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 Betreff des Beitrags: Schlaflos in Falkensee
BeitragVerfasst: 22.03.10, 01:33 
Edelbürger
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Leise rollte die Kugel über den hölzernen Boden, wurde von einer schmalen Hand, welche mit einer blassen Haut überspannt war, aufgefangen und erneut zur anderen Seite gerollt, wo eine ähnliche Hand sie auffing und sie erneut zurückstubste. Der Blick aus Altheas hellblauen und halbgeöffneten Augen war indes aus dem Fenster gegenüber gerichtet, wo sie am sich verdunkelnden Himmel die ersten Sterne auszumachen glaubte.
Was, bei Astrael, war das für ein Tag? Sie glaubte sich selber gar nicht so wirklich wiederzuerkennen. Die letzten Götterläufe hatte sie sich bemüht, ihre Emotionen im Griff zu halten, nichts allzu nah an sich ranzulassen und selbst wenn, es mit Gelassenheit abzudämpfen. Sie wusste nicht einmal, wann sie das letzte Mal kurz davor gewesen war, wahrlich zu weinen. Sie hatte die Tränen gerade noch fortblinzeln können, den Kloß hinabgeschluckt, aber wann war es das letzte Mal gewesen? Nun, das vorletzte Mal, um ehrlich zu sein. Das letzte Mal war heute gewesen, als Nuir sie fragte, ob sie genug Rücklagen hätte, um das Haus zumindest für eine Weile zahlen zu können. Dieser Moment, als ihr klar war, was diese verdammten Vorgänge an der Akademie mit sich bringen würden, hatte sie mit einer solchen Wucht erwischt, die sie kaum für möglich gehalten hätte.

Nun, einige Zyklen später, war sie halbwegs ruhiger geworden. Nervös zwar, aber sie ließ sich nicht mehr allzu viel anmerken. Vielleicht hatte es auch einfach gut getan, diese Zeilen, die der vernünftige Teil in ihr schon beim Schreiben bereute, niederzuschreiben und in die eh schon volle Akte zu legen. Leise schnaubte Althea und etwas flotter, angetrieben durch einen etwas energischeren Stoß, rollte die Glaskugel zur anderen Hand. Natürlich gab es immer Problemfälle in der Akademie. Natürlich machte jeder Fehler (wenn sie allein schon an ihre dachte, wovon glücklicherweise eh nur ein Bruchteil bekannt wurde). Als sie selber noch ein Studiosi war, war dort beispielsweise Raisha mit ihrem kopflosen, feurigen Temperament, geschützt durch einen Ritter. Später Sephira, die ihr darin teils auch noch glich und eine gefährliche Liebe zur Macht gehabt hatte. Es gab immer wieder Studiosi, welche sich allzu selbstsicher über diese Insel bewegten, glaubten, sie hätten mit ihrer Kraft alle Macht der Welt, brachten tatsächlich einiges zustande, was durchaus Anerkennung fand... bis sie stürzten und das nicht selten über ihre eigenen Füsse. Es sorgte immer für Wirbel, doch dieser Wirbel, der einfach kein Ende zu nehmen schien, war langsam zuviel und es ging ihr nun zu nahe. Nunmehr ging es um ihren Mann, ausgerechnet um ihn und ausgerechnet um etwas, was so dermaßen verdreht wurde, dass sie dahinter nichts weiter mehr als pure Intrige sah.

Einen Moment stoppte die Kugel. Sie hielt sie fest, fast krallenartig umklammert, während sie den Blick starr hinausgerichtet hielt. Die Zähne waren zusammengepresst und innerlich kochten Enttäuschung und ein Anflug von Wut auf. Wie konnte Nuir nur erwarten, sie würde sich zurückhalten? Wieso...

Leise und langgezogen atmete Althea aus und rutschte an der Wand etwas hinab, während ihr Blick und ihre Züge müde wurden. Weil es an sich ihre Art war, sich zurückzuhalten, Ruhe zu bewahren, Gespräche zu führen, nicht kopflos in die Schlacht zu rennen und nicht, auch nicht in Gedanken, einer gewissen Person genüsslich die Zunge rauszuschneiden. Irgendwie kannte sie sich selber nicht mehr. Eine gewisse Emotionalität hatte sie natürlich auch früher gehabt, keine Frage, doch strebte sie mit der Zeit immer mehr nach Ruhe, inneren Einklang und Gleichgewicht, um ihre Kraft nicht im unbedachten Moment zu nutzen. Diese Emotionen hingen auch nicht unbedingt mit Nuir zusammen. Natürlich war sie auch enttäuscht darüber, wie sich manche Schüler vor noch wenigen Wochen verhielten und einfach nicht verstanden, welchen Schaden sie sich selber mit ihrem rebellischen Verhalten aufluden. Aber auch da blieb sie halbwegs gelassen. Andererseits hatte sie da noch etwas mehr Abstand gehabt. Nun gedachte sie wieder zu unterrichten und würde zwangsweise gewisse Personen im Unterricht sitzen haben, die sie am liebsten mit einem Tritt in den Feuerberg befördern würde, weißer Pfad hin oder her!
Leise murrend rieb sich die kleine Weißhaarige die Stirn. Sie musste zur Ruhe kommen und diese Gedanken abstreifen. Ihr Onkel würde sich doch wahrlich ins Fäustchen lachen, wenn er sie so sehen, ihre Gedanken hören würde und allein, dass sie jetzt, nach all der Zeit, an diesen menschgewordenen Geier denken musste, war schon besorgniserregend genug.

Althea drückte sich hoch, griff zum Umhang und nur wenige Augenblicke später, als sie das Haus verlassen, die Straße hinab gegangen war und den Tempel angesteuert hatte, umfing sie die kühlende Ruhe des Astraelsschrein zu Falkensee, wo sie sich für eine Weile zur Meditation niederließ, um Gefühle zur Ruhe kommen und kühles Kalkül die Oberhand gewinnen zu lassen.


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 Betreff des Beitrags: Re: Schlaflos in Falkensee
BeitragVerfasst: 23.03.10, 03:31 
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Die Augen des jungen Mannes schlossen sich... öffneten sich... schlossen sich... er drehte sich zur Seite... öffneten sich... schlossen sich... ein Drehen zur anderen Seite... und er setzte sich wieder auf.

Der Rücken tat Nuir weh, keine Stunde nachdem er sich auf dem harten Marmorblock niedergelassen hatte der nunmehr sein Bett war. Zitternd zog er die Felldecke enger um die Schultern, woraufhin sie seine blanken Füße freigaben. Wahrlich nicht besser. Seufzend lehnte er sich mit dem Rücken an die Wand der kleinen Kammer.

Er fühlte sich nackt. Nicht, weil er bis auf seinen Gürtel und die Robe nichts am Leibe trug. Doch er hatte alle Waffen abgelegt und den Schrein ohne sie betreten. Wann war er sich das letzte Mal so nackt vorgekommen? Und etwas Anderes, was er eigener Empfindung nach ewig getragen hatte, hatte er abgelegt. Sein goldenes Armband mit dem Siegel der Akademie der arkanen Künste zu Siebenwind. Andächtig streich er über die Haut am Handgelenk, wo er gewohnt war das kühle Edelmetall zu spüren.

Er fühlte sich enttäuscht. Enttäuscht darüber, wie die Mitglieder der Akademie ihm lange treue Dienste vergolten. Dass Personen, von denen er begonnen hatte sie als Freunde zu sehen, kein persönliches Wort an ihn richteten. Dieses nichteinmal zu suchen schienen und nur auffordernde Notizen in Akten hinterließen. Wie er in letzter Zeit so oft gesagt hatte, es gab keine arkane Gesellschaft Siebenwinds. Keine arkane Gemeinschaft.

Er fühlte sich schuldig. Schuldig gegenüber seiner Frau, dass er ihr all dies aufbürdet. Sie würde zu ihm stehen, das wusste er genau, aber dennoch hatte er sie nie so leiden sehen wollen wie es derzeit der Fall war. Sein Herz brach daran.

Er fühlte sich gebunden. Gebunden und gefesselt an die Akademie und seiner Verpflichtung gegenüber ihren Schülern. Noch immer. Keinen Schaden wollte er auf seinen Schülern sehen, egal wie man mit ihm verfuhr. Beinahe musste er über sich selbst lachen. Der Gedanke war albern weiter Pflichtgefühl zu verspüren, doch so war es nunmal.

Doch war da noch mehr...

Er fühlte sich frei. Frei in seinen Gedanken. Frei von vielen zu beachtenden Faktoren. Frei von einer Planung die nichts mit seinen privaten Plänen zu tun hatte. Frei davon sich vor jedem Schüler der Akademie rechtfertigen zu müssen. Doch in aller erster Linie fühlte er sich frei von Schuld.

Er fühlte sich auf dem richtigen Wege. So hatte er alles in die Wege geleitet um sich selbst zu stellen. Sein Schicksal selbst zu bestimmen. Mit seinem Erzmagus zu sprechen und sich somit vor seinem Pfade zu erklären. Die weltliche Strafe auf sich zu nehmen und dadurch seinen Namen im Auge der Weltlichkeit frei zu büßen.


Unzählige Gedanken gingen Nuir durch den Kopf und irgendwann zwischen Zittern vor Kälte und grübelnden Gedanken hatte Lifna Erbarmen und schloss ihre erlösenden Arme um den Magus, welcher bereitwillig in einen tiefen Schlaf sank.


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 Betreff des Beitrags: Re: Schlaflos in Falkensee
BeitragVerfasst: 25.03.10, 01:13 
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Zitternd schritt Nuir über den schweren, silberfarbenen Teppich, der den Flur säumte. Er zitterte, obwohl er nicht fror, schmiegte sich der Teppich doch warm um seine Füße, welche in bequemen Wollsocken steckten. Unsicher setzte er, Schritt um Schritt, seine Füße voran. Alles um ihn herum erschien ihm bekannt und doch so fremd. Wo war er bloß?

Der Teppich dämpfte seine Schritte ins nahezu lautlose ab, während er vorbeiging an schon skurril groß anmutenden Möbelstücken. Einer gewaltigen Uhr, eine Rüstung, wie für einen Riesen gebaut, Regale von einer Höhe, dass er kaum das zweite Fach zu erreichen mochte. Doch allem voran die große, zweiflügelige Tür vor ihm, versehen mit Schnitzereien erlesenster Art. Sie zeigten einen Turm, berobte Männer und Frauen und eine Sanduhr in der Mitte. Vorsichtig streckte er seine Hände in Richtung der Tür aus. So winzig! Im Vergleich zu den obskur riesigen Türknäufen wirkten sie lachhaft klein, während er unter großer Mühe die Tür aufzog.

Hinter der Tür war Dunkelheit. Schwach schien das Licht des Astreyon durch das gewaltige Fenster am Ende des Raumes, welcher nur von einer einzigen Kerze beleuchtet wurde. Eine Kerze, welche auf dem dunklen Schreibtisch stand, der das Zimmer dominierte. Es roch nach kaltem Rauch und Whiskey.

,,Solltest du nicht längst schlafen?", erklang es tief dröhnend hinter dem Schreibtisch hervor.

,,Verzeiht, Herr Vater, ich hatte einen Alptraum", stammelte Nuir ohne es kontrollieren zu können.



Schweissgebadet schreckte Nuir aus seinem Lager im Morsanschrein auf, denn er hatte einen Alptraum.


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 Betreff des Beitrags: Re: Schlaflos in Falkensee
BeitragVerfasst: 25.03.10, 01:45 
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Das Haupt sank hinab auf das weiche Kissen, Althea drehte das Gesicht herum zu diesem und schloß ihre Augen, während sie tief Nuirs Geruch, der am Kissen hing, einzog. Dann seufzte sie leise und schlang einen Arm darum. Sie wusste nicht mehr, wann sie das letzte Mal alleine geschlafen hatte, ohne ihren Mann an ihrer Seite oder gar in seinen Armen. Es war schon so etwas wie Alltag geworden. Seit fast zwei Götterläufen miteinander verheiratet, fast genauso lange miteinander zuvor verlobt gewesen. Sie hatte sich an seinen Geruch gewöhnt, daran nicht allein zu sein, sogar Trost zu finden, wenn ein alter Alptraum sie plagte und nun spürte sie, wie selbstverständlich das schon für sie geworden war. Eine Lücke klaffte im Alltag auf, die sie zu füllen versuchte. Den Tag über hatte sie alte Unterlagen durchgesehen. Frühere Notizen aus dem Unterricht, Ideen, Theorien und Spekulationen, die sie einst aufgeschrieben hatte, um etwas Unterricht abseits der altbekannten Magietheorie, Praxis, Runkunde oder Ritualkunde anbieten zu könnnen. Aber es fehlte trotz allem jemand. Jemand, den man nach seiner Meinung fragen konnte, der gewisse Dinge etwas anders sah und so ihren Theorien eine Facette hinzufügte.
Kurzum - es war schon eine Selbstverständlichkeit gewesen, Nuir um sich zu haben.

Nun war Althea allein in diesem (in ihren Augen) viel zu großen Haus. Einzig ihre Katze Thaleia war um sie und im Garten tollte sein argloser Hund herum, bei dem es sich Althea bisher verkniff, so etwas wie eine "Beziehung" aufzubauen oder ihm gar einen Namen zu geben, wusste sie doch, wozu er da war. Aber es fehlte jemand, mit dem sie reden konnte und in manchen Momenten, wie vorhin, kurz bevor sie sich entschied, sich doch endlich schlafen zu legen, wünschte sie sich, sie hätten beide ein Kind. Er würde sich ebenso einen Erben wünschen, das konnte sie sich zumindest denken, doch sie sprachen es beide nie aus - er wohl, um keinen Druck auf sie auszuüben; sie, weil sie es als weiteren Makel empfand, dass sie kein Kind bekam und nur zu gut wusste, wie seine Reaktion ausfallen würde, würde sie von einem "Makel" sprechen.

Abwechslung versprach an diesen Tagen der Gang über den Markt, in den Morsansschrein, um ihren Mann zu besuchen, ihm etwas zu Trinken und zu Essen zu bringen, kurz miteinander zu reden, ehe er sich seinen Aufgaben zuwandte, wobei es sich nicht ziemte Zärtlichkeiten auszutauschen und sei es nur ein Kuss. Die Magistratssitzung wiederum hatte ihr besser getan, als sie geahnt hätte, wobei es mehr an Toran und Solos lag, die Nuir ihre Hilfe anboten und letztere, die sich nach ihrem Befinden erkundigte. Es hatte ein Gefühl von Nähe hinterlassen, die Althea momentan gut tat und sie bestärkte, sich wieder mehr der Lehre zu widmen, gleich, was aus diesem ganzen Wirbel noch erwachsen möge. Sogar ihr Groll hatte allmählich abgenommen, während sie in der Sitzung den Worten der anderen die meiste Zeit lediglich gelauscht hatte und sich ins Gedächtnis rief, dass sie letztendlich kaum objektiv in dieser Sache sprechen konnte.

Auch begann Althea allmählich ihre Lehren aus den aktuellen Geschehnissen zu ziehen. Gnaden Nebelbachs Worte über die Vergänglichkeit hatten sie tatsächlich ein Stück weit zur Ruhe gebracht und dann war da noch diese Erkenntnis, warum Magier es im allgemeinen vermieden, eine liebende Partnerschaft aufzubauen. Sie hatte selber gemerkt, wie emotional sie auf einmal zu reagieren drohte, es Nuir gegenüber sogar getan hatte und Emotionen waren etwas, die sie bevorzugtermaßen aus der Magie raushielt. Nun kühlte sie ihr Gemüt mit mehrmals über den Tag verteilten Meditationen ab, ab und an auch im Astraelsschrein, wo sie die für sich passende Ruhe fand und einzig der Fokus auf den Verstand gerichtet wurde.
Althea war also halbwegs zur Ruhe gekommen.
Und doch - wenn sie sich schlafen legte, wenn ihre Gedanken noch einmal über die Geschehnisse des Tages und die Vorhaben des nächsten kreisten, dann fühlte sie das Verlangen, Nuir wieder nah sein zu dürfen. Dann vergrub sie ihr Gesicht in sein Kissen, zog noch einmal tief seinen Duft ein und wartete auf Lifnas momentan scheinbar zögerliche Umarmung.


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 Betreff des Beitrags: Re: Schlaflos in Falkensee
BeitragVerfasst: 25.03.10, 03:40 
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Die Füße schienen förmlich am kalten Steinboden zu kleben. Jeder seiner Schritte hallte wie das Schmatzen von Saugnäpfe durch den Bogengang, welcher sich schweigsam entlang der dunklen Totenkammern seinen Weg bahnte.
Das Rascheln und Klappern der Gebetskette begleitete ihn. Auf und ab schwangen sich die zahllosen Holzperlen am Garnband, wie er die Kette im Gleichtakt der Sauggeräusche vor sich her kreiseln ließ. Immer waren es nur ein paar Schritte. Dann Pause, ein Flüstern. Als ob der Diener jedem Zimmerbewohner ein Geheimnis anvertraute, so leise rinnten seine Worte in die Totenkammern hinein, bevor er sich zur nächsten aufmachte.
An der letzten Kammer froren seine Füße einige Augenblicke länger auf der selben Stelle.

Wieder erwog der Lumpenträger, ob er mehr tun sollte. Das hieß: Mit Rätin Aurora und Vater Custodias sprechen und ein gutes Wort für den Magus einlegen. Sehen, was er ausrichten könne und ein unbedachtes Urteil verhindern. In dem Moment hörte er ein Quieken und die Gegenwart fing wieder seine Aufmerksamkeit ein.
Leise schwang sich dann in die Kammer des Magus das Geheimnis, dass er so vertraut jeder bewohnten Kammer mitgab:

"Ruhet, Morsan schenkt euch den Frieden.
Ihr müsst nichts fürchten, denn er behütet euch.
Ihr müsst nicht trauern, denn er fühlt mit euch.
Ruhet, Morsan schenkt euch den Frieden."


Mit Frieden genährt, ließ er die Gebetskette von der Hand gleiten und kurz darauf verschwand der Klang der Schritte wieder im Nichts.


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 Betreff des Beitrags: Re: Schlaflos in Falkensee
BeitragVerfasst: 28.03.10, 00:56 
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Erneut ging ein Zittern durch den Leib des Jungen, während er, nur mit einer Robe bekleidet, auf den Hausalter zuschritt. Völlige Stille herrschte in der Bibliothek und das, obwohl seine gesamte Familie anwesend war. Dies war ein großer Moment für den jungen Nuir. Dies war sein 10. Geburtstag.

Ehrfürchtig neigte der junge Ekre sein Haupt vor den beiden Personen, welche direkt vor dem Altar aufragten, sank auf seine Knie und intonierte die Worte, die er schon so oft gesprochen hatte. Die Worte, die in seiner Familie seit dem ersten Oberhaupt weitergegeben worden waren. Die Worte, die man niemals leichtfertig aussprach.

,,Meh dukaiar i Khet.
Meh livar i Khet.
Meh morotar i Khet.
Rätisary Hor Morsan, meh makenar ilari Rot.
Dih Darand vara mehch Liv!"


Als er sich wieder erhob trat eine der Gestalten auf ihn zu und hielt ihm lächelnd (Warum schmerzt es dich dann?) ein kleines Büchlein hin. In goldgelb gefärbtes Leder war es gebunden und vorsichtig streckte Nuir die kleinen Hände nach diesem Buch aus. Das Jagdbuch (Das Urteilsbuch!) welches ein jeder Ekre irgendwann empfing. Es war ihnen so vorherbestimmt (Ach ja?). Es war seine Pflicht (deine Fessel!). Es war seine Ehre (falscher Stolz!). Es war seine Gnade (anmaßender Bastard!). Es war seine Bestimmung (wehe dir, wenn du irrst!).

Nuirs Augen weiteten sich, als er den Geruch vernahm, der von dem Buch auszugehen schien. Metallisch, warm... der Geruch von Blut. Doch klebte es nicht nur an dem Buch, watete er doch knietief darin, waren seine Hände doch überzogen davon!



Keuchend setzte Nuir sich in den Katakomben auf und betastete seine Wangen. Tränen liefen diese hinab und er starrte auf seine Hände. Kein Blut klebte an ihnen, doch hatte er einen furchtbaren Gedanken. Hatte Gnaden Malachai etwa das Blut an seiner Seele gerochen? War er bereits so tief in Sünde und Blut gewatet, dass er es nicht mehr würde abwerfen können... hatte seine Familie sich geirrt?

Diese Nacht würde er keinen Schlaf mehr finden und man sah ihn die ganze Nacht am Schrein in den Katakomben beten.


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 Betreff des Beitrags: Re: Schlaflos in Falkensee
BeitragVerfasst: 28.03.10, 08:24 
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Die wohl schlimmste Nacht seit langem.
Waren die anderen Nächte zuvor noch verhältnismäßig kurz, da sie, trotz Müdigkeit, den Gang zum Bett, um dort einsam mit ihren Gedanken auf den Schlaf zu warten, gerne um den ein oder anderen Zyklus aufschob, wälzte sie sich in der letzten nur noch herum. Am Anfang kreisten ihre Gedanken bloß um ein paar Pläne, was ihr Vorhaben für das Rathaus anging oder was sie alles noch an Einrichtung besorgen müsste. Dann stellte sie fest, dass ihr Herzschlag schrecklich laut klang, ehe sie dann das Haus und die Umgebung als zu ruhig empfand, bis sich ihre Gedanken dann um ihren Mann kreisten.
Von Träumen hatte er gesprochen, aber kein Wort mehr ihr gegenüber verloren. Für einen winzigen Augenblick hatte sie sich doch etwas ausgeschlossen gefühlt. Andererseits konnte sie es Nuir nicht verübeln. Vermutlich wollte er nur Rücksicht auf sie nehmen und sah sich auch noch darin bestätigt, als sie sich erhob und sogleich an seiner Schulter halten musste, denn für einen Moment hatte sie das Gefühl gehabt, der gesamte Morsansschrein würde sich drehen. Es war nun schon das zweite Mal, dass ihr schwindelig geworden war, doch wen wunderte es? Sie bekam zu wenig Schlaf.
Gewiss, früher gab es auch Zeiten, wo sie mit wenig Schlaf auskommen musste. Beispielsweise in Vandrien, noch während des Krieges. Nirgends fühlte sie sich wirklich sicher, trotz der Tatsache, dass sie die meiste Zeit an der Seite ihres Mentors und Ziehvaters verblieb. Hinzu kam die Anspannung, jederzeit bereit zu sein, sobald die Kämpfe wieder beginnen würden. Oder die erste Zeit in Endophal, wo sie mit den gewaltigen Temperaturunterschieden zwischen Tag und Nacht sowie einem Felastich zu kämpfen hatte. Doch da war sie jünger gewesen. Vermutlich lag es daran. Nicht, dass sie sich nun als besonders alt ansah, aber sie war allmählich auch kein junger Hüpfer mehr.
Irgendwann vernahm sie das erste, zarte Zwitschern der Vögel, welches allmählich anschwoll, derweil sich draußen der Himmel träge aufhellte und von einem Dunkelgrau in ein Hellgrau wechselte. An Schlaf war nicht mehr zu denken und müde, doch zugleich nicht müde genug, erhob sie sich wieder. Vorsichtig, denn sogleich nahm sie das benommene, wirre Gefühl im Kopf wieder wahr, doch legte es sich fast so rasch wieder, wie es aufgekommen war.
Allmählich brauchte sie ernsthaft Hilfe.


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