welches in Glut erhitzt wurde, kringelten sich in ihrem Nacken und an ihren Gesichtsseiten hinab, während die restlichen Haare ordentlich zusammen genommen und durch unendlich viele Haarklämmerchen am Hinterkopf festgesteckt waren. Sie konnte, völlig im Gegensatz zu ihrem sonstigen, ruhigen Wesen, kaum noch ruhig auf ihrem Stuhl sitzen. Sie war so aufgeregt, dass ihr Herz ihr bis zum Hals aufzuschlagen schien und gerade, als es unerträglich zu werden schien, da wurde die Glocke unten an der Tür geläutet.

~~~

Er richtet sich noch einmal das Tuch, strich sich mit feuchten Händen die Haare zurück und brauchte einige Augenblicke, ehe er sich soweit beruhigt hatte, dass er endlich die Glockenschnur zog. Nur wenig später stand sie in der Tür. Das dunkelgrüne Kleid schmiegte sich an ihren Körper an und betonte jede noch so kleine Rundung und unterstrich ihre natürliche Schönheit bis hin zur Perfektion. Sie sah einfach umwerfend gut aus und ihr Anblick raubte ihm gerade zu den Atem. So bot er ihr einfach seinen Arm zum einhaken an und führte sie so hinaus zur Kutsche, welche er für diesen Abend für sich in Beschlag genommen hatte.

~~~

Die Gaststätte war eine der gehobenen in der Stadt, hier konnte man ohne Probleme ein kleines Vermögen los werden. Man führte die Beiden zu einer kleinen Nische, weit hinten im Raum, so dass sie etwas abgeschottet zum Rest saßen. Henry ließ eine Flasche des besten Weines kommen und nachdem dieser verkostet und eingeschenkt war, hob Henry sein Glas zum Trinkspruch an, wobei seine Worte dann schon eher zu einer kleinen Rede wurden. “Meine liebe Ina, vielleicht fragst du dich ja schon, warum ich dich herführte. Du weißt, dass ich jeden Augenblick mit dir genieße und ich möchte dieses Gefühl deiner Nähe einfach nicht mehr missen. Du schenkst mir so viel Geborgenheit, wie es sonst niemand kann. Es gibt nichts, was für mich auf Tare wichtiger wäre als du, nichts was einen einzigen Blick von dir je aufwiegen könnte. Du hast mich verzaubert, mich in deinen Bann gezogen und mein Herz berührt.” Henry drückte sich von seinem Stuhl auf um vor ihr auf sein linkes Knie hinab zu sinken, mit einer Hand griff er nach der ihren und in der anderen hielt er die kleine, nunmehr geöffnete Schatulle. Leicht blitzte der goldene Ring auf und der fein geschliffene Diamant spiegelte in unzähligen Fassetten das Licht der Kerzen wieder. “Liebe meines Lebens, keinen Tag möchte ich in meinem Leben mehr ohne dich sein. Ich wünsche mir, dass das letzte was ich des abends und das erste was ich des morgens sehe du bist und so frage ich dich... Willst du meine Frau werden?” Ina, welche die ganze Zeit über die Luft angehalten hatte, nickt einige Male langsam, fast als würde sie noch neben sich stehen, doch kaum, dass sie seine Worte wirklich gefasst hatte, fiel sie ihm in die Arme. “Ja... ja... hunderttausend Mal ja.”


Zuletzt geändert von Mrs. I: 27.08.07, 01:56, insgesamt 1-mal geändert.

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BeitragVerfasst: 27.08.07, 18:07 
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5
An der Grenze

Sie legt seine Hand in die seine und die beiden Ringe an den jeweiligen Fingern klirren hell wie Glas, als sie aufeinander treffen. Eiligst haben Ina, Henry, Quint und die beiden Schrumpfköpfe das kleine Gasthaus am Hange des Weltenberges verlassen und stehen nun, zu jenem zurück blickend auf einem schmalen Trampelpfad an einem steilen Abhang. Weit in der Ferne kreisen die dunklen Raben über der Hütte und als die brüllenden Schreie des Schankwirtes weit über das Tal hallen, wurde die Vorahnung zu Gewissheit, dass Oleander und seine Gefolgschaft, nach Rache und Vergeltung ob des Verrates und der Schmach trachtend, die Anhöhe erreicht hat.

Die schiefe Berghütte am Horizont explodiert in einem lodernden Ball aus Feuer. Eine Druckwelle, welche kurz darauf, begleitet von einem kindlichen Lachen, über die Anhöhen schnellt und die Gesteinsbrocken weit oben am Gipfel zu einem tiefen Grollen veranlasst, lässt Ina Halt in Henrys Armen. Sie presst ihre von den Vögeln zerkratzten Arme an seine Brust, vergäbt ihr Gesicht, während er geistesgegenwärtig seinen Umhang um sie schlägt und die beiden ineinander verschlungenen Körper wenigstens für einige winzige Bruchteile der Zeit vom nahenden Unheil abschirmt. Ihr ebenholzfarbenes Haar flackert wild in allen Winden. Quint wird des festen Standes unter seinen Füssen beraubt, einem Apfel gleich, der von einem ungehaltenen Dieb auf einem endophalischen Marktplatz an sich gerissen wird. Er fällt gegen die Felsmauer. Die beiden ausgedörrten Köpfe rollen nahe an der abfallenden Klippe vorbei.

Steinstaub rieselt auf sie hernieder.
Unweit fallen Brocken so gross wie die Häuser der Armen in Ignes den Hang hinunter und reissen alles mit sich, was nicht in irgendeiner Form mit dem Berg verbunden ist.
Ein durch Knochen und Fleisch dröhnendes Donnern.

Und inmitten des tosenden, sinneraubenden Chaos fällt Henrys von der gleissenden Explosion abgewendeter Blick über Inas Schulter hinweg auf eine einzelne, zwischen zwei Steinen entsprungene Blume. Ein unpassendes Bildnis, welches Ruhe und Ausgeglichenheit mit sich trägt. Einer Pflanze, welche ihm mehr denn bekannt vorkommt. Von einem purpurnen Rand umgeben, strahlen die goldgelben, mit kleinen Zacken gespickten Blütenblätter wie Felas Schein zur strahlendsten Stund’ des Tages. Mit sanftem Druck auf Inas Wange bringt er sie dazu ihr Augenmerk auf das kleine Grün zu lenken. „Goldlilien“, entrinnt es ihr erstaunt, doch gerade so laut, als dass es ihr Gatte vernimmt und es mit einem Lächeln unterstreicht. „Ja, ich will“, flüstert er ihr leis’ ins Ohr.

Als das Tosen langsam doch stetig an Intensität verliert, sind die Gehöre der Fünf noch taub. So wird das empörte Gekeife der Schrumpfköpfe ebenso verschluckt wie die klagenden Laute von Quint, welcher sich mit schmerzverzerrtem Gesicht an den Kopf fasst.

Vor ihnen liegt ein Weg, der sie hinab in die dürren, ausgetrockneten Ebenen Endophals führt. Sie werden ihn beschreiten im Wissen, dass sie dort nicht bleiben konnten. Zu dicht waren ihnen ihre Verfolger auf den Fersen, zu aufgebracht die Gemüter von Oleander, seinem Vater und dessen Fussvolk. Ihr Ziel liegt in einer noch nicht erkennbaren Grauzone. Für diesen absolut stillen Moment von diesen unsicheren Gedanken befreit, streckt Henry Ina die abgezupfte Blume hin und berührt ihre Wange. Von Erinnerung geweckte Sehnsüchte hüllen die beiden ein und ihre Lippen berühren sich in tiefster, leidenschaftlicher

EKSTASE.

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Zuletzt geändert von Mr. I: 27.08.07, 18:15, insgesamt 1-mal geändert.

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