Anmerkung: Hier wird die Geschichte von Benions Vater weitererzählt, die hier nachzulesen ist: http://schnellerwind.mind.de/Foren/phpBB3/viewtopic.php?f=27&t=28117.
Veridon ist ein Spion der Oculus Ecclesiae, ein Geheimbund der Viergöttlichen Kirche dessen Aufgabe es ist "Probleme zu lösen". Dazu werden Geweihte Astraels und Bellums rekrutiert, die fortan unter eine Tarnidentität leben und Aufträge am Rand der Legalität erledigen. Sein letzter Auftrag jedoch wird Veridon zum Verhängnis. Eine Gruppe der Diener des Einen kommt hinter seine Identität und macht daraufhin Jagd auf ihn und seine Familie. Seine Frau Delia und sein kleiner Sohn können auf ein Schiff fliehen, aber sie werden von einem Attentäter verfolgt. Delia fällt dem Attentäter zum Opfer und Benion wird auf der kleinen Insel Hügelau einem Kloster Vitamas übergeben. Veridon kann nur mit viel Glück einem magischen Angriff entkommen. Zwar gelingt es ihm die Verräter zu töten, aber für die Oculus gilt er als verstorben. Seit dieser Zeit sind viele Jahre vergangen.BlutschwertVandrien, irgendwo zwischen Vandris und PasSchon von weitem konnte man das metallische Klirren der Kettenhemden hören. Eilig wichen die Flüchtlinge von der Straße zurück und traten in das vom Dauerregen sumpfig gewordene Feld. Gerade rechtzeitig, denn im nächsten Augenblick marschierte eine Gruppe schwer bewaffneter Soldaten die befestigte Handelsstraße entlang. Es handelte sich um einen Trupp der gefürchteten Schwarzen Legion. Sie war während der Wirren des Bürgerkrieges von einigen fanatischen Anhängern Angamons gegründet worden und terrorisierte seitdem im Namen des Gottkönigs die Bevölkerung. Ihren Namen hatte sie von ihren einheitlich schwarzen Uniformen: Über die mit Ruß geschwärzten Kettenhemden trugen sie eine Tunika mit dem blutroten Zeichen des gezackten Dolches, der ein Herz durchstößt. Ihre Gesichter wurden von ebenfalls schwarzen Vollhelmen verdeckt, die nur winzige Schlitze zum Atmen und Sehen aufwiesen. Es hieß das jeder, der das Gesicht eines Schwarzen Soldaten sehen würde, unweigerlich dem Tode geweiht war. Manch einer munkelte sogar, dass sich Dämonen in den Rüstungen verstecken würden. Vielleicht erklärte das auch, warum es den Truppen des Königs und der Viergöttlichen Kirche bisher nicht gelungen war die Schwarze Legion aufzureiben.
Zum Glück für die Flüchtlinge hatten die Soldaten am heutigen Tag einen anderen Auftrag und so marschierten sie ohne die Flüchtlinge auch nur zu beachten an ihnen vorbei. Eine Frau in zerschlissenen Kleidern brach vor Angst weinend zusammen. Doch keiner der Flüchtlinge wagte es sich zu rühren und nach ihr zu sehen. Nur einer, ein Mann gekleidet in eine dreckige graue Robe, trat zu ihr und tätschelte ihre Hand um ihr ein wenig Trost zu spenden. Er beugte sich zu ihrem Ohr.
„Psst, versucht leise zu sein. Ihr dürft die Aufmerksamkeit der Soldaten nicht auf euch ziehen.“
Schwach nickte die Frau und es kam nur noch ein leises Wimmern von ihr. Schließlich waren die Soldaten vorbei gezogen und die Flüchtlinge kehrten langsam auf den Handelsweg zurück um ihre beschwerliche Reise fortzusetzen. Sie alle wollten fort aus Vandrien. Sie hatten sich für den Weg nach Norden entschieden, da seit kurzem das Gerücht umging die Schwarze Legion würde sich im Süden sammeln und einen Angriff auf Vandris vorbereiten.
Der Mann in der dreckigen grauen Robe half der Frau auf und zurück auf die Straße. Dankbar sah sie ihn an.
„I…ich danke euch.“
„Wir alle haben es schwer, da sollten wir zusammen stehen.“
„Mhm… das hat mein Mann auch immer gesagt.“
„Wo ist euer Mann jetzt?“
Traurig schlug die Frau die Augen nieder.
„Sie… sie haben ihn getötet.“
„Das… tut mir leid. Bitte verzeiht meine Neugier.“
„Nein, nein, schon gut. Wir hatten eine Taverne in einem kleinen Dorf südlich von Vandris. Vor zwei Wochen kam ein Spähtrupp der Legion zu uns. Sie verlangten Essen und Trinken und Hafer für ihre Pferde. Ich eilte hinaus um die Pferde zu versorgen, während mein Mann ihnen das Gewünschte brachte. Vermutlich hat er ihnen dabei ins Gesicht gesehen… Worald war immer so stur. Er ließ sich von niemandem herum schuppsen. Als ich den Hafer in die Tröge der Pferde gab hörte ich von drinnen meinen Mann schreien. Ich eilte schnell zurück, doch er lag tot vor einem der Soldaten am Boden. Ich konnte nur seinen Hinterkopf sehen…“
Sie machte eine kurze Pause und schauderte.
„Sein Kopf war ganz glatt rasiert und mit Tätowierungen versehen. Seine Kameraden wurden auf mich aufmerksam. Da bin ich davon gerannt und habe mich im Wald versteckt. Einen Tag lang habe ich mich um mein Leben gefürchtet. Dann kehrte ich in das Dorf zurück, doch von der Taverne standen nur noch die Grundmauern... den Rest hatten sie abgebrannt. Also habe ich beschlossen aus Vandrien zu flüchten. Meine Familie lebt hier schon seit Jahrhunderten, aber ich kann es einfach nicht mehr ertragen…“
Sie hob den Blick und betrachtete den Mann in der Robe, der neben ihr einher ging. Sein Gesicht war von etlichen Narben gezeichnet, das schwarze Haupt- und Barthaar verfilzt und ungepflegt. Doch als sie seine Augen sah, wunderte sie sich sehr.
„Ihr seid nicht von hier.“
„Wie kommt ihr darauf?“
„Eure Augen… sie glänzen. Ich habe schon seit Jahren keine glänzenden Augen mehr bei einem Einwohner Vandriens gesehen. Der Blick der Bewohner dieses einst so stolzen Landes ist gebrochen. Nein, ihr seid kein Vandrier. Wer also seid ihr dann?“
Erschrocken blieb sie stehen und wich dann etwas von ihm zurück.
„Ihr seid doch kein Späher der Kirche oder des Königs, oder? Wenn die Dunklen mich in eurer Begleitung finden, werden sie mich sofort töten!“
Beruhigend hob der Mann seine Hände.
„Nein, ich gehöre nicht zur Kirche, jedenfalls… mhm.“
Er schien noch etwas sagen zu wollen, aber schwieg dann. Die Frau beruhigte sich etwas und trat wieder näher. Gemeinsam setzten sie ihren Weg fort.
„Aber wenn ihr nicht von der Kirche oder vom König seid, was macht ihr dann in diesem von den Göttern verlassenen Land?“
„Was macht euch so sicher, dass dieses Land von den Göttern verlassen ist?“
„Ihr macht mir Späße… schaut euch doch einmal um. Die Hälfte der Bevölkerung ist obdachlos und versucht das Land zu verlassen. Die andere Hälfte dient entweder dem Einen oder der Kirche – oft auch abwechselnd.“
„Die Viere sind überall, gute Frau. Auch hier in diesem dunklen Land. Sie wachen über uns, wohin wir auch gehen.“
Die Frau schnaubte.
„Also seid ihr ein Missionar. Habe ich es doch gleich gewusst.“
„Ich bin kein Missionar, das versichere ich euch. Mein Name ist übrigens Veridon.“
„Veridon… aha… nun ihr werdet verstehen, dass ich euch nicht meinen Namen nenne. Versteht mich nicht falsch, ich bin euch sehr dankbar für vorhin. Aber in diesen Zeiten weiß man nicht wem man vertrauen kann und wem nicht.“
„Ihr geht mit mir zusammen diese Straße entlang.“
„Ich habe keine andere Wahl. Das hier ist der kürzeste Weg nach Pas. Angeblich soll es dort eine Stellung der Ersonter Ritter geben. Wenn ich erst einmal dort bin, werde ich sicher einen Händler finden der mich mit nach Ersont nimmt.“
„An eurer Stelle würde ich mich nicht darauf verlassen. Die Ersonter mussten sich vor fünf Tagen zurückziehen. An eurer Stelle würde ich lieber den Weg nach Norden Richtung Khalandra wählen. Die dort lebenden Stämme sind zwar rau, aber sie haben ein gutes Herz. Sie werden euch aufnehmen, wenn ihr bereit seid für euer Essen und eure Unterkunft zu arbeiten.“
Stirnrunzelnd blickte sie ihn an.
„Wer seid ihr? Woher wisst ihr das alles?“
„Ich bin ein Mann ohne Vergangenheit.“
Sie verstummte und blickte ihn verwundert an. Was sollte sie darauf auch erwidern? Ganz offensichtlich wollte dieser Mann… Veridon… nicht über sich sprechen. Also Schritt sie einfach weiter stumm neben ihm her und hing ihren Gedanken nach.
Am Abend schenkte der Regen den rund dreißig Flüchtlingen eine kleine Verschnaufpause und sie fanden sogar ein kleines Waldstück, in dem sie rasten konnten. Selbst wenn es möglich gewesen wäre, hätten sie sich wohl nicht getraut ein Feuer zu entzünden. Viel zu groß war die Gefahr von einer umherziehenden Söldnerbande oder der Schwarzen Legion entdeckt zu werden. Vandrien war kein Land in dem es gut war aufzufallen.
Veridon und Siljana – ihren Namen hatte sie ihm inzwischen verraten – liebten sich in dieser Nacht. Siljana rutschte zu ihm in den Schlafsack. Nicht weil sie ihn liebte. Siljana fand ihn nicht einmal besonders begehrenswert. Sie waren einfach nur Mann und Frau, zwei Wanderer durch ein Land das von einem brutalen Bürgerkrieg in zwei Hälften gerissen wurde… Und insgeheim sehnte sie sich nach etwas Nähe, nachdem sie ihren Worald verloren hatte.
Als sie am nächsten Morgen erwachte war er fort. Seinen Schlafsack hatte er ihr überlassen.