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 Betreff des Beitrags: Salessa
BeitragVerfasst: 22.12.08, 23:10 
Ehrenbürger
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Beiträge: 842
Dass ich jetzt auch hier mal eine Geschichte posten werde, verdankt ihr alle einzig und allein dem Kaputten Typen, der in einem anderen Therad so nett alle User aufgefordert hat, ordentlich zu schreiben und zu posten. Ich hätt mich ja eigentlich nicht getraut, da ich meine schriftstellerischen Qualitäten nicht besonders hoch einschätze, aber wer kann bei einer so netten Aufforderung schon 'Nein' sagen? :mrgreen:

Die folgende Story, welche ich in den nächsten Tagen noch ergänzen werde, ist eigentlich nichts anderes als eine ausgeschmckte Charstory, mit etwas mehr als 3000 Zeichen.
Ich habe mich damals beim tippen meiner Charstory ziemlich schwer getan. Mir wollte einfach nichts einfallen. Schliesslich hab ich einen Text runtergetippt, der sogar noch sofort angenommen wurde. Ich hab mir nur gedacht, auf ins Spiel und vergiss die Story...
Im Laufe der Zeit habe ich dann gemerkt, was für eine große Rolle doch dieser Hintergrund im Leben meines Chars spielt. Es gab Situationen, wo ich dachte 'Moment, jetzt kann Salessa nur so oder so reagieren, anders passt es nicht'. Das hat mich fasziniert und ich habe angefangen, ihre Geschichte in Gedanken weiter auszuschmücken. Irgendwann war ich soweit, dass ich dachte, ich muss das mal aufschreiben. Und so habe ich angefangen.
Ich weiss mittlerweile, dass ich ein paar typische Anfängerelemente drinne hab, wie zum Beispiel die toten Eltern, aber ich kann mir die Story nicht mehr anders vorstellen. Und so selten wird es in solchen Zeiten wohl auch nicht gewesen sein, dass die Eltern schon früh ums Leben kamen.

Soweit ein paar Bemerkungen von mir zu meiner Geschichte. Ich werde sie nach und nach fortsetzen.

Edit: An konstruktiver Kritik bin ich immer interessiert, sei es im Forum oder per PN.


Zuletzt geändert von Salessa: 23.12.08, 11:51, insgesamt 1-mal geändert.

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 Betreff des Beitrags: Re: Salessa
BeitragVerfasst: 22.12.08, 23:12 
Ehrenbürger
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1. Kapitel

Irgendwas stimmt nicht. Ich kann kaum etwas sehen, alles ist nur nur grau und verwaschen. Aber ich höre Stimmen, viele Stimmen rund um mich herum. Was sie sagen, verstehe ich nicht, ich höre nur Laute, die keinen Sinn ergeben. Ich weiß nicht, was los ist und ich will es auch nicht wissen. Es ist sowieso alles sinnlos. Soll es so bleiben, wie es ist, mir soll es recht sein...

Ein Schlag holt mich zurück in die Gegenwart. Genau genommen ist es ein Schlag ins Gesicht, in mein Gesicht. Ich öffne die Augen. Langsam weicht das Grau und ich nehme meine Umgebung wahr, Häuser, Menschen die vorbei eilen, Tiere, die durch die Straßen stapfen und ein grauer Himmel. Es ist, als ob ich aus einem langen Traum erwache. Nur sehr widerwillig kehre ich in die Realität zurück. Ich blinzele ein paar mal und registriere dann einen Mann, welcher direkt vor mir steht und mich mit einer Mischung aus Wut und Abscheu anstarrt. Ich starre zurück, zu keinen Worten fähig.
„Salessa“, fährt der Mann mich mit harscher Stimme an, „was ist denn mit Dir los?“ Ich blinzel wieder und versuche zu begreifen, was er eigentlich meint. Was soll denn los sein?
Er starrt mich immer noch an und so ich folge seinem Blick, welcher an meinem Körper herunter wandert. Meine Kleidung sieht schlimm aus. Alles ist voller Dreck, der Rock ist zerrissen und Regenwasser tropft an mir herab.
Es regnet?
Tatsächlich, ich habe es gar nicht bemerkt. Ich habe auch ehrlich gesagt keine Ahnung, was mit meinem Rock passiert ist und wieso ich hier im Regen stehe. Irgendwas muss passiert sein, aber was?
Ich schaue wieder zu dem Mann auf, sein Gesicht kommt mir irgendwie bekannt vor. Die großen, starren Augen mit ihrem harten Blick, der dichte Vollbart, welcher schmale Lippen fast völlig verdeckt, das leicht gelockte, braune Haar.
Wo habe ich ihn nur schon mal gesehen? Es muss schon lange her sein, irgendwo an einem anderen Ort, zu einer anderen Zeit.
Während ich noch überlege, beginnt der Mann wieder zu sprechen. „Sag mal, kennst Du mich nicht mehr, hats Dir die Sprache verschlagen oder was ist los?“
Ich zucke hilflos mit den Schultern.
„Ich bin Dein Onkel Thorim, erinnerst Du Dich vielleicht jetzt?“
Thorim? Mein Onkel? Moment mal, der war doch mal zu besuch, damals, zuhause....
Zuhause!
Es ist wie ein weiterer Schlag ins Gesicht, als dieses eine Wort „Zuhause“ mich brutal in die Gegenwart zurück zerrt und mir wieder alles einfällt.
Zuhause, es gibt kein Zuhause mehr!
Alles ist zerstört, kaputt, so schrecklich.....furchtbar....unaussprechlich...
Derweil ich da stehe und schreckliche Bilder vor meinem geistigen Auge vorbeiziehen sehe, verliert mein Onkel die Geduld und packt mich am Arm. Er zerrt mich durch die enge Gasse in der ich wohl schon stundenlang im Regen stand zu einem Pferdekarren, welchen er in einer Nebenstraße warten ließ. Mit einem Schubs lande ich auf der Ladefläche.
„Du kommst erst mal mit zu uns“, brummt mein Onkel. „Hannah hat dich gesehen und mich informiert. Sei froh, dass ich dich so schnell gefunden hab, sonst hättest du dir bei dem Wetter noch den Tod geholt!“ Mit diesen Worten klettert er auf den vorderen Sitz und treibt das Pferd an.
Ich nicke nur, immer noch nicht zu Worten fähig und kauer mich auf der Ladefläche zusammen. Es stört mich nicht, dass sie hart und unbequem ist. Es stört mich auch nicht, dass ich die ganze Zeit durchgeschüttelt werde und weiterhin nass regne. Eigentlich stört mich gar nichts mehr....

Während der Fahrt wandern meine Gedanken unwillkürlich zu den Ereignissen der letzten Tage zurück. Dabei will ich gar nicht daran denken, ich will alles nur vergessen, es soll einfach nicht wahr sein. Es soll nicht passiert sein, das Feuer, der Rauch, schon von weitem hör und sehbar. Ich hab mir das bestimmt nur eingebildet, es ist alles nur ein Traum, ein Alptraum allerdings. Ein furchtbarer Alptraum, welcher meine Eltern tötete und mich ihre Leichen finden ließ. Ein furchtbarer Alptraum, welcher unseren Hof abbrannte und nur verkohlte Reste überließ. Was für ein Traum....
Nein, es ist kein Traum! Es ist wahr!
Diese Erkenntnis ist so furchtbar, dass ich die Hand vor den Mund pressen muss, um nicht laut zu schreien. Ich kann es einfach nicht fassen, es ist zu viel. Viel zu viel. Wie soll ich das jemals aushalten, diesen unglaublichen Schmerz, der mir das Herz zerreißt?
Ich schlinge meine Arme um meine angewinkelten Beine und beginne langsam vor und zurück zu wippen. Das hab ich die letzten Tage auch schon getan fällt mir ein. Es hat eine beruhigende Wirkung. Und wenn man es lange genug tut, hört man auf zu denken und zu fühlen...

Leider dauert die Fahrt nicht allzu lang und schon erreichen wir das Anwesen meines Onkels. Es besteht aus einem ziemlich großen Haus, mit mindestens zwei Stockwerken, mehreren Scheunen und Ställen und ist von einem Eisengitter umzäunt.
Mein Onkel zerrt mich von der Ladefläche und schiebt mich durch den Matsch und Regen Richtung Hauseingang. Er stößt die Tür auf und schon stehen wir in einem prächtigen Hausflur. Der Boden ist mit Teppichen ausgelegt, an den Wänden hängen Bilder und Kerzenleuchter und im Hintergrund führt eine Treppe empor.
Ich schaue mich staunend um. Derweil brüllt meine Onkel laut durchs Haus. „Marga, ich hab sie gefunden!“
Rechts öffnet sich eine Tür und eine große, stattliche Frau tritt hervor. Das muss meine Tante sein, schiesst es mir durch den Kopf.
„Ach du liebe Zeit“, murmelt sie und mustert mich kritisch. „Was hast du denn getrieben? Du siehst aus, wie...wie...“ Sie bricht ab, anscheinend fehlen ihr die Worte. „Sag mal, hast du in der Gosse geschlafen?“
Ich nicke automatisch und sie verdreht entsetzt die Augen. „Thorim“, wendet sie sich an meinen Onkel, „du hättest sie lassen sollen wo sie war. Was sollen wir denn hier mir ihr? Sie etwa zukünftig durchfüttern?“ Wütend blinzelt sie meinen Onkel an, doch dieser scheint nicht im geringsten beeindruckt.
„Sie bleibt hier, jetzt wo Nesa weg ist, kann sie ihre Arbeit übernehmen. Und soviel wird sie ja wohl nicht essen“, murmelt er mit einem abschätzenden Blick auf meinen ziemlich dünnen Körper.
Ich stehe nur da und versuche der Unterhaltung zu folgen. Ich soll also hier bleiben? Bei ihnen? Wieso das? Aber wo sollte ich auch sonst hin, jetzt, wo es kein Zuhause....oh nein, nicht dran denken!
Meine Tante seufzt. „Na gut, sie kann die Kammer oben haben. Aber vorher steck sie bitte in die Wanne, sie stinkt wie ein Ork!“
Ich zucke etwas zusammen bei diesen Worten. Ist es wirklich so schlimm? Es waren doch nur drei, vier Tage, die ich durch die Stadt geirrt bin. Mehr nicht.
Mein Onkel bedeutet mir zu folgen und ehe ich mich versehen habe, stehen wir in einem wunderschönen Bad, dessen Wände aus reinem Marmor gefertigt sind. Ich wusste schon immer, dass meine Tante und mein Onkel reich sind, aber so reich? Es ist unglaublich!


Zuletzt geändert von Salessa: 22.12.08, 23:17, insgesamt 1-mal geändert.

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 Betreff des Beitrags: Re: Salessa
BeitragVerfasst: 22.12.08, 23:14 
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Ein paar Minuten später schon liege ich im warmen Wasser, welches eine Bedienstete eingelassen hat und versuche mich zu entspannen. Es gelingt kaum.
Meine Gedanken wandern zurück zu den vergangenen Tagen. Was hab ich da bloß getan? Ich bin durch die Stadt geirrt und sonst? Ich war wohl nicht ganz klar im Kopf, irgendwie war alles betäubt nachdem ich meine Eltern.....
Nein, daran darf ich nicht denken! Also, was hab ich getan? Ich bin rumgelaufen, hab mich in irgendwelche Ecken gesetzt und die Arme um die Beine geschlungen und bin hin und her gewippt. Und sonst?
Links oben an meiner Stirn beginnt es zu pochen. Der Schmerz kommt ganz plötzlich und wird zunehmend stärker. Was ist mit meinem Kopf los? Ich taste an die Stelle und spüre eine Blutkruste. Wieso hat es da geblutet? Hab ich mich etwa gestoßen? Verwunderlich wäre es nicht, so blind wie ich umher gelaufen bin.
Aber nein, es war was anderes... Da war dieses Kind, ich erinnere mich schwach an seine Worte 'Mama, was macht die Frau da?' Und ich erinnere mich an eine Frau, wohl die Mutter des Kindes. Ich sehe noch vor mir, wie sie das Kind wegzerrt und auch ihre Worte hallen in meinem Kopf wieder 'Komm schnell weg, die ist verrückt!' 'Aber Mama, sie schlägt dauernd den Kopf an die Wand, die tut sich doch weh.' 'Sei ruhig und komm!'
Ich erschauder vor mir selbst und tauche entsetzt im Badewasser unter.


Kurze Zeit später ist das Bad beendet, ich bin halbwegs sauber und in neue Kleidung gehüllt. Immer noch sprachlos sitze ich am Esstisch und kaue lustlos auf einem Stück Brot herum. Meine Tante und mein Onkel sitzen mir gegenüber und schauen mir beim essen zu.
„Du hast recht Thorim, die isst nicht viel.“
„Sag ich doch. Und wenn sie einmal richtig ausgeschlafen hat, wird sie uns sicher eine gute Hilfe im Haushalt sein!“ Zufrieden lächelnd verschränkt mein Onkel die Arme vor der Brust.
Ich schaue die beiden nur stumm an, es wollen einfach keine Worte aus meinem Mund kommen, obwohl in meinem Kopf alles kreuz und quer geht.
„Na ja“, meldet sich meine Tante wieder zu Wort, „hauptsache sie findet noch irgendwann ihre Sprache wieder. Obwohl andererseits, so widerspricht sie mir wenigstens nicht.“
Ein seltsames Lächeln wandert über ihr hartes, schon von einigen Falten durchzogenes Gesicht. Ihre blauen Augen starren mich kalt an und ich verspüre plötzlich den Wunsch im Boden zu versinken.

Kaum, dass ich fertig gegessen habe, führt mich meine Tante die Treppen hinauf. Die erste Etage besteht aus einem ebenso großem Flur, wie im Erdgeschoss, von welchem aber viele Türen abgehen. Ganz hinten am Ende führt noch eine Stiege empor und auf genau die steuert meine Tante zu. Sie stapft mit entschlossenen Schritten empor. Ich folge ihr schweigend in einen kleinen, kargen Raum. An einer Wand steht ein altes Bettgestell und unter dem Fenster thront ein kleiner Waschtisch. An der Wand gegenüber dem Bett ist eine kleine Kiste aufgestellt. Leider ist das Schloss rausgebrochen, aber ich habe eh keine Wertsachen zu verbergen.
„So, das hier wäre dann dein Zimmer“, setzt meine Tante an und fährt ohne eine Antwort abzuwarten fort „hier wirst du schlafen und dich waschen. Nicht, dass du glaubst, du könntest jetzt immer unser Bad benutzen!“
Ich nicke nur.
„Morgen früh werde ich Dir erklären, was in Zukunft deine Aufgaben hier sind. Ich denke, du wirst es verstehen, dass wir dich nicht ganz auf unsere Kosten hier leben lassen können. Du wirst also für deinen Lebensunterhalt beitragen müssen.“
Ich nicke wieder und betrachte den kleinen Raum. Er ist grad groß genug, dass man sich drinne drehen kann und es ist eiskalt hier. Aber was solls, wenigstens habe ich erst mal ein Dach über dem Kopf.
Als meine Tante sich schon zur Tür wendet und gehen will, kann ich die Worte plötzlich nicht mehr zurückhalten und sie platzen nur so aus mir hervor.
„Woher wusstet ihr von mir und was passiert ist?“
Leicht überrascht schaut meine Tante mich an. „Ach du hast ja doch eine Stimme, na sowas!“ Ein Grinsen wandert über ihr Gesicht. „Also ich werds dir gerne erzählen. Hannah hat dich gesehen. Du erinnerst dich doch an Hannah, die Bäuerin, welche immer ihren Verkaufsstand neben deinem hatte?“ Das Wort 'Bäuerin' spricht sie fast verächtlich aus.
Natürlich erinnere ich mich an Hannah, eine liebenswerte ältere Frau, welche immer meinte ein Auge auf mich haben zu müssen, wenn ich die Waren, welche wir auf unserem Hof erwirtschaftet hatten, neben ihr auf dem Markt verkaufte.
„Ja also Hannah hat Thorim informiert, vor zwei Tagen glaub ich“, fährt sie schon fort. „Sie sagte ihm, irgendwas müsse nicht stimmen, da sie dich völlig verstört durch die Stadt laufen gesehen habe, und du auf Zurufe nicht reagiert habest. Also ritt Thorim zu eurem Hof, er wollte mit deinen Eltern reden. Was er da vorfand, kannst du dir ja denken.“
Ich zucke entsetzt zusammen. Natürlich kann ich mir das vorstellen, aber ich möchte gar nicht dran denken. Nie mehr möchte ich daran denken müssen. Dieser Anblick...
„Nun, da Thorim dich dort nicht vorfand, begann er dich in der Stadt zu suchen. Heute scheint er ja Erfolg gehabt zu haben.“ Sie schaut mich wieder mit diesem seltsamen Lächeln von der Seite an. „Du kannst also froh sein, dass er sich solche Mühe wegen dir gemacht hat und ich hoffe, du wirst dir alle Mühe geben, das wieder gut zu machen. Wir nehmen wahrlich nicht jeden Tag irgendwelche abgehalfterten Gestalten in unser Haus auf!“
Mit diesen Worten wendet sie sich auch schon um und stapft aus der Kammer. Ich bleibe allein zurück und sinke müde auf das Bett. Meine Gedanken wirbeln herum, wie in einem Wirbelsturm.
Wie konnte es nur soweit kommen? Wir waren doch alle glücklich gewesen. Wir waren nicht reich, oh nein und oft hatte das Geld kaum zum überleben gereicht, doch wir hatten uns! Und jetzt? Jetzt sind meine Eltern tot. Von heute auf morgen ist meine ganze Welt zusammengebrochen. Irgendwelche abscheuliche Menschen haben geglaubt in unser Schicksal eingreifen zu müssen und das auf so brutale Art und Weise! Wer kann sowas nur tun?
Und was soll jetzt nur aus mir werden? Soll ich wirklich hier bleiben? Bei diesen Leuten, aus deren Augen fast nur Verachtung spricht? Ich weiß es einfach nicht....
Aber was soll ich sonst tun? Ich habe keine andere Wahl. Nie habe ich einen Beruf erlernt, nie werde ich eigenes Geld verdienen können. Wenn ich also nicht den Rest meines Lebens betteln will, dann bleibt mir gar nichts anderes übrig.
Diese Gedanken wirbeln wie wild durch meinen Kopf und doch schaffe ich es irgendwann erschöpft einzuschlafen.


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 Betreff des Beitrags: Re: Salessa
BeitragVerfasst: 23.12.08, 11:49 
Ehrenbürger
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2.Kapitel

Einige Wochen gehen ins Land. Nur schwer gewöhne ich mich in mein neues Leben ein. Meine Tante und mein Onkel entpuppen sich als ziemlich überhebliche Menschen, mit denen nicht gut auszukommen ist. Zumindest nicht, wenn man eine, in ihren Augen niedere Stellung inne hat, so wie ich. Schon am nächsten Tag nach meiner Ankunft beginnen sie mir Aufgaben zuzuweisen, die ich auszuführen habe. Zuerst sind es nur kleine Dinge im Haushalt, doch mit der Zeit steigern sich ihre Ansprüche. Ich bin gezwungen, morgens früh aufzustehen, wenn ich alles an einem Tag schaffen will, was mir aufgetragen wurde. Nicht, dass mir das was ausmachen würde, das bin ich seit jeher gewohnt. Aber hier ist es etwas anderes als zuhause, denn hier werde ich wie eine Dienstmagd behandelt und nicht wie eine Tochter.

Es ist morgens und ich habe alle Öfen im Haus angefeuert und nachgesehen, ob die Köchin das Frühstück bereitet hat. Ich habe den Stallknecht geweckt, welcher wie immer verschlafen hat und die Eier im Hühnerstall eingesammelt. Danach habe ich geholfen den Tisch zu decken, damit Tante und Onkel sofort nach dem Aufstehen essen können. Selbst habe ich in der Küche zusammen mit der Köchin, dem Stallknecht und einer weiteren Dienstmagd gefrühstückt. Nun soll ich auf den Markt gehen. Mir ist flau im Bauch bei dem Gedanken daran. Die Köchin hat mir eine lange Liste von Zutaten aufgeschrieben, die sie benötigt. Von meiner Tante habe ich das nötige Geld dafür erhalten, aber erst nachdem sie heftigst mit der Köchin diskutiert hat, ob diese Ausgaben wirklich sein müssen.
Nun stehe ich hier und traue mich kaum los. Sehr widerwillig setze ich einen Fuß vor den anderen. Ich mag gar nicht dran denken, was wohl die Leute auf dem Markt sagen werden, wenn sie mich sehen. So wie ich ihnen zuletzt unter die Augen getreten bin, müssen sie mich für völlig verrückt halten. Wer weiß, ob sie überhaupt noch mit mir reden?
So kreisen meine Gedanken umher, während ich den kurzen Weg zurück lege. Viel zu früh habe ich den Marktplatz erreicht. Es herscht das übliche Treiben.
Massen von Menschen schieben sich zwischen den eng aufgestellten Ständen umher, hauptsächlich sind es Frauen und Kinder. Händler preisen mit lauter Stimme ihre Waren an und versuchen so die Kundschaft an ihren Stand zu locken. Hier und da wandern einige Münzen über den Tresen und Waren verschwinden in Stofftaschen, Rucksäcken oder werden gleich auf Pferdeführwerke verladen. Am Rand des Marktes stehen wie immer die Wachen, bereit bei Problemen schnell und effizient einzugreifen.
Meine Blicke schweifen umher, bis ich Hannah entdecke. Sie steht wie immer an ihrem Stand und ist in ein Gespräch mit einem Kunden vertieft. Zögerlich tapse ich näher heran. Sie ist so beschäftigt, dass sie mich gar nicht bemerkt. Erst als der Kunde geht, blickt sie auf und ihr völlig erstaunter Blick bleibt auf mir hängen.
„Salessa“, ruft sie mit einer Mischung aus Erstaunen und Freude aus „ bist du es wirklich? Komm her und lass dich ansehen!“
Erleichtert, dass sie mich nicht ablehnt, trete ich näher. Ihre Augen mustern mich kritisch.
„Du siehst nicht gut aus“, murmelt sie „ so müde und abgespannt, aber das ist wohl verständlich. Ich habe gehört was passiert ist. Du armes Kind, es tut mir so leid für dich!“
Aus ihrem Mund klingen diese Worte so wohltuend und liebevoll, dass ich prompt in Tränen ausbreche. Es ist das erste mal, seit mein Onkel mich gefunden hat, dass ich wieder weinen kann. Vorher war alles in mir erstarrt.
Hannah winkt mich in ihren Stand und ich folge ihrer Aufforderung nur zu gern. Hier starrt mich wenigstens nicht jeder an. Als ich zu ihr trete, nimmt sie mich in den Arm und hält mich lange so fest.
„Es tut mir so leid, es tut mir so leid“, murmelt sie immer wieder. Schließlich lässt sie mich los und schaut mich ernst an.
„Sag mal, wo lebst du jetzt eigentlich? Bei diesem Onkel, den ich benachrichtigt habe? Du musst wissen, ich kenne ihn schon lange als Kunden, auch wenn er meistens nur seine Bediensteten schickt. Geht es dir gut dort?“ Die Worte sprudeln nur so aus ihr heraus und ich spüre, dass sie sich wirklich Sorgen gemacht hat.
Ich nicke stumm, aber wohl nicht sehr überzeugend. Hannah schaut mich weiterhin skeptisch an.
„Na ja“, meint sie dann „ du musst dich natürlich erst mal eingewöhnen, das ist nicht einfach. Mit der Zeit wird es sicher besser werden! Warte nur ab!“ Irgendwie klingen ihre Worte nicht sehr überzeugend, aber ich nicke wieder brav.
Schliesslich komme ich dazu, meine Waren bei ihr einzukaufen. Irgendwie mag ich gar nicht gehen, aber ich befürchte, wenn ich zu lange fort bleibe, Ärger zu bekommen. So trenne ich mich schweren Herzens von ihr und hoffe inständig, auch in der nächsten Woche wieder zum Markt geschickt zu werden.

Weitere Wochen gehen ins Land. Ich lebe so vor mich hin und vermeide das denken, denn das artet nur in Krisen aus. Wenn ich einmal anfange darüber nachzudenken, was ich hier mache und tue, dann beginnt eine Stimme in mir zu schreien 'Ich will hier raus'. Da ich aber keine Möglichkeit habe, mein Überleben anderweitig zu sichern, muss ich notgedrungen bleiben. Ich füge mich in mein Schicksal, wenn auch mit schwerem Herzen.
Meine Tante und Onkel entpuppen sich von Tag zu Tag immer mehr als arrogante Menschen ohne Mitleid für andere. Sie behandeln ihr Personal wie Leibeigene. Ich wunder mich täglich,warum diese Menschen dort bleiben, bis ich heraus finde, dass jeder von ihnen irgendwie in eine Schuld verstrickt ist, die er wohl lebenslang dort abzahlen muss. Dieses Haus ist wie ein Gefängnis ohne Gittern.

Jeder Woche werde ich zu meiner großen Freude zum Markt geschickt, um bei Hannah einzukaufen. Diese Stunden sind für mich eine Wohltat. Nur bei Hannah habe ich das Gefühl, gemocht zu werden und jemanden zu haben, der mich einfach so akzeptiert, wie ich bin. Ich rede nicht viel über meine Gefühle, aber ich glaube, dass Hannah spürt, wie schlecht es mir geht. Das will ich nicht, aber ich kann es auch nicht vermeiden.

Als ich eines morgens auf den Markt komme, ist Hannah nicht da. Ich schaue völlig perplex auf ihren leeren Stand. Eine Verkäuferin aus einem der Nachbarstände wird auf mich aufmerksam.
„Hey du“, ruft sie „suchst du Hannah?“
Ich nicke und sie winkt mich zu sich.
„Hannah kommt die nächsten Wochen nicht“, sagt sie, als ich zu ihr trete. „Sie hat ganz überraschend eine Einladung von Verwandten erhalten und ist verreist,“ erklärt sie mir. Ich nicke erstaunt.
„Wo ist sie denn hingereist“, frage ich vorsichtig.
„Oh sie ist nach Siebenwind gefahren, das dauert so seine Zeit. Allein die Tage, die man auf dem Meer verbringt...,“sinniert die Frau gedankenverloren.
„Siebenwind?“ frage ich. „Wo ist das denn?“
„Oh das kennst du nicht?“ Sie wirkt ehrlich erstaunt. „Das erreichst du nur per Schiff, es ist eine Insel mitten im Meer, eine große Insel allerdings. Hannah hat dort wohl Verwandte wohnen, die sie sehr gerne mag. Aber sie wird wiederkommen, keine Bange.“ Aufmunternd lächelt sie mir zu.
Ich beschließe ihr zu glauben und kaufe notgedrungen meine Waren bei ihr. Erst auf dem Nachhauseweg fällt mir ein, dass ich sie gar nicht nach ihrem Namen gefragt habe.

Es dauert fünf Monate, bis Hannah wieder kommt. Fünf Monate, in denen ich hoffnungsvoll zum Markt wandere und enttäuscht zurück kehre, weil sie immer noch nicht da ist. Ich versteh nicht, was man fünf Monate auf einer Insel treiben kann, aber ich war auch noch nie auf einer Insel. In meiner Fantasie gibt es dort nur Wasser, Land und ein paar Tiere. Wie kann man es da so lange aushalten, selbst mit der nettesten Verwandtschaft? Ich begreife das nicht...
Irgendwann im Laufe dieser fünf Monate fängt mein Onkel an mich zu schlagen. Ich weiß nicht mehr genau wieso, es ist irgendeine Kleinigkeit, die ihn furchtbar aufregt und da er meint, dass ich schuld bin, verpasst er mir eine ordentliche Ohrfeige. Ich denke erst, es ist nur ein Ausrutscher, doch es beginnt sich zu wiederholen. Jedes mal, wenn er schlechte Laune hat, was sehr oft vor kommt, findet er einen Grund mich zu schlagen. Zuerst bin ich jedesmal entsetzt und zutiefst beschämt, doch mit der Zeit beginne ich abzustumpfen. Ich lasse die Schläge so über mich ergehen und denke mich weg. Ich denke an irgendwas ganz anderes und spüre so gar nichts mehr.
Es ist fast so ähnlich wie damals, als ich durch die Stadt irrte, nur dass ich mir diesmal vorstelle, in einem Wald zu sein. Ich sehe förmlich die Bäume vor mir, höre ihre Blätter im Wind rauschen und die Vögel ihr Lied singen. Ich fühle den warmen Sonnenstrahl auf meiner Haut und das weiche Gras unter meinen Füßen. So lässt sich fast alles aushalten...

Als Hannah endlich wieder auftaucht, habe ich mich trotzdem grundlegend geändert. Ich trage eine Maske, durch die niemand mehr durchschauen kann. Ich lächele freundlich und erkläre jedem, der es hören will, wie gut es mir geht. Auch bei Hannah mache ich es so. Aber ich bin mir nicht sicher, ob sie mir glaubt.

So gehen Monate ins Land und ehe ich mich versehen habe, lebe ich schon ein Jahr bei meiner schrecklichen Verwandtschaft. Ich vermeide es tunlichst an die Vergangenheit zu denken und existiere nur im Hier und Jetzt. Ich fühle nichts mehr, lasse mich schlagen ohne Gegenwehr und tue so, als ob alles in Ordnung sei. Jeden Tag sage ich mir, dass es mir gut geht und ich keine andere Möglichkeit habe.
Ich weiss nicht, wie ein Mensch so existieren kann, aber ich habe es fünf Jahre ausgehalten. Dann plötzlich geschieht etwas, was mein Leben grundlegend ändert.


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 Betreff des Beitrags: Re: Salessa
BeitragVerfasst: 26.12.08, 16:44 
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3. Kapitel

Es ist ein wunderschöner Tag im Astrael, als ich mal wieder auf dem Weg zum Markt bin. Die Sonne scheint kräftig vom Himmel, die Vögel singen und kleine Insekten schwirren durch die Luft. Doch von all dem bemerke ich nichts, ich setze stumpfsinnig einen Fuß vor den anderen, so wie ich es seit fünf Jahren an jedem Mittentag tue.
Auf dem Markt angekommen, eile ich automatisch zu Hannahs Stand und kaufe meine Waren ein. Sie spricht zu mir, versucht freundlich zu sein, doch ich bin kaum zu einer Reaktion fähig. Alles in mir fühlt sich tot und leer an.
Als ich mich umwende und gehen will, dringt ein lautes schreien an meine Ohren. Ich folge dem Geräusch mit meinen Augen und erblicke inmittem dem Gewühl eine Frau mit einem kleinen Kind, einem Mädchen, vielleicht drei oder vier Morsan alt. Das Mädchen schreit lauthals. Zuerst denke ich, dass sie vielleicht nur gelangweilt ist, von den anstrengenden Einkäufen. Doch dann sehe ich, wie die Frau ausholt und immer wieder auf das Kind einschlägt. Sie scheint sich völlig in Rage zu schlagen und schreit dabei das Kind lautstark an.
In diesem Moment, passiert etwas seltsames mit mir. Ich kann es kaum beschreiben, es ist, als ob ich meinen Körper verlasse und wieder im Haus meines Onkels bin. Ich sehe ihn und mich im Wohnzimmer stehen. Und ich sehe, wie er ausholt und mir mit aller Macht eine runterhaut, so dass ich zu Boden falle. Ich sehe meinen leern Blick und die Wut, die aus seinen Augen funkelt.
Das Ganze dauert nur einen winzigen Moment, dann schiebt sich das Bild der Frau davor, welche immer noch auf das Mädchen einschlägt.
Irgendwo in meinem Kopf explodiert etwas.
Ich renne los, ganz von alleine bewegen sich meine Beine. Um die Frau hat sich mittlerweile eine Menschenmenge angesammelt. Ich rempel die Leute beiseite, stürze mich auf die Frau und packe sie an den Haaren. Sie schreit entsetzt auf.
Ehe sie auch nur ein Wort sagen kann, brülle ich los.
„Lass das Kind in Ruhe, du Monster! Wie kannst du es wagen, sie so zu schlagen? Was bist du nur für eine Mutter?“
Ich brülle und brülle und die Blicke der Umstehenden sind mir völlig egal. Erst als sich eine Wache in mein Blickfeld schiebt, komme ich wieder zur Besinnung. Ich lasse die mittlerweile völlig entsetzte Frau los und schnappe keuchend nach Luft.
„Was ist hier los?“ fragt der Wachmann mit ruhiger aber strenger Stimme. Einen Moment lang herrscht absolute Stille. Niemand sagt etwas. Man könnte ein Blatt zu Boden fallen hören.
Nur langsam finde ich wieder zu mir und beginne ihm stammelnd zu antworten.
„Die Frau....das Kind...geschlagen....brutal...“
Irgendwie ergibt es überhaupt keinen Sinn, was ich da zusammen stottere. Völlig entnervt gebe ich auf.
Da spüre ich, wie sich von hinten jemand an mir vorbei schiebt. Es ist Hannah. Sie schaut dem Wachmann gerade ins Gesicht.
„Diese Frau hier“, sagt sie und zeigt auf die Mutter „hat ihr Kind aufs brutalste geschlagen. Salessa“, dabei deutet sie auf mich „hat nur eingegriffen, um das Schlimmste zu verhindern.“
Ich nicke erschöpft zu ihren Worten.
Der Wachmann schaut einen Moment lang mich und dann die Frau an. Ein leichtes Grinsen wandert über sein Gesicht.
„Wie ich sehe, hat sie sehr effektiv eingegriffen“, sagt er schmunzelnd und betrachtet die völlig zerzausten Haare der Frau.
„Nun das war aber auch nötig“, gibt Hannah zurück. „Die Umstehenden hier können sicher bezeugen, wie brutal diese Frau war!“
Einen Moment lang herrscht Stille und man hört nur das nervöse Scharren einiger Füße auf dem Boden. Ich schaue nach dem Kind, welches sich hinter seiner Mutter verkrochen hat.
„Nun ja“, murmelt eine Frauenstimme neben mir „es war schon heftig, was die Frau da getan hat.“
„Oh ja, das kann man wohl sagen“, brummelt jetzt eine tiefe Männerstimme.
Langsam scheinen die Umstehenden aus ihrer Starre zu erwachen. Einer nach dem anderen meldet sich zu Wort.
„Was für eine brutale Mutter!“ „Sie hätte das Kind fast totgeschlagen!“ „Man sollte sie dafür auspeitschen und in den Pranger stecken. Immer mehr Leute melden sich zu Wort.
Der Wachmann hebt ruhig beide Hände. „Ruhe die Herrschaften bitte! Mein Kollege und ich wurden schon von unserem Platz aus auf diesen Vorfall aufmerksam und wollten sowieso grade eingreifen, als diese Dame hier“, er deutet auf mich „uns zuvor kam. Insofern denke ich, ist die Sachlage klar.“
Einen Moment lang schweigt er, dann schaut er mich direkt an.
„Ich finde es sehr mutig von Euch, bei einem solchen Vorfall einzugreifen“, wendet er sich dann direkt an mich. „Trotzdem wäre es in Zukunft besser, wenn Ihr einfach die Wachen benachrichtigen würdet. Dafür sind wir schliesslich da.“
Ich nicke nur zu seinen Worten.
Dann wendet er sich an die Frau.
„Ihr kommt bitte mal kurz mit, ich denke, wir sollten uns mal über den Umgang mit Kindern unterhalten!“
Die Frau rappelt sich mühsam auf und wirft mir ein paar funkelnde Blicke zu. Zögerlich tritt sie zu dem Wachmann, welcher mittlerweile die Menschenmenge auffordert zu gehen. Nur widerwillig kommen die Leute seiner Aufforderung nach.
Ich selbst stehe immer noch wie erstarrt an Ort und Stelle und versuche zu begreifen, was eigentlich passiert ist. Irgendwann bemerke ich Hannah neben mir. Sie lächelt mich aus ihren blauen Augen an.
„Ich glaube, wir gehen mal lieber in meinen Stand zurück“, sagt sie nur. Ich trotte ihr brav hinterher.
Im Stand angekommen schaut Hannah mich groß an.
„Sag mal Salessa, was war das eben? So kenne ich dich gar nicht.“
Ich seufze und zucke mit den Schultern.
„Ich weiß es auch nicht, es kam einfach so als ich die Frau sah. Das Kind tat mir so leid, ich meine so geschlagen zu werden, das ist doch brutel, ich mein, das tut doch weh....“, stammel ich herum.
Hannah schaut mich immer noch intensiv an.
„Du sprichst wohl aus Erfahrung“, meint sie dann nur schlicht.
Trotzdem zucke ich bei den Worten wie von einer Peitsche getroffen zusammen. Sie hat mich ertappt! Nur einen Augenblick habe ich vergessen, die fröhliche Salessa zu spielen und schon hat sie mich durchschaut! Und zu allem Überfluss fange ich auch noch an zu weinen und kann nicht mehr damit aufhören.
Hannah nimmt mich nur sanft in den Arm und streicht mir über den Kopf. Als ich mich irgendwann etwas beruhige, schiebt sie mich ein Stück vor sich und schaut mir ernst in die Augen.
„Hör zu Salessa“, sagt sie dann ruhig. „Du musst von deiner Verwandtschaft weg, du musst weg aus dieser Stadt, weit, weit weg! Verstehst du das?“
Verwirrt schüttel ich den Kopf.
„Wo soll ich denn hin? Ich kann doch gar nichts.“
Hannah überlegt kurz.
„Da wird uns schon was einfallen. Lass mir ein paar Tage Zeit, ich finde schon eine Lösung. Am liebsten würde ich dich mit zu mir nehmen, aber unser Haus ist klein und dein Onkel würde dich dort sofort finden. Nein, du musst weiter weg!“
Sie überlegt wieder kurz.
„Auf alle Fälle brauchst du Geld. Pass auf, in Zukunft machen wir das so: Ich gebe dir einen Teil der Waren, die du einkaufen sollst umsonst. Die gesparten Dukaten steckst du ein und lagerst sie an einem sicheren Ort! Hab kein schlechtes Gewissen dabei, deine Verwandtschaft behandelt dich wie eine Leibeigene, das bist du aber nicht! Du hast ein zumindest ein Recht auf eine Bezahlung, deshalb ist das jetzt dein Geld, verstanden?“
Ich nicke wieder. Der Gedanke eigenes Geld zu haben ist verführerisch.
„So und jetzt geh erst mal nach hause, du bist schon lange genug weg. Wir sprechen nächste Woche weiter.“
Mir wird bei ihren Worten schlagartig klar, wie viel Zeit schon vergangen sein muss. Hastig eile ich los und überlege den ganzen Weg lang, was ich als Entschuldigung vorbringen soll. Mir will absolut nichts einfallen und so bin ich gezwungen eine weitere Reihe Schläge meines Onkels über mich ergehen zu lassen.
Trotzdem liege ich abends zum ersten mal seit fünf Jahren nicht völlig erstarrt im Bett, sondern denke über die Möglichkeit zu fliehen nach. Hoffentlich findet Hannah einen sicheren Ort für mich. Mit diesem Gedanken schlafe ich ein.


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 Betreff des Beitrags: Re: Salessa
BeitragVerfasst: 1.01.09, 23:09 
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4. Kapitel

In den folgenden Wochen beginne ich damit regelmäßig einige Dukaten für mich zurück zu legen. Hannah ist sehr großzügig mit dem, was sie mir an Kosten erlässt. Ich frage mich, wie ich das jemals wieder gut machen soll.
Als ich einmal zum Markt komme, begrüßt sie mich mit einem überschwänglichen Lächeln. Ich weiss sofort, dass sie irgendeine gute Botschaft für mich hat und trete freudig an den Stand heran.
„Salessa Liebes, stell dir vor, ich weiss wo du hingehen kannst!“ruft Hannah erfreut.
Neugierig schaue ich sie an.
„Stell dir vor, Du kannst nach Siebenwind gehen!“ ruft sie begeistert.
Ich schaue sie völlig baff an. „Nach Siebenwind?“ stotter ich. „Was soll ich denn da?“
„Nun, du weisst doch, dass meine Verwandten dort wohnen und du könntest erst mal bei ihnen unterkommen. Ich habe ihnen schon einen Brief geschrieben und ich bin sicher, sie werden positiv darauf antworten.“ Erwartungsvoll sieht sie mich an.
Ich weiss nicht, was ich sagen soll. Meine Gedanken drehen sich im Kreis. Was soll ich auf einer Insel? Da ist überall Wasser drum herum und ich komme nie wieder weg.
Hannah bemerkt meine Nachdenklichkeit. „Was ist?“ fragt sie. „Hast Du Angst?“
Betrübt nicke ich mit dem Kopf.
„Ja hab ich“, murmel ich. „Ich war noch nie auf einer Insel und ich kann mir nicht vorstellen, dass es dort besonders interessant ist. Da ist doch nur Land und Wasser....“
Hannah lacht leise auf.
„Ich glaube, da hast du ein paar falsche Vorstellungen Salessa“, lacht sie. „Diese Insel ist sehr groß, es befinden sich sogar mehrere Städte darauf. Du wirst dich bestimmt nicht langweilen!“
„Und wovon soll ich leben?“
„Oh da wird sich schon was finden lassen. Meine Verwandten werden dir sicher was vermitteln können. Warte nur ab.“
Ich bin zwar noch nicht überzeugt, aber beschließe erst mal nichts mehr zu sagen. Vielleicht hat Hannah ja recht?
Nachdenklich trotte ich heim. Den ganzen Tag denke ich nur noch über diese Insel nach, selbst das Geschrei meiner Tante kann mich nicht in meinen Gedanken stören. Irgendwie beginnt mir die Idee dort hin zu gehen langsam zu gefallen....

In den nächsten Wochen erzählt mir Hannah jedes mal, sobald ich auf den Markt komme etwas von Siebenwind. Die Insel beginnt mir von Tag zu Tag mehr zu gefallen. Ich fange fast an, mich zu freuen. Das erst mal, nach so langer Zeit, dass ich mich auf etwas freue. Es ist fast unglaublich.

Ich spare weiterhin jede Dukate, die ich in die Finger bekomme. Wie ich heraus finde, lassen meine Tante und mein Onkel oft Geld herum liegen und anscheinend zählen sie es nicht genau nach. So bediene ich mich auch hier ab und zu. Mit der Zeit kommt eine ansehliches Sümmchen Geld zusammen.

Nachdem ich ein Jahr lang fleissig Geld gesammelt habe, berichte ich Hannah von meinen Schätzen. Zu meiner großen Verwunderung scheint sie nicht sehr erfreut.
„Mehr ist es noch nicht?“ fragt sie und schüttelt betrübt den Kopf.
Ich erstarre vor Schreck. „Reicht das nicht?“ frage ich besorgt.
„Oh nein, das reicht von vorne bis hinten nicht“, murmelt sie. „Allein die Fahrkarte ist so teuer und du brauchst noch Lebensmittel und etwas Kleidung und das eine oder andere.“
Ich senke betrübt den Kopf.
„Also muss sich noch länger sparen?“ frage ich traurig.
„Ja, das musst du wohl, tut mir leid.“
An diesen Tag gehe ich nicht sehr glücklich heim. Ich kann mir nicht vorstellen, noch länger hier zu leben. Ich will einfach nur noch weg. Weg von diesen ekeligen Menschen, weg aus diesem furchtbaren Haus, weg aus diesem Gefängnis. Wie soll ich es nur wohl möglich noch ein Jahr aushalten?

In der folgenden Zeit versucht Hannah mich immer wieder aufzumuntern. Der eine Tag in der Woche, wenn ich zu ihr auf den Markt komme, wird zum Höhepunkt der ganzen Woche für mich. Ich lebe nur noch für diesen Tag. Die anderen Tage vegetiere ich stumpf vor mich hin.
Woche für Woche geht ins Land, ein Monat nach dem anderen vergeht und ehe ich mich versehen habe, ist wieder ein Jahr rum. Ich stelle fest, dass ich mittlerweile schon fast 24 Morsan alt bin. Ich werde immer unruhiger, denn ein Gefühl sagt mir, dass ich nicht noch länger warten kann.

Mit diesem unruhigen Gefühl komme ich eines morgens auf den Markt. Schon von weitem fällt mir Hannahs betrübter Blick auf. Schnell eile ich näher.
„Hannah“, rufe ich besorgt „Was ist los, du schaust so traurig.“
„Ach Salessa“, seufzt sie. „Ein Unglück ist geschehen. Der Mann meiner Verwandten auf Siebenwind ist gestorben und nun hat sie beschlossen, aufs Festland zurück zu kehren.“
Ich stehe wie vom Donner gerührt da. Sämtliches Denken in meinem Kopf hört schlagartig auf. Ich stehe nur noch da, und starre Hannah an.
„Was machen wir jetzt nur?“ seufzt sie. „Jetzt müssen wir einen anderen Ort für dich finden.“
Da setzen meine Gedanken wieder ein.
„Nein Hannah“, höre ich mich selbst sagen. „Nein, ich gehe trotzdem da hin. Du hast mir so viel von dieser Insel erzählt, ich kann mir nicht mehr vorstellen woanders hinzureisen.“
Energisch schüttel ich mit dem Kopf.
Hannah schaut mich traurig an.
„Aber das Geld für die Fahrkarte, hast du das mittlerweile zusammen?“
Wieder schüttel ich mit dem Kopf. Auf Hannahs Anraten hin habe ich mir eine einfache Lederrüstung, einen Dolch und ein Kurzschwert zugelegt. Sie bewahrt diese Dinge für mich auf und wird sie mir geben, sobald ich gedenke abzureisen. Nur leider sind meine Finanzen jetzt wieder sehr beschränkt. Ich weiss nicht, wie ich die Dukaten für die Fahrkarte jemals zusammen bekommen soll.
Plötzlich kommt mir eine Idee!
„Hannah, ich habs“, rufe ich aus. „Ich fahre einfach als blinder Passagier!“
Hannah schaut mich ungläubig an.
„Salessa, die Fahrt dauert mindestens sechs Wochen! Wie willst du dich die ganze Zeit versteckt halten?“
„Ich werde schon einen Weg finden“, erwiedere ich trotzig. „Bitte versteh doch, ich kann nicht noch länger hier bleiben!“ Mir kommen fast die Tränen vor Verzweiflung.
Hannah schaut mich traurig an.
„Ja meine Liebe, ich verstehe das so gut. Aber ich habe Angst um Dich, Angst, dass du entdeckt wirst und dass du auf Siebenwind alleine nicht klar kommst.“
Die gleichen Ängste verspüre ich auch, aber ich darf Hannah jetzt nichts davon zeigen.
Und so spiele ich tapfer die starke Salessa und überrede Hannah schließlich, mir zum nächsten Markttag meine Sachen mitzubringen.
Jetzt heißt es nur noch eine Woche warten, bis ich endlich abreisen kann!

Die nächsten Tage ziehen sich unendlich in die Länge. In bin nervös und hibbelig ohne Ende. Bei der Arbeit unterlaufen mir unzählige Fehler und mein Onkel hat somit jeden Tag einen Grund die Beherrschung zu verlieren.
„Was ist bloß mit dir los?“ brüllt er mit seiner dröhnenden Stimme durchs Haus. „Hast du deinen Verstand jetzt komplett verloren? Deine Tante hatte damals doch recht, ich hätte dich lassen sollen, wo du warst! Du bist wirklich zu überhaupt nichts zu gebrauchen!“
Ich stehe wie immer völlig still und erstarrt vor ihm und denke nur an meinen Fantasiewald. Irgendwann hat mein Onkel sich müde gebrüllt und schickt mich in mein Zimmer.
Ich lasse mich auf mein Bett fallen und rechne mühsam die Stunden nach, bis ich endlich wieder zum Markt gehen kann. Noch zwei Tage, dann ist es vorbei.....hoffentlich!

Irgendwie gehen auch die letzten zwei Tage vorbei. Endlich, endlich kann ich wieder zum Markt gehen! Ich bin so aufgeregt, dass meine Tante mir misstrauisch nachschaut, als ich das Haus verlasse.
Auf dem Markt angekommen, stürze ich sogleich zu Hannahs Stand.
„Und, hast du all meine Sachen dabei?“ frage ich aufgeregt.
Hannah schaut mich mit einen etwas seltsamen Blick an. „Sag mal Salessa“, meint sie dann „hast du deine Flucht eigentlich irgendwie geplant? Ich meine, weißt du überhaupt, ob diese Tage ein Schiff nach Siebenwind ablegt?“
Ich schaue sie verdattert an. „Ja legen da denn nicht ständig Schiffe ab?“ frage ich verwirrt.
„Aber nein, die fahren nur alle paar Monde einmal!“
Ich bin entsetzt. Daran habe ich gar nicht gedacht. Wie soll ich jetzt in Erfahrung bringen, wann ein Schiff ablegt? Und vor allem, muss ich jetzt wohl möglich noch mehrere Monde warten, bis ich endlich abreisen kann?
Hannah scheint mein Entsetzen zu bemerken, denn sie lächelt mich aufmunternd an.
„Nun schau nicht so entsetzt, ich habe mich schlau gemacht. Schon in sieben Tagen fährt ein Schiff nach Siebenwind. Solange wirst du doch noch warten können, oder?“
Ich bin völlig verzweifelt. „Sieben Tage halte ich nicht mehr aus“, schluchze ich mutlos.
„Doch“, sagt Hannah liebevoll „die hältst du noch aus. Du hast so lange durchgehalten, jetzt kommt es auf die paar Tage auch nicht mehr an.“ Tröstend nimmt sie mich in den Arm.
„Na gut“, seufze ich schließlich. „Ich werde auch noch diese sieben Tage schaffen. Aber dann werde ich abhauen, komme was da wolle!“
„Das kannst du auch. Wir sollten nur vorher einen Zeitpunkt und einen Ort verabreden, an dem ich dich dann treffen kann, um dir deine Sachen zu bringen.“
Als auch dieser Punkt geklärt ist, trotte ich traurig und frustriert nach hause. Ich hatte mich so darauf gefreut, heute endlich diesem acht Jahre dauernden Horror zu entkommen und nun sowas! Wieso bin ich nicht mal in der Lage meine Flucht selbst zu planen? Und wie soll ich in Zukunft ohne Menschen wie Hannah auskommen? In Gedanken schimpfe ich mehr mit mir, als mein Onkel es jemals hinbekommen hat.

Am Haus angekommen, merke ich sofort, dass etwas nicht stimmt. Draußen stehen Pferde vor der Tür, die eindeutig irgendwelchen Wachsoldaten gehören. Leise betrete ich das Haus. Aus dem Wohnzimmer sind Männerstimmen zu hören, eine davon gehört meinem Onkel. Ich kann nicht verstehen, was sie sagen. Schnell gehe ich in die Küche. Die Köchin Marelda steht am Herd und macht einen deutlich nervösen Eindruck auf mich.
„Marelda“, frage ich vorsichtig „was ist denn los?“
Marelda schluchzt leise auf und schüttelt nur mit dem Kopf. Doch ich lasse nicht locker.
„Nun sag schon, was ist denn?“ drängel ich sie voller Angst vor dem, was ich vielleicht hören werde.
Marelda ringt kurz mit sich selbst, dann wendet sie sich um und schaut mich direkt an.
„Benk, der Stallknecht“, schluchzt sie wieder „er ist....er ist....er ist tot.“ Tränen schießen ihr aus den Augen und rinnen über ihre Wangen. „Dein Onkel hat ihn totgeschlagen!“
Völlig regungslos vor Schrecken starre ich sie an. Das kann doch nicht sein! Mein Onkel ist zwar gewalttätig, aber er würde doch nicht jemanden töten? Oder doch?
„Wie...wie konnte das passieren?“ stammel ich.
„Oh angeblich hat Benk irgendetwas falsch gemacht und dein Onkel hatte das Recht ihn zu schlagen. So sagt er jedenfalls. Leider hat er Benk so unglücklich getroffen, dass dieser stürzte und auf die Tischkante aufschlug. Dabei hat er sich das Genick gebrochen.“ Langsam redet Marelda sich in Rage.
„Aber ich bin sicher, dein Onkel wird sich auch dieses mal herausreden! Er hat ja so gute Kontakte zu den Wachen und zum Regiment, er wird wie immer mit heiler Haut da raus kommen. Oh wie ich diese Familie hasse!“ faucht sie und stürmt aus der Küche.
Ich bleibe völlig benommen an Ort und Stelle stehen. Das kann doch alles nicht wahr sein! Wie soll ich es hier noch sieben Tage aushalten? Wer weiß, was noch passiert? Vielleicht bin ich die nächste, die erschlagen wird?
Panik erfasst mich und ich beginne von Kopf bis Fuß zu zittern. Ich muss hier weg und zwar sofort! Völlig kopflos stürze ich in meine Kammer und hole all mein erspartes Geld aus meinem Versteck. Schnell stopfe ich es in den kleinen Beutel, welcher an meinem Gürtel baumelt. Dann stürme ich die Treppe runter, vorbei am Wohnzimmer, wo mein Onkel mittlerweile mit den Wachen laut Lacht und reiße die Haustür auf.
Blindlings, ohne nach rechts oder links zu schauen renne ich vom Hof und die Straße herunter, Richtung Stadt. Benommenheit erfasst mich, wie damals, als meine Eltern starben. Ich denke nicht und fühle nicht, ich renne und renne nur, bis ich völlig außer Atem bin. Erschöpft und nach Luft schnappend bleibe ich an einer Hausecke stehen und versuche mich zu orientieren. Wo bin ich hier überhaupt? Ich schaue umher. Irgendwie kommt mir diese Ecke der Stadt bekannt vor. Ich meine mich schwach zu erinnern, dass ich schon mal hier gewesen bin, damals, als ich so konfus durch die Stadt lief.
Wenn ich mich recht entsinne gab es da ein altes, verfallenes Haus, welches unbewohnt war.
Ich mache mich auf den Weg und schon nach kurzer Zeit habe ich es gefunden. Seltsam, dass es nach acht Jahren immer noch nicht abgerissen wurde. Aber das ist mir jetzt egal. Ich quetsche mich durch die schief in den Angeln hängende Tür hinein und lasse mich völlig erschöpft auf ein völlig verrostetes Bettgestell fallen. Hier werde ich bleiben, bis ich endlich mit einem Schiff dieses Land verlassen kann.


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 Betreff des Beitrags: Re: Salessa
BeitragVerfasst: 6.01.09, 15:22 
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5.Kapitel

Die ganze Nacht über kann ich nicht schlafen. Die Hütte ist arg baufällig und es quitscht und knarrt an allen Ecken und Enden. Mehrere mal schrecke ich aus meinem Halbschlaf auf, weil ich meine Schritte zu hören, doch niemand erscheint.
Am Morgen fühle ich mich völlig gerädert und alle Knochen tun mir weh. Außerdem habe ich Hunger und Durst. So beschliesse ich zum Markt zu gehen, obwohl ich dabei natürlich gesehen werden könnte. Aber das Risiko will ich eingehen, wenn ich dafür wenigstens kurz mit Hannah sprechen kann.
So mache ich mich also auf den Weg und schon kurze Zeit später habe ich Hannas Stand erreicht. Ehe sie auch nur etwas sagen kann husche ich zu ihr unter das Holzdach.
„Salessa, was machst du denn hier?“ fragt sie erstaunt. „Heute ist doch gar nicht dein Einkaufstag?“
„Hannah“, flüster ich ängstlich „ich bin gestern schon weggelaufen, ich konnte nicht mehr dort bleiben!“
Hannah schaut mich verärgert an. „Bist du wahnsinnig? Wo willst du denn jetzt die ganze Zeit bleiben? Und was ist, wenn sie dich suchen? Hast du da mal drüber nachgedacht?“
„Du weisst ja gar nicht, was passiert ist“, murmel ich verlegen und starre auf den Boden.
Hannah brummelt wütend einige unverständliche Worte und räumt einige Kisten um. Plötzlich schrickt sie auf.
„Deine Tante kommt!“ zischt sie und ich ehe ich mich versehen habe, packt sie meinen Kopf und drückt mich unter den mit Holz verkleideten Tresen. Ich kauer mich entsetzt in die hinterste Ecke. Hannah beginnt hektisch einige Kisten vor mir zu stapeln, so dass man mich selbst dann nicht mehr sehen kann, wenn man sich über den Tresen beugt.
Ich mache mich ganz klein und wage es kaum zu atmen. Schon höre ich, wie sich energische Schritte dem Stand nähern. Ich kenne diese Schritte nur zu genau. Vor dem Stand kommen sie zu stehen.
„Ich grüße euch“, höre ich meine Tante raunzen. Sie klingt noch schlechter gelaunt, als sonst eh schon. Hannah erwiedert bemüht freundlich ihren Gruß.
„Welch Ehre, dass ihr heute selbst an meinen bescheidenen Stand kommt. Was kann ich für euch tun?“
„Oh ich bin gewiss nicht zum einkaufen gekommen! Ich bin hier weil ich jemanden suche!“ Die Stimme meiner Tante klingt von Wort zu Wort wütender.
„Ihr sucht jemanden? Kann ich euch da behilflich sein?“ fragt Hannah super freundlich und einen Moment überlege ich tatsächlich, ob sie mich wohl verraten wird. Aber nein, sowas würde Hannah niemals tun!
„Ja, vielleicht könnt ihr mir tatsächlich behilflich sein“, redet meine Tante weiter. „Ihr erinnert euch ja sicher an dieses Mädchen, welches ich jede Woche zu euch geschickt habe?“
Einen Moment ist es ruhig und so nehme ich an, dass Hannah wohl bloß nickt.
„Also sie ist verschwunden und ich möchte sie so schnell wie möglich wieder haben, versteht ihr? Ich weiß gar nicht, was die sich einbildet, einfach davon zu laufen!“ Meine Tante redet sich langsam in Rage. „Sie ist uns eine Menge schuldig, wir haben sie aufgesammelt und durchgefüttert und das acht Jahre lang! Und das ist nun der Dank! Ich habe meinem Mann schon damals gesagt, er hätte sie lassen sollen, wo sie war. Sie hat uns eh nur Ärger gemacht, so ungeschickt, wie sie ist. Es verging kein Tag, an dem mein Mann sie nicht zurechtweisen musste, weil sie wieder etwas falsch gemacht hatte. Nichts als Ärger hatten wir.....“ Sie lässt den letzten Satz offen und schnappt erst mal nach Luft.
„Dann versteh ich ehrlich gesagt nicht, wieso ihr sie wieder haben wollt?“ fragt Hannah erstaunt.
„Nun, das lasst mal meine Sorge sein“, faucht meine Tante zurück. „Ich habe schon meine Gründe und wie gesagt, sie hat noch viel gut zu machen. Also wenn ihr sie seht, gebt mir bescheid, ich werde euch großzügig entlohnen.“
„Aber sicher doch, das werde ich tun!“ Ich meine zu erkennen, wie Hannah wieder nickt.
„Gut, dann wäre das ja geklärt.“ Mit energischen Schritten stapft meine Tante davon und ich lasse den angehaltenen Atem entweichen. Das war knapp. Ich wage es gar nicht, mir auszumalen, was wohl passiert wäre, wenn sie mich entdeckt hätte! Mein Onkel hätte sich sicher furchtbar aufgeregt und ich wäre nicht nur mit ein paar Prellungen und blauen Flecken davon gekommen.
Hannah beginnt derweil wieder einige Kisten zu verschieben. Nebenbei fängt sie ein leises Gespräch mit mir an.
„Also dann erzähl mal, was passiert ist. Deine Tante ist ja auf hundertachtzig, regt die sich immer so auf?“
Ich nicke und beginne dann alles zu erzählen, was sich gestern zugetragen hat. Hannah schaut mich von Satz zu Satz immer entsetzter an und vergisst darüber völlig ihre Kisten. Zum Glück kommt grade niemand an den Stand. Als ich endlich fertig bin, schweigt sie einen Moment.
„Das ist ja wirklich unglaublich!“murmelt sie schliesslich. „In diesem Fall ist es wohl wirklich besser, dass du weggelaufen bist, auch wenn ich mich jetzt frage, wo du bleiben willst, bis nächste Woche das Schiff ablegt.“
Schnell erzähle ich ihr von der Hütte, wo ich Unterschlupf gefunden habe. Hannah schaut zwar skeptisch aber stimmt mir schliesslich zu, dass ich wohl die paar Tage dort bleiben kann. „Aber pass auf dich auf,“warnt sie mich „es kann gut sein, dass irgendwelches zwielichtiges Gsindel diese Hütte ebenfalls für gewisse Geschäfte nutzt!“
Der Gedanke ist mir auch schon gekommen und ich habe die Befürchtung, dass ich die nächsten Nächte nicht sehr gut schlafen werde. Trotzdem verspüre ich keinerlei Motivation, mir jetzt noch einen anderen Unterschlupf zu suchen. Es muss auch so gehen.
„Also pass mal auf,“ beginnt Hannah wider zu reden. „Ich werde heute so etwa zum 7. Zyklus vorbeikommen, aber erst, wenn es dunkel ist. Ich bringe dir einige Lebensmittel, sowie deine Lederrüstung und dein Schwert. Dann kannst du dich notfalls zumindest etwas verteidigen. Ach und deinen Schlafsack wirst du wohl auch gebrauchen können. Hast du dein Geld wenigstens bei dir?“
Ich nicke erleichtert.
„Gut, dann musst du jetzt die letzten Tage irgendwie rumbringen. Denk dran, am nächsten Mittentag legt das Schiff ab, du musst dich also am Abend vorher an Bord schleichen!“
Wieder nicke ich. Wie ich an Bord des Schiffes kommen soll ist mir noch ein Rätsel. Ich werde es an dem Abend wohl spontan entscheiden müssen. Außerdem frage ich mich, was wohl passieren mag, falls ich erwischt werde? Nein, darüber will ich jetzt gar nicht nachdenken....

Ich bleibe schließlich noch ein wenig bei Hannah im Stand sitzen und esse mich durch ihren Obstvorrat. Irgendwann aber ist es Zeit wieder zu gehen und ich mache mich auf den Rückweg zur Hütte. Dort warte ich, bis Hannah tatsächlich pünktlich zum dunklen Teil des siebten Zyklus auftaucht. Sie hat all meine Sachen dabei, welche wir gemeinsam in der Hütte verstauen. Die Lederrüstung ziehe ich gleich an, damit fühle ich mich irgendwie sicherer, auch wenn sie zum Schlafen sicherlich sehr unbequem sein wird.
„So“, seufzt Hannah schliesslich. „Nun hätten wir wohl alles beisammen. Die nächsten Tage sollten die Lebensmittel und das Wasser reichen, welches ich dir mitgebracht habe. Wenn du nächsten Wandeltag auf das Schiff gehen solltest, warte bitte bis zum siebten Zyklus. Ich werde dann noch mal kurz vorbei kommen um dich zu verabschieden. Außerdem werde ich dir noch etwas Reiseproviant mitgeben. Der wird zwar nicht für die ganze Fahrt reichen, aber ich denke, du wirst auf dem Schiff schon etwas Essbares finden.“ Sie hält kurz inne. „Tja, ich denke das wars dann wohl..“
Sie will sich schon zum gehen wende, aber ich springe ihr in den Weg und werfe mich in ihre Arme.
„Oh Hannah, ich bin dir so dankbar für alles, was du für mich tust“, schluchze ich. „Ohne dich wäre ich hier nie weggekommen! Wie kann ich das nur je wieder gut machen?“
„Ach Salessa“, seufzt sie. „Du machst es schon gut, wenn du es schaffst, dir auf Siebenwind eine Existenz aufzubauen. Lass dich nie unterkriegen. Ich weiß, dass du es schaffen kannst, sonst würde ich dich gar nicht gehen lassen!“
Ich nicke betrübt. So zuversichtlich wie Hannah bin ich noch lange nicht. Aber davon will ich mir jetzt nicht allzu viel anmerken lassen.
Schliesslich geht Hannah. Ich rolle meinen Schlafsack auf dem Bettgestell aus und kuschel mich eng hinein. Entgegen meinen Befürchtungen bin ich vor lauter Müdigkeit und Erschöpfung ruck-zuck eingeschlafen.


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 Betreff des Beitrags: Re: Salessa
BeitragVerfasst: 14.01.09, 11:42 
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6.Kapitel

Die nächsten Tage vergehen ziemlich ereignislos. Ich schlafe ziemlich viel. Erst jetzt merke ich, dass ich die letzten Jahre viel zu wenig Schlaf bekommen habe.
Nebenbei versuche ich ein Buch zu lesen, welches Hannah mir mitgegeben hat. Meine Mutter konnte ganz gut lesen und es war ihr wichtig gewesen, mir das auch beizubringen. Wir hatten auch mit dem Schreiben angefangen, aber die viele Arbeit auf dem Hof hielt und vom regelmüßigen Üben ab. So kann ich nun also zwar einigermaßen lesen, doch mit dem schreiben hapert es noch sehr. Vielleicht finde ich auf Siebenwind ja jemanden, der es mir beibringen kann?
Die Hütte verlasse ich kaum, da ich zum einen nicht gesehen werden möchte und zum anderen meine ganzen Sachen nicht unbewacht zurücklassen mag. Vielleicht betritt doch mal jemand gerade dann die Hütte, wenn ich unterwegs bin.
So verbringe ich also meine Tage mit schlafen, lesen und rumgammeln.

Endlich ist es dann so weit, der Wandeltag ist da! Ich bin schon morgens völlig nervös und aufgedreht. Wer weiss, wie dieser Tag enden wird? In Gedanken male ich mir hunderte von Möglichkeiten aus, wie ich wohl auf das Schiff gelangen kann und tausende, was dabei alles schief gehen kann. Unzählige male kontrolliere ich mein weniges Hab und Gut, ob auch wirklich alles vorhanden ist und laufe angespannt in der Hütte auf und ab. Die Zeit bis zum siebten Zyklus zieht sich ewig hin.
Doch irgendwann ist es geschafft und Hannah steht vor meiner Hütte. Sie hat einen Rucksack voll Proviant dabei, den sie mir feierlich überreicht. Ich stopfe meinen restlichen Krempel dazu und bin dann endlich abmarschbereit. Schweigend stehen Hannah und ich uns einen Moment lang gegenüber. Dann treten wir gleich zeitig vor und fallen uns in die Arme.
„Machs gut meine Liebe“, flüstert Hannah leise. „Ich werde dich und deine Besuche auf dem Markt vermissen. Versprich mir, dass du mir schreibst, sobald du auf Siebenwind angekommen bist, sonst vergehe ich noch vor Ungewissheit!“
„Aber natürlich werde ich dir schreiben“, nicke ich. „Vielen Dank für alles, was du für mich getan hast! Ich werde immer an dich denken! Und irgendwann werde ich das gut machen, ich verspreche es dir!“
Nur langsam lösen wir uns wieder voneinander und treten hinaus ins Dunkel. Zögerlich gehe ich ein paar Schritte Richtung Hafen und schaue dann noch mal zu Hannah zurück. Sie steht noch vor der Hütte und winkt. Ich winke schwach zurück. Jetzt, wo es soweit ist, verlässt mich all mein Mut. Ich fühle meine Beine fast gar nicht mehr, sicher werde ich gleich umfallen.
Hannah scheint meine Unsicherheit zu bemerken, denn sie winkt noch einmal besonders energisch und dreht sich dann um. Mit schnellen Schritten geht sie die Gasse in die andere Richtung hinunter. Schon bald ist sie hinter einer Hausecke verschwunden. Jetzt bleibt mir nichts anderes übrig als auch weiter zu gehen. Ich sollte mich beeilen, wenn ich noch vor der nächsten Hellphase an Bord sein will.
Nach einem kurzen Fußmarsch habe ich den Hafen erreicht. Hannah hat mir gesagt, welches Schiff ich nehmen muss. Nach kurzem Suchen habe ich es gefunden. Es liegt fest vertäut am Kai und wird gerade mit einer Menge von Kisten, Truhen und anderen Dingen beladen.
Ich schleiche mich vorsichtig zwischen all die Waren, welche teilweise hoch aufgetürmt darauf warten verladen zu werden. Mein Blick schweift über die vielen verschiedenen Truhen. Gleichzeitig achte ich darauf, dass mich niemand von den Matrosen sieht, die hier ständig hin und her laufen. Da erblicke ich eine große Wäschetruhe. Sie hat ein altes, rostiges Schloss an der Vorderseite, welches ganz augenscheinlich kaputt ist. Ich schleiche mich geduckt näher und hebe vorsichtig den Deckel an. Die Truhe ist nur etwas bis zur Hälfte mit Decken und Tüchern gefüllt.
Einen kurzen Moment lang überlege ich, dann hebe ich den Deckel weiter an, schiebe ein paar Decken beiseite und schlüpfe hinein. Die Decken breite ich über mir wieder aus. Wenn ich mich jetzt ganz ruhig verhalte, dürfte niemand was bemerken.
Es kommt mir wie eine Ewigkeit vor, bis ich endlich Schritte und Männerstimmen näher kommen höre. Schon werden die Griffe der Truhe gepackt und die Truhe wird angehoben.
„Holla“, brummt eine Männerstimme. „Ich möchte nicht wissen, was gute Frau da wieder alles in ihren Truhen gelagert hat! Die ist ja so schwer, als wäre sie mit Backsteinen beladen.“
Ich erstarre völlig entsetzt in meinem Versteck und halte die Luft an. Hoffentlich kommt jetzt keiner auf die Idee nachzuschauen!
„Du sagst es“, keucht eine andere Männerstimme. „Aber mir solls egal sein. Hauptsache sie zahlt gut, dann ist es mir egal, was sie in ihren Kisten transportiert. Ist ja nicht mein Problem, wenn das mal Ärger gibt.“
„Da hast du recht, mir ist's auch wurscht.“
Die Truhe schwankt furchtbar hin und her, wahrscheinlich gehen wir gerade über den Steg zum Schiff. Danach scheint es ein Stück geradeaus zu gehen und dann spüre ich, wie es eine Treppe hinab geht. Es folgt eine zweite Treppe und noch ein Stück geradeaus, bis die Truhe mit einem lauten Krachen abgestellt wird.
Ich warte noch einen Moment, bis alle Schritte verklungen sind, dann hebe ich vorsichtig den Deckel an und spähe hinaus.
Es ist ziemlich dunkel hier unten. Ich scheine in einem Lagerraum zu sein. Vorsichtig schaue ich umher und als ich niemanden entdecken kann, schlüpfe ich rasch aus der Truhe. Jetzt schnell ein Versteck suchen, bevor die Matrosen wieder kommen!
Ich betrachte den Laderaum kurz. Es sind schon sehr viele Kisten und Truhen gestapelt, besonders an der Bugseite scheint alles voll zu sein. Dort wird sicher niemand mehr hingehen.
Ich turne über die Kisten nach vorne und entdecke tatsächlich genug Platz, um mich dort ungesehen niederlassen zu können.
So verharre ich eine ganze Zeit und schaue verstohlen den Matrosen beim Beladen zu. Sie schleppen noch Unmengen von Kisten und Fässern herein, aber irgendwann ist auch das geschafft. Es herrscht Ruhe!
Ich rolle meinen Schlafsack aus und stelle meinen Rucksack vorsichtig ab. Hoffentlich bin ich hier die nächsten Wochen sicher! Ich weiss, dass die Fahrt sehr lange dauern wird und jetzt überfallen mich große Zweifel, wie ich die ganze Zeit hier im Laderaum aushalten soll? Zwischen all dem Gerümpel hier werde ich sicher vor Langeweile umkommen. Panik erfasst mich und ich hocke mich auf den Boden und versuche mich zu beruhigen. 'Du schaffst das schon!' rede ich mir selbst ein. 'Du hast ja auch die Woche in der Hütte überstanden!'
Ich setzte mich auf den Boden und wiege mich selbst hin und her, bis ich vor lauter Erschöpfung einschlafe.

Irgendwann, nach einem langen, unruhigen Schlaf erwache ich ruckartig und setze mich schnell auf. Irgendwas stimmt nicht, fährt es mir durch den Kopf. Ich schaue mich um, aber alles scheint so, wie am Abend zuvor.
Dann fällt es mir plötzlich auf. Das Schiff schwankt! Schlagartig wird mir klar, dass wir bereits abgelegt haben und uns auf offener See befinden! Und ich habe nichts davon mitbekommen, was muss ich fest geschlafen haben!
Ich schaue mich wieder um. Zum Glück ist es im Laderaum nicht ganz dunkel, denn durch eine Luke im oberen Deck fällt Licht hinein. Es ist zwar nicht viel, aber so sollte ich zumindest umhergehen können ohne mich zu stoßen.
Ich laufe ein bischen umher und betrachte all die Waren. In einer Ecke mehr zum Heck hin entdecke ich dann, was ich suche. Dort stehen eine ganze Reihe großer Wasserfässer. Alle haben einen praktischen Zapfhahn, so dass ich wohl wenigstens nicht verdursten werde.
Während ich noch umherlaufe, höre ich plötzlich Schritte näher kommen. Erst jetzt entdecke ich eine weiter Falltür in der Decke. Rasch eile ich so schnell es geht in mein Versteck zurück. Schon wird die Falltür geöffnet und ein Mann lässt eine Leiter herunter.
Ich kauer mich hin und spähe zwischen zwei Kisten hindurch. Der Mann trägt eine Mütze, wie Köche sie zu tragen pflegen. Er grummelt etwas vor sich hin und öffnet dann eine Kiste. Ich kann nicht sehen, was er entnimmt. Dann stapft er zu den Fässern und beginnt einen Krug mit Wasser zu füllen. Als er fertig ist, klettert er die Leiter wieder hoch, zieht sie ein und verschliesst die Falltür. Ich bin wieder alleine.
Vorsichtig husche ich zu der Kiste, welche der Koch geöffnet hat und spähe hinein. Sie ist voll mit geräucherten Würsten! So ein Ärger, da ich kein Fleisch esse. Andererseits frage ich mich, wie Obst und Gemüse die ganze Überfahrt lang frisch bleiben sollen? Werde ich wohlmöglich doch noch auf Fleisch umsteigen müssen? Darüber mag ich jetzt gar nicht nachdenken.
Etwas entmutigt schleiche ich zu meinem Versteck zurück und kauer mich in die Ecke.
Der Rest des Tages vergeht ziemlich ereignislos. Manchmal höre ich Stimmen über Deck, aber ich kann nicht verstehen, worüber sie reden. Ich male mir in Gedanken meine Zukunft aus und was ich wohl alles erleben werde. Ob es mir auf Siebenwind überhaupt gefallen wird....?


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 Betreff des Beitrags: Re: Salessa
BeitragVerfasst: 3.02.09, 17:36 
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7. Kapitel

Die nächsten Tage und Wochen auf dem Schiff werden zu einer einzigen Qual. Ich langweile mich fast zu Tode. Anfangs finde ich es noch ganz nett, mal endlich viel Zeit zum Schlafen zu haben, aber irgendwann bin auch ich restlos ausgeschlafen.
Ich erkunde weiter den Laderaum, in welchem ich hier 'gefangen' bin, doch viel Interessantes verbirgt sich nicht in ihm.
Zum Glück wird es dem Koch irgendwann zu doof, die Leiter jedes mal wieder einzuziehen, wenn er in den Laderaum muss. Er lässt sie einfach stehen und ich sehe eine Chance wenigstens mal kurz meinem Gefängnis zu entfliehen. Ich warte, bis die meisten Leute auf dem Schiff schlafen gegangen sind und schleiche mich dann vorsichtig an Deck. Es tut so gut, endlich mal wieder frische Luft zu atmen! Ich muss zwar auf der Hut sein, vor ein paar Matrosen, die regelmäßig ihre Runden über Deck drehen, doch damit kann ich leben. So steige ich fortan jeden Abend einmal hoch und entspanne mich.
Trotzdem werden die Tage immer ereignisloser. Ich weiss einfach nicht mehr, was ich machen soll, außer in der Ecke zu hocken und vor mich hinzuträumen.
An einem dieser ereignislosen Tage beobachte ich den Koch, wie er eine der größeren Kisten angestrengt beiseite schiebt. Unter der Kiste scheint sich etwas zu verbergen, an dem er einige Zeit rummacht. Ich versuche zu erkennen, was es ist, aber auf die Entfernung kann ich nichts erkennen.
Als der Koch verschwunden ist warte ich noch kurz ab, dann schleiche ich mich zu der Kiste. Sie steht auf zwei anderen kleinen Kisten drauf. Zwischen den beiden kleinen Kisten ist ein größerer Spalt und in diesem Spalt steht eine kleine Truhe, welche nicht verschlossen ist. Neugierig hebe ich den Deckel an und starre kurz darauf erstaunt auf den Inhalt. Es sind Pilze! Gut getrocknet liegen sie einer neben dem anderen in der Truhe. Ich bin etwas verwirrt. Warum sollte man Pilze so gut verstecken? Immerhin stellen diese Pilze aber mal eine willkommene Abwechslung auf meinem Speiseplan da und so stecke ich schnell ein paar davon ein.
Abends, nach meinem Ausflug auf Deck esse ich ein paar dieser Pilze. Sie schmecken ziemlich gut und ich lege mich zufrieden schlafen. Endlich mal was anderes, als ständig nur trocken Brot und Wasser!
In der Nacht schlafe ich wohl tief und fest, doch als ich am nächsten morgen erwache, fühle ich mich wie gerädert. Seltsame Bilder aus meinen Träumen spuken noch durch meinen Kopf. Ich bin mir sicher, von Feen und Kobolden geträumt zu haben. Und irgendwie war ich in einem Wald, der einerseits voller Blumen und Blüten war und andererseits etwas bedrohliches ausstrahlte. Irgendwas war da, was mir Angst machte...
Verwirrt schüttel ich ein paar mal den Kopf und versuche die Gedanken zu verscheuchen. Ich sollte vielleicht lieber etwas essen, das wird mich das auf andere Gedanken bringen. So mache ich es mir also so gemütlich wie es eben geht und esse in aller Ruhe noch ein paar dieser leckeren Pilze, sowie einen Happen Brot und etwas Obst, welches zum Glück noch genießbar ist.
Danach sitze ich eine zeitlang nur rum und überlege, was ich mit dem Tag anfangen soll. Mitten in meinen Gedanken meine ich eine Bewegung aus dem rechten Augenwinkel wahrzunehmen. Ich schaue verwirrt umher, doch da ist niemand. Kaum, dass ich den Blick abgewandt habe, meine ich wieder eine Bewegung wahrzunehmen. Das kann doch nicht sein! Außer mir ist niemand hier unten! Oder etwa doch? Ich spüre eine leichte Panik in mir aufsteigen. Was ist, wen ich entdeckt wurde? Vielleicht tauchen gleich ein paar Matrosen zwischen den Kisten auf, um mich zu packen und ins Meer zu werfen!
Ich rutsche vorsichtig ein kleines Stück rückwärts in meine Ecke und versuche mich zu verbergen. Gleichzeitig spähe ich zwischen zwei Kisten hindurch. Irgendwas ist da! Es scheint sich ziemlich schnell zu bewegen und sehr klein zu sein. Jetzt sehe ich auch wieder eine Bewegung aus den Augenwinkeln. Ich rucke mit dem Kopf herum. Da fliegt doch was! Das gibt’s doch gar nicht, wie soll hier unten etwas rumfliegen? Jetzt sehe ich es wieder, es kommt näher, direkt auf mich zu. Ich halte entsetzt die Luft an. Dann erkenne ich es. Es ist eine der Feen aus meinem Traum.
Erleichtert atme ich aus. Sie wird mir wohl kaum was tun. Aber was macht sie hier unten? Ich spähe vorsichtig nach links und rechts und entdecke noch mehr Feen, welche durch den Laderaum flattern. Das ist doch völlig irre! Ich kann mir nicht erklären, wo sie herkommen. Ob sie in einer der Kisten gefangen waren? Das kann doch nicht sein, oder? Gibt es überhaupt Feen? Ich kannte sie bisher nur aus Märchen.
Völlig verwirrt bleibe ich in meiner Ecke hocken und beobachte die Feen, welche jetzt massig durch den Laderaum schwirren. Irgendwann merke ich, dass ich ziemlich schläfrig werde, der Kopf fällt mir auf meine angewinkelten Kniee und ich schlafe trotz des Versuchs wach zu bleiben ziemlich schnell ein.


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 Betreff des Beitrags: Re: Salessa
BeitragVerfasst: 3.02.09, 17:37 
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Ich weiss nicht, wie viel Zeit vergangen ist, als ich endlich wieder erwache. Ich fühle mich erschlagen. Vorsichtig spähe ich umher. Von den Feen ist nichts mehr zu sehen. Wo sie wohl hinverschwunden sind? Ob sie durch die offene Luke entkommen sind? Hoffentlich hat sie niemand gesehen und erschlagen. Ich schleiche mich ebenfalls müde nach oben und schaue mich gespannt um. Feen sind hier keine zu sehen. Dafür tut die frische Luft meinem Kopf gut. So bleibe ich eine ganze Zeit lang auf dem Deck hocken und versuche die bleiernde Müdigkeit aus meinen Knochen zu bekommen. Viel hilft es nicht und so krieche ich schliesslich wieder unter Deck um mich schlafen zu legen.

Die nächsten Tage verlaufen außerordentlich seltsam. Ich kann mir nicht erklären, was da eigentlich passiert. Ich träume nachts von Feen und tagsüber schwirren sie immer wieder mal durch den Laderaum. Langsam macht mir das ganze Angst. Vielleicht bin ich dabei vor lauter Langeweile den Verstand zu verlieren? Kann so etwas schon nach so kurzer Zeit passieren? So lange sind wir ja auch noch nicht auf See. Ich mache mir ernsthaft Sorgen.

Eines Abends stelle ich fest, dass die Pilze alle sind und ich überlege, mir ein paar neue zu besorgen. Ein paar kann ich sicher noch aus der Truhe nehmen, ohne dass es auffällt. Der Koch ist seit seinem ersten Besuch eh nicht wieder an der Truhe gewesen.
Ich schleiche mich vorsichtig hin und hebe den Truhendeckel an. Es sind noch viele Pilze vorhanden. Einen Moment lang starre ich gedankenverloren auf die Pilze. Da war doch was? Irgendwas, was meine Mutter mir mal erzählt hatte? Ich grübel kurz nach. Wir waren mal Pilzesammeln und irgendwas hat sie mir da erzählt. Was war das noch? Es gibt essbare Pilze und es gibt giftige Pilze...ja genau, das hat sie mir erklärt und mir die Unterschiede zwischen den Pilzen erläutert. Aber da war noch was, irgendwas mit den essbaren Pilzen...? Sie hatte sie auch noch mal aufgeteilt, in welche die gefahrlos genießbar waren und welche, die man aus irgendwelchen Gründen lieber nicht essen sollte. Plötzlich meine ich ihre Stimme wieder in meinem Kopf zu hören 'Bei den essbaren Pilzen unterscheidet man zwischen den ganz normalen Pilzen und solchen, welche eine halluzinogene Wirkung haben! Zweitere solltest du lieber meiden, sie sind nichts anderes als eine Droge und können auf Dauer schwere Schäden anrichten!' Genau das hatte sie gesagt! Und mit einem mal wird mir klar, woher all die Feen und meine verrückten Träume kamen! Es lag an den Pilzen! Sie haben eine halluzinogene Wirkung, deshalb steht die Truhe auch so gut versteckt und der Koch bedient sich nur sehr sparsam daraus. Wie konnte ich nur so dumm sein!? Ich tappe völlig entsetzt in mein Versteck zurück und hocke mich auf den Boden. Den Rest des Tages hadere ich mit mir selbst.

Ein, zwei Tage schleiche ich mit einer deutlich schlechten Stimmung durchs Schiff. Einerseits bin ich sauer auf mich selbst, andererseits langweile ich mich langsam zu Tode. Solange ich die Feen gesehen hab, hatte ich wenigstens etwas Abwechslung. Und wer weiss, ob da nicht noch andere interessante Dinge aufgetaucht wären?
Ich diskutiere mit mir selbst rum und komme schliesslich zu einem Entschluss. Ich habe noch viel Zeit auf diesem Schiff zu überbrücken und es kann sicher nicht so sehr schaden, wenn ich alle zwei, drei Tage mal den einen oder anderen Pilz esse, um mich abzulenken, oder? Die Idee gefällt mir von Minute zu Minute besser. Wie wäre es, wenn ich sie gleich heute in die Tat umsetze?
Deutlich fröhlicher kehre ich in mein Versteck zurück. Ab sofort werde ich wenigsten etwas Abwechslung haben!

Zunächste verläuft mein Plan ganz wunderbar. Wenn man sich einmal auf die Wirkung der Pilze einlässt, entfaltet sich vor dem geistigen Auge eine wahre Wunderwelt. Ich sehe, höre und rieche sogar Dinge, von denen ich nie ahnte, dass es sie gibt. Auf diese Weise gehen die Tage wie im Fluge herum. Da die Pilze ziemlich müde machen, schlafe ich zudem recht viel, was mir nicht ungelegen kommt. Ich bin restlos begeistert. Eine Woche reiht sich an die andere und mir geht es wunderbar!

Ich weiss nicht genau, wann das Ganze zu kippen beginnt! Irgendwann meine ich in meinem Fantasien eine unerklärliche Bedrohung wahrzunehmen. Ich versuche sie zu ignorieren, doch sie wird von Tag zu Tag stärker. Es scheint, als ob die Feen nicht mehr so freundlich sind wie zu Anfang, irgendetwas Böses hat sich in ihren Blick geschlichen. Ich beginne Angst vor ihnen zu bekommen. Vielleicht sollte ich ein paar Tage mit den Pilzen pausieren? Es wird sowieso langsam auffällig, wenn ich noch mehr aus der Truhe nehme, irgendwann wird der Koch wieder welche brauchen und es bemerken, dass einige fehlen.
Ich beschließe also vorläufig keine Pilze mehr zu nehmen. Wir sind jetzt schon so lange auf See, dass ich sicher die letzten Tage ohne auskommen werde. Damit ich es mir nicht anders überlege, räume ich die restlichen Pilze, welche ich noch bei mir hab in die Truhe zurück und verkrieche mich in meinen Schlafsack. So müde wie ich bin, werde ich wohl lange schlafen...


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 Betreff des Beitrags: Re: Salessa
BeitragVerfasst: 3.02.09, 17:38 
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Leider träume ich in dieser Nacht ausgesprochen schlecht. Ich sehe Monster und Horden von Ungeheuren, die sich auf mich stürzen wollen. Ich versuche zu schreien und wegzulaufen, doch meine Füße scheinen am Boden wie festgeklebt. Jedes mal, wenn ich meine, dass jetzt alles zu spät ist, wechselt der Traum und wieder stürzen entsetzliche Gestalten auf mich zu.
Völlig verschwitzt und mit dröhnenden Kopfschmerzen erwache ich schließlich. Ich fühle mich so scheußlich wie schon lange nicht mehr, ich muss einfach an die frische Luft.
An Deck angekommen, stelle ich verwundert fest, dass alles zu schlafen scheint. Das irritiert mich, denn ich dachte es wär früher Morgen. Also muss ich länger geschlafen haben, als angenommen. Aber eigentlich ist mir das auch alles egal, wenn nur diese furchtbaren Kopfschmerzen verschwinden würden.
Irgendwann krieche ich wieder unter Deck doch auch hier bekomme ich keine Ruhe. Ich habe das Gefühl, dass die Schiffswände sich bewegen und auf mich zu rücken. Panisch krieche ich hin und her und habe das Gefühl doch nicht ausweichen zu können. Irgendwann werden sie mich ersticken! Auch die Kisten scheinen ein Eigenleben zu entwickeln, ich habe das Gefühl, dass ich Gesichter auf ihnen wahr nehmen und dass sie zu mir reden. Ich gerate restlos in Panik und verkrieche mich tief in meinem Schlafsack. Wie konnte ich nur so dumm sein zu glauben, dass es eine gute Idee wäre diese Pilze zu essen! Jetzt bekomme ich die Quittung dafür. Ich bin vor Angst und Panik wie gelähmt und wage mich nicht mehr aus meinem Schlafsack hervor. So schlafe ich irgendwann wieder ein.

Auch die folgenden Tage und Nächte werde ich von meinen eigenen Fantasien fast in den Wahnsinn getrieben. Ich bin am Ende meiner Kräfte und weiß nicht mehr, wie ich die Tage bis zum Ende der Überfahrt noch überleben soll? Vielleicht sollte ich mal was essen...
Ich wühle in meinem Rucksack herum und befördere ein kleines Stück hartes Brot hervor, welches ich mühsam aufkaue. Danach fühle ich mich etwas besser. Jetzt noch ein Schluck Wasser aus den mittlerweile ziemlich leeren Fässern und ich bin zumindest in der Lage aufzustehen und umherzuwanken. Es scheint so, dass die Wände sich nicht mehr bewegen, auch die Kisten ruhen still an Ort und Stelle. Misstrauisch schleiche ich umher, doch nach einiger Zeit bin ich überzeugt, dass alles in Ordnung ist. Auch Feen kann ich keine entdecken.
Erschöpft schliesse ich mit mir selbst ein Abkommen: Nie mehr werde ich halluzinogene Pilze essen! Das war mir eine Lehre fürs Leben.
Die Tatsache, dass die Wasserfässer ziemlich leer sind, bringt mich zum Nachdenken. Das würde ja wohl bedeuten, dass wir Siebenwind bald erreicht haben. Ich sollte mich lieber drauf gefasst machen, hier bald sehr schnell aufbrechen zu müssen.
Sorgsam packe ich alles bis auf meinen Schlafsack ein. Dann schaue ich mich etwas um. Eigentlich bräuchte ich neue Kleidung. Ich trage seit bestimmt sieben Wochen die selben Kleider am Leib, ohne mich in der Zeit groß gewaschen zu haben. Wahrscheinlich stinke ich wie ein Ork.
Schliesslich entdecke ich eine Truhe, welche nicht verschlossen ist. Zu meinem Glück ist es tatsächlich eine Kleidertruhe. Die Kleidungsstücke sind zwar nicht grade von allerbester Qualität, aber mir ist alles recht. Ich stopfe sie schnell in meinen Rucksack. Dann ziehe ich meine alten Sachen aus und meine Lederrüstung an. Wer weiß, ob ich beim verlassen des Schiffes nicht doch noch bemerkt werde. Dann möchte ich wenigstens den Hauch einer Chance haben lebendig davon zu kommen.
In dieser Nacht schlafe ich zum ersten mal wieder ruhig.

Zwei Tage muss ich noch warten, doch dann ist es soweit. Ein Ruck geht durchs Schiff und ich spüre deutlich, wie es anhält. Jetzt ist es soweit, ich habe es tatsächlich geschafft! Vor Freude möchte ich heulen, doch dafür ist jetzt keine Zeit. Ich schlüpfe schnell wieder in die Truhe, welche mir schon mal ein so gutes Versteck geboten hat und verberge mich unter den Decken und Tüchern.
Ich brauche nicht lange warten und schon höre ich, wie Matrosen beginnen die Waren auszuladen. Bald schon wird meine Truhe geschnappt und von Bord getragen. Nachdem sie abgestellt wird, warte ich noch eine ganze Weile, in der Hoffnung, dass viele Truhen um mich herum gestapelt werden mögen, die mir bei meiner Flucht etwas Schutz bieten können.
Als ich es nicht mehr aushalten, luke ich unter dem Deckel hervor. Eine Menge Kisten und Truhen stapeln sich rings um mich herum. Ich schlüpfe vorsichtig hinaus und versuche, möglichst ungesehen zu verschwinden. Es ist leichter als gedacht, schon bald habe ich den Hafen verlassen und finde mich inmitten einer Stadt wieder. Fast andächtig stapfe ich durch die Straßen und bewunder die vielen Häuser. Sogar an einem Badehaus komme ich vorbei. Ich beschliesse ihm so bald wie möglich einen Besuch abzustatten.
Schließlich erreiche ich einen Marktplatz. Ich muss lächeln, es ist fast wie bei uns zuhause. Erschöpft lasse ich mich auf eine Bank fallen. Erst jetzt, wie ich so da sitze und zum Nachdenken komme, wird mir bewusst, dass ich es tatsächlich geschafft habe.
Ich habe Siebenwind erreicht!




Drei Monate später wird ein Brief bei Hannah abgegeben:

Liebe Hannah!
Ich habe Siebenwind erreicht! Endlich komme ich dazu, dir zu schreiben. Ich bin jetzt schon zwei Monate hier und habe mich ganz gut eingelebt. Ich denke, ich werde versuchen als Alchemistin mein Geld zu verdienen. Ein bischen habe ich in der Beziehung hier schon gelernt, es scheint mir zu liegen. Du siehst also, dass du dir keine Sorgen um mich machen brauchst.
Hab vielen Dank noch mal für alles, was du für mich getan hast! Ich werde dir das nie vergessen. Und wenn du mal wieder hierher kommen solltest, dann gib mir bescheid, damit ich dich endlich wiedersehen kann!

Viele liebe Grüße,

Deine Salessa





~~~~~~~~~~~~~~~Ende~~~~~~~~~~~~~~~~~


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