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 Betreff des Beitrags: Ewiges und unendliches Schweigen
BeitragVerfasst: 23.12.08, 16:04 
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Carmar des Jahres 16 nach Hilgorad / Sae

### Bin nun schon einige Wochen im neuen Regiment, einen Zug Armbrustschützen zugeteilt. Bisher benimmt sich unser Feldmeister ziemlich einfältig. Wahrscheinlich hat der noch nie im Kampf gestanden und meint, auf dem Schlachtfeld könnte man exakt manövrieren. Und die Armbrust stets in sauberen, polierten Zustand halten. Hier benutzen sie die schweren Armbrüste mit Winde, für die meisten zu unhandlich, mir hingegen liegt sie gut an der Schulter, nur der Abzugshebel könnte mehr Widerstand bieten. ###

ER war in sein altes Regiment zurückgekehrt, um die dortigen Armbrustschützen zu verstärken. Zumindest wurde es ihm so gesagt, in Wahrheit aber waren die Marschälle des Grafen recht planlos und ließen die, nur auf Grund ihres Adelstandes und keineswegs wegen ihres Könnens berufenen, Obristen der einzelnen Regimenter chaotisch vor sich hinwurschteln. Während des letzten Feldzuges in Ravel saßen sie wochenlang untätig auf einem Hügel und beobachteten eine leere Ebene, während anderswo der Feind über eine orientierungslose Kompanie eines anderen Regimentes herfiel und über die Hälfte von ihnen niedermachte. Stattdessen musste für den Obersten eine Blockhütte errichtet werden, in der er samt seines Stabes residierte. Denn einen nachvollziehbaren Grund für den Wechsel in ein anderes Regiment hatte es nicht gegeben.

### Soweit sind alle hier im Schützenzug gute Kameraden. Junge, kräftige und vor Lebenskraft strotzende Männer – komme mir da mit meiner Größe etwas verloren vor. Manche von ihnen haben noch keine zwanzig Jahresläufe gesehen und sind noch so jungenhaft und haben Flausen wie die Lausbuben im Kopf. Manche sind erfahrener, einige haben bereits den Kampf gesehen. Habe hier meine Familie gefunden. Diese innige Vertrautheit, wenn man all die Eigenheiten der anderen kennt. Wann sie lachen, wie jeder einzelne nach einem langen Marsch riecht, wie lange ein jeder auf dem Donnerbalken scheißt und wem das achtlos über den Stuhl geworfene Unterwams gehört. Nach kurzer Zeit gehen alle ungeniert miteinander um und alle sind gleich. Manches ist anders. Ich glaube nicht, dass jemand außerhalb dieser Gemeinschaft von Kämpfern etwas ähnliches erfahren kann ... diese tiefe Freundschaft, Kameradschaft und Tapferkeit für die Sache und für den Nebenmann. Kameraden teilen nahezu alles, sie sitzen auch gemeinsam in der Scheiße und bluten gemeinsam.

Der Feldscher meinte, ich soll ihm zur Hand gehen. So groß und kräftig wie ich bin, könnte ich doch die Verwundeten nach hinten schleppen und wenigstens ein paar blutklaffende Wunden stillen. Insgeheim wünsche ich, dass dieser Tag niemals kommen wird, an dem ich ein todwundes, nach seiner Mutter schreiendes Etwas an einen ruhigen Ort auf dem tosenden Schlachtfeld schleppen muss, auf dem es keine ruhigen Orte gibt. ###


Der Dienst in einer Stadt in Sae bestand aus Übungen, aus Dienst an den Stadttoren und Türmen, der Kontrolle von Fuhrwerken und wochenlangen Märschen in die Dörfer und Kleinstädte des Landes. Außer den Offizieren war niemand beritten, denn zu Fuß kämpfende Soldaten brauchen auch keine Pferde, war die vom Obersten vertretene Meinung, die von den Marschällen des Grafen geteilt wurde. Selten gab es Handgreiflichkeiten, meistens waren die Missetäter die ein paar Schweine stahlen oder sich in die Stadt schleichen wollten, durch die bloße Anwesenheit mehrere Gerüsteter eingeschüchtert. Einmal musste ER seine Armbrust einsetzen, einen flüchtenden stümperhaften Straßenräuber einen Bolzen in den Unterschenkel jagen, so dass das knacken des Knochens förmlich zu hören war. Eine anstrengende, aber für IHN wunderbare Zeit.

### Der Kerl wird wahrscheinlich sein Bein verlieren, meinte der Feldscher trocken, als wir den Schuft in den Kerker schleppten. Vermutlich wird der eine ganze Weile in dem finsteren Loch hocken oder irgendwo in die Minen geschickt werden. Aber was machen die wohl mit einem Einbeinigen, der kann doch keine Kiepen schleppen. Ein Schütze namens Barrico hat mich zu meinem Schuss beglückwünscht und Witze darüber gerissen. Ein junger, drahtiger und bildhübscher Kerl, der all seinen Sold anspart um sich später für seine Frau und seinen vor ein paar Monaten geborenen Sohn Land am Fluss zu kaufen. Fischer ist er, aber hatte es satt, stets nur der Helfer anderer zu sein. Richtige Frohnatur. ###

Ewiges und unendliches Schweigen.

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 Betreff des Beitrags: Re: Ewiges und unendliches Schweigen
BeitragVerfasst: 23.12.08, 20:50 
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17. Querler des Jahres 10 nach Hilgorad / Sae

### Fußknecht, mit Hellebarde! Man hat mich in die erste Kompanie gesteckt, weil der Hauptmann meinte, ein solcher Hühne wie ich gehört nach vorn und trägt am besten eine Hellebarde. Hellebardiere sind die ersten in der Schlacht, die vorderste Schlachtreihe, die Mutigsten und Tapfersten! Alle stehen festgefügt zusammen, bereit füreinander zu sterben. ###

ER hatte seine Berufung, seine neue Familie gefunden, als er im späten Frühjahr des 10. Jahres der Herrschaft Hilgorads im Alter von noch nicht einmal 20 Jahren in das erste Regiment eingetreten war, eines der durch den Herren der Provinz Sae aufgestellten Regimenter, die mal im Sinne des Königs, mal im Sinne des Provinzfürsten eingesetzt wurden. Es war der erste Ort, die erste Gemeinschaft in der sich ER wirklich wohl fühlen konnte, die ihm behagte und etwas von der schweren Last nahm, die er seit jenem Tag am Anfang seiner Jugend so schwer bedrückt hatte.

Geboren als Sohn eines hörigen Tagelöhners und einer unfreien Magd auf einem Gut nahe einer kleinen Stadt in Sae, war auch er bei Geburt ein Unfreier, Eigentum seines Landherren und Bestandteil des Gutshofes wie Vieh und Ländereien. Ihm war es vorbestimmt, eines Tages für den Gutsherrn das Holz zu schlagen, das Getreide zu dreschen und die Ochsenkarren mit Wolle und Nahrungsmitteln zur Stadt zu schaffen. Hätte nicht sein Vater mit eiserner Disziplin jeden Dukaten gespart, so das er sich mit der ganzen Familie freikaufen konnte und Philo mit seinen 5 Jahren ein freier Mensch wurde. Bald darauf zogen sie in die nahe Stadt. Der Vater fand Arbeit als Gehilfe und später Geselle in der Schreinerei eines gutmütigen, immer fröhlichen Schreinermeisters, der zudem noch zwei kleine Kammern für die zahlreichen Köpfe der Familie für geringes Entgelt bereitstellte.

### Ein strenger, vierefürchtiger Vater und eine liebenswerte, beinahe erdrückende Mutter haben mein Leben bestimmt. Vater sprach oft von einem göttergefälligen, moralischen und untadeligen Leben. Und oft von Sünden, die leicht zu begehen waren und die nicht nur verwerflich, sondern auch ein Zeichen der Schwäche eines jeden Mannes wären. Niemals solle ich auch nur den Funken von Achtung vor jenen haben, die sündigen. Wenn Vater wüsste, welche Qual er mir damit auferlegt hat.

Mein Vater war genauso wie der Vater seines Vaters einer aus dem stolzen, auf Familie und Tradition besonnenen Volkes, dass Sae seit je her bewohnt. Und meine Mutter stand ihm in nichts nach. Ein Mann muss eine Frau finden und viele Kinder haben. Sehr viele. Mindestens fünf. Ich musste, kaum meiner Mannhaftigkeit bewusst, meiner Mutter oft erzählen wie meine Frau sein sollte, wie viele Töchter und Söhne ich haben wollte, wie das Haus beschaffen sein müsste, dass ich dann zu bauen hätte. Wie sehr fühle ich mich als Fremder im eigenen Land, als Außenseiter. ###


Ewiges und unendliches Schweigen.

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 Betreff des Beitrags: Re: Ewiges und unendliches Schweigen
BeitragVerfasst: 24.12.08, 15:35 
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3. Oner des Jahres 19 nach Hilgorad / Klauenberge / Vandrien

### Das Dunkeltief war grauenhaft! Seit Wochen kämpfen wir uns durch unwirtliche, feindliche Täler, an beiden Seiten ragen raue und tödliche Felswände empor. Selten dringt Fela hier herunter, meist versperren Wolken ihr den Weg. Einige Tage vor Dunkeltief haben wir, so gut es in Schnee und gefrorenem Boden möglich ist, Palisaden aufgestellt und unser Feldlager befestigt. Die Scharmützel hatten schon manche Opfer gefordert und wir hatten mehrere Duzend Verwundete. Dann kam die Dunkelheit und mit ihr all die Schrecknisse, die man sich nur vorstellen kann. Immerwieder hörten wir grauenhafte Schreie von jenseits der Palisade, arme verirrte Kämpfer denen die Viere wissen was zugestoßen ist. Und dann das Feuer. Irgendwas brach durch die Palisade, herein strömten grausige Kreaturen, die einen der Mutigen, die ihnen entgegen traten, einfach zerrissen. Im Schein der Fackeln lies unser Feldmeister, der im Gegensatz zum Obersten und seinen Fähnrichen Ahnung vom Kampf hatte, geschlossen auf die Kreaturen feuern. Ich sehe es noch vor mir – mein Bolzen durchschlug die Stirn eines riesenhaften, dunklen, massigen Dings, welches getroffen wanke und dann nach hinten viel, wo es einige Nachrückende zermalmte. Barrico kniete zu meiner rechten Seite und feuerte seine Armbrust immerwieder ab, mit angstbleichem Gesicht und weit aufgerissenen Augen. Links neben mir wurde ein Kamerad von einem eisigen Strahl tödlicher Kälte getroffen und konnte nichteinmal mehr schreien. Mir war klar, wenn mich dieses unendliche Übel überwinden wollte würde es scheitern, denn ich war bereit, mein Leben für meine Kameraden und vor allem Barrico zu geben. ###

Während des Dunkeltiefs wurde hart gefochten und viele Soldaten des Regimentes verloren ihr Leben. Oder ihren Verstand. Die eisige Kälte forderte weitere Opfer, Füße, Finger und Nasen froren ab, manche stolperten wahnsinnig vor Schmerzen hinaus in die Wildnis und wurden nie wieder gesehen. Die Schützen hielten sich wacker und ER sollte noch einige Kreaturen mehr niederstrecken. Einem Untoten riss die Wucht des Bolzens den Kopf vom fauligen, verrottenden Hals – ein anderer, der zu den Schütze durchgedrungen und schon über Barrico war, rammte ER mit solcher Wucht das schwere Schaftende seiner Armbrust in den Brustkorb des Untoten, dass dieses stecken blieb und er mit bloßen Händen kämpfen musste, dabei einen Arm so fest packte, dass er ihn aus dem Gelenk drehte und das Unwesen solange in Schach hielt, bis ein anderer Soldat dem wandelnden Verderbnis mit einem Beil den Schädel spaltete.

Lange wogte der Kampf, stundenlang, mit unbeschreiblichem Grauen. Aber so plötzlich wie der Albtraum über sie hereingebrochen war, so schnell war er zuende. So schnell als es ihnen möglich war, sperrten sie die Bresche in der Palisade mit allem, was greifbar war. Das blutige Gemetzel hatte einen hohen Blutzoll gefordert: über einhundert Soldaten waren erschlagen, erstochen, verbrannt, zerfroren oder zerrissen worden. Noch mal über zweihundert trugen teils übelste Wunden davon, manche verloren Arme und Beine, andere hielten ihre Eingeweide in den Händen. Es blieb wenig Zeit die Toten zu betrauern, und jene, die eben noch wie wilde Furien und ohne Gnade kämpften, versorgten Verwundete und trösteten aufopferungsvoll Sterbende. Bis zum Ende des Dunkeltiefs sollte das Grauen die Palisade nicht wieder überwinden. Das Grauen, dass außerhalb war.

### Totenfeier. Wer auch immer vor undenklichen Zeiten diesen Tag ausgewählt hat, konnte es nicht besser treffen. Heute haben wir unsere Toten zur Ruhe gebettet, so gut es eben geht bei gefrorenem Boden. Sie werden verstehen, dass wir ihnen weder Waffen auf ihre lange Reise mitgegeben noch sie mit der ihnen zustehenden Ehre bestattet haben. Zuviel ist zu tun. Zu viele Lebende brauchen Aufmerksamkeit und Kraft. Ich finde etwas Zeit Morsan zu danken, dass er mich nicht zu sich gerufen hat. Und Bellum, dass er mir die Kraft gegeben hat, meine Kameraden zu beschützen. ###

Ewiges und unendliches Schweigen.

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 Betreff des Beitrags: Re: Ewiges und unendliches Schweigen
BeitragVerfasst: 25.12.08, 16:21 
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12. Duler des Jahres 8 nach Hilgorad / eine Kleinstadt in Sae

### Ich sollte meine Gedanken aufschreiben. Weil ich sie so ein Stück von mir ablegen kann. Mit jemanden darüber zu sprechen geht nicht. Muss mir mehr Hadernblätter besorgen. ###

Eher ungewöhnlich für das Kind armer Leute, die bis vor ein paar Jahren noch unfreie Tagelöhner oder jegliche Hoffnung auf ein besseres Leben waren, wurden die drei Söhne der Familie zur Schule geschickt. Der Vater selbst konnte nur bruchstückhaft lesen und schrieb außer seinem Namen niemals irgendetwas, hingegen war rechnen eine seiner Stärken und der Umgang mit Geld war ihm sehr wichtig, bildete er doch den Grundstock für die Freiheit seiner Familie. Dennoch hätte er nie das Schulgeld von 200 Dukaten für jeden Sohn und jedes halbe Jahr aufbringen können, geschweige denn für die drei überlebenden Töchter. Diese bräuchten sowieso nur das zu lernen, was später als treues Eheweib und Mutter möglichst vieler Kinder nützlich wäre. Und das, so dachte sich der Alte, könne seine Frau den Mädchen doch auch beibringen. Zudem waren den Männern doch sowieso Frauen lieber, die nicht zu viele Flausen im Kopf trugen, die sie ja zweifelsohne von einem Schulmeister eingepflanzt bekommen würden. Kochen, Backen, Stopfen, Putzen, Stricken, Schweinefüttern, Ofen feuern, Kinderaufzucht ... das war wichtig. Dazu hatte sich eine gute Ehefrau immer gutmütig um ihren Mann zu sorgen und die Pflichten treu zu erfüllen, die ihr nun mal zu eigen waren. Sie müsste Mutter der vielen Kinder sein, von denen sowieso nur ein Teil alt genug werden würde, um selbst eine Familie zu gründen und die eigenen Eltern im Alter zu versorgen. Männer hingegen hatten durch harte Arbeit die Familie zu ernähren, die wichtigen Entscheidungen des Lebens zu treffen und ihren Teil dazu beizutragen, dass sich die Kopfzahl der Familie mehre. Dafür, so war es dem alten Vater auch klar, genügt es schon, wenn Einer gut lesen, schreiben und rechnen könne, wisse wie man ein vieregefälliges Leben führt und zudem noch weis, dass man der Obrigkeit und der Geweihtenschaft stets zu gehorchen habe. Alles andere würde einen echten Mann doch nur verweichlichen, so wie diese Bürgersöhnchen, die einem etwas von Idealen und den Vorzügen der edlen, sich selbst genügenden Liebe vorschwafelten, diese Dummschwätzer! Die einzigen die SEIN Vater noch mehr verachtete, waren Frauen die ihren Platz in Familie und Gesellschaft nicht akzeptierten und diese verderbten, liederlichen und auf ewig in Verdammnis schmorenden (weil sie zweifelsohne niemals in Morsans Hallen aufgenommen würden) Schwächlinge, die sich wider die Natur wandten und ihresgleichen liebten. Diese Scheusale!

Das alles gab er seinen Kindern mit auf den Weg und schärfte es ihnen. Bei Bedarf auch mit der flachen Hand, einem derben Stock oder dem Gürtel. Alle seine Kinder sollten stets beherzigen, was er sie lehrte und er ihnen vorlebte.

### Alle haben sich sehr gefreut, als ich heute nach meiner Wanderschaft wieder zuhause ankam. Besonders die Mutter, aber auch der Vater hat mich herzlich begrüßt. Es gab zur Feier Zampone, wegen mir haben sie ein Schwein geschlachtet. Sogar Wein gab es zu trinken, den Meister Ruscoli gebracht hat. Musste alles erzählen, was mir auf meiner Reise passiert ist. Die Mutter hat mich auch gefragt, ob ich viele schöne Mädchen gesehen habe. Und ob eine dabei war, die man heiraten könne. Unwohles Gefühl dabei. Habe leider auch erfahren, dass Profallo an einem Fieber gestorben ist, während ich weg war. Vater fehlt nun eine Hand zum helfen, die ich nun geben muss. ###

Nach dem Ende seiner Lehrzeit hatte ER in der Schreinerei des Meisters Ruscoli gearbeitet. Er hatte dem alten, fröhlichen und korpulenten Meister sehr viel zu verdanken – nicht nur hatte er damals die ganze Familie aufgenommen und ihnen die zwei Zimmer zu einem sehr günstigen Preis überlassen, ihnen Arbeit gegeben und sich um sie gekümmert – er hatte auch das Schulgeld für die Jungen übernommen. So war es eine Selbstverständlichkeit, dass Ifranco, Profallo und ER bei ihm das Schreinerhandwerk erlernten um später als Gesellen in der Werkstatt zu arbeiten. ER mochte die Holzarbeit, die feine Arbeit mit Beitel und Drechseldrehe genauso wie das Einschlagen und Herbeischaffen des Holzes, dass ihm auf Grund seiner ernormen Größe und Kraft als richtige Herausforderung erschien. Vier Jahre lernte er das Meiste, was es in einer Schreinerei zu lernen gibt. Im Jahre 5 nach Hilgorad meinte der alte Ruscoli, dass es nun Zeit sei die Lehrzeit zu beenden und bezahlte IHM das erste Mal seinen Lohn aus.

Etwas mehr als ein und ein halbes Jahre arbeitete er in der Werkstatt, bis ihm der alte Meister eines Tages empfahl, auf Wanderschaft zu gehen um bei anderen Meistern Kniffe abzuschauen und zu sehen, ob anderswo nicht ein neues Leben zu machen sei. Ausgestattet mit der besten Kleidung die er je besessen hatte, etwas von Ruscoli geschenktem Handgeld und seiner Last – innerlich wie äußerlich – machte ER sich auf den Weg. Die Wanderschaft sollte nichtmal ein Jahr dauern.

### Meister Ruscoli gibt mir wieder Arbeit, weil er viele Pfeile und Bolzen fertigen muss. Ich bin gut im Schäftedrehen, sagt er. Morgen reden wir über den Lohn. ###

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 Betreff des Beitrags: Re: Ewiges und unendliches Schweigen
BeitragVerfasst: 26.12.08, 18:44 
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2. Carmer des Jahres 13 nach Hilgorad / Lafay’s Stab

### Die Stadt hat zehn Tore – vier davon sind die riesigen Haupttore, durch die zum einen die große Heerstraße von Draconis nach Endophal verläuft, zum anderen die Sae-Herder Reichsstraße, auf der man irgendwann in Yota anlangt oder zum Massiv der Hand Mens reisen kann. Diese Tore sind stets offen, während wir die anderen vom achten bis zweiten Zyklus versperren. Es herrscht viel Verkehr, vor allem aus Endophal herauf ins Mittelreich, wo viele Waren aus dem Süden sehr begehrt sind, sagt man. Und weil unser Herzog meist zuwenig Dukaten im Staatsschatz hat, werden Zölle auf alles erhoben, was Lafay’s Stab durchquert. Vieh, Wein, feine Tuche, Schnitzwerk, kunstvolle Schmiedearbeiten, Pferde. Das ganze ist so lukrativ, dass selbst die Stadtoberhäupter es zur Pflicht für jeden durchziehenden Handelszug gemacht haben, die Waren zuerst auf den hiesigen Märkten anzubieten. ###

Nachdem ER in das andere Regiment übergetreten war, gehörte der Wachdienst an den Toren zu seinen Hauptpflichten. Ursprünglich handelte es sich beim diesem Regiment um das vom Herzog höchst selbst befehligte Regiment, dass stets ins Zentrum einer Schlacht geworfen wurde. Nunmehr aber, unter dem hochfahrenden, edlen aber zugleich ziemlich unfähigen Herrscher war es kaum noch mehr als eine Stadtwache mit großem Gepränge. Der Zustand des Rüstwerks und der Waffen hatte nachgelassen, in manchen Kompanien litt die Disziplin unter selbstgefälligen Unteroffizieren, die stets danach trachteten, ihre Untergebenen zu brechen und ihre eigene Bedeutungslosigkeit mit dem Gebrauch des bisschen Macht aufzubessern, dass ihnen Kraft des Ranges zustand. Zugleich aber tobte an den Rändern des Reiches Aufruhr und Krieg und hunderte Leben wurden ausgelöscht.

### Eine Gruppe von etwa einhundert Reitern kam heute durch die Stadt. Mittelschwere Reiterei in Kettenrüstungen, mit Langspeeren und langen gebogenen Schwertern, dazu rote Federbüschel auf den geschwärzten Panzerhelmen. Ihr Pferde waren wunderschön – anmutig und zugleich kraftvoll und ausdauernd, eine endophalische Zucht, wie man mir sagte. Wahrscheinlich gehören diese Reiter zu den königlichen Truppen, die an der Grenze zu Endophal in Garnison liegen und nun andernorts gebraucht werden. ###

Die Reiterei, egal ob leichte oder schwere, übt seit je her die größte Anziehung auf das Volk aus und wird gemeinhin als die edelste, tapferste und stärkste Waffengattung angesehen. Es verwundert nicht, dass vor allem der Adel und Söhne des gehobenen Bürgertums dort Dienst tun und meist auf das niedere Fußvolk herabblicken. Aber ein jeder sollte sich darüber im klaren sein, dass noch niemand einen Krieg allein mit Reiterei gewonnen hat. Mag ihr Ansturm vielleicht unaufhaltsam sein, so sind sie doch recht wehrlos in beengtem Gelände oder gar in Situationen, wo Verteidigung – und nicht Angriff – geboten ist. Das Fußvolk hingegen ist stets und überall zu finden. Im Schlachtengetümmel genauso wie beim Schanzen, auf offenem Feld wie in engen Bergtälern, im hohen eisigen Norden der riesigen Provinz Nordland ebenso wie im heißen Endophal. ER und seine Kameraden waren daran gewöhnt, „nur das Fußvolk“ zu sein und stets im Schatten zu stehen. Ach, all die Unwissenden! Wüssten jene nur, was Reiterei macht wenn ihnen die Pferde unterm Hintern weggeschossen werden oder was eine lebende Mauer aus Piken und Spießen aus der Reiterattacke macht. Mag sein, dass die Reiterei stets als erste in der Schlacht ist. Zugleich ist sie aber auch die erste, die wieder den Rückzug antritt während das gemeine Fußvolk den Gegenangriff abfängt und geordnet zurückweicht. Die Welt ist ungerecht und wenig Ruhm bleibt für den gemeinen Mann zu Fuß.

### Am Abend im Wirtshaus neben der Kaserne haben wir ausgiebig getrunken. Ein Reisender aus Borast berichtete uns von zunehmenden Unruhen in Ravel und dem scheinbar endlosen Krieg in Vandrien. Da ist es ganz gut, wenn wir weiter Dienst in der Stadt schieben, denn so wie es derzeit um uns steht, sind wir wohl kaum sinnvoll einzusetzen. Zumal der Sommer sich dem Ende zuneigt und niemand der ernsthaft bei Sinnen ist, im Herbst einen Heerzug nach Norden beginnt. ###

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BeitragVerfasst: 27.12.08, 15:58 
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23. Trier des Jahres 12 nach Hilgorad / Gruneforst / Sae

### Lieber Vater! Liebe Mutter!

Wir stehen seit zwei Monaten in Gruneforst, einem Dorf an der Heerstraße nach Süden, nicht weit entfernt der Grenze nach Falkenstein. Rundherum wachsen dichte Wälder und du wärst erstaunt, wie riesig hier die Buchen und Erlen werden. Die zu fällen wäre ein großes Stück Arbeit, sie wegzuschaffen geht nur mit einem mindestens vierspännigen Ochsengespann. Hat Meister Ruscoli denn mittlerweile kräftige Pferde angeschafft?

Ihr fragt euch, was wir hier tun, sind wir doch Soldaten und herrscht hier kein Krieg. Unsere Kompanie wurde eingeteilt, die Heerstraße auszubessern und eine Brücke neu zu bauen. Nun, wirklich bauen tun wir sie nicht. Das machen die Maurer und Steinmetze unter der Leitung eines Baumeisters aus Draconis (du siehst ihm an, dass er nicht aus unserer Gegend ist, er spricht auch ganz seltsam), wir sind fürs Grobe verantwortlich und schachten, bewegen und beschaffen Bauholz und Steine. Verpflegung ist gut, es gibt meist kräftigen Eintopf und aller paar Tage sogar ein gebratenes Schwein. Oder, wenn wir Glück haben, treiben wir im Wald das Wild zusammen und schießen es nieder, dann gibt’s auch einmal Reh oder Hirsch. Bald sind auch die ersten Beeren reif und Kirschen könnte es auch in den nächsten Wochen geben.

Unser kleines Lager haben wir befestigt, auch wenn keinerlei Gefahr droht. Unser Feldmeister aber sagte, wir sollten auch im Frieden üben. Mir kam mein Geschick und meine Kraft sehr zu gute. Wir haben einen kleinen Wall gezogen, auf diesen einen brusthohen Palisadenzaun gesetzt. Noch ein Graben rundherum. Im Inneren steht ein Wachturm und Zelte als Unterkunft. Wasser holen wir aus einem Bach, der nahe vorbei fließt. Es gibt sogar eine kleine Badestelle. Nach dem letzten schweren Regensturm vor einigen Tagen sind die anderen Arbeiter in ihrem Lager im Schlamm versunken – wir aber hatten Gräben zum Ablauf des Wassers gezogen und die Wege mit Bohlen befestigt.

Mutter, ich habe ein nettes Mädchen kennen gelernt. Sie ist furchtbar nett. Und hat ein nettes Gesicht und sagt mir oft viele nette Worte. Ein sehr nettes Mädchen eben. So eines, von denen ich dir ab und an erzählt habe. Wäre doch da nur nicht mein Dienst, dass verstehst du sicher Mutter, dann könnte ich das nette Mädchen bald heiraten. Aber so muss ich erst mal abwarten. Habe noch ein paar Jahre zu dienen.

Ich hoffe, dass es euch allen gut geht. Berichtet mir doch von Plistija und ihrem Mann. Haben sie schon ein Kind?

Euer lieber Sohn
XXX###


Der Brief würde wohl in einer Woche ankommen, wenn er ihn dem Meldereiter mitgab, der regelmäßig in die Garnison aufbrach. Von dort würde mit einem Postreiter über verschiedene Stationen schon zur Heimatstadt kommen. Der alte Vater würde ihn bei einer Pfeife lesen, vielleicht würde er ihn sich auch vorlesen lassen, denn er hatte kaum Lesen und Schreiben gelernt. Sie würden die Nachrichten aus der fernen Welt aufsaugen und immerwieder Fragen stellen, als säße ER direkt vor ihnen und es läge nicht bloß ein Brief in ihren Händen.

Mutter und Vater würden sich besondern für SEINE Bekanntschaft interessieren. Natürlich würden sie niemals erfahren, dass diese nur ausgedacht und die einzigen Frauen in SEINER Nähe die Köchinnen und Mägde auf der Baustelle waren. Er wusste jedoch genau, was seine alten Eltern hören wollten und ehe sie Fragen stellten, die er nicht beantworten könnte, erzählte er ihnen eben etwas die Herzen erquickendes. Auf die Ferne war das viel leichter, als damals, während er noch zuhause wohnte und seine Schritte aufmerksam beobachtet wurden. Nicht nur von den Eltern, den Geschwistern und Meister Ruscoli; auch von den eigenen Freunden und eigentlich der ganzen kleinen, tratschenden Stadt. Noch einer der Vorteile des Soldatenlebens.

Mit diesem Brief hätte er nun für einige Monate Ruhe.

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