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Riten, Geschichten und Erlebnisse einer Hexe
~*~ Inhaltsverzeichnis ~*~
· Das Ritual zu Tar-FelaRitual der Hexen zu ihrem "Sommerfest"
· Die wachsame EuleDer Schutz der Silberhirschkuh
· Die tote Mutter der BärenTeil 1 der Geschichte um die Ahnentiere
· Zwei Leben zu Retten, einen Tod zu sühnenEntführung der schwangeren Khyra
· Das Treffen von Tatze und FußTeil 2 der Geschichte um die Ahnentiere
· Den Schatten auf der SpurTeil 3 der Geschichte um die Ahnentiere
· Betörender DuftHintergrund zu den Rosen die im Umlauf sind, nach einem Vitama-Fest
· Sterbliche Überreste und PlanungenTeil 4 der Geschichte um die Ahnentiere
· Hüter des WaldesTeil 5 der Geschichte um die Ahnentiere
· Der Raub des Augenlichtes, Ein Fluch-Ritual
Teil 6 der Geschichte um die Ahnentiere
· Neue Schwestern
Neue Hexen treffen auf Siebenwind ein
· Die Kraft spüren
Erlebnisse mit anderen Hexern und Hexen
· Vergangenheit - Gegenwart - Zukunft?
Ankunft einer alten Hexe, Besuch eines Geweihten
· Angriffe der Wölfe
Event zu den Angriffen der Wölfe
· Entwicklung
Junge Hexen und ein Ritual
· Der Beginn eines Bildes
Ungünstige Gefühle
· Hexenarbeit
Ereignisse rund um die Hexen
· Drei Bande
Vertraute, Mentor und Liebhaber
· Wir alle spielen Theater
Unterricht und Tarnung
· Kopfologie
Psychologie der Hexen
· Ein unzertrennliches Band
Aufstieg zur Hexe
· Der Frosch und andere Besucher
Froschtest und Geweihtenbesuch
~*~ Das Ritual zu Tar-Fela ~*~
Umgeben von dem hellen Licht der Monde schritt die junge Frau die steinernen Stufen empor. Um ihren kleinen Leib hatte sie blasse grünliche Stoffbahnen gewickelt und um die Oberarme schlungen sich dunkle grüne Bänder aus Hanf - auf dem Rücken trug sie einen bodenlangen Umhang, gefertigt aus frischen, duftenden Blättern.
Die Luft war noch erfüllt von Feuchtigkeit - der Regen hatte erst vor wenigen Momenten nachgelassen und die letzten Tropfen fielen vom Himmelsgewölbe herab zur Erde. Zielsicher suchten sich ihre Füße den Weg über die nassen, rutschigen Steine.
In den Gebirgszug eingelassen, thronte das Plateau hoch über den im Dunkel liegenden Wald. Die Geräusche des Waldes drangen in dieser Höhe nur gedämpft an ihr Ohr - in der Ferne konnte man das Rauschen eines Baches erahnen und gelegentliche Schreie der jagenden Tiere und ihrer Opfer durschnitten die sonst gleichmäßige Geräuschkulisse.
Mit bedächtigen langsamen Schritten trat sie an den Rand der freien Fläche. Am Vorabend hatte sie im Zentrum des Platzes trockene Hölzer und dürres Geäst zu einem kleinen zeltförmigen Haufen aufgestapelt. Im Norden des Platzes, zum Teil überdeckt von der prächtigen Baumkrone des Mutterbaumes, hatte sie die rituellen Gegenstände abgelegt.
Die Alraunewurzeln, als Symbol für die Mutter und den Vater, dachte sie, während sie die beiden knorrigen Wurzeln betrachtete, denen aufgrund ihrer fast menschlich wirkenden Knollenwurzel eine besondere Bedeutung zugesprochen wurde.
Die empfangende, lebengebärende Kraft des Weiblichen, rezitierte sie für sich im Stillen, während sie auf die hölzerne Schale blickte, welche gefüllt mit dunkler furchtbarer Erde war.
Von der kleinen hölzernen Schale schweifte ihr Blick weiter zu einer hellen weißen Schale, die bis zum Rand mit Wasser gefüllt war.
Die schöpfende, lebensspendende Kraft des Männlichen, beendete sie im Geiste ihre Überlegungen zu den bereit gestellten Gegenständen.
Hinter sich hörte sie ein leises dumpfes "Tock, Tock" - der hölzerne Stab in den Händen des Mannes traf auf die steinernen Stufen, während er sich seinen Weg hoch auf das Plateau bahnte. Die Kapuze seiner langen bräunlichen Robe warf dunkle Schatten in sein Gesicht - seine Züge konnte sie im Mondenlicht nur schwach ausmachen.
Langsam trat er an ihre Seite und stützte sich auf seinen Stab auf. Leise wechselten sie einige Worte, wobei die Stimme der jungen Frau einen bedrückten Tonfall annahm, während sie ihm leise berichtete.
Geräuschlos trat die Frau von hinten an sie heran, gekleidet in eine Robe die dem nächtlichen Anblick des Himmelsgewölbes nachempfunden schien - schwarz schimmernd, gespickt mit hellen leuchtenden Punkten.
Nach einem kurzen Wortwechsel verständigten sie sich darauf, dass in dieser Nacht keine weiteren Brüder und Schwestern zu ihnen treffen würden, und es nun Zeit sei zu beginnen.
Beide lösten sich nun von der Seite der jungen Frau und traten auf das Zentrum des Platzes zu und stellten sich ruhig, schweigend wie wachende Stützpfeiler, um das aufgeschichtete Holz auf.
An der jungen Frau war es nun den schützenden Kreis um den Ritualplatz zu ziehen, um die magische Arbeit vor äußeren Einflüssen zu schützen und den möglichen Gefahren, die ihr energiereiches Wirken im Kreis anziehen könnte.
Ruhig trat sie vor und entnahm aus der Schale ein wenig der feuchten, dunklen Erde, und füllte diese in die Mulde ihrer rechten Hand, schloß dann die Faust fest um diese. Die bevorstehende Aufgabe musste von ihr sorgfältig und gewissenhaft ausgeführt werden, es war kein Platz für Nervosität und Zweifel.
Sie hielt inne und rief sich den Ablauf des Rituales noch einmal ins Gedächtnis, bevor sie in den Osten des Platzes trat und sich mit dem Rücken zum Zentrum aufstellte.
Langsam streckte sie ihre rechte, geschlossene, Hand auf Armeslänge von sich und sprach mit kraftvoller, klarer Stimme:
Mutter, die du dich in der Luft manifestierst,
durch den stürmenden Wind, und die sanfte Brise agierst.
Deine schützende Kraft soll den Kreis umhüllen,
alles hier drin mit deiner Energie erfüllen.Langsam schritt sie das erste Kreisviertel ab, ließ dabei die Erde aus ihrer Hand rinnen, die so eine dünne Linie auf dem Boden bildete, bevor sie im Süden innehielt, und von der selben Geste wie im Osten begleitet spach:
Mutter, die du dich im Feuer manifestierst,
durch die tobende Brunst, und die kleine Flamme agierst.
Deine schützende Kraft soll den Kreis umhüllen,
alles hier drin mit deiner Energie erfüllen.
Weiter beschreitete sie die Kreisviertel, rief im Westen die Kräfte an:
Mutter, in der Wasser du dich manifestierst,
durch die brausende Flut, und den stetigen Tropfen agierst.
Deine schützende Kraft soll den Kreis umhüllen,
alles hier drin mit deiner Energie erfüllen.Ebenso im Norden, sprach sie mit klarer Stimme,
Mutter, in der Erde du dich manifestierst,
durch die große Eiche, und das kleine Korn agierst.
Deine schützende Kraft soll den Kreis umhüllen,
alles hier drin mit deiner Energie erfüllen.bevor sie wieder in den Osten trat.
Um den Platz zeichnete sich nun die dünne Linie aus Erde ab und die feine linie schimmerte auf im Glanz der angerufenen Elemente, als die Anwesenden zusammen die abschließenden Worte sprechen:
Wächter des Kreises,
Wächter der Macht,
Wächter des Tages
und Wächter der Nacht.
Wir rufen euch! Eine nebelartige Wand zog von den Gipfeln des Gebirges herab über das Plateau und umschloß den gezogenen Kreis, schirmte das Geschehen im Inneren von der Außenwelt ab.
Die Geräusche des Waldes verstummten und es war nur der ruhige Atem der Anwesenden zu hören.
Die junge Frau trat zu dem aufgeschichteten Holz und ließ sich langsam in die Hocke herab sinken. Sie atmete tief durch und hielt inne, bevor sie ihre Hand dann - mit der geöffneten Handfläche nach oben gerichtet - anhob. Im Zentrum ihrer Hand begannen kleine Flammen züngelnd umeinander zu tanzen und sich zu einem kleinen Ball zu verdichten.
Leise murmelte sie, mit hohl klingender Stimme:
Flamme der Kraft und Funke des Leben, gehe über; lass die Flammen das Holz umweben.Mit leicht gespitzen Lippen hauchte sie den Ball aus Feuer in ihrer Hand an und sanft schwebte er über auf das Holz, wo er dann langsam auf das kleine Geäst überging und dieses in Brand setzte.
Ihre Geschwister taten es ihr gleich und riefen die Kraft Felas an, um den dunklen Zyklus mit ihrem lodernden Feuer zu erhellen.
Die Flammen griffen nach und nach auch auf die großen Hölzer über und kleine Funken segelten von den Flammen empor, wurden in die Luft getragen.
Mit würdevoller Stimme begann die Frau ihr gegenüber den Anlass ihres Rituales zu verkünden. Nach einer kurzen Verzögerung sprachen die junge Frau und der Mann die selben rituellen Worte, und ihre Stimmen erklangen in einem kraftvollen Gleichklang.
Oh Mutter, in deinem Schoße empfängst du Leben, durch die Kraft des Vaters wird dieses gegeben.
Der Kreis des Lebens dreht sich fort und fort, in dieser Stünde überbringen wir dir unser Dankeswort.Als das letzte Wort verklungen war, richtete sich die junge Frau wieder auf und trat zu den aufgestellten Ritualgegenständen. Mit einer langsamen Bewegung sank sie auf den Boden und kniete auf ihren Fußballen ab. Wohl von dem Feuer und den Worten der Anwesenden angelockt, suchten hellleuchtende Glühwürmchen ihren Weg zum Rand des Kreises.
Behutsam nahm sie ein rotes Band auf und führte es unter den beiden Alraunewurzeln entlang, hielt die beiden Enden des Bandes in der Hand, und führte diese zu einem festen Knoten zusammen und sprach dabei mit klarer Stimme:
Die Hexen arbeiten Hand in Hand, knüpfen gemeinsam ein machtvolles Band.Für einen kurzen Blick leuchtete der Knoten in einem schimmernde hellen Braun auf.
Sie gab den Platz frei für die anderen Beiden, welche auf ähnliche Weise die beiden Alraunewurzeln mit einem Knoten aneinander banden.
Die Knoten schimmerten gemeinsam in einem pulsierenden Licht auf, das sich in einem wechselhaften Spiel der Farben zeigte.
Die junge Frau trat nun wieder vor die aufgestellten rituellen Gegenstände. Zu ihrer Rechten nahm die Hexe die mit fruchtbarer, dunkler Erde gefüllte Schale auf und hielt sie darbietend vor sich. Zu ihrer Linken, ergriff der Hexer die helle mit Wasser gefüllte Schale und hielt sie der jungen Frau anbietend entgegen.
Sie griff nach der Sichel an ihrem Gürtel und löste das dünne Lederband, mit dem sie die Sichel stets zu befestigen pflegte. Aus den Untiefen ihres aus Blättern gefertigten Umhanges beförderte sie einen roten Apfel zu Tage und setzte ihre Sichel an diesem an. Bewegungslos verharrte ihre Hand und sie sprach in einem würdevollen Tonfall, mit klarer fester Stimme:
Altes vergeht, damit Neues entsteht. Wir danken für das Leben, das Dank dir nun fortbesteht.Mit einer schnellen Bewegung der Sichel teilte sie den Apfel in zwei gleich große Hälften und entnahm aus dem Kerngehäuse die Samenkerne. Die Sichel wurde vor ihr auf dem Boden abgelegt und ein Tropfen das Saftes der Frucht rann von der Klinge der Sichel herab und tropfte auf den Boden. Unter den Füßen der Hexen bahnten sich junge saftige Sprößlinge ihren Weg hinauf and die Oberfläche und schmiegten sich an sie.
Behutsam tritt die junge Hexe auf den Hexer zu, wohl bedacht keinen der Sprößlinge unter ihrem Fuß zu begraben. Der Hexer hielt die Schale mit Wasser immernoch in den Händen und die junge Hexe ließ die Kerne des Apfels in diese gleiten, fast schwebend sanken sie zum Grund der Schale. Während ihr Blick auf den Inhalt der Schale gerichtet war, wirkte ihr Blick entrückt als würde sie in die Tiefen eines Meeres blicken und nicht in eine flache Schale. Deutlich jedoch sprach sie:
Durch die Kraft des Vaters wird dieses Leben gegeben.In einer anmutigen Geste zog sie ihren rechten Fuß in einem Halbkreis zurück und wendete so ihren Körper zur Seite, um den Platz zwischen der Hexe und dem Hexer freizugeben.
Behutsam befreite der Hexer seine Füße von den jungen Sprößlingen, die sich einem grünen Teppich gleich unter ihren Füßen weiter ausgebreitet hatten. Die Hexe hielt die Schale mit Erde weiter empor, anbietend dem Hexer entgegen, der mit der Wasserschale in den Händen auf sie zutrat. Und das Wasser, samt der Kerne, langsam in die Schale mit Erde rinnen ließ, bis auch der letzte Tropfen über den Rand gefloßen war.
Während dieser Handlung, erhob die junge Hexe wieder ihre Stimme:
Mutter, in deinem Schoß empfängst du dieses Leben.Der Hexer stellte die nun leere helle Schale zu seinen Füßen ab, wobei er die Sprößlinge wieder wachsam und beschützend im Auge hielt. An seine Seite trat die junge Hexe und gemeinsam hielten sie ihre Hände, mit den Handflächen nach unten, über die Schale mit Erde, die nun das Wasser und die Kerne in sich aufgenommen hatte. Und gemeinsam sprachen sie:
Unseren Segen, geben wir dem neuen Leben.Das Ritual war vollendet und der Schutzkreis konnte wieder aufgehoben werden. Diesmal beginnend im Norden, schritt die junge Hexe den Kreis ab und entließ die gerufenen Kräfte.
Im Norden stehend blickte sie zu der den Ästen der großen Muttereiche vor sich und sprach:
Mutter, Kraft der Erde, wir danken dir.
Gehe nun, wenn du musst, bleib, wenn du es wünscht.
Mit konzentrierten Schritten bewegte sich am Rande des Kreises in den Westen:
Mutter, Kraft des Wassers, wir danken dir.
Gehe nun, wenn du musst, bleib, wenn du es wünscht.Ebenso wurden die Kräfte im Süden
Mutter, Kraft des Feuers, wir danken dir.
Gehe nun, wenn du musst, bleib, wenn du es wünscht.und im Osten entlassen.
Mutter, Kraft der Luft, wir danken dir.
Gehe nun, wenn du musst, bleib, wenn du es wünscht.Gemeinsam sprachen sie die abschließenden Worte, in Dankbarkeit für den Schutz und die Unterstützung die ihnen zuteil wurde.
Wächter des Kreises,
Wächter der Macht,
Wächter des Tages
und Wächter der Nacht.
Wir danken euch! Die mit Erde und den Apfelkernen gefüllte Schale wurde wieder von der Hexe aufgenommen und gemeinsam brachten sie ihren Inhalt an den Bestimmungsort. Dieser Ort wirkte seit geraumer Zeit ausgezerrt, als würde ein dunkler Schatten über ihm schweben.
In ein kleines Loch wurde der Inhalt der Schale gefüllt und die Anwesenden legten ihre Hände auf die frisch aufgeschüttete Erde und gaben ihrem Wunsch, für diesen Ort, die rechten Worte:
Neue Kraft wollen wir dir darbingen, mögen die Schatten nie mehr zu diesem Ort vordringen.Unter ihren Händen begann sich die Erde zu regen, als würde sich etwas nach außen graben. In der Mitte des kleinen Erdhügels suchte sich ein junger Baum seinen Weg an die Oberfläche. Um ihn herum traten eine Vielzahl von Blumen aus dem Gras hervor, als würden sie sich um den jungen Baum gruppieren und sich von ihm angezogen fühlen.
Mit glänzenden Augen und angehaltenem Atem betrachtete die junge Hexe das Geschehen vor sich und tastete behutsam über den Stamm des jungen Baumes.
Immer weitere Pflanzen schien es an die Oberfläche zu drängen und auch kleine rote Pilze gesellten sich zwischen die Blumen.
Ihre Geschwister traten zusammen und wechselten einige leise Worte, ungehört von der jungen Hexe die immernoch im Gras sitzend das Blumen mehr um sich bewunderte.
Im Namen der Beiden richtet der Hexer seine Worte an die junge Hexe - Worte der Wertschätzung, die die junge Frau mit einer Mischung aus Verlegenheit und Freude erfüllten.
Der Mann zog einen in Leder gewickelten Gegenstand hervor und trat auf sie zu um ihr diesen zu überreichen. Sorgfältig und behutsam befreite sie den Gegendstand von dem umgebenden Leder, Lage um Lage, bis eine schimmernde glatte Oberfläche zum Vorschein kam.
Das Geschenk war ein Dolch aus hellem Metall, mit einer geraden Klinge und einem fein gearbeiteten Griff.
Fast ehrfürchtig mag es gewirkt haben, wie sie mit den Fingern sachte über die Klinge strich.
Aufrichtigen Dank brachte sie den Beiden entgegen und legte diesen in wenige, aufrichtige, Worte.
Ihre Geschwister verabschiedeten sich, doch sie blieb zurück. Den Dolch fest in den Händen haltend, wachte sie über das noch junge Leben an diesem Ort und genoß die fast überschwängliche 'Aufbruchsstimmung' in den jungen Trieben um sie herum, die sich auch nach einem Zyklus noch an die Oberfläche stahlen und durch das Gras blickten.