Das Komplott II
Sie hatten ihre Rösser in einem Waldstück, nicht weit von der Burg angebunden. Selbst auf diese Entfernung, konnt sie den Lärm der Schlacht hören. Der Himmel über Burg Savaro stand in Flammen. Arnando trat an einen großen Felsbrocken heran. "Der zweite Stein von oben rechts," murmelte er leise, ehe er einen vorragenden Stein in den Fels drückte. Knarrend öffnete sich eine perfekt in den Fels eingebundene Tür. Hinter der Türe führte eine Treppe tiefer ins Erdreich hinein. Arnando wunk seine Soldaten durch und sie stiegen, gewappnet mit Fackeln und ihren gezogenen Schwertern, in die tiefe Dunkelheit hinab.
"Du elendes Monstrum!" Mirians Hass kanalisiert sich in dem folgenden Hieb. Ihre Klinge wurde vom breiten Schwert des Tardukai abgefangen. "Gar nicht schlecht, für so ein zierliches Weiblein," raunte der Tardukai verächtlich und stieß sie danach von sich. Direkt darauf folgend schlug er nach ihr. Sie tauchte unter dem gewaltigen Schwert weg und die schwarze Klinge traf Funken werfend auf eine Zinne. Ihre Attacken schienen nutzlos gegen diesen Hünen. Sie war ihm deutlich an Schnelligkeit überlegen, aber ihre Hiebe waren nie stark genug, die schwarze Rüstung zu durchschlagen. Da sie sich während des Kampfes wesentlich mehr bewegte, schnaufte sie nach einer Weile recht deutlich, während der Tardukai immer noch frisch und fidel vor ihr stand. Ich muss mir was ausdenken. Wenn ich weiter nur auf ihn einschlage, ermüde ich zu schnell und er hat leichtes Spiel mit mir. Ihr schwirrte der Kopf, während sie ihre letzten Angriffe und die Verteidigung Mezlands analysierte. Die Antwort auf ihr Problem war denkbar einfach. Eine jede Rüstung hatte ihren Schwachpunkt, so auch der vandrische Panzer. Ihren Schild warf sie zur Seite, stattdessen zog sie einen Dolch aus einer Scheide am Gürtel. "Ändern wir die Taktik? Sehr interessant," spottete der Vandrier und nahm darauf eine wesentlich defensivere Haltung ein, als ahne er das bevorstehende.
Der Tross kam in den schmalen Gängen nur langsam voran. Die Orientierung fiel hier unten schwer und der Geheimgang war mehr ein Labyrinth, als ein simpler Weg zum Ziel. Desweiteren entdeckten sie Spuren im Staub vor ihnen. Die Anzahl der Fußabdrücke ließ auf einen größeren Kampfverband schließen. Sie mussten nun also auch noch umsicht walten lassen, um nicht in einen möglichen Hinterhalt zu geraten. Dies verlangsamte ihr Vorrankommen wesentlich.
Ihre neue Kampftechnik zahlte sich bald schon aus. Mit ihrem Schwert leitete sie eine Konterattacke des Tardukai ins Leere. Dadurch geriet sie in die perfekte Position, mit dem Dolch zustoßen zu können. Die Klinge bohrte sich unter dem linken Arm des Mannes in die ungeschützte Stelle, direkt oberhalb der Rippen. Der Tardukai schrie auf und verpasste ihr mit der Rückhand einen Schwinger, der sie zwei Schritt zurück warf. Harsch krachte sie auf den Boden und sämtliche Luft wurde aus ihren Lungen gepresst. Mit wachsender Frustration sah sie zu, wie der Tardukai das Messer aus seiner Seite zog. Die Klinge war nicht tief eingedrungen, sondern von einer Rippe abgefangen worden. Mirian wollte sich gerade aufrappeln, als der Tardukai plötzlich auf sie zu schnellte. Er verpasste ihr einen Tritt vor die Brust, wodurch sie wieder hinfiel und trat ihr danach das Schwert derart aus der Hand, daß Elle und Speicher ihres Unterarms unter einem schaurigen Knacken brachen. "Du vermaledeite Dirne. Dafür wirst du bluten," keifte Mezland und hob die vor Schmerz beinahe betäubte Ritterin am Kragen empor. Das Messer, das er gerade erst aus seiner Seite gezogen hat, hob er an und schnitt Mirian einmal tief in die Wange. "Wenn ich mit dir fertig bin, bist du nicht mehr so hübsch," fauchte er ihr entgegen, ehe er ihr einen Schnitt am Kinn verpasste. Mit ihrem heilen Arm boxte sie immer wieder gegen jenen Arm, der sie an der Gurgel gepackt hielt. Ein weiterer Schnitt und immer mehr Blut lief über ihr Gesicht. Es folgten noch zwei weitere, ehe der Tardukai den Spaß an der kleinen Folter verlor. "Schönen Flug, Kleines." Nach diesen Worten schwenkte er sie über die Zinne, grinste ihr nochmals grimmig entgegen und ließ dann los. Mirian stürzte in die Tiefe. Alles um sie herum verging wie in Zeitlupe. Erinnerungen kamen in ihr hoch, die so gar nicht zu ihrer Situation passen wollten. Gedanken an schöne Momente, die sie verlebt hatte. Gedanken an Dunkelheit, welche ihr Leben ebenso erfüllt hatte.
Sie hatten Glück gehabt. Im Tunnelsystem waren keine Soldaten des Feindes zurück geblieben. Arnando stieß eine Türe auf, die hinter der Statue eines ehemaligen Herzogs verborgen lag. Das Licht blendete ihn nach fast zwei Zyklen in absoluter Dunkelheit. Er hob seine Hand und schirmte damit seine Augen ab. Der Markt war ein einziges Schlachtfeld. Ein paar der Stände standen noch in Feuer, außerdem lagen überall Leichen herum. Die meisten Toten trugen jedoch Uniformen der vandrischen Armee, versehen mit dem Wappen des Fürsten. Kampfhandlungen gab es kaum noch welche. Es blieben nur vereinzelte Scharmützel übrig, die in Seitengassen der Burgstadt tobten. Die Brände, die aus der Ferne so bedrohlich wirkten, entpuppten sich als maginal. Es stand lediglich ein größeres Hospiz in Flammen und mehrere der Stände in Marktnähe. Sonst waren die Schäden moderat. "Anscheinend kommen wir zu spät," meinte Armenus, während er einen Toten mit dem Fuß umdrehte. Es war ein recht junger Bursche. Vielleicht gerade 16 Morsanläufe alt. Er trug die vandrische Uniform und hatte eine schlimme Stichwunde in der Brust. Dort hatte ihn ein Schwert durchbohrt. "Unsere Feinde werden auch immer jünger." Bedauern lag in der Stimme des Falkenritters und Arnando nickte nur schleppend. Er war müde. All die Jahre, die er im Ritterstand verbracht hatte, sah er nur Tod, Verzweiflung und Leid. Es war ihm nur selten geglückt Konflikte so beizulegen, daß niemand dabei umkam. An seinen Händen klebte viel Blut, auch wenn er davon überzeugt war, stets nach bestem Gewissen gehandelt zu haben. Er wurde aus seinen Gedanken gerissen, als etwas in den Stall neben ihm einschlug. Die Strohdecke wurde zerfetzt und dumpf hörte man einen Aufschlag, einigermaßen gut gedämpft durch einen Misthaufen. "Was beim Einen war das," fragte einer der Soldaten, ehe er die Scheune betrat. Kurz darauf kam er wieder heraus und sah mit gefurchter Stirn zu Arnando. "Sire, ihr solltet euch das ansehen."
"Miri... Mirian... Mirian!" Sie spürte, wie ihr eine sanfte Ohrfeige gegeben wurde. Ihre Augenlider waren schwer. So schwer. Ihr ganzer Körper schmerzte. "Mirian! Verdammt, tu mir das nicht an!" Abermals bekam sie eine leichte Ohrfeige, dann öffnete sie sehr langsam ihre Augen. Sie blickte in ein vertrautes, leicht verschwommenes Gesicht. "Ohh, Vitama sei Dank, du lebst!" Sie erkannte das Lächeln auf dem Gesicht ihres Bruders, dann flüsterte sie mit letzter Kraft: "Ta... Tardukai... Gemach ... Herzog..." Danach umfing sie Dunkelheit.
Mezland trat die wuchtige Eichentüre aus den Angeln und platzte in den dahinter liegenden Raum. Der Herzog stand mit gezogenem Schwert da, seine Miene entschlossen. Der letzte Rest seiner Garde umgab ihn. Zwei Männer, die ebenfalls zu allem bereit schienen. "Wenn ihr euren Herrn aufgebt, werde ich euch am Leben lassen," sprach Mezland an die beiden Leibwächter gerichtet. "Halt deine lügnerische Zunge hinter den Zähnen, Vandrier," herrschte der Herzog ihn an. "Kaim, töte ihn!" Der gebellte Befehl seines Lehensherren, ließ einen der Gardisten voran preschen.
Wird fortgesetzt...
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"It seems as if heaven had sent its insane angels into our world as to an asylum, and here they will break out into their native music and utter at intervals the words they have heard in heaven; then the mad fit returns and they mope and wallow like dogs." Ralph Waldo Emerson, 1841
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