Irgendwo in Falandrien ...
Schritt um Schritt erklimmt er die Stufen in diesem Haus, welches im fremd ist. Es war dennoch nicht schwer gewesen, es zu betreten, gingen die Kunden des Hausherren doch beständig ein und aus. Ein wohlhabender Mann, nicht nur gesegnet mit all jenen Gütern, welche das Leben lebenswert machen, sondern auch mit einer Familie, eine Frau, einer Tochter, Glück und Frieden. Oben angekommen findet er sie, sie erwartet ihn bereits, wissend, dass er zu ihr kommen wird. Erkenntnis in diesen Augen, gesetzte Ruhe, Höflichkeit, ja sogar ein Hauch von Freude, ihn zu sehen, wenn auch gepaart mit dezentem Wehmut, zu jung um die Schrecken des Lebens zu kennen, tröstet ihre Naivität über die Grausamkeit dieses Zusammentreffen hinweg.
„Du hast dir Zeit gelassen, aber Marie sagte schon dass du kommen würdest“.
Marie, ihre Puppe, sie hat es also vorhergesehen. Hat ebenso gesehen dass er hier ist, um sie mit sich zu nehmen, dass er nicht allein wieder gehen wird. Sie bietet ihm Tee an, auch wenn beide wissen dass keine Zeit mehr sein wird, ihn zu genießen.
Dann bittet sie ihn, sich noch von Marie verabschieden zu dürfen. Er gewährt es ihr, was sollte er sonst auch tun. Sie verabschiedet sich, bettet das kleine Stoffwesen auf ihr Bett, dann reicht sie ihm die Hand, bereit zu gehen.
„Es ist Zeit“ spricht sie. „Keine Sorge, es wird nicht wehtun“ verspricht er.
Sie reicht ihm beide Hände, legt sie ganz fest in die seinen, sieht ihn noch einen Moment lang an, ehe sie ihre Augen schließt und kurz darauf in seine Arme sinkt. Ein letzter Atemzug, es ist vorbei. Kein Schmerz, keine Furcht, einfach geschehen, so beiläufig, so unbedeutend. Behutsam bettet er nun auch sie , schmiegt sie an ihre Puppe, faltet ihre Hände, streicht ihr ein letztes Mal über die Stirn und küsst sie darauf. So jung, so unschuldig, sie hat dies nicht verdient, hätte ein strahlendes Leben führen sollen, eine kleine Sonne. Aber so ist es nicht, er bedauert es, für einen Moment, ehe der Eindruck ihn in tröstlicher Taubheit versinken lässt, es ist geschehen, vorbei, nicht mehr zu ändern.
Schritte nähern sich über den Flur, steuern auf das Zimmer zu, der Vater naht. Als er das Zimmer betritt, findet er nichts mehr darin, findet etwas , etwas, das auch er nicht verdient hat. Aber das Zimmer ist leer, seine Tochter ist fort, mit ihm gegangen, was bleibt ist nur eine leblose Hülle.
Name ... unbekannt. Alter ... Acht. Verstorben am Wandeltag, dem 22.Carmer im Jahre 20 nach Hilgorad. Ursache ... unbekannt.
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