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 Betreff des Beitrags: "Vertrauen ist Mut und Hoffnung ist Stärke"
BeitragVerfasst: 21.05.08, 22:49 
Einsiedler
Einsiedler

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~ Prolog ~


Die Gischt schmolz am Bug, Marie lehnte sich gerade über Backbord, um sich an den Tauen festzuhalten. Selbst nach diesen drei Monden und der Zeit davor, erwartete sie immer noch das ein Schiff am Bug hochfahren müsste sobald der Anker griff.
Diesmal wurde der Anker vor Siebenwind geworfen. Sie war seelig als sie endlich an Land gehen konnte und wieder gestand sie sich ein das sie im Grunde nicht fürs Meer geboren war. Sie hatte zwar nicht die Probleme der Seekrankheit, und hatte auch nie diese Gleichgewichtsstörungen, doch festes Land unter den Füßen vermittelte ihr eine Sicherheit die sie nach solchen Reisen geradezu genoss. "Aufgepasst Männer! Ein Tag Landgang, morgen gehts wieder weiter!" Brüllte noch der Truppenführer und suchte auch schon die nächste Taverne auf. Marie blickte nochmal über die Schulter und sah der Mannschaft beim Abladen kurz zu. Sie bedauerte die Männer, doch sie selbst wollte gerade lieber etwas anderes zwischen die Zähne bekommen als Fischbrot.
Bruchsteiner Hafen - Er schien nicht besonders groß, umso mehr fragte sie sich für eine kurze Weile warum ausgerechnet hierher ein Handelsschiff geschickt wurde. Ihr Magen knurrte wieder und leichter Nieselregen begann, ihre Gedanken waren wie die Gischt zuvor am Bug geschmolzen.
Der Dunkelzyklus hatte begonnen, sie hatte etwas Obst im Magen und ein Fass Bier unterm Arm. Seelig suchte sie jetzt nur noch einen Platz zum Schlafen. Der Dreimaster war dicht und leise fluchte sie. Der Cäptain saß mit seiner Mannschaft vermutlich irgendwo in diesem Nest und war am Saufen, ebenso wie ihr Truppenführer. Ihre Lippen schürzten sich missmutig, sie konnte der Truppe in den letzten drei Monaten nicht viel abgewinnen, alles Aufschneider und Proleten, wer hat das schönste, meiste, beste Irgendwas, dennoch wäre ihr ihre Gegenwart nun doch um einiges lieber gewesen, als in diesem götterverlassenen Hafen zu sitzen. Murrend suchte sie sich eine Ecke, die von Kisten umringt war, zog eine Plane drüber gegen den Nieselregen und trank. Es war kein wirklicher Rausch, doch das Bier verlangsamte ihre Gedanken, ihre Erinnerung, nebelte sie ein. Sie war überzeugt immer noch Kämpfen zu können, doch das Chaos in ihrem Kopf kam zur Ruhe. Nicht daran denken wie weit man von der Heimat entfernt wäre, nicht daran denken was man ungeregelt zurück gelassen hat, nicht daran denken warum man das tat.

Sie spürte ein unangenehmes Gefühl an den Füßen, etwas warm feuchtes zog sich wie eine Raupe immer wieder über ihre Sohle. Marie öffnete langsam die Augen, doch nur um sie gleich drauf wieder zusammen zu kneifen. Sonne blendete sie bis sie nur noch schwarze Pünktchen vor den Augen sah. Wieder diese Raupe an ihren Fußsohlen. "So jetzt reichts" kräftig schlug sie aus, wie ein junges Fohlen das übermütig über die Weide rannte und kurz darauf war sie hellwach. Das sie auch immer so ein Glück hatte in Situationen zu geraten wo eine Sache die Andere überschlug. Kaum das sie Ausgetreten hatte, hörte sie ein lautes Aufheulen, gepaart mit einem Winseln, was sie jedoch sich ruckartig aufrichten ließ. Das tragische an dieser Situation war, das sie den Balken vergaß mit welchem sie die Plane oben hielt, denn genau an diesem alten dicken Barren prallte nun ihr Kopf. Fluchend sah sie kurz nach der Töle welche nichts besseres wohl fand als ihre Füße zu lecken und griff nach ihren Schuhen, um gleich drauf am Hafen festzustellen... der Dreimaster war weg. Komplett weg, nicht mal Kielwasser oder ein Punkt am Horizont war auszumachen, er war weg, und das offenbar schon eine ganze Weile, wenn er nicht gesunken war. Wut und Verzweiflung kämpften gerade um den zweiten Platz der vorherrschenden Emotionen, den ersten nahm unangefochten eine sprachlose, lähmende Erschütterung ein, welche sie erst einmal zuvor erlebt hatte. Sie saß bis zum Dunkelzyklus und suchte den Horizont nachdenklich ab, nicht weil sie sich eine Rettung erhoffte, nein, eher weil sie sich fragte was sie nun anstellen sollte. Sie hatte beim Hafenmeister nach dem nächsten auslaufenden Schiff nach Venturia gefragt, doch der Preis als auch der Zeitpunkt schienen für sie nur noch größere Erschütterung zu hinterlassen. Die Dukaten die sie bei sich trug hatte sie größten Teils für die Mahlzeit am gestrigen Abend ausgegeben und bis das nächste Schiff auslaufen würde, wäre eh alles verloren. Sie würde nicht den Sold bekommen, könnte ihr Zimmer nicht zahlen, und damit würde die ganze kleine Truppe aus der Wohnung fliegen die sie sich teilten. Sanay, Fidor und Jykomar. Um Sanay tats ihr leid, in ihr hatte sie doch etwas wie eine Freundin gefunden, doch sie zweifelte nicht daran das Fidor und Jy sofort ihre Sachen versetzten würden, wenn der Dreimaster ohne Sie einlaufen würde und dann würde sie in Venturia wie auch hier wieder vor dem Nichts stehen und noch mehr, beim Hafenkontor würde sie keine Stellung mehr bekommen.

Marie war auf dem Weg, sie achtete auf den ausgetretenen Reiseweg, ging nicht abseits, und achtete darauf sich nicht in den Wäldern zu verlieren. Nein sie folgte dem Weg, wenigstens ein Weg dem sie folgen konnte dachte sie zynisch. Ihre Gedanken ließ sie freien Lauf, hatte kein Auge für die Natur oder Tiere. Überrascht über den Gedanken, das jener Weg dem sie gerade Schritt für Schritt folgte sie an ein Ziel bringen könnte, steigerte sich erneut ihr Missmut. Ein Ziel, das war es was ihr fehlte und dieses Wissen senkte sich wie schwere Last auf ihre Schultern, doch sie blickte nach vorne.


"An der Vergangenheit wirst du niemals etwas ändern können, Marie, doch deine Zukunft liegt immer in deiner Hand"


Sie vernahm die vertraute Stimme in ihrem Inneren und sie sann nach, ob die Götter ihr deshalb so weise Ratschläge an ihrem Lebenswegrand streuten, weil sie schon damals wussten, das sie niemals wie all ihre damaligen Freundinnen heiraten würde und eine Ehe nach den dorfischen Gesetzten führen würde. Sie hatte es immer zu erwartet, auch jetzt noch erwartete sie das jemand sie heim holen würde, um ihr zu sagen, wann sie wen ehelichen würde, sie erwartete es nicht nur, nein sie hoffte es gar, denn dann wüsste sie endlich wieder was zu tun war. Vor allem das letzte Jahr lebte sie in den Tag rein und bislang hatte sich nichts daran geändert, von der Hand in den Mund, ohne zu wissen was sie wollte. Immer wieder suchte sie Ablenkung, um jene immer weiter sinkende Selbstachtung zu stoppen. Wer war sie schon, mittlerweile ein Niemand, eine Streunerin, ohne Mitgift und ohne Anrecht auf einen Brautpreis, wertlos nach den Maßstäben ihrer Heimat.
Unruhe machte sich breit in ihrem Inneren während sie dem Weg weiter folgte. Sie spürte wie sich ihr was aufdrängen wollte, ein Gedanke, er schwirrte lose und formlos in ihr herum, unfassbar, unzugehörig und er drehte alles um was bislang ihre kleine Welt ausmachte, sorgte für Unruhe, sorgte dafür das sie immer wieder die Ablenkung suchte, anstatt sich jenem zu stellen. Marie hasste dieses Gefühl, all jenes, all diese Unruhe und Selbstzweifel wusste sie nur einer Sache zuzuschreiben - ihrer Ziellosigkeit.


"Ein Ziel zu haben ist lebenswichtig, Marie, hast du kein Ziel vor Augen, werden die Gegner diese Schwäche wittern, wird das Leben dich einholen und zurücklassen. Erinnere dich an den Säufer in Falkenstein, wie er da saß mit Trostlosigkeit in den Augen. Vergesse niemals diesen Anblick! Das Leben zog an ihm vorbei!"


Sie hatte jenen Anblick nie vergessen, nicht weil man es ihr sagte, sonder weil es sie bis ins Mark schockiert hatte damals. Sie hatte viele Anblicke in Falkenstein und später in Venturia gehabt, welche sie schockierten, anwiderten, ekelten. Von Stumpfsinnigkeit über Ziellosigkeit, Trostlosigkeit und pure Verzweiflung, über Lüsternheit zur Maßlosigkeit und Dukaten regierter Gier, über Hochnäsigkeit, Arroganz und Eitelkeit. Sicher, sie war keine Heilige und all jene Züge spürte sie auch in sich, doch hoffte sie immer, das sie niemals so ausgeprägt aus ihren Augen stechen würden. Hin und wieder, wenn sie bei all zu jungen Menschen, Leuten ihres Alters oder jünger dies sah, suchte sie zu verstehen woher es rührte. Versuchte zu verstehen, was einen Menschen so werden ließ. Oft begegnete ihr die Antwort in grenzenloser Dummheit gepaart mit unglaublicher Disziplinlosigkeit, oder schlechter Erziehung, was sie wiederum als vererbte Dummheit erachtete.

Sie war angekommen an ihrem ersten Ziel. Ihr Blick schweifte über die Stadtmauern, hinüber zum kleinen Stall, weiter zur Wache und schließlich zur Frau.
"Verzeihung, aber könnt ihr mir sagen wo wir hier sind?"
"Falkensee!"


Zuletzt geändert von Lorelay: 16.06.08, 13:56, insgesamt 1-mal geändert.

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 Betreff des Beitrags: Re: "Vertrauen ist Mut und Hoffnung ist Stärke"
BeitragVerfasst: 29.05.08, 17:31 
Einsiedler
Einsiedler

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~ Kapitel I ~


Ihr Name war Kaya, sie schien recht nett zu sein, bereitwillig zeigte sie Marie den Markt. Das Wetter war launisch immer wieder nieselte es und die Massen an Menschen überwältigten Marie, nach den Tagen auf dem Schiff, dann später in Brandenstein und auf dem Weg nach Falkensee. Sie konnte anfangs kaum ein Wort verstehen, immer neue Dialekte, verschiedene Tonarten, verschiedene Lautstärken. Suchend glitt ihr Blick über die Massen, wenngleich sie nichts spezielles suchte, oder doch? Sie wusste es nicht, sie wusste nicht was sie wollte, was sie suchte, was sie tun würde.
„Was kannst du?“ fragte Kaya auf dem Weg zur Bank,
„Nichts“ war Marie's schlichte Antwort.
Ihr war nicht sonderlich nach reden, sie wollte all das was ihre Augen sahen, ihre Nase roch, ihre Ohren hörten erst mal sacken lassen. „Ich kam als Wache von einem Schiff...“ erwiederte Marie schließlich.
„Dann bist du Söldnerin?“
Ja so was in der Art, dachte sich Marie unzufrieden. Söldner, lagen in ihrer Betrachtungsweise nicht besonders hoch, am Ende waren sie nicht besser als Huren die alles taten um an Reichtümer zu kommen. Seufzend schweifte ihr Blick erneut über den Platz.
„Dann solltest du dir einen Lehrer suchen...“
„meinst du?“
Kaya nickte nur. Naja immerhin etwas was sie tun konnte, dachte Marie und sprach kurzerhand den Nächstbesten an. Einmal nur wurde sie abgewiesen und gleich beim Zweiten landete sie einen Treffer. „Naja dann brauchst du aber noch ein wenig Schmalz auf den Armen!“ murmelte der Mann in seiner dreckigen Ausdrucksweise, doch es störte Marie nicht. Viel zulange hatte sie bei den Seemännern gehockt als das es ihr derzeit auffallen täte. Sie wurde weitergeleitet, wenn man das so sagen durfte. Dieser Mann brüllte grobschlächtig über den Markt nach einem anderen. Als sie auch schon bei ihm standen. Marie hatte keine zwei Sätze verstanden als ihr Mitschleifer auch schon die erste Prügelei angezettelt hatte. So ganz verstand sie den Sinn dahinter nicht, doch was wusste sie schon, es ist sein Bier.
„Du hast wirklich Glück, die beiden sind die besten Kämpfer die ich hier kenne!“ flüsterte Kaya ihr zu. Halb enttäuscht, halb erfreut über ihre scheinbar gute Wahl und dem außerordentlichen Glück nahm Marie die Worte in sich auf. Die beiden besten Kämpfer...

„Wichtig ist mir Loyalität!“
Nachdenklich und ernst hörte sie zu und fragte sich zum wiederholten Male ob dieser Mann mit Monokel tatsächlich auf Loyalität vertraute die von jetzt auf gleich zugesagt wurde. Sie hielt ihn nicht unbedingt für Dumm, höchstens für etwas einfältig.
„Ich mache dir einen Vorschlag, du zeigst mir in der nächsten Zeit was ich hier tun muss um an Dukaten zu kommen, begleitest mich und alles... dann lernen wir uns besser kennen, ich lerne eure Werte kennen und kann dir dann sagen, ob ich jenen loyal sein kann.“
„Aber zu den Wachen willst du nicht oder gar zu den Rittern?“
Sie gab es fast auf, sie hatte keine Ahnung was sie wollte oder wohin, schon gar nicht wenn sie keine Ahnung hatte was die Wachen oder Ritter oder der Kauz vor ihr überhaupt hier darstellten. Nein einer Vereinigung wollte sie sich nicht ohne weiteres anschließen. Sie suchte nach den Werten, nach denen ihr Vater gelebt hatte.


„Mut, Ehre, Disziplin, Stärke und Tapferkeit, Marie, verbunden mit dem Leben ergibt die Quintessenz der wahren Freiheit!“

Freiheit, ein verlockendes Wort, vor allem nach einer sechswöchigen Überfahrt. Sie wusste nicht was ihr Vater damals mit der „wahren Freiheit“ meinte, doch es schien ihr fern zu sein, ob ihre Mutter wohl je Freiheit gespürt hatte? Ihre Gedanken schweiften wieder ab, während sie die Maskerade der gewissenhaften Zuhörerin mimte.

„Dann folge am besten meinen Bruder, er wird dich mit zum prügeln nehmen!“
Prügeln, prügeln hörte sich schon mal gut an, dachte sie noch wenngleich ihr der Beigeschmack dieses Wortes nicht behagte, doch so sprachen sie wohl alle. Sie folgte dem kleinen Mann raus den sie gut um einen Kopf überragte und maschierte seinem Bruder einfach nach. Das sie die „Neue“ war, wie man ihr später sagte, ließ man sie recht deutlich spüren. Immer wieder musste sie die Worte an die Leute wenden, sich immer wieder wiederholen, immer wieder das selbe sagen, bis der Sinn ihrer Fragen oder Sätze irgendeinen Gehörgang fanden.
„Er sagte du nimmst mich mit zum Prügel!“
„Ach? Dann soll ich mich also um dich kümmern? Jau dann komma mit!“
Sie folgte nur und schwieg, fragte sich selbst noch skeptisch ob man sie in jener halb zerrissenen Stoffkleidung wirklich Gegnern vorsetzten wollte und dem letzten Gedanken noch nachhängend hörte sie ihren Namen.
„He Marie willst du oder soll ich? Kannst gleich mal ran!“
Sie erkannte den alten, schmuddeligen Magier wieder, der wirr vor sich her sprach, zusammenhangslos nuschelte, kauzige Mimik begleitete seine Worte.
„Ich will meinen Nachtschatten!“
Irritiert musterte sie den Mann, wurde er nicht gerade erst zusammen geschlagen? Erst als er drohte Tiere zu verbrennen, setzte ihr Körper sich in Bewegung und sie wollte ihn festhalten. Manche mögen sagen das es die Ironie der Götter ist, das nicht jenes Tier, sondern Marie selbst es war die keinen Moment später in Flammen stand. Sie hörte das knistern ihrer Haare, das schmoren ihres Stoffes, das Flackern der hellen Flammen, die Schreie des Anderen, sie roch verbranntes Fleisch, Haar und Stoff, schmeckte das Blut auf ihren Lippen, das Feuer in ihrem Rachen, sie spürte die leckenden Flammen an ihrer Haut, die spitzen Steine auf dem Boden auf welchem sie rollte um die Flammen an ihrem Körper zu löschen, spürte wie ihre Haut ob der Hitze riss, ihr Körper austrocknete.
Marie fühlte sich gelinde gesagt elend. Sie hörte wie man sich um ihren „Prügelkameraden“ kümmerte, ihm aufhalf, mit ihm sprach, ihm Ratschläge gab. Doch sie lag nur dort, im Dreck mit zerschundenem Körper und allein. Keiner kannte ihren Namen, keiner interessierte sich dafür das sie sich dem Tode sehr Nahe fühlte. Langsam schloss sie die Augen, verlor die Sterne aus dem Blick, folgte nicht mehr den Wegen der Wolken mit dem Blick, sie vernahm nur noch den brennenden Schmerz auf ihrer Haut, wo die Flammen durch die Kleidung drangen. Sie war bereit zu gehen, zu schweben, zu fliegen, zu gleiten, zu reisen wohin auch immer ihr Bewusstsein tragen würde, als sie deutlich zwei starke Arme spürte. Ihre Augenlider zogen sich hoch und sie sah in ein altes bärtiges Gesicht, es war dem ihres Vaters nicht sehr unähnlich, doch dieser alte Mann roch nach Wald und trug sie. Erst an einem Baum setzte er sie wieder ab, nahe den Menschen die sich um ihren Prügelkameraden kümmerten. Sie hörte, sah und wusste das auch jene Kaya dabei war und wiederholt erlebte sie was Frauen für einen vermeintlich starken Mann alles taten. Eine Weile nahm sie das Schauspiel mit geschlossenen Augen wahr. Ihr Retter jedoch schien auf die Hilfe jener anderen Meute zu hoffen. Sie verübelte es ihm nicht und flüsterte ihm einen Dank hinterher.
„Wie geht’s dir?“
Sie wusste nicht ob die Hobbitlan oder Kaya oder gar ihr Prügelkamerad ihr jene Frage gestellt hatten, sie wusste nur das ihre Zunge sich wie ein voll gesogener Schwamm in ihrem Mund nicht regte. Irgendwer reichte ihr noch etwas zu trinken, doch die Aufmerksamkeit lag bei jenem Mann. Hier wirst du keine Hilfe bekommen, gestand sie sich irgendwann ein und erhob sich mühseelig.
Wie sie schlussendlich den Weg zum Brunnen bewältigte war ihr unklar, doch das Wasser das nun über ihre Lippen floss löste die starre Faulheit ihrer Zunge.
Vorsichtig mit zusammengebissenen Zähnen wusch sie nach und nach die Wunden aus, löste den Stoff aus jenen und kämpfte mit den Tränen. Bis sie sich schlussendlich nur noch setzte, die Leute beobachtete welche vorüber zogen, die Blicke erhaschte mit welchen man sie betrachtete. Sie saß dort, hatte wohl nichts mehr, außer jenen zerlumpten und verkokelten Kleidungsstücken an ihr. Sie fühlte sich elend, fragte sich ein ums andere mal was man wohl in ihr sah.
Marie betrachtete die Leute, hörte still zu, wenn sie in der Nähe mit ihrem Reichtum prahlten und langsam aber sicher ging ihr auf, das man hier, als auch woanders niemals in Lumpen laufen sollte, wenn man das Mindestmaß an Achtung suchte. Achtung, dies war etwas das sie bis zu jenem Zeitpunkt noch gar nicht hier sah ihr selbst gegenüber und seufzend suchte sie nach der Lösung aus ihr Problem.

Mortijen Aragan fand sie nachdem sie als Bettlerin dargestellt wurde, suchte sich sicherlich auch für sie einzusetzten, daran zweifelte Marie in diesem Moment nicht, doch dieser Mann war von sich selbst eingenommen, gewohnt die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen und wie ungnädig er werden konnte, so dies nicht der Fall war zeigte sich kurz später. Wie froh war sie nicht sofort ihre Loyalität bekundet zu haben, wie froh war sie mit Vorsicht an jene neuen Gesichter getreten zu sein. Dieser Mann hatte den Jähzorn nie besiegt und würde es vermutlich auch nie, er schien ihn zu mögen, schien sein Dasein in jedem Moment voll und ganz für richtig zu erachten.
Es fing damit an, das eine gewisse Dame auf sie zukam, während sie noch immer nachdenklich auf der Bank am Brunnen saß. Ihre Mimik war freundlich, ihre Stimme ebenso, doch die Worte waren, ob Marie's Beobachtungen ein zweischneidiges Schwert. Ein Mann welchen sie zuvor schon eine Weile mehr aus Langeweile beobachtet hatte sei an ihr interessiert. Wie sollte sie nur verdeutlichen das ihr an solcherlei Interesse überhaupt nichts lag und da saß er auch schon. Schmeichelte, verführte, lockte und säuselte. Sie hatte von ihrer Mutter als auch ihrer Tante von jenen Künsten der Verführung gehört, doch das sie sich derart oberflächlich, aufs Einzige beschränkend, flach und fast verlogen anhörten und -fühlten hätte sie im Traum nie gedacht. Er gab nicht auf, es gesellten sich gar noch einige andere dazu, um sein Schauspiel zu bewundern. Einmal mehr kam sich Marie wie eine Zirkusattraktion vor und sie verabscheute es, verabscheute das Gefühl das sich in ihrer Magengegend breit machte, verabscheute jene Leute die sie dahin gebracht hatte. Nachdenklich musterte sie die Mimik des hageren Mannes der nun neben ihr saß, als sie auch schon beschloss sich nicht auf diese Ecke drängen zu lassen. Es war gar amüsant jenen Mann abzuweisen, um dann zuzusehen wie er nachdenklich sämtliche Ecken seines Hirns durchkämmte, um doch noch eine Verlockung für Marie darzustellen.
„Lass die Finger von ihr!“
Da war er, Mortijen Aragan. Für einige Momente war sie sprachlos, wie selbstverständlich gebat er darüber mit wem sie wie zu reden hatte und als sie endlich die Sprache wieder fand, standen sich jener hagere Mann und er sich auch schon gegenüber, kurz davor sich an die Gurgel zu gehen. Sie zweifelte nicht daran das ihr Verführer Mortijen zeigen würde, wie kurzsichtig Jähzorn war, doch in diesem Moment wollte sie ihren „Prügelkameraden“ noch vor der anstehenden Lektion bewahren, nein noch mehr, sie wollte wissen woher er sich das Recht nahm so über sie zu herrschen.
„Du bist mein Lehrling und ich geb die Regeln vor, so einfach ist das!“
Marie blieb glatt die Spucke weg und ihr eigener Zorn regte sich. Noch nie wurde sie minder behandelt, noch nie so eingeschränkt. Es kam wie es kommen musste. Die Situation eskalierte, sie war nicht bereit auch nur einen Schritt klein beizugeben, dafür war sie sich selbst zuviel wert, lieber würde sie von diesem Mann getötet werden, als seinen selbstverliebten Anweisungen zu folgen.
Er kam nicht dazu sie zu töten, doch hätte er es zweifelsohne getan. Er hatte sie geschlagen, ein dumpfes Pochen war in ihrer Wange, wo er sie mit seiner Stirn traf und ihr Magen drehte sich langsam nur, quälend langsam um die eigene Achse, als ihr Körper den Faustschlag des Mannes realisierte. Sie hatte damit gerechnet, sie hatte auch damit gerechnet weit schlimmer hergerichtet zu werden, womit sie jedoch nicht rechnete war. Das jener Verführer sich erst für sie einsetzte um ihre Rache geltend zu machen nur um dann freundschaftlich schulterklopfend mit diesem Egomanen zurück zu kehren. Es war für sie unverständlich, einmal mehr erlebte sie schockiert wie wenig Moral und Prinzipien hier galten, etwas das bislang ihren ganzen Lebensweg und ihre Erziehung begleitet hatte. Mortijen Aragan war nicht nur jähzornig, nein er war dumm. Dumm wie sie selten einen Menschen erlebt hatte, doch sollte sie durchaus noch dümmere kennenlernen. Die Dummheit seines Wesens war nichtmal das Problem, die Kombination mit seinem Jähzorn machten ihn zu einer Gefahr. Kurtisane nannte er sie, wenngleich sie wusste das er darin ein Schimpfwort sah, verstand sie das Geschimpfe in jenem Wort nicht. War es doch nur ein Synonym für eine Mätresse, einer Frau welche das Liebesspiel beherrschte, lehrte und vor allem es nicht über sich ergehen ließ. Sie hatte gehört, das jene Frauen hoch anerkannt waren, zum Teil bei zwangsgeschlossenen Ehen gar größeren Einfluss über die Ehegatten besaßen als die eigene Gemahlin, es war gar so, das er behauptete seine Mutter selbst sei eine Kurtisane gewesen, eine Favoritin, eine Geliebte und doch suchte er sie damit zu beschimpfen. Hatte er in all den Jahren nur versucht den fahlen Beigeschmack einer Dirne in etwas Eleganteres zu kleiden? Möglich war es.
Ihr fiel es schwer in ernst zu nehmen, trotz der Gefahr die von ihm ausging. So entschloss sie sich ihn zu ignorieren, selbst als er weiter um ihre Aufmerksamkeit zu buhlen schien in dem er sie provozierte, versuchte sie zu Verkaufen, sie Anbot wie Ware auf einem Markt.

Maries erste Nächte waren voller Zweifel, nichts band sie an jenen Ort außer ihrer finanziellen Lage. Alsbald müsste sie zusehen Dukaten zu verdienen um vielleicht andersorts einen Anfang zu finden zu einem Ziel das es noch nicht gab. Betrübt über ein fehlendes Ziel war sie nicht mehr, viel höher wogen die Wellen der Erschütterung, dass sie bislang ein offenbar fremdes Leben gelebt hatte, dass sie kaum einen Menschen mit Prinzipien und Moral fand, dass die meisten kaum, das man an ihrer Oberfläche kratzte nur noch ein „Nichts“ zu bieten hatten. Wollte sie wirklich an jenem Ort ein Ziel suchen, das sie bislang eh nie gefunden hatte?


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 Betreff des Beitrags: Re: "Vertrauen ist Mut und Hoffnung ist Stärke"
BeitragVerfasst: 16.06.08, 13:53 
Einsiedler
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„Und was lest ihr so?“ fragte sie in den Raum hinein, Marie hatte ihre Rüstung unten abgelegt und schaute sich ohne jegliche Befremdungen das Haus an.
„Erotikliteratur unter anderem, doch habe ich derzeit nichts mehr im Haus..“
Ihr blick schweifte durch das spartanisch eingerichtete Zimmer und fragte sich, warum er ihr dies sagte. Als ihr Blick seine Gestalt wiederfand, betrachtete sie zum ersten Mal den Mann in ihm. Er sah außergewöhnlich aus, dazu die geschmeidige Muskulatur eines Kämpfers. Die Anspielung oder Erwähnung dessen was ihn zu dem machte was er war – nicht mehr oder minder ein Mann mit Erfahrungen, ließ sie hellhöriger werden als es Marie bewusst war. Und doch hegte sie noch immer keine Scheu. Sei es die Tatsache das sein Herz wohl schon vergeben war oder das schelmische Zwinkern, er hatte ihre Neugier geweckt und nicht nur die Neugier auf einen anderen Menschen, ihn ihr begann leise und unbemerkt ein kleiner Brunnen der Neugier auf den Mann vor ihr zu sprudeln. Gleich einer Bergöffnung die von dem kleinen dünnen Rinnsal über Jahre geöffnet wurde und nur wenige Maß Wasser durch gab. Als sie hinunter gingen war ihre Laune gelöst und frei wie schon lange nicht mehr. Möglich wäre es ja auch, das er sie nur darauf aufmerksam machen wollte, nicht zu leichtgläubig mit ihm zu verfahren. Das er sie warnen wollte, oder klar stellen wollte wen sie hier vor sich hatte.
„Verzeih mir die Frage, aber es ist kaum zu übersehen das ihr euch abbindet.“ Seine Hände gestikulierten an seinem eigenen Körper und wieder war da dieses seltsame Gefühl. Nicht nur das sie sich irgendwo geschmeichelt fühlte, nein er hatte klar und deutlich seine Aufmerksamkeit ihrem Körper gegenüber angesprochen ohne dabei irgendein Verlangen zu zeigen. Im Nachhinein betrachtet kam es Marie seltsam vor, das genau jenes sie anzog, das genau jenes den wunden Punkt in ihr gut tat, doch weiter gedacht hielt sie es nur für verständlich, wenn man in Betracht zog, wie geschmäht sie sich gleichzeitig vor kam, durch die Anschuldigungen eines Fremden und durchaus auch durch ihre Unerfahrenheit.
„Ja das ist richtig.“ Erwiederte sie nur schlicht.
„Warum?“
„Es behindert im Kampf!“ Vorsichtig und mit etwas Skepsis blickte sie zu dem Mann vor ihr auf und musterte seine Züge als er herzlich vor sich her lachte. Es war die Unbeschwertheit in der er lachte, diese Gradwanderung an Desinteresse und widersprüchlichen Worten, die sie zu dem Entschluss kommen ließen er lache sie nicht aus und es war befreiend. Sie stimmte in sein Lachen ein und es wurden weitere Scherzreden getauscht.
„Mit dir kann man Alltägliches erleben, ich glaube das hat mir gefehlt.“ hatte er im Verlauf des Abends gesagt und wenngleich sie es nicht zeigte, hatten diese Worte sie länger ins Nachdenken versunken und ihr mehr gegeben als sie selbst vielleicht wollte. Sie hatte ihm nur mit einem sanften Lächeln geantwortet. Sie war mit ihm einig geworden den Abend besonders zu gestalten, besonders, unbefangen und genüsslich.
„Wisst ihr was eine Naschorgie ist?“ Sie hatte all die Leckereien in ihrer Küche gesehen und sich unwillkürlich gefragt, wann er das letzte mal einem Krapfen in dem Genuß gehuldigt hatte der ihm zustand. Wann er das letzte mal die Wonnen gespürt hatte, die über die Zunge kitzelten bei all diesem feinen Essen. Ein Schauer des Wohlgefühls lief über ihren Rücken, als sie die Felle in der Küche ausgebreitet hatten und beide vom Kuchen naschten und vom Bier tranken. Es herrschte lange Zeit ein Plauderton und diese gemütliche Eintracht und die Leichtigkeit des Kennenlernens zog sanfte Kreise in ihr wie ein kleiner Kiesel der in Wasser fällt. Umso irritierter war sie, als der Alkohol ihn langsam zu seinem Wesen zog. Ihn langsam auf den Pfad zu sich selbst sog und er stiller wurde und nicht nur ihn, seine immer ruhiger werdende Art zog sie mit und weckte Sehnsüchte nach Nähe und Vertrautheit. Sie duldete seine Hand auf ihrem Schenkel, es lag nichts forderndes darin, sie empfand es eher als Wunsch nach Nähe und zog sie an. Sie hatte sich langsam und zögerlich an ihn geschmiegt und die Augen geschlossen. Für Marie war es ein Augenblick seit Jahren wo sie wieder etwas wie Halt fand, Halt auf dem sie aufbauen konnte, neue Ziele zu entwickeln, Ziele die sie für so wichtig hielt. Nicht im entferntesten kam ihr in den Sinn ihm an diesem Abend ihre Unschuld zu schenken. Für sie waren jene Worte wie Vertrauen, einander kennen und akzeptieren viel wichtiger und Vorreiter jenes Geschenkes, das sie nur einem schenken wollte und ob er jener welcher sein sollte hielt sie an jenem Abend noch für ausgeschlossen.
„Ich werde ein Bad nehmen!“ Es klang wie ihr Stichwort zu gehen, doch es sträubte sie hinaus auf die Straßen zu gehen, wo die Menschen einander abmaßen und nach Schwächen suchten. „Soll ich gehen?“ Ihre Stimme war leise und zögerlich, ihr behagte die ganze Situation nicht wirklich, doch das Bier verhinderte klareres Denken. Sie wusste nur sie wollte nicht in ein lüsternes Bad mit ihm fallen, um dann festzustellen, dass sie was tat was Unwiederrufbar war, doch sich nun zu trennen und wieder allein zu sein hielt sie für eine ebenso schlechte Wahl.
„Ich habe sicher noch ein Handtuch...“
Fast lächelnd nahm sie zur Kenntnis, das er wohl wahrhaftig nur ein Bad wollte, eine Reinigung des Körpers, ihre Zweifel waren wie fort gespült, nur das leichte Rumoren in ihrer Magengegend erinnerte sie noch daran Achtsam zu sein. Es war eine bizarre Situation, noch vor einigen Momenten hatte sie seine Nähe gespürt, seine Körperwärme gefühlt und nun saßen sie sich schräg gegenüber in einem riesigen Bad und eine halbe Armee hätte zwischen ihnen Stellung beziehen könnten, dachte Marie. Alles in ihr sehnte sich danach Körperkontakt zu finden, wenngleich sie nicht wusste wie sie ihren durchaus unschuldigen Wunsch auch auf jene unschuldige Art ausdrücken konnte. Sie beobachtete diesen Mann, jenen Erfahrenen, mit der geschmeidigen Muskulatur eines Kämpfers, sie sah wie seine Mimik sich entspannte, er langsam den Quell des Friedens in sich fand und daraus schöpfte. Er hatte sie unter seine Oberfläche blicken lassen, ihr jenes Vertrauen der Verletztbarkeit geschenkt, er hatte ihr Nähe gegeben und ihr sie zum Lachen gebracht, sie fühlte sich zu Dank verpflichtet.


„Mama, warum bekam Seline soviel Ärger weil sie nicht dankte? Es war doch nur ein Apfel. Ich hätte auch nicht gedankt. Ich weiß sie hätte es nicht erwartet!“
„Marie, vergesse niemals die Dankbarkeit! Dank ist der Boden der Freude, und Freude die Quelle eines gesunden Lebens. Du willst doch glücklich sein oder? Dann vergesse niemals die Tugenden der Dankbarkeit und Ehrlichkeit.“
Marie war bereits zu sehr mit den belehrenden Worten ihrer Mutter beschäftigt als sie noch sagte:

„Doch stelle dich niemals unter die Stufe des Empfängers Marie, und erwarte niemals, das jene die ihre vermeintliche Schwäche eingestehen sich unter dir unterordnen!“


Sie hatte sich auf ihn gekniet und ihre Hände glitten sanft über seine Gesichtszüge, sie wollte ihm keine Verheißungen anheim kommen lassen, sie wollte ihm ein ebensolches Wohlgefühl zukommen lassen wie sie es empfand. Sie spürte das leise pochen ihres Herzens nicht. Sie empfand noch immer jene Wärme als sie auf die Straße trat. Es war ein schöner Abend gewesen, sie fand nichts zu bereuen, sie hatte Nähe gefunden ohne mit etwas dafür zu bezahlen und ein Lächeln stahl sich auf ihre Lippen.

Kurz vorm Schlafen gehen schweiften ihre Gedanken nochmals zu dem hageren Mann der ihr mit dem Namen Hendrick vorgestellt wurde. Kurz bevor sie sich auf jenen gemütlichen Abend einließ, hatte sie mit ihm noch in der Taverne gesessen. Nachdenklich suchte sie ihn einzuordnen, versuchte sich klar zu machen welche Rolle er in ihrer kleinen Welt spielte. Er war wie ein kleiner unerfahrener Wolf, der wann immer man ihm zusah, Vergnügen bereitete in seinen tapsigen Bewegungen, doch man konnte die Geschmeidigkeit seines Wesens erahnen, man konnte ahnen welch gefährlicher Gegner er sein würde, so er nur die Strotzigkeit der Jugend abschweifen würde. Es entlockte ihr gar ein Lächeln, wenn seine Mimik von heller Freude in tiefe Traurigkeit sank, so ihm ein Fang entging. Vor allem aber versuchte sie zu Beginn noch seine Liebe zu eben jener Frau zu verstehen, welche ihn alles um ihn herum vergessen ließ. Er hatte an jenem Abend seine Wunden geleckt, sie, Marie eher geduldet. Sie wollte die meiste Zeit gehen, doch sie sah das es ihm nicht gut ging. Sie sah wie etwas in ihm zerschnitten war und sie hatte sich die meiste Zeit dafür verflucht so anteilnahmsvoll und sehfähig zu sein. Sie hatte sich ausgenutzt gefühlt, wenngleich er nie um ihre Gesellschaft gebeten hatte, sie war jene gewesen die Gesellschaft gesucht hatte. Er hatte gar um sich gebissen als sie versuchte zu verstehen und doch, er hatte ihr an jenem Tag noch eine Ausrüstung gegeben, damit sie ihrem Weg weiter folgen konnte. Sie wusste nicht recht was sie von jenem Geschenk halten sollte, war es aus der Verpflichtung entstanden? Wenn ja legte sie wenig Wert darauf, war es von seinem Wesen aus gekommen, dann hätte sie sich gründlich in ihm geirrt. Doch sie wartete, sie wartete darauf ihn weiter beobachten zu können, um ihn besser kennen zu lernen. Vielleicht würde sie dann auch irgendwann dieses Gefühl verstehen, das ihn von innen zu zerfressen schien.

Der nächste Tag begann sonnig, schon mit einem Lächeln stand Marie auf und kleidete sich an. Sie war voller Lebensfreude gewesen und voller Tatendrang. Sie würde gleich einmal versuchen einige Kleidungsstücke einzufärben, und ihre Haare schneiden. Das treiben des Marktes hielt sie kaum auf, und mit einem fast enttäuschten Lächeln stellte sie fest das sie die Farbe die sie wünschte wohl nicht anrühren konnte, doch dies sollte ihre Laune nicht trüben. Viel mehr jenes was danach geschah. Ein Mann in der Uniform der Wache kam in jenes Handelskontor, die Armbrust geladen.
„Keinen Schritt weiter, und rück die Dukaten raus!“
Seine Stimme war kalt, ebenso sein Blick und Marie schloss die Augen. Nein, nicht schon wieder! Echote es durch ihren Kopf. Verzweiflung machte sich in ihr breit, würde sie immer wieder Opfer jener Rückhaltlosigkeit sein? Würde sie ihr Leben immer weiter am Rande des Exitus führen? Was hatte sie an sich, das sie stetig die Zielscheibe solcher Menschen wurde.
Sie hatte keine Dukaten, dafür aber bald einen Bolzen im Fuß, der heißen Schmerz durch ihren Körper jagte, der sogar den Fall die Treppe runter nur als dumpfen Stoß von weither erfühlen ließ. Sie hatte das Gefühl Zyklen zu brauchen, bis sie sich die Treppe wieder hoch gekämpft hatte und die Tür aufdrücken konnte.

Erneut kam ihr an jenem Tag ein Magier zur Hilfe, ehe sie von jenem Mann eingesammelt wurde.
Sie war frustriert und traurig, jetzt wo sie etwas Halt gefunden hatte sollte es doch bergauf gehen, sie wollte sich endlich dem widmen was schon so lange überfällig war, einem Ziel. Doch wieder hatte das Schicksal sie gnadenlos mit trockenem Humor auf den Boden Falkensee's geholt und spöttisch über sie gelacht. Wieder saß sie Hilfesuchend und -bedürftig bei eben jenen für den sie stark sein wollte. Sie fühlte sich elendig schwach. Erst durch das Klopfen an seiner Tür wurde sie aus seinen Gedanken gerissen und ein weiteres seltsames Gefühl machte sich in ihrer Magengegend breit als er jenen Besucher abwies. Schämte er sich für sie, dass er Bekannte und Freunde nicht zeigen wollte das sie sein Besuch war?


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BeitragVerfasst: 16.06.08, 17:15 
Einsiedler
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Sie waren ins Obergeschoss gegangen, und sie saß auf seinem Bett. Ruhig unterhielten sie sich über Ansichten und Meinungen, als er ihr jenes Zimmer anbot zu bewohnen, das wohl schon seit Ewigkeiten leer stand. Sie hatte lächelnd angenommen, und war neben ihm eingeschlafen. Es war ein unschuldiger Schlaf gewesen und wohl ebenso unbequem. Als sie erwachte fror sie, trotz oder gerade ob ihrer Kleidung. Sie stand an der Fensterfront und beobachtete das Treiben auf der Straße. Ihr Blick fiel kurz über ihre Schulter als er erwachte und sie suchte sich an jenen vorsichtigen Kuss zu erinnern, den sie geteilt hatten. Es lag eine warme Atmosphäre in der Luft, sie fühlte sich wohl, wenngleich er oft stiller wurde. Sie waren aufgestanden und zum Marktplatz geschlendert.
„Können wir uns auf etwas einigen?“ Sie hatte zögerlich die Frage gestellt, noch nicht wissend wie sie folgendes beschreiben sollte.
„Können wir uns darauf einigen, das du die Geschicke außerhalb dieser Tür lenkst und ich sie aber lenke sobald wir dahinter sind?“
„Das hört sich gerecht an.“ Er hatte langsam genickt, doch sie zweifelte das er den Sinn dahinter voll verstanden hatte. Sie fand sich selbst gar etwas verschlagen, als sie jene Bitte gestellt hatte, doch im Grunde hatte sie mehr zu verlieren. Sie hatte es erst als vages Gefühl wahr genommen, doch immer öfter beobachtet, wie er in der Öffentlichkeit auf Distanz aus wahr. Sie wusste nicht was sie von ihm wollte, wie weit jenes Spiel das sie begonnen hatten, gehen würde. Doch einer Sache war sie sich sicher, sie wollte ihm nicht mehr von sich geben, als er ihr vor aller Augen. Vielleicht war es seine distanzierte Art die sie aufweckte und wieder wachsam werden lies. Doch sie konnte und wollte sich niemals wem hingeben, der sie nur in Heimlichkeit begehrte. Sie wollte nicht Mätze eines Mannes werden und mehr als ihr Herz verlieren ohne all jenes was sie zu geben bereit war zurück zu bekommen. Wie sollte sie sich dann auch wieder im Spiegel betrachten können, sie hatte sich nie besonders mit ihrem Selbstwertgefühl auseinander gesetzt, doch noch nie war sie in Versuchung geraten es zu umgehen.

„Lyrius ist Schneider!“ Sagte er und sie musterte jenen Mann in grauen Kittel vor sich. Er war kaum älter als sie selbst, doch die Furchen in seinem Gesicht sprachen von einem Leben, das weitaus älter war als ihres.
„Weißt du noch...“ begann Lyrius in einem rauen Tonfall, der sich dennoch herzlich in Marie's Ohren anhörte. Der Tonfall gefiel ihr, er war solide, seine Gestik und Mimik hatte nichts verschleierndes. Lyrius Telrunya war auf raue doch herzliche Art scheinbar ein solider, ehrlicher Mann, dachte Marie, während sie nur mit halben Ohr auf jene alten Kriegsgeschichten hörte, welche die beiden Männer austauschten. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen, während sie den beiden Männern weiter still zuhörte. Sie hatte nur einmal jene Männerunterhaltung unterbrochen, als sie Lyr nach einem Termin fragte. Und wieder still gelauscht.
„Bis morgen zur 5. Stunde, vergiss es nicht Lyr!“ hatte sie ihm fröhlich nach gerufen. Sie kannte jenen Schneider kaum, doch diese Ehrlichkeit des Erscheinens machte ihn für sie sympathisch.
Es war etwas das sie bislang kaum gesehen hatte. Jene beiden Männer um sie waren Männer die wussten wer sie waren, und auch keinen Hehl daraus machten oder es lautstark propagierten, damit andere es ihnen ab kauften. Es schien ihnen schlicht weg egal zu sein, was andere von ihnen dachten und genau das war der Punkt der in Marie die meiste Achtung hervorrief.

Sie hatten sich beide verabschiedet und Marie schlenderte über den Markt und blieb an einem Stand eines Schürfers stehen. Nachdenklich überflog sie die Barren und machte sich Gedanken über ihre Ausrüstung. Sicher sie hatte eine, das war mehr als vor einigen Tagen, doch es war keine optimale Ausrüstung. Sie hatte keinerlei Ahnung von Rüstmetallen. Fragen würde schon nicht schaden, wenn jener Händler nur genug Geduld aufbringen könnte. Immer wieder hatte sie jenes Gespräch zu beginnen versucht, doch der Bergmann schien weit gefragt zu sein und immer wieder gab es Unterbrechungen.
„Lass .... Freundin nicht länger warten..“ Ihr Blick huschte auf und sie musterte jenen Fremden nochmals genauer. Wenngleich die Kapuze ihm tief im Gesicht hing meinte sie das rote Auge erkennen zu können. Wer war dieser Mann, das er wusste wer sie war und das sie Kontakt zu ihm hatte. Hatte er gar über sie gesprochen? Ihr Blick folgte ihm still, wenngleich sie sich fragte wie jener Mann in Lumpen gehüllt in das Bild von dem Leben passte das ihr jener Ältere gezeigt hatte. Doch schon bald verschwomm er in der Menschenmenge, war kaum noch auszumachen, als hätte es ihn nie gegeben. Sie rieb sich kurz über die Stirn und blickte zurück zum Bergmann. Sie bekam die Gelegenheit all ihre Fragen zu stellen und die meisten gewünschten Antworten ebenfalls. Marie war zufrieden, als sie sich vom Stand entfernte und sich am Brunnen niederließ, wenngleich sie nicht so genau wusste was sie nun anzufangen hatte, mit dem neuen Wissen.
Da war er wieder, jener Mann im dunkelgrünen Poncho, der aussah als würde ihn nur noch Schmutz zusammen halten. Seine Hände waren verdeckt und sein linkes Auge fehlte. Ohne Zweifel stand vor ihr jemand, der im Schatten des Daseins lebte. Immer wieder klang die selbe Frage durch ihren Kopf: Wer war er?

„Wollt ihr euch nicht setzten?“ ihr Blick haftete noch immer an der Gestalt des Mannes. Es war ein vorsichtiges Abtasten wohl, unter dem Deckmantel der Offenheit obgleich, ihrerseits. Wieder spürte sie die Neugier in ihr erwachen, doch es galt der gesamten Person, der gesamten Erscheinung. Erst als das Gespräch, dem Belanglosen etwas wich kehrte man auf die Terrasse der Taverne. Noch immer wusste Marie nicht wie jener Mann für den sie was empfand, zu ihr stand und sie wollte auch nicht auf dem Markt aus posaunen wie es um sie stand. Im Grunde wollte sie dem Mann neben sich nicht mal viel sagen.
„Wie heißt du?“
„Argon, Rodran Argon...“ stellte er sich simpel vor. Schon nach wenigen Momenten, stellte sich ihrerseits Vertrauen ein, doch auf eine ungekannte Art und Weise. Sie traute ihrem Gegenüber alles zu, auch das er sobald sie sich voneinander verabschiedet hätten sie mit dem Messer in der Hand wieder aufsuchen würde. Sein verbliebenes Auge drückte an jenem Tag soviel Gefahr aus, wie es bizarrerweise auch Vertrauen weckte. Rodran Argon gab sich nicht mal die Mühe, sich als ungefährlich darzustellen, legte allerdings auch keinen großen Wert darauf, die Vorsicht seines Gegenübers unnötig aufzubauschen. Er saß neben Marie, so wie er war und änderte sich auch im Verlauf des Abends nicht. Er lebte konstant nach jener Linie der Ruhe die er auf sie ausstrahlte. Er war in sich, stand nicht neben sich, lenkte seinen Körper nicht wie eine Marionette wie es viele taten, in Anbetracht dessen was Marie später erfahren sollte, war es fast die Ironie des Schicksals das sie in ihm mehr Leben sah als in manch anderem.
„Er ist einer der wenigen mit dem meine Sippe keine Probleme hatte.“ Sprach er und das Gespräch folgte einem etwas stockenden Pfad zu seiner Sippschaft. Marie hörte still zu, glaubte fast ein dunkles Timbre an Emotionen zu erfühlen, wann immer das Gespräch sich der Verwandtschaft widmete. Nicht nur seine, nein er befragte sie auch nach ihrer. Familienthemen schienen sein großes Interesse zu sein, wenngleich sie es im Grunde etwas seltsam fand, doch sie nahm die Gelegenheit wahr, ihre Verwandten aufleben zu lassen, sich das Bild ihrer Eltern wieder vor die Augen zu rufen. Es war einfach, es war ungezwungen, es war das schlichte Interesse aneinander, das sich entwickelt wie wenn ein Meister seines Handwerks, die Kunst eines anderen betrachtete. Es war dunkel, als er ihr seine Vettern vorstellen wollte, zögernd folgte sie ihm, umso unbehaglicher war es ihr, als sie schließlich vor einem Grab stehen blieben. Beklemmend war das Gefühl der Trauer, das in ihr aufkam und die vermeintliche Erkenntnis weshalb in diese Themen so beschäftigt hatten. Sie wusste wenig zu alldem zu sagen, sie wusste nicht wie sie ihre Anteilnahme ausdrücken konnte, wenngleich sie es dringend wollte. Trotz des Vertrauens, das wohl Gegenseitigkeit fand, war er jemand den sie erst an diesem Tag kennen lernte. Jemand der es offenbar gewohnt war, sich berührungslos in Menschenmengen aufzuhalten. Der Abend klang aus mit seinen Worten:
„Wir sehen uns..“ und damit verschwamm er erneut in der Menschenmenge, ohne das ihr Blick ihm hätte lange folgen konnen.

Am nächsten Tag fand sie den Mut sich endlich dem Gestank in der Kanalisation zu widmen, noch vor dem Treffen mit Lyrius lernte sie Roland kennen, einen Jäger dem sie einige Pfeile verkaufen konnte und welcher eine tragische Geschichte zu erzählen wusste. Sie folgte den ersten Lehrübungen die ihr ein Bekannter gegeben hatte. Siegfried Xenophar wurde des öfteren für seine Künste in anderen Munden gerühmt, wieviel dies Wert war, erkannte sie erst später, doch jener Mann, der auch das Geschehen mit Mortijen Arragar beobachtet hatte, erkannte schnell ihre Schwächen und Stärken in der Kampfeskunst, und zeigte ihr schlichte Übungen mit denen sie ihre Schwächen zu Stärken wandeln konnte. Es fehlte eben nur jene Übung. Verbissen hatte sie sich abgemüht und kam sich am Ende doch recht schwach vor, doch langsam füllte sich ihr trostloser Alltag, wenngleich sie müde war, freute sie sich auf den Weg nach Brandenstein, wo sie mit Lyrius verabredet sei. Doch noch bevor sie Falkensee verlassen hatte, blieb sie am Stand einer Feinschmiedin stehen. Die Kerzen hatten ihre Aufmerksamkeit erregt und ihre Gedanken schweifte zu dem bedrückenden Teil des gestrigen Abends. Sie wusste nicht wie er es auffassen würde, doch sie glaubte fest daran das er jene einfache Geste und jenes im Grunde wertloses Geschenk achten würde. Sie bezweifelte das Rodran es auf wertvolle Geschenke ankam, viel zu sehr schien er an den Menschen im allgemeinen zu interessiert zu sein, als an ihren Besitztümern und doch hoffte sie im Stillen, das er über jene Geste nicht lachen würde und sie falsch einschätzen würde. Sie hatte am Vorabend keinen passenden Trost gefunden, was ihr geradezu peinlich war, sie hoffte es sei nicht zu spät.

Es war seltsam für sie den Hafen wieder zu sehen, den Ort wo sie genächtigt hatte, den leeren Ankerplatz wo einst das Schiff lag, mit dem sie gekommen war.
Umso weniger wunderte sie sich als sie Lyrius mit Rodran zusammen begegnete, es passte einfach. Jenen Schneider, mit seinem schleierlosen Auftreten, und eben jener Mann, dem sie ohne zögern gleich ihr Vertrauen schenkte.
„Du gewährst ihr den vollen Argon-Rabatt?“ Ihr entging Lyrius Verwunderung ob der Frage nicht, und ein beschämendes Gefühl machte sich in ihr breit. Sie wollte jene neue Kleidung durchaus nicht ablehnen, sie hatte zu wenig als das sie es sich hätte leisten können, doch wie immer, wenn man ihr etwas zukommen ließ, dessen Wert höher war als sie es sich wohl hätte leisten können, wurde sie unruhig. Wie sollte sie dafür danken, was erwartete man als Dank, was wäre angemessen als Dank. Die Fragen jagten durch ihren Kopf, ohne das sie sich sicher war ob sie am Ende überhaupt ein Wort des Dankes über die Lippen brachte. Ihr Kopf schwirrte leicht, und noch während sie sich in Brandenstein aufhielten, nahm sie die Stille wahr die um jenen in Poncho gehüllten Mann wie ein Schatten lag. Er schien ihr unnahbar, nicht in dieser Welt und im vollen Kontrast neben ihn, Lyrius, bodenständig, wortgewandt, wenngleich ohne diverse Speichelleckereien. Es war als vergleiche man einen freischwebenden Geier der schweigend und erhaben auf sein Mahl wartet, mit einem tatkräftigen Keiler der sich seine Mahlzeit im Notfall auch gnadenlos erkämpft und sie auf verteidigt, sie selbst kam sich eher wie ein Fisch auf dem Trockenen vor, der zappelnd nach Anschluss suchte und ebenso nach Luft rang.

Marie zweifelte, ob sich die Situation ergeben würde oder ob sie nicht schon längst an ihr vorbei gestrichen war. Sie kam sich albern vor, nein sogar kindisch als sie ihm die schwarze Kerze reichte, doch dies nahm sie lieber in Kauf als es niemals zu tun. Ihr blick glitt vorsichtig über seine Mimik und ein stilles, leises Aufatmen löste sich in ihrer Brust, als er sie nachdenklich und schweigend annahm. Wie auch immer er jene Geste aufgefasst hatte, er beschmückte sie nicht mit Scherzen.
„Glaubst du deine Ahnen beobachten dich?“
Sie hatte sich selten mehr Gedanken um den Tod gemacht, als der Alltag mit sich brachte, selbst als er ihr Leben direkt berührt hatte und ihr erst die Mutter dann den Vater nahm, war sie jenen Gedanken aus dem Weg gegangen. Sie mied sie, wie andere Leute die Pest, doch wiedereinmal erinnerte sie sich daran, das sie sich bald damit auseinander setzten müsste, wenn sie das Kriegshandwerk weiter erlernen wollte. Ihre Gedanken hüllten sich in diffuse Nebel die sie selbst kaum durchbrechen konnte. Es fiel ihr schwer über den Tod zu sprechen, sie glaubte ja nicht mal das sie jemanden töten könnte. Sie bezweifelte gar, das sie wen ernsthaft verletzten konnte solange sie sich nicht selbst zu schützen gedachte. Sie sprach vom Tod wie sie ihn verstand, doch erwähnte nicht das sie wenig davon verstand. Die Worte ihrer Großmutter und auch jene ihrer Mutter waren zu sanft gewesen, um den Schmerz des Verlustes zu beschreiben den sie und ihr Vater hinterlassen hatten.


„Mit dem Tod habe ich nichts zu schaffen. Bin ich, ist er nicht. Ist er, bin ich nicht.“ waren einst die letzten Worte ihrer Großmutter gewesen, als sie sich als Neunjährige vor den Tod ängstigte.


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 Betreff des Beitrags: Re: "Vertrauen ist Mut und Hoffnung ist Stärke"
BeitragVerfasst: 17.06.08, 00:49 
Einsiedler
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Sie hatte jenen dunklen Mann danach öfters gesehen, und immer mehr keimte ihr Interesse aber noch schlimmer fast, ihr Vertrauen. Sie sprachen viel und wenig zugleich, und wenngleich sie ihren Zweifeln nur wenige Worte gab, mit desto weniger Worten schien er sie zu verwischen und immer wieder ein warmes Lächeln auf ihre Lippen bringen zu können. Er wurde immer mehr ihr Ankerpunkt, ihr Gegenpol, bei dem sie die Ruhe fand, wann immer ihr Alltag zu schwanken suchte.
„Kannst du einen Nagel ins Brett schlagen?“
Sie seufzte leise, sie hatte wirklich nichts fürs alltägliche Leben eines Einzelgängers gelernt, doch wenn er bereit war sie zu lehren, wollte sie bereit sein zu lernen. Es war bereit und dieses ruhige Gefühl nebeneinander her zu arbeiten, wenngleich sie keine Hilfe wohl war, tat gut. Marie spürte die Sonnenstrahlen auf ihrem Gesicht und ein unbeschreibliches Glück beseelte sie, teilhaben zu dürfen, an einem schlichten unheldenhaften Leben. Sie wurde nicht fortgeschickt noch ignoriert. Es glich schweigender Übereinkunft, wenngleich sie sich dennoch zum Reden genötigt sah. Hin und wieder wünschte sie sich einfach den Mund halten zu können, doch soviel wollte sie von Rodran wissen ohne genau sagen zu können was. Die stille undurchdringliche, wie unaufdringliche Art von ihm, gab ihr das Gefühl sicheren Boden unter den Füßen zu haben. Stets überließ er ihr jede Entscheidung, riet ihr dann und wann, sprach dann und wann aus Erfahrungen. Sie hatte das seltsame Gefühl danken zu können, wenn sie von ihrer Kindheit und Jugend sprach, es schien ihn nachdenklich zu stimmen, obwohl er nie von seiner eigenen Kindheit sprach, abgesehen von einigen Worten, die aus dem Zusammenhang gerissen waren. Es störte sie nichtmal, nein dieser Mann wie er vor ihr stand, still und ruhig, tat ihr gut. Fast besser als jener dem sie ihr Herz schenken wollte. Er schuf keine neuen Zweifel in ihr, er zerstreute Alte, er schuf weiteres Vertrauen in ihr, alleine indem er sie wissen ließ, jedesmal wenn er sie nachdenklich anblickte, stellten sich ihre Nackenhaare auf, als hätte er unsichtbare Fühler ausgestreckt um ihr Gewissen zu prüfen, um in sie hinein zu sehen. Und wann immer darauf etwas in Worten folgte, fühlte sie sich wohl. Denn es waren meist Worte, die er wohl nicht an jeden gerichtet hätte. Er verstand es sein Vertrauen zum teuren Wert darzustellen. Für sie war es auch wertvoll, denn spätestens zu dem Zeitpunkt, als er ihr die junge Stute zeigte, waren die alten Zweifel, ob seines zweiten Gesichtes nur noch Schatten die sie dann und wann streifte.
Noraya. Sie zerfloss im Genuss darin, über das sandfarbene Fell zu streichen, zerfloss in Glückseligkeit mit jener jungen Stute den Wind durchs Haar reissen zu lassen.
Noraya. Er hatte ihr Halt geschenkt der auch da sein würde, wenn alle anderen gegangen waren. Jene doch eher kleine Stute, hatte von Anfang an, den Weg direkt in Marie's Herz gefunden. Und wieder fragte sie sich, wie er wissen konnte, wo ihre heimliche Leidenschaft drin bestand. Sie liebte das Gefühl, wenn der Atem schwerer wurde, ob der Geschwindigkeit eines heißen Rittes, die Wärme des Tieres, und das Bewegen der Muskeln unter ihren Schenkeln. Sie fühlte sich vollkommen und frei wenn der Wind, einem Sturm gleich nach ihren Haaren giff und ihr den Atem nahm. Wenn sie den Schall ihrer Worte einholte, wenn sie die Ruhe in sich aufnahm die das leise Mahlen der Pferdezähne auf Gras verursachten.
Dies war eindeutig ein Geschenk, das sie mehr berührte als alles was man ihr zuvor gab. Als jede Rose, jedes Kleinod das folgen sollte.

Und es war Noraya mit der sie Südfall aufsuchte und sich ein Traum entwickelte, der sie lange Zeit beschäftigen sollte. Sie hatte jenes große Haus gesehen, und trunken von all jenem Glück das sie in jenen Tagen verspürte, sah sie sich in jenem Haus wohnen, stets etwas warmes auf dem Herd, gekocht von einer Frau, welche ihr ebenso am Herzen lag, wie eine Mutter, stets ein Zimmer frei für einen müden Reisenden, und stets mit geöffneten Türen. Sie sann lange über jenes Ziel, über jenen Wunsch und jenen Traum nach. Sie wollte ihn mitteilen, doch zum ersten Mal wählte sie für eben jenes Gedankengut nur Frauen aus. Erin und Corania, sie waren zu Freundinnen geworden, ebenso wie die kleine Leo, welche sich immer weiter und näher zu ihrem Herzen durch kämpfte ohne es zu wollen. Jener kleine Kampfgeist, der niemals aufzugeben wagte. Sie wusste nicht wann es passierte, doch Leorie wurde irgendwann dieser Tage zu jener kleinen Schwester die sie nie hatte und sie immer gewünscht hatte. Sie konnte schwer sagen wer von eben jenen Frauen ihr am nächsten stand, doch Cora die zarte Elfe war es, welche stets da war, wenn ihre Zweifel aufkeimten und ihr Beschützer wie sie Rodran manchmal für sich nannte fort. Sie fühlte sich sicher in seiner Nähe, er schützte sie vor dem Abgleiten in trübe Gedanken, wenngleich doch jenes seinem Handwerk recht nahe kam und genau das selbe Geschick erwies die junge Elfe. Zwar vermittelte sie nicht jene Sicherheit, doch sie war da und sie nahm Anteil. Ja, Cora konnte Anteil nehmen, am Leben anderer, an der Trauer und Freude, sie vermochte es einem das Gefühl zu geben nicht alleine zu sein. Sie lernte noch weitere Leute kennen, Manu und Tanael, wenngleich sich das Freundschaftsband ihrerseits zu Tanael sich erst spät knüpfte. Im Gegensatz zu jenem jungen Kerl, jenem Schöngeist, wollte sie oft sagen. Manu war durchaus manierlich, und ob der guten Worte des Einen, wagte sie ohne Argwohn zu Vertrauen. Oft beschmunzelte sie ihn, wie einen jüngeren Bruder. Seine hin und wieder freche Art, sein aufgesetztes Schmollen. Er wäre wohl egal wo er weilte immer der Mittelpunkt und sie genoss es schlicht dabei sein zu dürfen. Hin und wieder mit ihm zu necken, doch im Schatten weilen zu dürfen. Vielleicht mochte sie jenen jungen Mann gerade deshalb, weil er die Aufmerksamkeit auf sich zog und von ihr damit ablenkte. Ihn nicht zu beachten, in seiner guten, jungenhaften Laune, empfand sie fast als Frevel.

Sie hatte die ersten Besorgungen gemacht ob ihres Einzuges in eben jenes Zimmer das man ihr angeboten hatte. Sie freute sich wirklich, wenngleich eben jener Mann ihren Geschmack unterschätzte. Es war das erste mal das er beurteilte, das erste mal, das „über“ sie scherzte, doch sie wollte sich nicht weibisch zanken, nein, sie wollte jene wenigen Momente mit ihm in Frohsinn teilen. Er half ihr die Felle auszubreiten, und fast hätte sie das Haus sobald wieder verlassen wie sie gekommen war, wäre er ihrer Einladung nicht gefolgt.
Sie lagen da, auf den ausgebreiteten Fellen, ließen einander Nähe spüren und es waren zarte Küsse die sie austauschten. Sie war bereit sich bis zu einem gewissen Grad, der nicht über ihren Hosenbund hinausging, sich der Sinnlichkeit hinzugeben. Doch als sie in sein zufriedenes Gesicht blickte, stockte ihr Atem. Nichts lag ihr ferner als ihm noch mehr Ruhe zu schenken, Wohlgefühl und Zufriedenheit.
Marie erhob sich und verließ das Haus, als sie seinen gleichmäßigen Atem wahrnahm.

Es dauerte nicht lange ehe sie am Markt auf Rodran traf. Sie war zu Scherzen aufgelegt, zum Plaudern, zum gemeinsam Zeit verbringen. Doch ihm stand wohl doch eher der Sinn nach Reinlichkeit. Sie überlegte für einen Bruchteil eines Momentes, ob es an ihren Neckereien ob des zerlumpten Ponchos lag, doch sie war mit den Gedanken im nächsten Moment schon weit fort. Sie schwebte, sie flog, sie fühlte sich glücklich, und sie wollte jenes Gefühl teilen. Wenn schon nicht mit jenem der es auslöste, dann doch mit jemanden den sie als Freund ansah. Sie folgte ihm später ins Badehaus, und zum ersten mal nahm sie seinen Körper anders wahr. Es war als hätte jener andere etwas in ihr geweckt, das nun unruhig wie ein Welpe nach dem Winter die Fühler ausstreckte und die neue Umgebung bekundete. Ihr Blick haftete auf seinem tätowierten Rücken, doch rasch wand sie sich ab.


„Je unschuldiger ein Mädchen ist, desto weniger weiß sie von den Methoden der Verführung. Bevor sie Zeit hat nachzudenken, zieht Begehren sie an, Neugier noch mehr und Gelegenheit macht den Rest.“

Die Worte ihrer Tante hallten in ihrem Kopf, nicht das sie Rodran jemals eine Verführung ihrerseits unterstellen wollte, doch sie spürte die Neugier und wenngleich sie es sich selbst nicht mal eingestehen wollte auch das Begehren. Sie war in jenem Moment froh, ob seiner reservierten Art, sie war froh zu viele Dinge im Kopf zu haben, um jenes kurz aufflackernde Gefühl zu überspielen. Sie hielt rein gar nichts davon, sich mit hungrigen Blick irgendwo zu laben, um noch mehr Appetit zu bekommen, wenn das Essen auf sich warten ließ, und noch weniger als nichts hielt sie von Untreue. War es schließlich die ihre Situation erst kompliziert werden ließ, da jener Eine davon öfter als einmal berührt war. Sie konnte nur hoffen das er ihr soweit wenigstens Vertrauen schenken würde.

Sie waren später wieder zum Markt gegangen und trafen auf Lyrius, irgendwo freute sich Marie, jenen Mann mit rauer Schale wieder zu sehen, doch es war als würde sie dunkle Schwingungen aufnehmen. Irgendetwas schien diesem Mann nicht zu gefallen, und es hatte unmittelbar mit ihr zu tun. Unsicher wechselte ihr Blick immer wieder zwischen den Beiden, ehe Lyrius sich verabschiedete. Er schenkte ihr im Grunde kaum Beachtung, nicht das sie um jene gekämpft hätte, doch hatte sie irgendwo jenes Mindestmaß erhofft, das die meisten Menschen erübrigten, so sie wen Fremdes kennenlernten. Lyrius machte kaum einen Hehl, daraus das er sie, Marie ablehnte. Sie konnte nicht sagen warum, doch es bestürzte sie. Vielleicht hatte auch er eher schlechte Erfahrungen gesammelt, vielleicht erwartete er erst von ihr sich zu beweisen in ihrem Wesen. Doch immer wieder fragte eine andere Stimme in ihr, ob sie es nötig hatte. Nein, eigentlich nicht und dennoch, sie wünschte sich hier Freunde welchen sie vertrauen konnte. Welche in ihrer ganzen Art und Weise ihr Vertrauen inne hatten. Wieder blickte sie zu Rodran welcher noch immer neben ihr weilte still und eine steile Falte grub sich zwischen ihre Augenbrauen. Sie waren wie so oft auf der Terrasse der Taverne. Doch sie schwieg dieses Mal, verdeckte ihre Gedanken unter einem Schleier.

Im nachhinein gesehen jagten diese Ereignisse eins das anderes. Sie hatte zuvor noch mit der kleinen Leo am Brunnen gesessen und sie in ihre Arme genommen. Ihr schien es, ohne das jenes Mädchen sich je beschwerte, als ob sie ebenso Halt brauchte, wie sie selbst. Für Marie war es stets selbstverständlich gewesen für Jüngere da zu sein, wenngleich sie keine Geschwister hatte. Es lag in ihrer Erziehung, die Rolle der Erfahrenen auf sich zu nehmen so sie die Älteste war. Wenngleich sie nicht wußte wie sie Leo helfen sollte, wenngleich sie noch so wenig von jenem Mädchen kannte, spürte sie den Schmerz und die leise vor sich hin wabernde Verzweiflung. Sie hatte keine Ahnung wo sie her kam, sie wusste nicht wer Leorie's Eltern waren.
„Ich will darüber nicht reden, lasst uns über was anderes plaudern!“ hatte sie damals abgewunken und Marie hatte niemals mehr gefragt. So dieses Mädchen Kummer hatte, würde sie willkommen sein, sie, Marie würde versuchen ihr Anker zu sein, in dem tosenden Meer der Ereignisse. Doch an jenem Tag war Leo aufgesprungen und hat wie so oft flott das Weite gesucht. Sie war geblieben und ließ eine Unterhaltung mit jenem Schelm zustande kommen. Lepriek, er war wirklich ein Schelm und doch, so Gedankenlos er oft schien, genauso viel Ernsthaftigkeit sammelte sich in ihm. Sie sah es, wann immer er sich zu einem ernsten Thema bereit erklärte. Doch sie konnte nicht sagen, und würde ihre Hand darauf auch nicht ins Feuer legen, ob es nicht nur Aufführung für ihn war. Sie erkannte nur eines, das Langeweile ihm zu schaffen machte. Das sein Wesen ohne Aufmerksamkeit einging, sich andere Beschäftigung suchte und die Gedanken sich verloren. Marie erlebte es das erste mal als jener bucklige alte ergraute Mann an ihnen vorbei ging. Sie hatte ihn schonmal gesehen, und auch in seinem Wortklang hörte sie mehr als deutlich die Verbitterung. Oft fragte sie sich in jenem Zyklus, was ihn dorthin getrieben hatte wo er war, sie gab sich artig und respektvoll. Sie war Marie, sie war jene Marie vom Land nahe Falkenstein's das junge Mädchen, das den Lehren und Geschichten des Dorfältesten lauschte, jenes schüchterne Mädchen, das mit der Verschämtheit und dem Wissensdurst kämpfte. Es war nicht gespielt und doch fühlte es sich an wie eine zuklein geratene Haut, wie Wolle die in ein Dampfbad geraten war und sich zusammen zog. Sie folgte dem Alten als es zu regnen begann und sie war ebenso heilfroh das Lepriek sie begleitete.
Die Kammer in der er lebte war klein, kaum Platz genug für die drei Personen, das Bett war feucht, das Dach gabs nur zur hälfte, und es stank abgestanden und faul. Ihr entgingen die Blicke des Alten nicht, auch sein geradezu freundliches Verhalten ihr gegenüber und gegenteilige Fassung Lepriek gegenüber. Er hatte ein gewisses Interesse an ihr, doch sie konnte kaum sagen welches. Sie blieb still, sie hatte keinen Grund zur Furcht versuchte sie sich einzureden, doch als Lepriek ging, wurde sie Unruhig. Gar ließ der alte ihr den einzigen Hocker. Seine Augen bekamen einen beklemmenden Glanz als er sie anstierte und sie trafen in ihr Innerstes. Sie fühlte das leise Rumoren ihres Magens, das diffuse unwirkliche und einengende Gefühl wann immer sie Gefahr witterte, wie ein Tier. Was konnte jener Alte von ihr wollen, klang die Frage immer wieder in ihrem Inneren. Seine Blicke wurden intensiver, nein es waren keine lüsternen Blicke, es war keine Wollust die aus seinen Augen stach. Es war etwas anderes, eine ungekannte Gier. Sie glaubte gar die Gier nach ihrem Wesen, ihrem Selbst. Sie fühlte sich aufgewühlt ob der Blicke, und rief all Ratschläge ab die ihr als Warnungen von sorgsamen Eltern mit auf den Weg gegeben wurden.

„Auf mich wartet noch jemand, ein Wunder wenn sie nicht schon nach mir suchen!“ Gab sie freundlich wieder, sie hatte Furcht, so eine große Furcht, das die Angst er könnte ihre Furcht vor ihm entdecken und sie zur Rede stellen noch größer war. Sie kam sich elendig vor, einem alten Mann solch ein Farce an Freundlichkeit zu bieten, mehr noch, je länger sie in jenem kleinen muffigen Raum sass, desto weniger schienen ihre Gedanken ihren Lauf zu nehmen, und die Übelkeit brach sich langsam aber sicher immer weiter ihre Bahn, das sie am Ende kaum sagen konnte, ob ihr wegen des Gestankes im Raum oder dem Gestank ihrer Lügen so schlecht wurde. Sie sah die Enttäuschung in seinem Blick und kam sich für einen Moment vor wie eine Ratte die aus der Falle sprang. Sie hatte sich gerettet, mit jener simplen Ausrede die ihre Mutter ihr immer wieder vorgesagt hatte, welche sie selbst immer wieder wiederholen musste, in allen möglichen verschiedenen Klangarten. Von weinerlich, bis fröhlich, über glücklich bis verzweifelt bestürzt.


„Geh niemals alleine mit einem Fremden aus dem Dorf, sage immer Bescheid wenn du kannst, und lass den Fremden hören das du Bescheid gibst! Selbst wenn du weißt das ein Haus verlassen ist, rufe hinein, als würde eine Horde Holzfäller oder Schmiede beim Mittag schmausen, winke, lächle! Damit er glaubt, jeder wisse wo du bist.. Stelle wenn möglich jeden Fremden vor, der dir zwiespältig vorkommt und wenn du glaubst er will dich freiwillig nicht gehen lassen, behaupte jemand würde auf dich warten oder dich gar suchen Marie! Hast du mich verstanden?“
„Ja Mama!“ hatte sie damals artig erwiedert und leicht mit den Augen gerollt.
„Dann wiederhole was ich sagte.“ Ihre Mutter war stets eine liebevolle Frau gewesen, doch unnachgiebig wenn es um die Sicherheit oder das Lernen ihrer einzigen Tochter ging.

„Lege es niemals auf eine offene Konfrontation aus, wenn du nicht genau weißt das du körperlich stärker bist Tochter!“ hatte ihr Vater gesagt, und nach ihrem Artigen
„Ich werde es mir gut merken Herr Papa!“ musste sie auch jenes wiederholen.


Die einzige Berührung des Alten zum Abschied, sagte ihr sie hatte richtig gehandelt. Sie glaubte tiefschwarze Schleier in sich zu spüren, die wie die Pest ihre Seele heimsuchten und nur mit Mühe unterdrückte sie die aufsteigende Panik. Vorgegeben brav hatte sie sich verabschiedet, und dann die Beine in die Hand genommen, sie war gerannt, und wäre jenem Mann der mit dem gezogenen Schwert scheinbar nur auf sie wartete, fast in die Klinge gelaufen. Noch während sie den scharfen Haken schlug vernahm sie seine unbekannte Stimme.
„Habt ihr kurz Zeit?“
Die Panik brach sich ihre Bahn, nur weg hier, weg aus diesem Viertel, weg von all der Armut, weg von all der Gier die daraus wuchs.
„Verzeiht nein!“ Sie rannte die Gasse gen Norden zum Marktplatz, und erst als sie die Tür zum Schlafsaal hinter sich geschlossen hatte, atmete sie vorsichtig auf. Noch immer war sie gefangen von dem Horror der sich ihrer annahm.


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BeitragVerfasst: 17.06.08, 23:48 
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Die Tage schmolzen dahin, sie hatte Rodran gefragt, ob er jenen alten Mann kennen würde, von ihm gehört hatte, welcher ihr solch einen Schrecken eingejagt hatte. Er schien ihn nicht zu kennen, doch kaum das er sich jener Angelegenheit widmete war das Problem aus der Welt. Effizient – keine Frage, Zielorientiert – dies stand ebenso ausser Kritik, doch warum er ihr half, erfreute sie am meisten. Er tat es nicht weil sie Unsummen an Dukaten dafür springen ließ, oder weil sie mit erpressenden Maßnahmen vorging, Marie bezweifelte stark das sie überhaupt die Mittel und Fähigkeiten für sowas besaße, er half ihr weil sie Hilfe brauchte. Es war ihr kaum bewusst, wieviel Ruhe und Sicherheit er auf sie ausstrahlte, nein vielmehr sie bemerkte es schlicht gar nicht bis zu jenem Tag. Sie fühlte sich einfach wohl in seiner Gegenwart und das Leben hätte wirklich an Leichtigkeit gewonnen, wenn der Rest nicht völlig aus den Fugen geriet. Sie hatte Lyrius noch einmal angetroffen am Markt und ihn direkt zur Rede gestellt. Gefragt, was er an ihr nicht leiden konnte, was er an ihr kritisierte. Doch das Ergebnis verwirrte sie nur.
„Aus dem selben Grund, weswegen Rodran etwas gegen Ilana hatte...“ war seine Antwort gewesen, sie sollte es nicht persönlich nehmen. Sie war viel zu verwirrt, eine Diskussion zu eröffnen. Doch kurz darauf, schon hatte sie die Möglichkeit heraus zu finden, was er ihr sagen wollte.
„Ilana war nicht gut für ihn..“ hatte Rodran ihr seelenruhig erklärt, sich von den Befürchtungen oder der Meinung seines Freundes scheinbar wenig annehmend. Sie waren beide seltsam auf ihre Art und Weise. Sie hatte noch nie eine so, ja ausgereifte Männerfreundschaft erlebt wie zwischen ihnen. Sie ließen sich den Freiraum ihre Fehler und Erfahrungen zu machen, offenbar hatte Lyrius damals auch nicht auf ihn gehört, als es um Ilana ging. Auf wieder stille Art tauschte sie sich mit Rodran aus, sie wollte nicht als „Fremdkörper“ in ihrer Freundschaft angesehen werden. Und sie versuchte es mit dem Vorschlag des Abstandes. Sie hatte andere Leute kennen gelernt und mit Cora konnte sie sich ähnlich gut doch unvergleichbar unterhalten. Corania war direkt in Freundschaft fast direkt mit ihr verschmolzen, bei Rodran jedoch, spürte sie deutlich, wie beide an der Schale des jeweils anderen vorsichtig kratzte. Zögernd, unaufdringlich, jederzeit zum Rückzug bereit. Die Erwiederung auf ihren Vorschlag machte sie jedoch fast regelrecht zornig. Nicht nur das Lyrius ihr Verhalten, ihre Wortwahl gar mit jener von Ilana verglich, nein Rodran tat es auch. Sie kannte jene Frau nicht, hatte sie nie gesehen, nie von ihr gehört oder geschweige denn je mit ihr gesprochen. Sie wusste nicht ob sie mit ihr verglichen werden wollte. Doch in diesem Zweifelsfall – eindeutig nicht!
„Vor was hast du Angst?“ Hatte er sie an jenem Abend noch gefragt, ob ihrer Stimmung.
„Davor verletzt zu werden...“ war ihre Antwort gewesen ehe sie ging. Und sie meinte jedes Wort so genau, wie der Beil eines Henkers den Hals des Verurteilten traf.

Missmutig hatte sie den Nachmittag kämpfend in der Kanalisation verbracht, ehe sie nach einem kurzen Bad mit jener kleinen, doch unterhaltsamen Freundesgruppe aus Cora, Erin, Manu, und Tanael, den Abend begann. Auch jener eine gesellte sich zu ihnen, doch die Distanz blieb, selbst als ein alter, offenbar guter Freund auftauchte – oder gerade deswegen. Sie fühlte sich seltsam, als halte sie zu etwas still, was nicht hätte sein soll und doch, war es nicht jenes gewesen was ihre Mutter ihr lehrte. Loyalität. Die Gruppe löste sich auf, und man brach noch zu jenem Freund auf, verlebte einige Zyklen der Gemeinsamkeit, ohne das etwas Ereignisvolles geschah. Sie hatte jenen alten Freund von ihm gemeinsam verlassen, sie vermutete er würde sich nun zur Ruhe legen wollen, doch sein Weg führte zum Marktplatz. Sie stand still da, als Fela langsam unterging, die Hand am Torbogen der Taverne erhoben und wartete. Sie wartete auf eine Annäherung, doch was sie bekam, erschütterte sie. Nicht vor Empörung, eher die Grundfesten ihres Glaubens, ihrer Einstellung. Er wies sie ab. Er erklärte das er jenes Spiel beenden wolle, es wäre schon viel zu weit gespielt. Ihr Blick hing während seiner Rede auf dem Marktplatz, sie hörte nach den ersten Worten nur noch mit halben Ohr hin, lies seine Worte ähnlich dem Regen der begonnen hatte, leise in sich aufprallen und die Wellen schlagen, gleich den Regentropfen, die in die sich bildenden Pfützen trafen. Sie war zu getroffen, enttäuscht und verletzt gewesen, als das sie wirklich Tränen fand. Sie suchte zögernd nach Erklärungen, suchte nach einem Fehlverhalten ihrerseits. Hatte sie sich nicht klar genug geäussert? Hatte sie gar etwas getan, was ihm völlig missfiel und das zu jenem Entschluss führte.


„Er hat ein Problem, er kann sie nicht vergessen!“

Sein Versuch sie ein letztes Mal in den Arm zu nehmen, scheiterte, sie wich ihm aus, glitt aus seinem Griff und suchte die Einsamkeit. Vielleicht brauchte er auch nur Zeit, Zeit um zu erkennen was ihm fehlte, Zeit um sich seiner sicher zu sein. Sie war trotz jener Enttäuschung nicht bereit ihre Gefühle zu verleugnen, nein im Gegenteil, sie hielt an ihnen fest, war bereit ihm jene Zeit zu zugestehen. Sie wollte nicht ihr Herz verschenkt haben, ohne wahrhaftig daran geglaubt zu haben, das es das richtige war, was sie getan hatte.

„Er erwiedert es nicht, er will nicht das es weiter geht!“ hatte sie tonlos auf der Terrasse gesagt und zum Meer geblickt. Ihre Gedanken zogen weite Kreise an Wellen, doch ihr Geist blieb auf jener Terrasse, blieb in der Gesellschaft von Rodran, der still neben ihr stand. Sie wusste nicht ob er ihre Dankbarkeit spürte, doch er blieb bis sie ihr Lächeln wieder gefunden hatte. Still hatte sie nach seiner Hand gegriffen und jene gemustert, wie etwas völlig neues, das sie zum ersten mal sah, ehe sie jene Hand sanft zu ihren Lippen und dann zu ihrer Stirn führte. Sie hatten sich selten bis gar nicht berührt gehabt, und selbst jene Geste versprach nicht das es sich ändern würde. Es war ein Dank wie er im Haus Tulard von jenen als Geste benutzt wurde, wenn sie keine Worte für ihren Dank fanden.
Dann verschamm er wieder mit der Menschenmasse. Es war jedesmal so, als ob er sich auflösen würde und doch blieb die Ruhe in ihr die mit ihm gekommen war und jedesmal schaute sie ihm still nach, dankbar in sich hinein lächelnd.
Sie hatte viele Tage mit Ablenkung verbracht, mit neuen Freunden die sie sich erhoffte, mit allerlei Gesprächen die eigentlich nur halb ihre Aufmerksamkeit regten. Und doch waren eben jene Menschen da gewesen als es ihr innerlich schlecht ging, sie vermittelten ihr das Gefühl willkommen zu sein.
Doch ihre Gefühle spielten weiter jegliche Emotionen auf und ab. Sie wollte nicht aufgeben, sie wollte nochmals versuchen sich zu erklären, nochmals versuchen ihn zu verstehen. Was sie suchte war Verständnis für ihn und sich selbst, doch der Tag kam an dem sie ihm gegenüberstand. Sie war nur noch eine von Vielen, sie spürte es wie sie in seinen Augen den Schritt zurück in die breite Masse geschoben wurde und ihr Kampfgeist erwachte, nein so einfach lass ich diese Erinnerungen, diese schönen Momente nicht vergessen, sterben, löschen. Es schien ihr schlichtweg verlogen, ihre Gefühle nun zu verleugnen, zu vergessen. So sollte es nicht sein, sollte es niemals sein, denn dann verliert man die Achtung vor eben jenes was war. Nähe wird weniger als ein Kumpel mit dem man den Thresen teilt an dem ein Mann sein Bier trinkt.


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 Betreff des Beitrags: Re: "Vertrauen ist Mut und Hoffnung ist Stärke"
BeitragVerfasst: 19.06.08, 13:19 
Einsiedler
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„Kapier es endlich, da geht es nicht weiter!“ Sein Blick war eiskalt, nichts von dem was sie an ihm kannte war noch vorhanden. Dieser Mensch hatte sich in einen vollkommen anderen verwandelt, und seine Worte, mehr noch die Blicke trafen sie wie harte Schläge ins Gesicht. Ihr war übel, nicht allein wegen seiner Worte, wegen seiner Blicke und seiner Gestik, nein viel mehr begann Wut ihn ihr hoch zu kochen. Wut darüber wie feige er war, Wut darüber, wie wenig Verständnis er ihr gegenüber aufbrachte, nachdem er erstmal über die Lippen gebracht hatte was er scheinbar wollte, Wut darüber das sie selbst nicht die Worte fand um auszudrücken was sie eigentlich sagen wollte. Aber vor allem Wut darüber, dass sie zusah wie er ihre Selbstachtung mit Füßen trat und sie nichts zu unternehmen wusste.
„Mach dir nichts vor, ich sehe doch wie es um dich steht.“ Wieder war da dieser eisige Blick, Verachtung meinte sie in jenen Worten zu vernehmen. Sie machte sich nichts vor, sie wusste das sie noch immer für ihn empfand, sonst würde sie nicht all dies über sich ergehen lassen, sonst würde sie nicht weiter nach einem Ausweg, einer Lösung suchen und es lag ihr fern ihren Zustand zu bestreiten, doch offenbar rechnete er mit anderen Dingen. Er wandte sich zum gehen ab, und Fassungslosigkeit mischte sich zu all jenen hoch sprudelnden Gefühlen. Er wollte sie einfach stehen lasse, sich nicht dessen stellen, was er vermeintlich begonnen hatte. Hatte er Angst er könne sie könne zu schlagkräftige Argumente finden?
„Ich habe dir nichts mehr zu sagen Marie!“ Sie spürte die Tränen in ihren Augenwinkeln, doch sie wollte nicht heulen, nein diese Genugtuung wollte sie ihm nicht geben und doch, sie folgte ihm als er sich los gezogen hatte, folgte ihm bis er geradezu fluchtartig in sein Haus kehrte. Wo war jener Mann der mit so friedlichem Gesicht in ihren Armen gelegen hatte? War jenes all nur eine Schutzmaßnahme, um nicht erneut verletzt zu werden?


„Vertrauen ist Mut, Marie und die Hoffnung wird dir Stärke geben. Doch vertraue niemals ins Aussichtslose, sonst wird deine Hoffnung dich ins Verderben treiben.“

Es war eine schlichte Lehre die ihr Vater ihr nannte, bezogen auf ihre Kampffähigkeit. Sie sollte auf ihre Stärken vertrauen, doch nicht wenn offensichtlich war, das sie damit nicht weiter kam. Nie hatte ihr Vater es unterlassen, ihr einzubläuen, dass es immer einen Stärkeren gab. Wohl wissend, dass er seiner Tochter zwar die Taktiken und Techniken bei brachte, doch ebenso peinlich darauf achtete, das sie niemals genug Kraft und Ausdauer haben sollte, solange sie bei ihm lebte, um sie wahrhaftig gefährlich anzuwenden.
Anfangs hatte sie versucht die Erziehung ihrer Mutter mit jenen Lehren in Frage zu stellen, wenn es darum ging wie sich eine „gute“ Ehefrau zu benehmen hatte. Wenn es darum ging, völlige Loyalität zu einem Menschen, der später ihr Ehemann sein sollte, aufzubauen. Wenn es darum ging, die Launen und Marotten eines Mannes auszugleichen, indem sie an die Liebe zwischen ihnen glaubte. Doch ihre Mutter war unbeirrbar gewesen, selbst als sie es bei ihrem Vater versuchte, welcher ihr schließlich die ach so weisen Ratschläge gab.

„Was ist wenn ich sehe, das mein späterer Mann Dummes tut?“
„Hör auf dir solche Gedanken zu machen Marie, vertraust du deiner Mutter und mir?“
„Ja natürlich.“
„Dann vertraue darauf das wir dir keinen dummen Mann suchen!“
„Aber wenn es doch mal passiert?“
„Jeder Mensch macht Fehler Marie, zu deinem Mann zu stehen, ihm den Rücken zu stärken ist deine Pflicht und jetzt hör auf damit!“ Ihr Vater war brummig geworden, nicht wirklich böse, doch jedes mal, wenn es um ihre spätere Ehe ging, schien er jenen Teil der Erziehung voll und ganz abzulehnen, ihn auf Maries Mutter zu schieben, als wüsste er nicht recht was er sagen sollte.
Marie nahm es hin, sie wollte ihren Vater nicht wirklich verärgern, doch zufrieden war sie dennoch nicht.
„Meinetwegen kehre es um und zieh aus der Erziehung deiner Mutter Ratschläge für deine Schwertbegeisterung, aber stelle sie nicht weiter in Frage.“

Es war wie ein Köder den Gerom Tulard seiner Tochter zugeworfen hatte und den sie viel zu willig aufgenommen hatte. Es schien ihr interessant, beides miteinander zu vergleichen um daraus eigene Erfahrungen, Gedanken oder Einfälle zu schließen. Und irgendwann, es war etwa in ihrem 14 Morsan, hatte sie begriffen, das die Liebe oder Ehe, für Marie war es ein und das selbe, vor allem auf den Glauben und das Vertrauen zueinander bestand. Unerschütterliche Loyalität zueinander, und Verständnis.


Marie fühlte sich elend, es war als hätte ihr jemand alle Last der Welt auf die Schultern gelegt, als die Tür sich hinter ihm schloss. Was sollte sie tun, sie war kaum fähig einen klaren Gedanken zu fassen und doch kämpfte sie um ihren klaren Verstand. Sollte sie nun Vertrauen oder Glauben? Oder war dies eine hoffnungslose Situation? Wie weit würde man von ihr erwarten, das sie glaubte, um ihr die Einsicht auf Hoffnungslosigkeit zu gestehen? Ihre Eltern waren fort, fort mit ihren weisen Ratschlägen, fort mit ihrer Unterstützung, fort mit lehrenden Worten die ihr in jener Situation weiter geholfen hätten. Ihr Nest der Familie war zerstört und sie musste nun selbst entscheiden. Das Leben hatte ihr wunderbare Eltern geschenkt, die ihr viel beigebracht hatten. Es mochte eher Zufall sein, das sie ein, zwei Tage später auf Hendrick traf.

Hendrick Jahrrenson. Unerschütterlich in seinem Glauben an seine Gefühle. Unerschütterlich in seiner Loyalität zu jener Frau, von der sie Abstand hielt. Sie wusste nicht wirklich was sie von ihr halten sollte, es war ihr im Grunde genommen auch gleichgültig. Was sie nicht vergaß, war jenes Gefühl das ihr diese Frau vermittelt hatte, das Gefühl für kurze Zeit nur eine Aufmunterung für triste Langeweile zu sein. Sie tat es mit einem Schulterzucken ab. Vergessen würde sie es nicht, doch das hieße nicht das es sie weiter belasten musste, nach vorne sehen galt es nun. Wer zurück sieht verpasst das Leben.
Sie verstand es als günstige Gelegenheit des Schicksals, sich mit Hendrick aus zusprechen, sagte ihm, das all seine Facetten, all sein Getue, nicht leugnen konnte was sie dann und wann zu sehen glaubte. Und vor allem das es überhaupt nicht zu ihm passte. Sie war froh über die Aussprache, zum ersten Mal hatte sie das Gefühl, er wäre wirklich ehrlich. Schweigend hörte sie zu, machte sich selbst ihre Gedanken dazu, still nahm sie die Worte auf, die seine Lippen verließen. Und suchte jene auf ihre Situation zu formen. Sein Glaube, seine Liebe war unerschütterlich, so wie es ihr immer beigebracht wurde, ob er wollte oder nicht, sie versuchte aus seinen Worten einen Weg für sich selbst zu finden, wenngleich manche Dinge nicht wirklich mit ihrer Überzeugung zusammen passten. Sie zweifelte nicht daran das jene Liebe ihm noch Kummer bringen würde, viel zu sehr schien diese Frau auf die eigene Kontrolle zu achten. Zwischen dem was sie selbst erlebt hatte und dem was er erzählte, lagen Welten, für die Marie nur eine Erklärung fand, zweifelsohne war er selbst längst auch darauf gekommen, doch dies sollte niemals zur Sprache kommen. Nein, er sollte seinen Weg gehen und sie selbst ihren, dennoch fragte sie sich, ob sie ebenso loyal sein konnte, ob sie ebenso stark glauben konnte. Sie wollte es versuchen.

Die nächsten Abende hatte sie öfter Abends mit Hendrick verbracht, sie hatten in der Taverne gesessen und gegessen, sich unterhalten, ihre Lage geklärt und langsam, ganz langsam entwickelte sich etwas das einer einfachen Freundschaft gleichkam und es war schließlich Hendrick durch welchen sie Tjivra kennen lernte. Ebenso eine Kriegerin wie sie selbst es werden wollte, doch hager und dürr war sie, ihr erschien Tjivras Äußeres als ungesund, dennoch war sie eine Persönlichkeit, mit der man sich wirklich unterhalten konnte. Ähnlich schweigsam wie sie selbst mit der Fähigkeit des Denkens gesegnet. Was sie hoch an Tjivra achtete war das vermeintliche Erkennen, das sie ihr Leben in relativ gerade Bahnen gelenkt hatte, Ziele hatte welchen sie folgte und all jene Gefühlsduseleien von ihrem Denken fern hielt, was sie zu einer sehr objektiven Gesprächspartnerin machte. Sie war es schließlich die Marie von dem Vorhaben „Garnison Schattenwacht“ erzählte, sie fragte ob sie sich nicht anschließen wolle. Marie sagte zu, das sie sich darüber Gedanken machen würde. Garnison Schattenwacht, es hörte sich für sie vielmehr wie ein Abenteuer an, ihr erstes Abenteuer, das sie durchaus weiter auf dem Weg einer Kriegerin brachte, doch sie kannte im Grunde genommen niemanden. Und es gab keinen dort, selbst Hendrick nicht, dem sie so sehr vertraute, das er sie schützen würde.

Marie gefiel der Gedanke an jenes Abenteuer, und nicht nur das Abenteuer, sondern die Tatsache das es sie weit weg aus Falkensee bringen würde, weit weg von ihren Problemen und Gefühlsduseleien hier. Es könnte ein neuer Anfang für sie sein, ein Anfang mit klaren Zielen, mit nicht aufhörenden Aufgaben. Auf der Suche nach Leuten die „sie“ begleiten würde, fand sie schließlich ausgerechnet in einem Elf, jene Person die ihr den Rücken decken würde. Hinter ihr stand um Halt zu finden. Tanael. Er hatte zwar selbst eigene Ziele und Verbindungen zu jenem Vorhaben, doch es tat gut jemanden wie ihn dabei zu wissen, ihr Entschluss stand fest, jetzt gab es nur noch eine Frage die sich stellte und auch jene würde sie bald klären. Doch eine Überraschung traf sie völlig unerwartet. Rodran. Er schien nicht sonderlich angetan von jenem Vorhaben und sie bedauerte ihn wohl kaum noch zu sehen, so es endlich los gehen würde. Sie hatte ganz heimlich, ganz leise gehofft, er würde mitkommen, doch um es laut auszusprechen, wusste sie selbst das seine Einstellung wohl nicht dazu passen würde. Auch versuchte sie sich ihn als Krieger vorzustellen, in einer Gruppe, in einer Rotte, und jenen Schatten konnte sie sich kaum wahrhaftig vorstellen, an der Front ohne all jene Begleiter des Zufalls und Schattens die er gewohnt war.
Es war ein großes Zusammentreffen in jener Taverne gewesen und mit unwohlem Gefühl betrachtete sie all jene die sich bereits dafür entschlossen hatten. Tjivra nannte die Personen die ihr halb oder ganz zugesagt hatten, als Rodran erklärte er würde ihr folgen. Maries Blick jagte zu ihm, doch er stand unverändert da, gleichmütig nach außen, was hatte ihn bewegt sich Tjivra anzuschließen? Ihr Herz hatte einen Sprung gemacht, doch sie wagte es nicht vor all den Leuten zu zeigen, sie musterte ihn nur still. Ihn in der selben Truppe zu wissen, war so von Wert, das Marie kaum gewusst hätte was sie sagen sollen, wenn sie die Möglichkeit gehabt hätte. Ihr Ruhepol, ihr Schutz und ihr Halt, alles hatte durch ihn plötzlich in diesem Abenteuer Platz gefunden, ohne das sie auch nur ansatzweise damit gerechnet hatte. Leise im Geheimen fragte sie sich als sie dort saß und den Reden horchte, wem sie mehr vertraute, jenem einen oder Rodran. Wer ihr mehr gab, wer ihr mehr bedeutete. Die leise Ahnung das Rodran ihr viel mehr Halt und Sicherheit gab, wenngleich sie es sich anders wünschte, war es schließlich die ihr den letzten Rest Mut gab, sich einer Entscheidung zu stellen. Sie würde der Garnison folgen, das stand an jenem Abend fest, und sie würde mit dem Mann reden, der ihr mal soviel bedeutet hatte, sie würde sich alle Entscheidungen abnehmen lassen, was ein „gemeinsam“ betraf. So er folgen würde, würde es ein deutliches Zeichen sein, das sie die Hoffnung nicht verlieren sollte, das sie Vertrauen sollte, das sie Festhalten sollte, doch würde er nicht folgen, würde sie loslassen, ihre Selbstachtung, die sie irgendwo auf dem Marktplatz an jenem Abend verloren hatte wieder einsammeln und einen dicken Strich über diesen Mann ziehen. Dann sollte er der Vergangenheit angehören, dann war er sie nicht wert.

„Ich bin dir keine Rechenschaft schuldig!“ er sprach leise, doch er war gereizt.
„Oh doch, das bist du, nach allem was passiert ist, aber das erwarte ich nicht mal von dir!“ hatte sie ihm zurück geschleudert, nicht noch einmal würde sie sich von ihm wie ein dünnes Pergament zusammen falten lassen, nicht noch einmal würde sie zusehen, wie er sie von oben betrachtete und sie aufschaute. Es war wieder in einem Streit geendet, doch dies zeigte ihr mehr als deutlich, was sie zu tun hatte.
„Leb wohl!“ es war mehr der Höflichkeit wegen, als das sie es meinte, im Grunde war es ihr an jenem Abend gleichgültig geworden was aus ihm werden würde.

Marie saß still auf dem Tisch und blickte gen Wasser. Sie sammelte die Scherben ihrer selbst auf, fügte sie schweigend wieder zusammen und erbaute jenes Spiegelbild, in das sie in letzter Zeit nicht sehen konnte wieder neu. An ihrer Seite einen Freund und es schien ihr als passe er selbst jetzt auf, das sie sich an all den Scherben nicht schneide. Sie fragte sich womit sie sein Vertrauen, sein Dasein verdient hatte. Sie fragte sich wie sie ihm danken konnte, denn wenngleich ihr bewusst war, dass er keinen Dank erwartete, war sie es ihm schuldig. Sie kannte niemand Lebenden, dem sie mehr Achtung zukommen lassen konnte als ihm. Rodran Argon, sprach nicht, er handelte und sein Handeln tat ihr gut. Dieses Vertrauen, diese stille Offenheit, diese Rückendeckung, diese Ruhe sollten eigentlich der Grundstein für eine Liebe sein, die sie sich bei wem anderes gewünscht hatte und nun bei jemanden fand, der „nur“ ein Freund war. Liebe sollte für sie wohl nicht sein, doch einen Freund hatte sie gefunden. Jemanden dem sie ihr Leben auf dem Silbertablett servieren würde. Der Gedanke, dass sie ihn als ihren Mörder wählen würde, so sie die Wahl auf jenen hätte, belustigte sie für einen Moment.
Sie erinnerte sich an jenem Abend daran, wie sie am Anfang überein kamen, das es nur Freundschaft bleiben sollte, als sich etwas anderes einen Weg in ihren Kopf bahnen wollte. Doch jener Gedanke blieb ungedacht, unerkannt, unbeachtet und auch ihr Herz mochte den Schleier jenes Schattens nicht lüften, jene Nebel durchschauen, die es umgaben.

„Bald werden wir Kumpanen sein!“ hatte sie mit Tanael gewitzelt, Ablenkung zu dem Chaos in ihrem Inneren gesucht und gefunden. Sie hatte sich jegliche Gedanken an jenen Mann verboten, geweigert auch nur seinen Namen zu denken, oder sich sein Gesicht vor die Augen zu führen. Sie würde ihn vergessen, wenngleich es noch immer etwas Aufruhr in ihr auslöste, so er erwähnt wurde, doch sie hatte sich für ihr Leben und ihr Glück entschieden. Einzig das Eingeständnis das sie ihm hinterher gelaufen war, drückte ihre Stimmung noch immer, doch nicht an jenem Tag.
Sie sah von weitem das etwas nicht stimmte, Rodran trug zum einen eine Rüstung und zum anderen stand Schmerz in seinem Gesicht und seinem Gang. Alle Scherze und Witze und Späße waren wie fort gespült und sie stolperte auf ihn zu.
„Kannst du mir tragen helfen?“ Das er sie überhaupt um etwas bat, erleichterte sie. Doch kaum das sie ihm zusagte, und jene Dinge für ihn schulterte, zog er sich zurück. Sie folgte ihm schweigsam und versuchte das Ausmaß des Wundschmerzes wahrzunehmen aus der Art wie er sich gab. Sie hatten Worte gesprochen, ob der Heilversuche und sie hatte seine Hand sanft, aber bestimmt zur Seite geschoben, als er sich am Verband zu schaffen machte. Sie hatte jene Aufgabe übernommen, und wollte sich die Wunde erneut anschauen, doch kaum das sie ihn berührt hatte, war er aufgesprungen, als versprühe sie Gift. Es traf sie bis ins Mark als er vor ihr weichte, seine Hilfe ganz offenbar ablehnte. Still rollte sie die Bandagen wieder ein und fragte sich was sie falsch gemacht hatte.
„Wenn du sie auswäscht kannst du sie nochmal verwenden...“ sprach sie leise um die Stille zu füllen, die plötzlich zwischen ihnen stand und sie beide ausschloss. Sie waren nicht mehr Teil der Stille, nein sie stand an beiden Enden außerhalb und sie spürte wie er sie taxierte. Ihre Kopfhaut prickelte, und sie spürte die Tränen aufsteigen. Was war passiert, das er sie auf einmal so ablehnte. Sie wollte nicht vor ihm weinen, sie wollte ihm nicht zeigen wie sehr es sie getroffen hatte. Wollte er das überhaupt, wollte er überhaupt das sie ihm nicht nahe kam, oder war es nur der Schmerz der ihn zurück schnellen ließ? Nochmals wagte sie vorsichtig zu ihm zu schauen.
„Soll ich gehen?“ sie sprach leise, leise genug als das er nicht hören konnte wie ihre Stimme sonst vibriert hätte und ihr Kopf wand sich rasch zur Seite als er nickte. Ja er wollte es und es war nicht nur der Schmerz gewesen. Irgendwas an ihr ließ ihn, ihr aus dem Weg gehen, Abstand suchen, Distanz aufbauen.
„Marie... ich bin es nicht gewohnt, dass man mir hilft.“
Ihre Hand lag bereits an dem schmalen Wall und sie blickte nochmals über die Schulter. Seine Worte klangen von so verdammt weit her, als täte es ihm selber leid und doch hatte er sie wieder fort geschickt, genickt als sie fragte, ob sie gehen sollte. Der Kloß in ihrem Hals wurde immer größer und sie wusste nicht wie lange sie noch jene trügerische Fassade der Fassung aufrecht erhalten konnte.
Marie nickte nur, ehe sie hinter dem Wall verschwand.


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