*der Raum, so hell und sauber er ist, wirkt auf ihn abweisend. Kalt. Es ist nicht Hass, nicht einmal (mehr) Verachtung. Das Gefühl, das ihn hier, an diesem Ort, fest im Griff hat in diesem Moment ist Trotz. Er ist nicht stolz darauf, weiß er doch darum, dass Eigensinn das Gegenteil von Demut ist. Und doch hat ihm sein Eigensinn den Weg hinaus gezeigt. Sein Selbsterhaltungstrieb.
Die Geweihte hatte vorhin ins Schwarze getroffen. Sein Weg hinaus war noch nicht abgeschlossen. Nicht weil er es nicht wollte – nein. Weil er noch an IHN gebunden war. Sein Schwur haftete ihm an, wenngleich er ihn Tag für Tag verriet.
Verrat. So nannten es seine „Brüder“. Er hatte ihnen geglaubt, in den Tagen direkt nach seiner Erkenntnis. Er hatte sich zerstört gefühlt, voller Scham für seine Schwäche, hatte, als das Adrenalin nach seinem Sieg über den Angriff des Morotai abklang, Reue empfunden über seinen Weggang. Doch das lag hinter ihm. Was ihn dort hinaus gelenkt hatte, das war nicht Verrat, sondern Vernunft. Und doch spürte er noch täglich das Band seiner eigenen Worte, das sich wie eine Seidenschlinge um seinen Hals anfühlte. Wenn der Morotai Recht behielte, wäre nur ER in der Lage, dieses Band zu durchtrennen. Er würde diese Trennung nicht überleben - der Knoten in der Schlinge vermochte nur in eine Richtung zu rutschen.
Doch hier, jetzt, an diesem Ort, eine andere Aufgabe. Es hatte ihn große Überwindung gekostet, ihn überhaupt zu betreten, aber man hatte ihm keine andere Wahl gelassen. Ihn vor vollendete Tatsachen gestellt. Als das Possenspiel mit Darkaan (sollte er nur auf seinem hohen Ross bleiben und ihn verachten. Trotz all seiner begangenen Fehltritte war er immer noch besser als dieser einzig von sich überzeugte Triebtäter, der selbstherrlich über ihn zu richten beliebte) vorbei war, ließ man ihn allein. Allein mit jenem, von dem er in seinem Leben am allerwenigsten erwartete. Anklagend seine Worte schließlich, die er unfokussiert in den Raum wirft.*
„Warum hast du mein Leben zerstört? Das meiner Mutter und das meines Vaters?“
*Stille daraufhin. Selbst das Gespräch draußen vor dem Tempel schien beendet, doch niemand machte Anstalten, zurückzukehren. Missmutig blickt er umher, auf die polierten Rüsten, das blinkende Schwert, den hellen Marmor. Er erwartete keine Antwort. Er… kannte die Antwort!*
„Wie wagst du es, hier vor mir zu stehen, lebend, denkend, fühlend, eben erst ins Leben zurückgekehrt und doch zu behaupten, ich hätte es zerstört? War ich es, der dich gezwungen hat, IHM zu dienen? Die fehlgeleiteten Schergen des abtrünnigen Fürsten zu verehren, bis du selbst deinen Weg zu ihnen gefunden hast? Hatte deine Mutter nicht auch einen Eid geleistet, als sie den Rosenbund mit deinem Vater beging... damals vor langer Zeit, als man selbst in Vandrien noch nicht so genau wusste, was Krieg ist? Hat sie diesen Eid gebrochen oder etwa ich? Nicht einmal mein Diener war es, das weißt du ebenso gut wie ich. War ich es, der deinen Vater hernach in den tiefsten Pfuhl des Selbstmitleids trieb, statt aufrecht das zu tun, was viele Männer zuvor schon geschafft haben und sich nach ihrer aufrechten Trauer wieder dem Leben zuzuwenden? Glaubst du, er war oder ist der erste Mann Tares, der von seiner Frau betrogen wurde? Der sein Weib verlor? Auch meine Diener sind nur Lebewesen von Tare. Ob Elf, Zwerg oder Mensch – sie alle machen Fehler.“
„Warum hast du es nicht verhindert?“
„Soll ich jeden Menschen – ob er mir dient, oder nicht – an die Hand nehmen und durch das Leben führen? Soll ich jedes Lebewesen auf Tare lenken wie eine Marionette, ihm zeigen, wie er sich jederzeit zu verhalten hat, wann er den Löffel in den Mund zu schieben hat und wann er zuvor den Mund öffnen sollte? Was wäre DEIN Leben, wenn ich dir keine freie Entscheidung zugestehen würde? Wenn ich nicht auch Dir Fehler zugestehen würde? Was wäre jenes meiner treuen Diener, wenn ich sie für jeden Fehltritt sofort zur Rechenschaft ziehen würde? Aus Fehlern kann man nur lernen, wenn man sie selbst erkennt und nicht, weil man wie eine Welpe von seinem Herrchen mit der Nase in den Kot getunkt wird, den sie in der Zimmerecke hinterließ. Fehler sind vorhanden. Sie gehören nun einmal zu den Sterblichen! Und somit sind sie fest mit Tare verbunden. Es ist an jedem Einzelnen, daraus zu lernen und nicht daran zu verzweifeln.“
„Aber das ist Schwäche!“
„Natürlich ist es das! Was erwartest du? Das du dein Leben lang immer nur stark bist? Immer alles richtig machst? Nie zurück blickst und feststellst, dass es da Dinge gab, die du besser hättest machen können? Immer stark zu sein, ist noch viel mehr Schwäche, und das weißt du! Das mündet in Selbstüberschätzung, Einbildung und Selbstherrlichkeit. Und in Trotz!“
*Betroffenes Schweigen. Dann senkt er sein Haupt, die Stimme verliert ihren anklagenden Ton*
„Ich schaffe es diesmal nicht allein. Wenn du mich nicht hasst, hilf mir.“
„Warum sollte ich dich hassen? Weil du IHM folgtest? Weil du schwach warst? Oder weil du es bist? Weil du hier vor mir stehst und Forderungen stellst? Ansprüche erhebst? Erwartest du meine Hilfe oder bittest du darum? Dann leg endlich deinen Trotz ab.“
*noch etwas mehr wird der Kopf gesenkt*
„Jah. Ich bitte darum.“
_________________ Inaktive Charaktere: Ramo al Laomar Abgereiste Charaktere: Laura Induas/Jaro Tyslaf Ehemalige Charaktere:Leandra/Yessir Jal Ehur/Arn Toron
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